Rede Aktuelle Stunde in StVV 28.01.21 zur Frage Nr. 3066 (FDP)

[Diese vorbereitete Rede konnte nicht gehalten werden, weil die FDP ihre Anfrage nicht zur Aktuellen Stunde angemeldet hatte.]

Herr Vorsteher, werte Stadtverordnete,

unser Gemeinwohl krankt an Privatisierung. Auch in Frankfurt.

Wir können nicht über die Probleme in den Pflege- und Altenheimen sprechen, ohne die Privatisierung kommunaler Aufgaben anzusprechen. Der Pflegemarkt ist schon lange ein Markt, in dem sich vor allem Private Equity Fonds tummeln. Das ist kein Wunder, liegen doch die Renditen dieser Raubritter im Pflegebereich häufig zwischen 7 und 9 %. Ermöglicht durch Wiederverkäufe mit hohem Gewinnanteil und vor allem auf Grund von massiven Verschlechterungen wie Tarifflucht und Personalreduzierung. Wir haben also ein großes Problem in der Kommune.

Auch bei aktuellen Magistratsvorlagen von schwarz-rot-grün. Beispiel: das heute auf der Agenda stehende Einzelhandels- und Zentrenkonzept, wo man den Eigentümern und Geschäftsinhabern die Steuerung überlassen möchte, welche Geschäfte sich in der Innenstadt ansiedeln dürfen.

Die fortschreitenden Privatisierungswünsche, v. a. von schwarz-grün, sind vielfach feststellbar. Wie die privatisierte Müllentsorgung, die Überlassung des Wohnungsmarktes an hauptsächlich gewinnorientierte Immobilienunternehmen einschließlich der ABG, aber auch im großen Bereich der Gesundheit. Aktuelles Beispiel: die geplante Privatisierung der Apotheke im Klinikum Höchst. Das falsche und empirisch längst widerlegte Dogma, der Markt wird es besser richten, weil er effizienter sei, ist nicht nur für die Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge fatal.

Welche Auswirkungen die Privatisierung kommunaler Aufgaben hat sehen wir durch Corona ganz deutlich im Gesundheitswesen. Überall ein durch Profitstreben eklatant reduzierter Personalanteil, so dass immer mehr Personal unter der Last zusammenbricht . Die neue Stadtregierung muss diese menschenverachtende Schraube wieder zurück drehen und ehemals kommunale Unternehmen wieder zurück in die direkte kommunale Verantwortung bringen.

Die Pandemie fordert uns besonders heraus. Wie wir leider feststellen müssen, liegen ausgerechnet die sog. vulnerablen Gruppen wie die Hochbetagten, von denen doch alle Verantwortlichen sagen, dass sie besonders zu schützen seien, am unteren Ende der Leiter. Während große Wirtschaftsunternehmen wie die Lufthansa mit enormen Summen bedingungslos gestützt werden - hält man es offensichtlich nicht für nötig, viel Geld in tägliche Testungen in Altenheimen für Bewohner*innen, Pflegende und Besucher*innen zu stecken; ganz zu schweigen von der oft fehlenden Schutzausrüstung. Kein Wunder – sage ich ironisch – der private Markt wird es ja richten und ich als Stadtregierung bin dafür nicht mehr verantwortlich.

Inzwischen wissen wir durch tägliche Berichterstattung, dass es ein großes Problem für die Senior*innen gibt, einen Impftermin zu kriegen, wenn sie in den eigenen vier Wänden wohnen, wo sie oft von privaten Pfleger*innen in Hetze nur grundversorgt werden. Wir wissen, dass die Hotline zur Terminvereinbarung ständig überlastet ist – ein Durchkommen praktisch unmöglich. Hinzu kommt, dass viele Alte nicht die neuesten Smartphones haben um den Termin-link aufzurufen. Dazu viele Seiten mit Erklärungen, wie man einen Termin kriegen könnte. Wie kriegen Sie das schnellstens in den Griff, Herr Majer?

Ich möchte nicht wieder hören, dass Sie gar nicht zuständig sind, sondern die schwarzgrüne Landesregierung. Formal ja. Aber hier geht es um Menschenleben, und da kann man sich nicht wie so oft hinter der Landesregierung verstecken. Was ist also Ihre Strategie, für die Sie ein Jahr Zeit hatten, um dieses vorausschaubare Problem zu lösen? Denn in der heute Morgen von Ihnen kurzfristig schriftlich eingereichten Stellungnahme wird weder auf dieses noch auf andere Probleme eingegangen!