Mediologie - Kurzdefinition
Mediologie – Kurzdefinition
Obwohl an den Universitäten als Fach nicht fest verankert, machte in den 90er Jahren in Frankreich vor allem die “Mediologie” von sich reden, die nach eigenem Selbstverständnis keine neue Medientheorie, sondern eine Wissenschaftsdisziplin in Gründung ist. Sie stellt eine interdisziplinäre Vorgehensweise vor, die sich mit der Medialität von Kultur beschäftigt oder genauer gesagt mit den verschiedenen Vermittlungsformen von Kultur. Die Mediologie definiert sich nicht durch den Gegenstand “Medien”, sondern durch ihre Methode. Das Wort “Medio” steht nicht für Medium, sondern bezeichnet ein Ensemble von technisch und sozial bestimmten Mitteln der symbolischen Übermittlung. Als Analysemethoden schlägt die Mediologie die Untersuchung der komplexen Korrelation zwischen einem symbolischen Körper (z.B. einer ästhetischen Form), einer Form der kollektiven Organisation (z.B. ein Wirtschaftssystem) und einem technischen System der Kommunikation vor. Damit konzentriert sich die Mediologie nicht auf einzelne Aspekte von Medien, sondern auf den Zusammenhang von Medientechnik, Medienorganisation und Medienästhetik und somit auch auf deren Wirkungskraft oder Macht.
Erstmals taucht der Begriff Mediologie 1979 in der von Régis Debray vorgelegten Studie Le pouvoir intellectuel en France auf, wird aber erst 12 Jahre später von ihm in den Schriften Cours de médiologie générale (1991), Vie et mort de líimage. Une histoire du regard en Occident (1992), Manifestes médiologiques (1994) oder auch Transmettre (1997) wieder aufgenommen und programmatisch ausgeführt. Von 1996 bis 2004 erschienen die aufwendig gestalteten Cahiers de Médiologie regelmäßig zweimal im Jahr in einer Auflage von rund 7000 Exemplaren, die ab 2004 in schlichterer Form in der Zeitschrift médium fortgesetzt werden. Seit 1996 existiert auch eine Gesellschaft für Mediologie, genannt AD REM (Association pour le Développement de la Recherche En Médiologie), die zusätzlich sogenannte Arbeitshefte, travail médiologique, unregelmäßig herausgibt und bisher zahlreiche Veranstaltungen organisierte. Neben Debray gibt es eine wachsende Zahl mediologischer Autoren wie Daniel Bougnoux, Louise Merzeau, Catherine Bertho-Lavenir, Maurice Sachot, Jean-Michel Frodon u.v.a.. 1997 wurde bei den angesehenen Éditions Odile Jacob eine eigene Buch-Reihe zur Mediologie, genanntChamp médiologique, eröffnet.
In Deutschland ist die Mediologie noch weithin unbekannt. Bislang wurden nur drei Schriften von Régis Debray übersetzt: Eines der Hauptwerke der Mediologie: Jenseits der Bilder. Eine Geschichte der Bildbetrachtung im Abendland. Rodenbach 1999 (Avinus Verlag), Originaltitel Vie et mort de l’image. Une histoire du regard en Occident, erschienen 1992 in Paris bei Gallimard. Ebenfalls 1999 erschien der programmatische Aufsatz Für eine Mediologie in: Pias, Vogl, Engell u.a. (Hgg): Kursbuch Medienkultur. Die maßgeblichen Theorien von Brecht bis Baudrillard. Stuttgart 1999 (DVA), S. 67-75 sowie 2003 die Einführung in die Mediologie (Originaltitel Introduction à la médiologie). Bern 2003 (Haupt-Verlag).
Weitere Informationen unter www.mediologie.org
Erstpublikation: Weber, Thomas: “Editorial Mediologie”, http://www.avinus-magazin.eu/html/mediologie.html, 20.06.05