Die Idee, möglichst alle Standorte von Trägerbäumen des Grünen Besenmooses auf Maulbronner Markung zu erfassen und diese Informationen der Forstverwaltung zur Verfügung zu stellen, entwickelte sich als „Nebenprodukt“ aus dem Hobby des Autors, Bäume zu zeichnen und zu malen.
Seit Mitte 2018 hält der Autor Buchenstämme, ihre Farben und Texturen von Rinde und den epiphytischem Bewuchs in Bildern fest. In Notizheften werden handschriftliche Notizen über naturkundliche Beobachtungen und Aufzeichnungen zu Farben von Moosen und Rinde nach dem Vorbild von Forschungs-reisenden des 18./19. Jhdt. geführt.
Bereits im 18. Jahrhundert waren Bäume von Künstlern und Dilettanten in den bildenden Künsten sehr geschätzte Motive in der Landschaftsmalerei. William Gilpin, ein englischer Pfarrer (4. Juni 1724 in Carlisle; † 5. April 1804 in Boldre), hat die malerischen Qualitäten von Bäumen in seinem Buch "Remarks on forest scenery, and other woodland views, (relative chiefly to picturesque beauty) " [1] systematisch nach Baumarten getrennt beschrieben und unter ästhetischen Gesichtspunkten analysiert und bewertet. Seine Beschreibung malerischer Baumveteranen korrespondiert in bemerkenswerter Weise mit heutigen forstfachlichen Beschreibungen von Habtitatbäumen. Die Suche des Verfassers nach malerischen Buchen mit ausgeprägtem, vielfältigem Moosbewuchs führte daher regelmäßig auch zu Habitatbaumgruppen oder Waldrefugien mit von Zeit und den Elementen gezeichneten Baumveteranen.
Abb.: 1 Baum K1F5B1 Baumstudie nach der Natur, wurde im Winter 2019 gefällt. Die Fläche ist als Waldrefugium ausgewiesen
Das genaue Beobachten, Malen und Zeichnen weckte den Wunsch, die betrachteten epiphytischen Moose und Flechten auch benennen zu können. Ab Anfang 2020 wurden Moose daher auch mit einem Stereomikroskop (Bresser Researcher Trino) untersucht. Die Begegnung mit dem Grünen Besenmoos war danach eigentlich nur eine Frage der Zeit. Die unerwartet schnell zunehmende Anzahl der Funde von Grünem Besenmoos veranlasste den Kontakt zur Forst- und Naturschutzverwaltung, die besonderes Interesse an einer systematischen Erfassung der Trägerbäume zeigte.
In den folgenden zwei Jahren ergab sich so eine sehr interessante und inspirierende Begegnung mit dem Grünen Besenmoos, einem kleinen, meist unscheinbaren Moos, das mit großer Ausdauer auf tierische Mitfahrgelegenheiten wartet. Störungen durch Vögel oder vierbeinige Kletterer, die sich an ihm reiben oder an ihm herumzupfen und seine feinen Blättchen demolieren, lässt es gerne über sich ergehen, wird ihm doch dadurch der zwar seltene, aber überlebenswichtige Ortswechsel ermöglicht.
Die Wahl der Baumart und deren Durchmesser überlässt es seinen Chauffeuren. Es vertraut darauf, dass seine Reise als blinder Passagier in Gefilde führt, die für lange Zeit nicht zu schattig, nicht zu sonnig, nicht zu trocken, sondern eher feucht und nicht zu sehr, von Konkurrenten belagert sind. Sind diese Bedingungen erfüllt, lässt es sich auf lange Zeit nieder. Das Grüne Besenmoos verschwindet in der Regel erst, wenn der Trägerbaum beschädigt wird oder abstirbt und seine Rinde verliert. Die meisten Konkurrenten unter den Moosen halten nicht so lange durch.
So hat sich das Grüne Besenmoos, ohne großen Aufwand für sexuelle Vermehrung und die Eroberung von großem Terrain zu betreiben, in den Maulbronner Wäldern vermutlich schon durch einige Jahrhunderte wechselvoller Waldgeschichte und Waldbewirtschaftung hindurchgemogelt. Derzeit besiedelt es insgesamt die Fläche eines durchschnittlichen Wohnzimmers von etwa 27 m².