„Istanbul-Konvention“: Bekämpfung und Verhütung geschlechtsspezifischer Gewalt

Die Konvention des Europarats (nicht mit der EU verwechseln!) zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt wird i.d.R. im Sprachgebrauch als „Istanbul-Konvention“ benannt. Das liegt daran, dass die Konvention im Mai 2011 in Istanbul von den Staaten ganz Europas unterschrieben wurde; auch von Deutschland.

Die deutsche Bundesregierung hat sich allerdings mehr als sechs Jahre Zeit gelassen, die Konvention zu ratifizieren. Wenn es nicht die bundesweite Diskussion um die „Kölner Silvesternacht“ gegeben hätte, hätte Deutschland womöglich die Ratifizierung noch weiter hinausgezögert. Das bis zur Ratifizierung durch den Deutschen Bundestag im Oktober 2017 existierende völlig unzulängliche und mit der Konvention nicht kompatible deutsche Sexualstrafrecht musste erst reformiert werden („Mein Nein heißt Nein“).

Am 1. Februar 2018 trat die Istanbul-Konvention in Deutschland in Kraft und hat damit den Status eines Bundesgesetzes. Die obligatorischen Maßnahmen der Konvention sind ohne Wenn und Aber und ohne Haushaltsvorbehalte auf allen Ebenen (Bund, Land, Kommune) umzusetzen.

Dies ist bisher – fünf Jahre nach der Ratifizierung – immer noch nicht umgesetzt.

Ich kann von mir behaupten, dass ich es war, die mit viel Beharrlichkeit, Kleinen Anfragen und Anträgen zur Umsetzung so lange im Stadtparlament Ärger gemacht hat, bis die Koalition nicht mehr drum herum kam, tätig zu werden. Im Januar 2019 hatte Die Linke einen Etatantrag zur ausreichenden personellen und finanziellen Ausstattung der Frauenhäuser gestellt. Dieser Antrag wurde von der Koalition abgelehnt. Ich habe im Ausschuss „Wirtschaft und Frauen“ gewettert, dies sei ein Verstoß gegen die Istanbul-Konvention. (Tatsächlich ist diese Maßnahme in der Konvention enthalten und muss umgesetzt werden.) Bis auf eine Person haben alle Ausschussmitglieder ihr Smartphone gezückt und erst einmal gegoogelt, was die Konvention ist. Eine SPD-Frau hat auch gefragt „Was ist das?“ Die grüne Frauendezernentin hat keinen Ton dazu gesagt.

Es folgten einige Auseinandersetzungen im Ausschuss und im Plenum der Stadtverordnetenversammlung.

Stand heute (August 2023): Die Konvention ist noch lange nicht umgesetzt, aber ein Anfang ist in Frankfurt gemacht. In Frankfurt gibt es immerhin inzwischen eine beim Frauenreferat angesiedelte Koordinierungsstelle mit zwei halbtags arbeitenden Referentinnen. Viel zu wenig!!! Außerdem vermischt die verantwortliche Frauendezernentin ständig unterschiedliche Aufgaben. Die Konvention schreibt eine Koordinierungsstelle UND eine von der Stadt unabhängige Monitoringstelle vor. Die Koordinierungsstelle soll die Daten zu geschlechtsspezifischer Gewalt sammeln, auswerten und politische Maßnahmen vorschlagen. Sie soll Ansprechpartnerin für die Frankfurter Bevölkerung sein. Die Monitoringstelle hingegen soll evaluieren, ob die Maßnahmen Erfolg hatten oder andere ergriffen werden müssen. Sie erforscht die sozio-ökonomischen Zusammenhänge. Und: Die Aufgaben werden durch Vertreter:innen der mit dem Thema befassten Nicht-Regierungsorganisationen durchgeführt. Sie werden zwar von der Stadt bezahlt, sollen aber unabhängig ihre Ergebnisse erstellen. Die Ergebnisse fließen außerdem in die zwingende Länderberichterstattung an das beim Europarat angesiedelte Kontrollgremium „GREVIO“. Dieses Gremium hat dem ersten Länderbericht Deutschlands erhebliche Mängel vorgeworfen. Insbesondere fehlt sowohl beim Bund als auch bei den Ländern (auch Hessen) ein Gesamtkonzept, wie die geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen ist.

Das Land Hessen fängt erst jetzt – 2023 und 12 Jahre nach der Unterzeichnung in Istanbul -  an, Stellen für die Landes-Koordinierungsstelle einzurichten. Es gab bisher nur einen Runden Tisch gegen häusliche Gewalt, der aber nur einen kleinen Teil (wenn auch sehr wichtigen)  des großen Gebiets der vielfältigen Gewalt gegen Frauen und Mädchen abdeckt.

Inzwischen ist durch EuGH-Urteil der lange von einigen ultra-konservativen Ländern blockierte Beitritt der EU zur Konvention möglich geworden – auch ohne Einstimmigkeit.

Die Konvention bezeichnet in der Präambel die geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen (und Mädchen bis 18 Jahre) als ein Hindernis auf dem Weg in eine gleichgestellte Gesellschaft und arbeitet mit den Maßnahmen auf eine Bewusstseinsänderung hin. Deswegen setze ich mich dafür ein. In der Stadt Frankfurt und im Land Hessen.

Einige meiner Veranstaltungen wurden in der Coronazeit aufgezeichnet und sind auf der Internetseite der Fraktion DIE LINKE. im Römer zu finden. Hier können Sie die Podiumsdiskussion über die mit der Istanbul Konvention notwendige Bekämpfung von Rollenklischees sehen.