Für Lehrpersonen

Didaktischer Kommentar

Da das Buch sich eher an eine Leserschaft der älteren Zielstufe (9. Schuljahr und älter) richtet, bietet es sich an, den Fokus der Bearbeitung der Lektüre auf das literarische Lernen zu richten, anstatt an der Lesekompetenz zu arbeiten.

Die hier angebotenen Lerneinheiten haben deshalb eine Förderung verschiedener literarischer Kompetenzen zum Ziel. Es wird Wert auf eine breitgefächerte Kompetenzentwicklung gelegt. Dies beinhaltet inhaltliche und formbasierte Textanalyse, Aufnahme beobachteter Werkzeuge in die eigene Schreibkompetenz, Perspektivenübernahme, literarische Gesprächskompetenzen und die Wahrnehmung von Literatur als sozialer und historischer Gegenstand. Gemäss der Theorie von Kaspar Spinner (2006) wird diese Kompetenzsteigerung kumulativ aufgebaut. Es wird also eine ineinander verwobene Nutzung verschiedener Kompetenzen angestrebt. Aus diesem Grund werden auch fächerübergreifende Projekte vorgeschlagen.

Um den Schüler*innen den Weg zum Textverständnis zu erleichtern, wird bei der Erarbeitung mit dem Heidelberger Modell (Härle/Steinbrenner 2004) gearbeitet. Dabei wird das Verstehen als dynamischer und dialogischer Prozess verstanden; dialogische Auseinandersetzung mit literarischen Inhalten geschieht in den drei Formen Selbstgespräch, Gespräch mit dem Text und Gespräch mit einem realen Gesprächspartner. Dies streicht auch die Wichtigkeit des sozialen Aspekts des literarischen Lernens hervor. Im Gespräch müssen die Schüler*innen ihre Leseerfahrung und ihren Verstehensprozess in ihrer eigenen Sprache formulieren können, sich mit anderen Lesarten als der eigenen auseinandersetzen und den Zustand des Nicht-Verstehens als einen Teil des Lernprozesses akzeptieren.

Für die Lehrperson muss im literarischen Austausch deshalb vor allem das Interesse am Gespräch mit den Schüler*innen gegeben sein. Hierbei soll von einer ungewerteten Akzeptanz aller Lesarten ausgegangen werden.

Die Arbeitsform ist in den Aufträge oft bewusst offen gelassen. Wie sehr die Schüler*innen bei der Bearbeitung angeleitet werden überlassen wir der Lehrperson. Wir empfehlen, bei den Themen «Suchtmittel» und «Tod/Verlust/Trauer» mehr Hilfestellung zu geben und die Schüler*innen bei der Arbeit an diesen Aufgaben aktiv zu begleiten.

Beispiel einer didaktischen Umsetzung – Ästhetische Forschung

Wir empfehlen einen projektartigen Zugang zum Buch. Um den literarischen Austausch mit den Schüler*innen anzuregen, bietet sich ein fächerübergreifender Zugang mit hoher Subjektorientierung an. Das heisst, die Interessen, Erfahrungen und Erkenntnisse der Schüler*innen sollen im Vordergrund stehen. Dieser Zugang könnte durch das von Helga Kämpf-Jansen entwickelte Konzept der ästhetischen Forschung geschaffen werden. Dabei handelt es sich um ein Konzept für forschendes Lernen mit starker Subjektorientierung. Dieses Konzept wird vorwiegend in der Kunstdidaktik verwendet, bietet sich aber aus unserer Sicht als didaktisches Bindeglied für unterschiedliche Fächer an. Im vorliegenden Projekt wurden Aufgaben entwickelt, welche fächerübergreifendes Arbeiten für die Fächer Deutsch, Englisch, Musik, RZG und Bildnerisches Gestalten zulassen.

Mittlerweile gibt es viele unterschiedliche Ansätze, wie das umfassende Konzept der ästhetischen Forschung für den Unterricht genutzt werden kann. Christina Leuschner hat im Projekt Kultur.Forscher einen Leitfaden erstellt, wie die Phasen der ästhetischen Forschung erfolgreich im Schulkontext umgesetzt werden könnte. Wir haben uns an dieser Umsetzung orientiert und schlagen konkret folgendes Vorgehen vor:

Die Schüler*innen arbeiten mit einem persönlichen Lesetagebuch. Während das Buch gelesen wird, sollen die Schüler*innen interessengeleitet Themen wählen, welche individuell vertieft werden. Dabei sollen unterschiedliche Spuren (Sätze, Formulierungen, Beobachtungen, Gedanken, Rechercheergebnisse und Erkenntnisse) im Lesetagebuch gesammelt werden. Die Aufträge auf der Webseite sollen dazu dienen die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Themen anzuregen. Im Lesetagebuch soll alles gesammelt werden, was die Schüler*innen im Zusammenhang mit den Leseerfahrungen bewegt und anregt. Um den Schüler*innen eine vertiefte Auseinandersetzung zu ermöglichen, empfehlen wir, das Lesetagebuch nicht einzuziehen oder zu bewerten. Unsere Aufgaben wurden so entwickelt, dass die Inhalte meist nach einer Phase der Einzelarbeit in Kleingruppen oder im Plenum besprochen werden können. Diese Arbeitsweise soll die Schüler*innen anregen, sich individuell und interessengeleitet in ausgewählte Themen zu vertiefen und sich danach mit anderen Schüler*innen über diese Themen auszutauschen. Um diesen Austausch anzuregen, schlagen wir vor, dass sich die Schüler*innen über ihre individuellen Entdeckungen und Erkenntnisse an vorgängig definierten Terminen zum Austausch treffen. Diese Zeitgefässe sollen ermöglichen, dass sich die Schüler*innen ihre Ergebnisse gegenseitig vorstellen und gegebenenfalls Fragen diskutieren können. Damit die unterschiedlichen Entdeckungen, Erkenntnisse und Produkte sichtbar gemacht werden können, empfehlen wir, ausgewählte Ergebnisse in einer ästhetischen Präsentation zu inszenieren (z.B. in einem Wandbild, Monument oder einer Skulptur).

Das Vorgehen kann somit zusammenfassend in folgende drei Phasen unterteilt werden:

1. Sammeln und forschen:

In einem ersten Schritt sammeln die Schüler*innen Informationen zu Themen aus dem Roman. Dabei sollen auch Ideen aus dem Buch, Sätze, Formulierungen, Szenen und Beschreibungen, sowie Poster von den erwähnten Filmen und die vielen Musikbezüge berücksichtigt werden.

2. Forschen, erfahren und verknüpfen:

In einem zweiten Schritt sollen die gesammelten Informationen im Sinne einer ästhetischen Präsentation vorgestellt werden. Die SuS sollen sich über die individuellen Entdeckungen und Erkenntnisse austauschen. Dabei ergeben sich neue Sichtweisen auf die gesammelten Materialien. In dieser Phase können die auf der Webseite zur Verfügung gestellten Aufträge erarbeitet werden. Durch eine erneute Auseinandersetzung sollen neue kreative eigene Produkte entstehen.

3. Präsentieren:

Schliesslich sollen die entstandenen Produkte in einer ästhetischen Präsentation dargestellt werden.

Für die Präsentation schlagen wir eine Collage oder Bricollage vor. Inspiration für eine solche Präsentationsform bietet die Arbeit «Robert Walser Sculpture» des Künstlers Thomas Hirschhorn.

Wie diese Präsentationsform im Unterricht umgesetzt werden könnte, hat Joachim Penzel in seinem Projekt «Monument Afrika» aufgezeigt. (Siehe Abb. 1 Monument Afrika, Arbeitsergebnis eines Workshops mit Sekundarschüler*innen am LISA Halle)

Leider konnte dieses Projekt noch nicht mit einer Klasse getestet werden. Sobald aber erste Ergebnisse vorliegen, werden diese an dieser Stelle als Inspiration zur Verfügung gestellt.


Erklär-Film Ästhetische Forschung:
https://www.youtube.com/watch?v=RQ4Z2hdeRiQ

Abb. 1