Rede zur Frage Nr. 2991 der Fraktion „Die Fraktion“ (Thomas Schmitt) zu Luftreinigern in StVV 10.12.20
[Diese vorbereitete Rede konnte nicht gehalten werden, weil die Fraktion „Die Fraktion“ ihre Anfrage nicht zur Aktuellen Stunde angemeldet hatte.]
Herr Stadtverordnetenvorsteher, werte Stadtverordnete.
Es ist kalt in Frankfurter Kitas und Schulklassen. Die Zukunft ganzer Jahrgangsklassen ist gefährdet, weil der Magistrat ignorant bleibt. Nicht nur die Linke, auch ein großer Teil der Lehrkräfte, der Eltern und der GEW sind sich einig, dass die Schulklassen wegen der Pandemie schnellstens Raumluftwechsler brauchen, um virenlastige Aerosole zu eliminieren. Doch was sagte der Dezernent Majer in der letzten Stadtverordnetenversammlung? „Stoßlüften reicht.“ Lüften muss sein. Es kann jedoch in kalter Jahreszeit kein Ersatz für effektive Raumluftwechsler sein, die virenlastige Aerosole einfangen. Erschüttert bin ich über den mangelnden Kenntnisstand des Magistrats und des Gesundheitsamtes. Es gibt mobile Raumluftfilter, welche nicht nur die kleinsten Virenpartikel – die Aerosole, die nichts mit Tröpfcheninfektion zu tun haben – einfangen. Sondern diese Raumluftwechsler können nach Gebrauch mit Knopfruck auf ca. 100 Grad erhitzt werden, so dass die eingefangenen Viren innerhalb von 5 Minuten abgetötet werden. Ein manueller Filterwechsel ist damit nicht nötig, so dass auch hier das Haftungsargument entfällt. Schon zu Beginn der Pandemie hatte ich starke Zweifel, ob die Leitung des Gesundheitsamtes gut besetzt ist, denn Herr Gottschalk verglich Corona zunächst immer mit einer Art Grippe. Inzwischen wissen wir, dass das nicht stimmt.
Der offene Brief des Gesundheitsamtes vom 04.12. an den GPR des Staatlichen Schulamtes in Frankfurt ist ein Affront. (Zitat)
„Bezüglich der von Ihnen geforderten Luftfilteranlagen gibt es nach unserem Kenntnisstand keine Untersuchung, die einen nachweisbaren Effekt auf das ohnehin sehr geringe Infektionsrisiko durch SARS-CoV-2 in Schulklassen belegen. Der ausschließliche Nachweis einer Partikelentfernung ist unzureichend zur Bewertung des Nutzens.“
(Zitatende) Wie dumm ist das denn? Erstens wird hier die mögliche Entfernung der infektiösen Aerosole zugegeben und zweitens: Müssen wir erst das sprichwörtliche Kind in den Brunnen fallen lassen, bevor reagiert wird?
Davon abgesehen: Eiskalte Zugluft im Winter in den Klassenzimmern missachtet die körperliche und psychische Gesundheit der Schüler*innen. Hat denn der Magistrat wegen der neuen Situation überhaupt schon eine Gefährdungsanalyse gemäß des Arbeitsschutzgesetzes veranlasst? Dazu gehören zwei Teile: nicht nur Teil 1 mit physikalischen Messungen, sondern auch Teil 2 mit den Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Gute Lernumgebung fördert das Lernen. Dazu gehören definitiv keine Tiefkühltemperaturen im Klassenzimmer! Inzwischen legen viele Schüler*innen gar nicht mehr ihre dicken Winterjacken ab und bringen sich zusätzlich noch Decken mit. Das ist im wahrsten Sinne eine Einengung der Bewegungsfreiheit und aller lernenden Sinne. In Zugluft zu lehren und zu lernen ist unzumutbar. Klamme Finger, klamme Gedanken? Negative Gefühle? Wut, Ohnmacht? Welche Gesellschaft wird hier wie erzogen und welche Langfristauswirkungen hat das?
Herr Majer erwähnt immer wieder in einem Atemzug mit Gesundheitsschutz die Wirtschaftlichkeit. Sind betriebswirtschaftliche Zahlen denn wichtiger als die Gesundheit?
Ich sage: Unser aller Ziel muss es doch sein, dass Präsenzunterricht aus Lern- und aus sozialen Gründen vorrangig ist; sonst verlieren die Schüler*innen, aber auch die Gesamtgesellschaft, einen Teil ihrer Zukunft. Das abzustreiten, wäre dumm und fahrlässig. Die Linke sagt: Raumlüfter müssen her – schnellstens und für alle Schulklassen und übrigens auch für Kitas.