Manche durchschauen das Spiel:
"Hin stirbt alles.
Ganz geringe
wird der Wert der irdischen Dinge.
Doch wie tief herabgestimmt
auch das Wünschen Abschied nimmt,
immer klingt es noch daneben:
Ja, das möchte ich noch erleben.
(Theodor Fontane)
Bei Menschen, die nicht verdrängen und ehrlich mit sich selbst sind, kann sich das so anhören:
Man stirbt nur einmal,
aber für so lange
(Molière)
oder
"He had no religious hopes of there being something in store for him on the other side of the black River Styx. There would be nothing but the same darkness that he had once emerged from.....he had harboured a vague fear of death, something that had become his one personal mantra - that he would be dead for such a longe time.
Henning Mankell: "The troubled man"
oder:
„…He stands there ….pressing with his consciousness back against the certainty that all this will some day cease for him, The screen in his head will go totally blank, and yet it will all go on without him, dawn breaking and cars starting up and wild creatures continuing to feed in a terrain poisoned by Man….”
(John Updike: “Terrorist”. Ballantine Books, New York 2006; p. 26)
oder:
„Denn der Tod, den wir erwarten ist kein Etwas.. Er ist die Verneinung jeglicher Etwaigkeit. Auf ihn warten ist kein zu ihm sein, denn er ist nichts. Der Tod rettet uns die Zukunft als Zeitdimension nicht. Im Gegenteil: durch seine totale Negativität, durch das vollkommene und unaufhebbare Debakel, das er bedeutet (soferne von Bedeutung da noch gesprochen werden darf, was nur bedingt statthaft ist), hebt der Tod den Sinn jeglicher Vernunft auf. Er ist nicht der Knochenmann mit Sense und Stundenglas, der uns heimholt – wohin auch? Er ist das in sich widersprüchliche Ereignis meiner Enträumlichung im wörtlichen Sinne meiner Ver-nichtung“
(Jean Amèry: Über das Altern Revolte und Resignation. Klett Verlag, Stuttgart 1971; p 27).
oder:
"Was machen ein paar Jahre Unterschied schon aus?
Wir sind doch alle auf dem Weg zum Friedhof.
(Doris Dörrie, Klimawechsel)
Die Liebe ist nicht stärker als der Tod.
Sie kann aber vorübergehend als Emotion stärker werden als die Todesangst, sie für eine Zeit verdrängen.
Tod meint das Fehlen von Leben in einem üblicherweise belebten Objekt im Sinne des Funktionsverlustes
Der Kryo Kaspar und das ewig Leben?
In der Geschichte (Theaterstück) von Kurt Wilhelm „Der Brandner Kaspar und das ewig' Leben“ überlistet der Kaspar den Boandlkramer, eine alte bayerische Personifizierung des Todes und erkauft sich eine praktisch unbegrenzte Lebenszeit.
Personifizierungen einschließlich Freund Hein und dem Sensenmann gehören wahrscheinlich in den Bereich der Verdrängung des eigenen Lebens.
Immer wieder auch interessant, wie Menschen über ihr eigenes Begräbnis reden und es arrangieren, als wären sie noch dabei.
Totsein ist naturwissenschaftlich betrachtet kein Zustand, sondern das Fehlen eines Zustands. Der Tod existiert nicht als Ding und kann daher auch keinen männlichen Artikel haben. "Der Tod" gibt's nicht.
Kryonik Anhänger können der Endlichkeit des Lebens nicht unbegrenzt ausweichen. Sie möchten aber die Grenzen des Lebens nach Möglichkeit selbst bestimmen und treten für eine Lebensverlängerung ein. Im allgemeinen hängen sie fasziniert am Leben und akzeptieren auch lebensverlängernde Mittel mit geringer Aussicht auf Erfolg, wie die heute mögliche Kryokonservierung, besonders um den unwiederbringlichen Verlust des Lebens soweit möglich und wünschenswert zu verhindern. Über die Kryonik versuchen sie eine Zukunft zu erreichen in der Krankheit, Altern und Tod von der Medizin weitgehend beherrscht werden.
Populistisch wird dies auch als Zeitreise oder Transport durch die Zeit beschrieben.
Wenn Kryonik funktioniert, dann ist die Bestattung der finale Dolchstoß, dann ist der Grabstein das Mahnmal an Totschlag und Mord.
So enthält ein Skelett zum mindesten noch die individuellen Kalzium Strukturen und kann DNA enthalten, aus der man im Idealfall ein Klon des Verstorbenen ins Leben rufen könnte.
und der Auflösung. Er ist, während er auf das Leben folgt, dessen schrittweise Negation.Eine "Leiche" ist andererseits definiert durch das, was an ihr noch an Resten der ehemals funktionierenden, lebensfähigen Organisation erhalten ist, durch Teile der molekularen Organisation eines Lebewesens.
Foto: Ana-Marja Bilandzija,
Archiv: Kontext (Wochenzeitung)
Die Auseinandersetzung mit dem Tod beginnt im Kindesalter und mündet in der Spätpubertät in ein Konzept, das in der Regel nicht mehr in Frage gestellt wird. Kinder erfahren in dieser Phase, dass der Tod unabänderlich ist. Nur wenige hören davon, dass sich heute Alternativen abzeichnen, die unbedingt im Schulunterricht erwähnt werden sollten.
S.: Klaus H. Sames: Die Kryonik, ihre biomedizinische Relevanz und ihre gesellschaftliche Wahrnehmung. Aus: Gross D, Tag B, Schweikardt C (Herausg.): Who wants to live forever? Campus Verlag, Frankfurt, New York 2011,, S.: 275-300
Ein Selbstmord der Millionen Jahre dauert.
Es wurde überraschend festgestellt, dass Hirnzellen noch Stunden nach dem gesamten Versagen der Organe einfache Lebenszeichen aufweisen (zum Zelltod s. Lipton 1999). Was die Kryonik nach dem Tod rechtfertigt.
Nach Verschluss der mittleren Hirnarterie bei Ratten wurden im blutleeren Gebiet erst nach 5-6 Stunden wesentliche Mengen an toten Nervenzellen gefunden (15% aller Zellen) nur einzelne Zellen befanden sich in einem chemischen Selbstmord Ablauf (Apoptose). In diesem Versuch wurde der Verschluss der Arterie durch eine eingeschobene Faden Struktur erreicht. Diese Methode führt möglicherweise nicht zu einem sicheren Verschluss-
Unveröffentlichte Resultate von Y. Pichugin zeigten, dass das Kalium/Natrium Verhältnis in Hirn-Gewebekulturen langsam abnimmt und nach 48 stunden 50% Verlust an Vitalität erreicht. Es wurden aber Nervenzellen nicht von anderen Hirnzellen getrennt und es ist nicht klar ob bei allen Zellen die Vitalität im gleichen Maß abnimmt oder manche vitaler bleiben und andere gar sterben (s. Ben Best: Quantifying ischemic damage for cryonics rescue).
Aus menschlichen Hirnschnitten, die im Mittel 2,6 Stunden nach Erklärung des Todes entnommen wurden, wurden Hirnzellen isoliert. Über 82% Prozent der isolierten Zellen lebten. Allerdings wurde nur derjenige Anteil des aufgearbeiteten Hirngewebes untersucht, der die meisten Zellen enthielt und es gab eine Menge Zerfallsprodukte vielleicht aus zersetzten Zellen (Konishi et al. 2002). In Schnitten von der Hirnrinde, die in einem anderen Versuch 2-8 Stunden (Mittelwert 4,2 Std.) nach dem Tod entnommen wurden, ließen sich Hirnzellen in Kultur am Leben halten. Diese Schnitte waren während des Transports für 1-2 Stunden der Raumtemperatur ausgesetzt. 30-50% der Zellen lebten, 20-30 % waren geschädigt, aber nicht tot. Die toten Zellen bleiben scheinbar über lange Zeit erhalten (Verwer et al. 2002). Das könnte vielleicht eines Tages für eine Rekonstruktion des Gewebes günstig sein. In Zellkulturen lebten die o.a. menschlichen Hirnzellen wochenlang und konnten zu Versuchen verwendet werden, um die Alzheimer Krankheit zu entschlüsseln.
Nur ein kleiner Teil der Zellen stirbt nach dem Stopp der Durchblutung den schnellen Zelltod (Nekrose), der weitaus größte Teil tritt anscheinend in das chemisch gesteuerte Selbstmordprogramm (Apoptose) ein, so dass sie erst nach Stunden endgültig tot sind (Radovsky et al. 1995).
An menschlichen Hirninfarkten wurde gezeigt, dass die Apoptose zwar startete (gemessen an der Erhöhung eines typischen Enzyms des Selbstmord Zyklus (Caspase-3) aber nicht voll ausgeprägt auftrat. Die Erscheinungsform toter Zellen ähnelte eher einer Nekrose und eine DNA Spaltung trat spät auf (Love et al. 2000). Bei der Menge an Zellen, die sich in Kultur beleben lassen, muss man annehmen, dass der Selbstmord noch nicht sehr fortgeschritten ist, wenn die Zellen ihren Stoffwechsel einstellen. In diesem Stadium werden sie aber bei der Kryokonservierung festgehalten und nach allem was wir wissen können sie in flüssigem Stickstoff so verweilen. Erst bei Erwärmung können sie das Leben wieder aufnehmen oder ihren Selbstmord vollenden –bei Anwendung der Kryonik vielleicht nach Millionen von Jahren.
In anderen Organen und Zellen wurde ein langsamer Eintritt oder ein unvollständiger Ablauf des Selbstmordprogramms bei unterschiedlichen Formen des Durchblutungs Stopps nachgewiesen. In der herausgenommenen menschlichen Niere stiegen während 85 Minuten ohne Blut bei 37°C die Stoffe Bax und Caspase-9 an, die über die Atmungsorganellen (Mitochondrien) den Selbstmord der Zelle fördern. Es existieren auch Eiweißstoffe welche den Selbstmordverlauf hemmen wie Bcl2 und cFLIP. Sie nahmen ab, aber der Weg zu der gefährlichen Caspase-3 wurde nicht aktiviert, auch nicht auf einem speziellen Weg über den sogenannten Todesrezeptor. Der Selbstmord blieb unvollständig (Wolfs et al. 2005).
Der Selbstmord scheint dem Leben zu dienen (der Ausschaltung geschädigter Zellen). Dem verstorbenen nützt er nicht.
Die Zellen verhalten sich in verschiedenen Geweben völlig unterschiedlich.
So fanden sich In den lichtempfindlichen Netzhaut-Zellen der Ratte Selbstmordstadien nach 90 Minuten Blutmangel. Der Zellselbstmord wird durch die Lichtenergie gefördert. Die tödlichste Erscheinung Brüche der Erbsubstanz DNA traten erst auf nachdem man bereits andere mikroskopische Veränderungen sah. Ganz anders verlief die Blutleere im benachbarten Pigment Epithel des Auges. Selbstmorderscheinungen traten dort erst viele Stunden später auf als in der Netzhaut (Hafezi et al. 1997).
Der Selbstmord der Zellen tritt also bei Blutleere in unterschiedlicher Weise auf und er kann inkomplett verlaufen, ja, er muss es wohl.
Die Ergebnisse sind noch sehr unvollständig vor allem was die Zellzahlen betrifft. Wenn sie sich bestätigen sollten, macht dies allerdings Hoffnung, dass eine Rekonstruktion des Hirns prinzipiell möglich ist.
Einflussmöglichkeiten auf den Selbstmord der Zellen existieren bereits, aber eine gezielte Wiederherstellung von Zellen, bei denen der Selbstmord bereits fortgeschritten ist, ist noch ein großes Problem. Möglicherweise haben wir aber das Problem gar nicht, weil der Selbstmord bei Blutmangel wenig fortschreitet. Das mag daran liegen, dass der Zellselbstmord Energie erfordert, die aber nicht mehr vorhanden ist. Der schnelle Zelltod, die Nekrose läuft dagegen ohne Energie und daher vollständig ab. Allerdings scheint hier wieder die Energie für die Fresszellen zu fehlen, so dass die abgestorbenen Zellen nicht gefressen (phagozytiert) werden, sondern an ihrem Ort liegenbleiben, bei Tiefkühlung weitgehend unverändert.
Zum Beispiel fördert der Hemmstoff der schon erwähnten gefährlichen Kaspase-3 mit dem Namen Z-DEVD-FMK bei Ratten das Überleben von Nervenzellen im blutleeren Hippocampus einem wichtigen Teil des Gehirns.
Wir nehmen an, dass die Wiederherstellung der Struktur des Hirns dazu führt, dass es auch wieder funktioniert. Dass soviel Struktur (auch in Form von Zellen) erhalten bleibt, kann uns für die Kryonik sehr optimistisch stimmen.
Eine weitere Möglichkeit, das Überleben von Nervenzellen zu fördern ist die Haltung der Zellen zusammen mit embryonalen Stammzellen der Ratte (Kokultivierung). Die menschlichen Zellen wurden bei diesem Versuch bis zu 9,5 Stunden nach dem Tod aus menschlichem Hirnrinden Gewebe entnommenem. Dabei verbrachten die Gehirne 1-2 Stdn bei Raumtemperatur während des Transports. Die Patienten waren bis zu 94 Jahre alt. Die Zahl toter Zellen betrug im Mittel rund 17 von 26. Etwas mehr als 3 von den überlebenden Zellen waren gesund, die anderen geschädigt. Bei den Zellen, die mit embryonalen Rattenzellen zusammen gehalten wurden, waren rund 6 von 16 der Nervenzellen tot. Das heißt die Zahl toter Zellen sank durch gemeinsames Wachsen mit den embryonalen Zellen von etwa 65- auf 38%.
Bekannt ist die große Fähigkeit des Hirns zur Wiederherstellung der Hirnfunktion auch nach massenhaften Zellverlusten. Sie gehört zu einer Reihe von Möglichkeiten, die Arbeit des Gehirns in allen Situationen zu erhalten, da es für den Menschen unentbehrlich ist. Bei der Wiederherstellung spielen möglicherweise Gedächtnisinhalte, die mehrfach abgespeichert werden eine Rolle. Auf jeden Fall wirkt aber die Anpassungsfähigkeit von Hirnzellen dabei mit. Diese Fähigkeit des Gehirns macht weitere Hoffnung auf eine mögliche Wiederherstellung (Chen et al. 1998; Dancause et al. 2005; Carmichael 2006; Nudo 2007; Wu et al. 2008).
Zellen, die den Selbstmord vollenden zerfallen und die Trümmer werden von Fresszellen aufgenommen. Es sieht aber nicht so aus als ob die Hirnzellen nach dem Tod alle gleichzeitig durch den Selbstmord gehen und gefressen werden.
Dabei könnte – wie erwähnt - das Fehlen von Energie in allen Zellen eine Rolle spielen.
Für heutedurch Kryonik konservierte Verstorbene ist zunächst eine möglichst perfekte aufs Gehirn konzentrierte Kühlung wichtig, da die Entwicklung der Bedingungen für eine erfolgreiche Wiederbelebung noch Jahrhunderte Zeit haben könnte.
Literaturangaben auf Nachfrage
Demnächst hier:
# Medizinische Definitionen des Todes als Organversagen, als Zelltod, als endliche Auflösung.
# Der Tod als sekundärer Erwerb der biologischen Entwicklung. Altern und Tod waren am Anfang der Entwicklung des Lebens kein Muss.