Orgelbauer Tobias Brunner

Der Orgelbaumeister Tobias Brunner (1602 – ca. 1660) 

- ein Schüler des sächsischen Hoforgelbauers Gottfried Fritzsche- 

Im Zuge meiner Ahnenforschung zur Familie Brunner bin ich auf einen mit mir verwandten Orgelbauer gestoßen, welcher von Anfang an mein besonders Interesse erregte. Dieser hat, wie für die damalige Zeit nicht unüblich, seine Heimat verlassen und als regional angesehener Orgelbauer sein Leben fern der Heimat verbracht. Der folgende Lebenslauf von Tobias Brunner ist in einem ca. 3 jähriger Studium von Primär- und Sekundärquellen sowie Recherchen vor Ort entstanden. 

Evtl. finden sich in Zukunft noch weitere Quellen, welche das Wirken von Tobias Brunner beleuchten. 

Für jegliche Hinweise bin ich sehr dankbar. 

Tobias Brunner wurde am 23.08.1602 in Hormersdorf, Sachsen (25 km südlich von Chemnitz) getauft[1]. Er war das 3 Kind von Friedrich Brunner, dem Hormersdorfer Ortsrichter. Da es regional üblich war die Kinder wenige Tage nach der Geburt taufen zu lassen, dürfte er somit am 21. oder 22.08.1602 geboren sein. Seine Taufpaten waren:

1.) Baltasar Drabitius, Pfarrer in Geyer

2.) Melchior Blüer, Amtsschösser (Verwalter des kurfürstlichen Amtes) zu Stollberg

3.) Christina, Mertten Lieberwirths Weib aus Hormersdorf

 

Wie sich nach umfangreicher Recherche, welche anhand von Primär- und Sekundärquellen durchgeführt wurde, ergeben hat, war Tobias Brunner ein bekannter Orgelbauer seiner Zeit im norddeutschen Raum (insbesondere Region Dithmarschen, Schleswig-Holstein).

 

Wie es dazu kam, dass Tobias seine sächsische Heimat verlies und in das rd. 650 km entfernte Holstein zog und dort das Handwerk des Orgelbauers erlernte, kann anhand der bisher bekannten Quellen nicht mehr eindeutig nachvollzogen werden. Allerdings gibt es 2 Vermutungen wie der Kontakt zwischen Friedrich Brunner und Gottfried Fritzsche zu Stande gekommen sein könnte[2]:

- Im sächsischen Hauptstaatsarchiv Freiberg befinden sich diverse Unterlagen, in dem Gottfried Fritzsche als Mitbesitzer des Hammerwerks in Dorfchemnitz (Nachbarort von Hormersdorf) in der Zeit zwischen 1615-1622 genannt wird. Tobias Brunners Großvater Michel Brunner besah bereits 1597 Anteile an diesem Eisenhammer. Vater Friedrich, war später als Schichtmeister in diesem Hammerwerk tätig.

- Friedrich Brunner unterhielt Kontakte nach Zschopau, ein weiterer Sohn von ihm wird dort als Tuchmachergeselle genannt. Als Gottfried Fritzsche im Jahr 1615 Anteile an dem Dorfchemnitzer Hammer erwarb, fand die Vertragsverhandlung in Zschopau statt. Neben dem Bürger und Ratsherr Georg Pretzner wird auch der dortige Organist Bartholomäus Zemke als Mitgewerke genannt.

Hieraus wird ersichtlich, dass wohlhabende Bürger zu jeder Zeit ihr Geld im Bergbau investierten und somit vermutlich der Kontakt zwischen Friedrich Brunner und Gottfried Fritzsche über Geschäftsbeziehungen zu Stande gekommen ist.

 

Anhand einer Vielzahl von Veröffentlichungen über Tobias Brunners Lehrmeister Gottfried Fritzsche ergeben sich folgende Details für die Zeit zwischen ungefähr 1620 und 1630:

Tobias Brunner hat um 1620 eine Lehre als Orgelbauer begonnen. Den ersten Nachweis finden wir hierfür in Wolfenbüttel (südlich von Braunschweig), wo er beim Bau der großen Orgel in der Wolfenbütteler Marienkirche zum ersten Mal als Geselle des sächsischen Hof-Orgelbaumeister Gottfried Fritzsche (geboren 1578 in Meißen, Sachsen / gestorben 1638 in Hamburg, Ortsteil Ottensen) erwähnt wird.[3] Gottfried Fritzsche wurde um 1619 von Dresden an den Wolfenbütteler Hof geholt, wo er für die Hauptkirche (Marienkirche) im Zeitraum zwischen 1620 und 1623 eine große neue Orgel gefertigt hat.5 Von Wolfenbüttel aus war Fritzsche zwischen 1621-1623 in Braunschweig tätig. Dort erneuerte er in der St. Katharinen Kirche die Orgel.[4] Diese ist wie so viele aus dieser Zeit heute leider nicht mehr erhalten. Während des 19. und 20. Jahrhunderts erfolgten starke Veränderungen. Im Jahre 1980 wurde durch die Hamburger Firma Beckerath eine neue Orgel unter Einbeziehung von sechs original erhaltenen Registern der alten Fritzsche-Orgel gebaut.

Es ist anzunehmen, dass ihm Tobias Brunner auch nach Braunschweig gefolgt ist, obwohl sich dafür bisher kein eindeutiger Beweis finden lies. Der Schaffenszeitraum Fritzschen's in Braunschweig kann anhand eines im dortigen Stadtarchiv vorhandenen Vertrag zwischen Fritzsche und den Kirchenvorstehern genau datiert werden. Vertragsschluss war der 21.06.1621, Fertigstellung sollte zu Estomihi 1622 sein. Weiterhin erfahren wir in diesem Vertrag, dass "..dem meister mit seinem Gesinde bey wherender arbeit mitt einer freien whonung versehen," soll.[3] Allerdings scheint sich der Bau dann doch bis ins Jahr 1623 gezogen zu haben, da die Orgelabnahme erst am 11.08.1623 durch den Organisten Jacob Praetorius aus Hamburg erfolgt.[3]

In den folgenden Jahren verlieren sich die Spuren von Tobias Brunner. Nach 3 Jahren Lehre dürfte die Ausbildung zum Orgelbauer jedoch noch nicht abgeschlossene gewesen sein, weshalb Tobias Brunner seinen Lehrmeister vermutlich auch in den folgenden Jahren begleitet hat. Üblicherweise dauerte eine Lehre als Orgelbauer mindestens 5 Jahre[5], wenn nicht 6 oder 7 Jahre.

Fritzsche finden wir ab 1618, dem Alter wo Tobias die Lehre begonnen haben könnte weiterhin an folgenden Orten:

- 1618-1619: Neubau einer Orgel in der Bayreuther Stadtkirche.5

- 1619: Erstellung eines Gutachtens über die große Orgel im Freiberger Dom.[6]

- 1620: Erneuerung der kleinen Orgel im Freiberger Dom.[5]

- 1622: Harbke[7]

- 1624: Beginn des Neubaus der Orgel in der "kurfürstlichen Kirche zu Torgau" welcher jedoch erst im Jahre 1631 fertiggestellt wurde.[5]

- 1626/27: Neubau einer Orgel für die Ulicikirche in Braunschweig.[5]

- 1628: Renovierung/Erweiterung der Orgel in der Schloßkapelle in Dresden.[5]

- 1628/29: Renovierung der Orgel in der Schloßkapelle in Celle.[5]

 

Im Jahre 1629 erhält Gottfried Fritzsche, welcher gerade in Celle tätig ist, einen Ruf nach Hamburg, welches vom Krieg relativ wenig berührt war, um für die Kirche St. Maria-Magdalena eine neue Orgel zu bauen.[11] Dort heiratete Fritzsche dann am 05.10.1629 in zweiter Ehe Margarethe, geb. Ringemuth und war ab diesem Zeitpunkt in Ottensen (heute Ortsteil von Hamburg) ansässig.[3] Sein Grundstück und Haus in Dresden verkaufte er am 12.03.1629 und gab damit seinen Wohnsitz dort auf.[5] Tobias Brunner, welcher zwischenzeitlich den Status eines Meistergesellen inne hatte folgt Fritzsche und wird mit der Leitung des Orgelneubaues in der Hamburger St. Maria Magdalena Kirche beauftragt.[8] Die neu erbaute Orgel wird im Juni 1630 fertiggestellt und von Jakob Prätorius abgenommen. Fritzsche führte in den Folgejahren weitere Arbeiten in Hamburg aus.[7]

 

Wann genau Tobias Brunner seine Lehre bei ihm bzw. die Zusammenarbeit mit Fritzsche beendete, konnte bisher nicht ermittelt werden. Im Jahre 1631 heiratete Tobias Brunner, Sybilla, eine Tochter Gottfried Fritzschens. Die Trauung fand am 24.04.1631 in Ottensen (Hamburg) statt. Die Tatsache, dass Tobias eine Tochter Fitzschens heiratete verdeutlicht das gute Verhältnis zwischen beiden.

 

Nach der Heirat hat Tobias Brunner Hamburg zeitnah verlassen. Ab 1632 finden wir ihn in Lunden[9] wo er dann vermutlich bis zu seinem Tot eine Orgelbauwerkstatt unterhielt. Lunden hatte bis ungefähr 1650 eine wirtschaftliche Blütezeit, welche zwischen 1580 und 1620 ihren Höhepunkt hatte.[10] Ob dies der einzige Anlass war, welcher Tobias dazu veranlasste sich in Lunden anzusiedeln ist nicht bekannt, dürfte sicherlich aber eine Rolle gespielt haben. Verwunderlich ist die Tatsache, dass um 1640 ein weiterer Orgelbauer, nämlich Friedrich Schultz (vielleicht ein Lehrling von Tobias Brunner), in Lunden ansässig war. [9]

 

Im ältesten noch erhaltenen Taufregister [8] der Kirchgemeinde von Lunden, welches im Jahr 1620 beginnt, sind folgende 5 Taufen von Kindern Tobias Brunners verzeichnet:

15.02.1632: Esther "des Orgelmachers Tochter"

01.08.1634: Gottfried des "Orgelmachers Sohn"

21.06.1640: Susanna des "H[errn] Tobias Orgelbauers Töchterlein"

05.07.1643: Maria des "Orgelbauers Töchterlein"

02.07.1645: Moritz des "Orgelbauers Söhnlein"

 

Da die Lundener Kirchenregister für die Hochzeiten und Sterbefälle leider nicht erhalten sind, kann das Sterbedatum und die Heirat Tobias Brunners leider nicht datiert werden. In den späteren Registern (ab 1763) taucht der Name Brunner in Lunden nicht mehr auf.

 

Wie sich aus den nichtkirchlichen Quellen ergibt, hatte Tobias einen weiteren Sohn, Johann Friedrich, welcher später die Orgelbauwerkstatt des Vaters übernahm. Da seine Taufe im Lundener Taufbuch nicht auffindbar ist, müssen wir davon ausgehen, dass er nicht in Lunden geboren wurde. Wenn wir unterstellen, dass Johann Friedrich ein ehelicher Sohn war, ergibt sich daraus die Konsequenz, dass Tobias Brunner bereits geheiratet hat bevor er nach Lunden ging. Wo dies war konnte bisher nicht ermittelt werden. Die Vermutung, dass er in einem der Orte heiratete in denen er bis 1632 als Orgelbauer tätig war, konnte bisher nicht belegt werden. Nach bisheriger Recherche kann eine Heirat in Celle und Wolfenbüttel ausgeschlossene werden.

 

Da Johann Friedrich nicht in Lunden getauft wurde, sein Vater spätestens ab 1632 in Lunden ansässig war, ergibt sich daraus, dass er es sich bei Johann Friedrich um einen älteren Sohn handelt welcher vermutlich um 1630 oder davor geboren wurde.

 

In den ersten Jahren nach Abschluss seiner Lehre verdingte sich Tobias Brunner mit der Reparatur von Orgeln. 1632 wurde "der Orgelmacher von Lunden" nach Garding gefordert.[11] Vermutlich führte er an der dortigen um 1512 erbauten Orgel Reparaturarbeiten durch.

1633 "besah" Brunner die Oldensworter Orgel.[11] 1634 reparierte er die Orgel in seinem Wohnort Lunden.[10]

1635 reparierte "de orgelbuwer von Lunden" die Orgel in der Husumer Marienkirche.[12] Ob es sich bei dieser Reparatur um Tobias Brunner oder den zweiten Orgelbauer aus Lunden handelt, kann nicht mehr mit Sicherheit belegt werden, ein Indiz dafür ist jedoch, dass sein Sohn Johann Friedrich später Reparaturen an dieser Orgel durchführte.

 

Die Verbindung zu seinem Lehrmeister Gottfried Fritzsche scheint auch nach der Beendigung der Lehrzeit noch recht intensiv gewesen zu sein. Im Jahre 1632 hielt sich Fritzsche in Husum auf und erweitere dort die Orgel der Stadtkirche. In dieser Zeit besuchte er seinen ehemaligen Schüler und Schwiegersohn in Lunden.[10] Im Jahr 1636 bis 1638 hielt sich ein Sohn Fritzschen's, Hans Christoph, in Lunden auf, vermutlich bei Tobias Brunners[13]. Falls diese Vermutung zutreffend sein sollte, unterstreicht dies die gute Beziehung Fritzschens zu seinem ehemaligen Lehrling und Schüler.

 

1638 repariert Tobias Brunner die Orgel der Kirche in Heide für 120 Mark.[10]

 

1640 folgte eine Reparatur der Bälge der Orgel in Marne. Für seine Arbeit erhielt er 264 Mark.[20]

 

Im Jahr 1642 war Tobias Brunner in Hennstedt, rd. 12 km südöstlich von seinem Wohnort Lunden, beschäftigt. In der dortigen Secunduskirche führte er Arbeiten aus. Ob es sich hierbei um einen kompletten Neubau oder um eine umfassende Renovierung der bestehenden Orgel handelte kann anhand der vorliegenden Quellen nicht eindeutig festgestellt werden. Noch heute ist die schöne Prospektfront aus Eichenholz mit Ihrem reichlichen Schnitzwerk und Profilen erhalten.

 

Aus den Kirchrechnungen (KR) von Hennstedt [14] erfahren wir zu den Arbeiten an der Orgel folgende Details:

- "Dem Organisten von der Heide vnd dem Orgelbawer wegen besichtigung der alten Orgel, ob derselben mügte zuhelffen sein, geben vor ihre mühe 6 Mark" (KR Ostern 1642)

- "Costen des Organisten vnd Orgelbauers bei Besichtigung der alten bedingung einer newen Orgell, betzalet lhauth seines Zettels 25 Mark, 2 Schock" (KR Michaelis 1642)

- "Den 22.Martij als die Herren Prediger, Kirchspielvoigt, Gevolmechtiger vnd Baumeister eine neue Orgel verdüngen, haben sie dem Orgelbauer Tobias Brunnern zum Gottespfennig [zur Bestätigung eines Vertrages gezahltes Geld] gegeben 12 Mark" (KR Michaelis 1642)

 

Im Jahr 1652 bis 1653 hat Tobias Brunner dann Reparaturen an der Hennstedter Orgel vorgenommen10: "Dem Orgelbauer vor arbeit an der Orgel lauth quitung 12 marcam [=Mark?]" (KR Ostern 1653).

 

In den Jahren 1642 bis 1643 führte Tobias einen Orgelneubau in der alten Feldsteinkirche (Martinskirche) zu Tellingstedt aus. Aus den Kirchrechnungen[15] erfahren wir dazu folgendes:

- "Wegen der Orgell in hiesiger Kirche verbauett 44 Mark 13 Schock" (KR 1642)

- "dem Orgelbawer Tobia Brunnern wegen der orgell betzahlett 400 Mark" (KR 1642)

- "Waß zur orgell dießes Jahreß verschaffett, vnd in der Kirchen derohalben verbawett, belauftt sich in allen zusammen 232 Mark 14 Schock" (KR 1643)

 

Aufgrund glücklicher Umstände ist diese Orgel heute noch weitgehend im Original erhalten. Besonders zu erwähnen sind die 7 original erhaltenen Register (Klangspiele), welche aufgrund ihres ausgezeichneten Klanges bei Orgelfreunden aus ganz Deutschland beliebt sind.

 

Um 1646 ist Tobias in Meldorf tätig.[16]

 

Ebenfalls um 1646 hat Tobias Brunner Reparaturen an der Orgel in Wilster vorgenommen. Der Vertrag hierzu ist in Abschrift erhalten und lautet:

" Zu wissen sey hirmit öffentlich, daß an untengeschriebenen dato zwischen den H[errn]. haubtleuten der Kirche alhier benandten Capit. Hanß Wackerhagen undt Hanß Hövelmeyer an einem, und M[eiste]r. Tobias Brunnern, Orgelmacher zu Lunden wohnhaft am anderen Theile nachfolgender Contrakt geschlosse.

Erst[ich]l. soll undt will er, M[eiste]r. Tobias hiesiger Orgell eine Stimme quintodine genandt, hinzusetzen von 16 fuß

2. Daß gantze Werk, die windtladen aber außgeschieden, renovieren undt das rohrwerk revidieren undt

3. nach dem vohrigen Thon widerumb in vohrigen standt bringen

Wenn selbiges alles wie obberürt richtig verfertigt, sollen undt wollen ermeldte haubtleute Ihm M[eiste]r. Tobias für so[ge]thane  Arbeit geben undt entrichten dreihundert Mark Lubb: wie dazu auch die Zehrungskosten, Item Wagenfuhr auß und zu Hauß. Undt verpflichtet sich obberührter M[eiste]r. Tobias Brunner hiermit undt Kraft dises daß so balt er daß werk zu Melldorff eingerichtet und zum stande gebracht, er alsofort mit hiesiger Arbeit anfangen wolle, alles sonder gefehrde.

Uhrkundtlich sein hiruber 2 gleichlautende Exemplaria verfertiget, welche die H[errn]. Haubtleute undt beruhrter M[eiste]r. mit eigen Handt unterschrieben, worvon daß eine beyden H[errn] haubtleuten undt daß andere bey oppbemelten M[eister]. in verwahrung. Geschehen zur Wilster in beysein des H[errn]. Bürgermeister H[errn]. Martini Steinhausen, Zur .... Item des Organisten Baltzer Schröder undt Johann Vincke.

den 11.Augusti Anno 1646"

 

In den Jahren zwischen 1648 bis 1652 ist Tobias Brunner an der Orgel der St.Marien Kirche in Rendsburg beschäftigt[17]. Im Jahre 1648 enthält die Kirchenrechnung dazu folgenden Eintrag: "den 7. Februar Claus Suern an Tobia Brunnern Orgel Bauern zu Lunden wegen hiesigeß werk zu besichtigen, herzufordern, Botenlohn 1 Mark". Dem Ruf scheint Tobias jedoch erst im Jahre 1649 gefolgt zu sein: "dem Orgelbauer Tobias Brunner vonn Lunden das er hiesiges Orgelwerck besichtiget, für seinen Wegk 12 Mark" Ob er an der Orgel tatsächlich tätig wurde geht aus den Kirchenrechnungen nicht hervor. Im Jahre 1652 erfahren wir lediglich noch, das er erneut nach Rendsburg geholt wird.

 

1650 treffen wir Tobias Brunner in Tating, wo er vermutlich das Rückpositiv erneuert hat.[10]

 

Im Zeitraum zwischen 1650 bis 1652 waren Tobias und sein Sohn Johann Friedrich dann überwiegend in Flensburg tätig.18

Im Sommer 1650 übernahmen die Beiden die Reparatur der Orgel in der dortigen St. Nikolai Kirche. Am 19.06.1650 erhielt Tobias "die Helffte seiner reyse und Zehrung" mit 15 Mark, 5 Schock bezahlt. Am 10.09.1650 notiert die Kirchenrechnung "... ist der Orgelmacher mit seinem Sohne wiederumb anhero gekommen, ..dem Fuhrmann bezahlet 12 Mark". Nach Abschluß der Arbeiten erhielt er "wegen der orgel zuverferttigen" 210 Mark. Tobias hielt sich mit seinem Sohn insgesamt 7 Wochen in Flensburg auf, bevor er auf Kosten des Patronats nach Friedrichstadt zurückfuhr. Warum die Reise nicht nach Lunden, dem vermeintlichen Wohnort der Brunners ging, ist bisher ungeklärt.

 

Aus der Rechnung des Kirchgeschwornen der St. Marien Kirche in Flensburg geht weiter hervor, dass im Juni 1651 "Der Orgelbauer Thobias Brunner selbst dritte bey mir inn Siebezehenn Wochenn bis Michaeli auff denn Kost gewesenn, unnd alle Tage mit der Frühestück 9 Mahlzeiten sowoll Bier nach alß bey der Mahlzeit gehabt, wofür die Woche ... alß jeder 5 Mark, 6 Schock machen 3 Persohnen in 17 Wochenn – 274 Mark 2 Schock."

In den folgenden acht Wochen von Michaelis bis Advent wurde Tobias Brunner sogar "selbst Vierte" bei dem Kirchgeschwornen verpflegt. Im selben Jahr erhielt er als Arbeitslohn 550 Mark. Im folgenden Jahr gingen die Arbeiten weiter, es wurden "14 gedrehete Hantgriff bey die Stimmen" angefertigt. Weiterhin bekam er 30 Mark Lohn "wegen die Zimbelen". Im Jahr 1652 wurde auch ein Bote "nach Haderßleben zu dem Orgelbauer daselbsten gesant". Der Hintergrund dieser Aktion war bisher nicht zu ermitteln, soll jedoch hier trotzdem erwähnt werden. Vermutlich pflegte Tobias Brunner geschäftliche Beziehungen zu anderen Orgelbauern.  Evtl. war Tobias aber auch zeitgleich am Neubau der dortigen Orgel, welche um 1652 gebaut wurde, beteiligt.[18] Zum Abschluss der Arbeiten enthält die Kirchenrechnung noch folgende Eintragung: "... noch ein Fuhrmann der dem Orgelbauer wieder nach Lunden gebracht hat gegeben 12 Mark 8 Schock"[19]

 

Aus den Kirchrechnungen von Garding erfahren wir, dass im Jahre 1654 541 Mark, 11 Schock an einen Orgelbauer gezahlt wurden um "die orgel zu renovieren vnd ein neu stimme einzubringen". Da der Organist die "neue belgen von Lunden" holte liegt die Vermutung nahe das Tobias oder sein Sohn mit der Reparatur der Orgel beschäftigt war.[11]

 

Im Jahr 1654 war Tobias Brunner erneut in Marne beschäftigt. Er führte dort eine größere Reparatur an der Orgel in der Maria-Magdalena Kirche durch. Für seine Arbeiten erhielt er 743 Mark. Von der Orgel ist heute nur noch der Prospekt aus dem Jahre 1603 erhalten.[20]

 

Im Jahr 1655 repariert Tobias Brunner die Orgel in Brunsbüttel. Er erhielt dafür 120 Mark.[21]

 

1657 bis 1658 reparierte Tobias Brunner die Orgel in Lüdingworth bei Cuxhafen reparierte.[22] Der dort im Jahr 1657 geschlossene Vertrag ist im Original erhalten und enthält die eigenhändige Unterschrift von Tobias Brunner:

 

 

Im Jahr 1658 erhält die Kirchenrechnung noch folgenden Eintrag: "10 Mark an dem orgelmacher Tobiaß Brünner auf Rechnung bezahlet den 27.Augusti."[23]

 

Den letzen urkundlichen Nachweise von seinem Wirken als Orgelbauer haben wir aus dem Jahre 1665. Für eine Reparatur der Orgel in Oldenswort erhielt er 90 Reichstaler "Tobias Brunner dem orgelbauer 90 Rthl.".[11]

 

Weiterhin war Tobias in Bützfleth mit der Reparatur der dortigen Orgel beschäftigt. Leider ist der erhaltene Vertrag nicht datiert, so dass eine zeitliche Einordnung nicht möglich ist.[10]

 

Wann und wo Tobias Brunner verstorben ist konnte bis heute nicht geklärt werden. Am naheliegendsten ist natürlich sein Wohnort Lunden, wobei ein urkundlicher Nachweis hierfür bisher fehlt. Für die Angabe "† 1654 in Tellingstedt" in Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Band 7, Personenteil Verlag: Metzler, J. B.; Auflage: 2., vollst. neubearb. Ausg. (1. August 2002) konnte bisher kein urkundlicher Beleg gefunden werden. Auch vom Verfasser des Artikels Dr. Wolfram Hackel konnte der Nachweis hierfür, auf Nachfrage hin, nicht geführt werden.

 

"Brunner vererbte seine Werkstatt seinem Sohn Johann Friedrich, der schon früher mit ihm zusammengearbeitet hatte und bis 1677 nachweisbar ist."21 An folgenden Orgeln war Johann Friederich Brunner tätig:

- 1650 erstmalige Erwähnung bei einer Reparatur der Orgel in der Flensburger Nicolaikirche.[11]

- 1651: Umbau des Pedals der Orgel in der Flensburger Marienkirche.[11]

- 1665/67: Umbau der Orgel in der Kirche von Tating ("dem Orgelmacher Johann Friedrich Brunner gezahlet 436 mk") [11]

- 1666: Aus der Kirchenrechnung des Jahres 1666 erfahren wir: "den 13. may den Orgelbauer von Lunden, so die Orgel wieder renoviret vnd die Schalmeienstimmen darin verfertiget, und das sie der Organist beschlagen, zu vertrinken 3 Mark"[16]

- 1671: Durchgreifende Erneuerung der Gettorfer Orgel, wofür er 400 mk erhielt. Weiterhin erfahren wir, dass "auf 7 Wagen von Rendsburg die Materialien zur Orgel anhero geholet" wurden. [11]

- 1671-77: Reparatur und regelmäßige Stimmung der Husumer Marienorgel

- 1672: Abnahme einer Reparatur durch den alten Conrad Topf[11]. Der mit Johann Friedrich geschlossene Reparaturvertrag lautete: "Zuwißen, Daß die Kirchgeschwornen zu Husum, mit Nahmen ietzund die Ehr: vnd Achtbare Friedrich Gewald, Hieronymy Danielsen, Claus Schmidt vnd Johan Ladsen zu einem, dan der Ehrbar vnd Kunsterfahrne Mr. Johan Friedrich Brunner Orgelbawer zu Lunden zum andern Theil, fest vnd vnwiederruflich, vmb reparierung der Orgel in hiesiger Stadt-Kirche dergestalt eins geworden, Daß Er Mr. Johan Friedrich Brunner hat angelobet, vnd lobet noch fur sich vnd seine Erben, an gedachter Orgel zuverfertigen erstlich Vier newe Sponbalgen /: die welche Er versichert in solcher Anzahl fur dieses Werck genugsam zu sein :/ von gutem truckenem eichenem Holtz breit vng. Vier Fuß vnd lanck bei Acht Fuß oder etwas weiniger. Und dan weiter das gantze Werck durchzugehen ....“

- 1676: Reparatur in Garing für 18 Mark [11]

- 1678: Reparatur in Oldenswort für die er 180 Mark erhielt. [11]

 

Auch wenn wir das Leben und Schaffen von Tobias Brunner heute nur noch bruchstückhaft rekonstruieren können, so sehen wir anhand der vorliegenden Quellen doch, daß er ein geschäftstüchtiger Mann war. Er hatte sicherlich im Raum Dithmarischen und über die Gebietsgrenze hinaus einen guten Ruf als Orgelbauer. Sicher kam Ihm hier seine Ausbildung bei Gottfried Fritzsche zugute.

 

Evtl. finden sich in Zukunft noch weitere Quellen, welche das Wirken von Tobias Brunner beleuchten. Der Autor ist diesbezüglich über jegliche ergänzenden Hinweise dankbar.

 

[1] Taufbuch 1579 – 1696; Archiv des Pfarramtes der Gemeinde Hormersdorf Erzgebirge

[2] Mitteilungen von Bernd Descher, Stollberg, Spezialist für den Altbergbau im Gebiet zwischen Stollberg und Geyer

[3] Die Orgeln der Stadt Wolfenbüttel; Uwe Pape; Berlin; 1973; ISBN 3-921140-11-0

[4] Orgel-Monographien; Nr. 19; Pfeiffer-Dürkop, Hilde; Die Geschichte der Gottfried Fritzsche-Orgel in St. Katharinen zu Braunschweig

[5] Gurlitt, Wilibald; "Zum Schülerkreis des kursächsischen Hoforgelmachers Gottfried Fritzsch"; In einem dort abgedruckten Lehrvertrag, welchen Fritzsche mit einem Claus Dohausen aus Braunschweig um 1631 schloss, finden wir "denselben innerhalb von 5 Jahren treulich in der ganzen Orgelmacherkunst zu unterweisen..." 

[6] Der Kursächsische Hoforgelmacher Gottfried Fritzsch; Wilibald Gurlitt, Freiburg im Breisgau

[7] Die Orgeln der Stadt Celle; Uwe Pape; 2000;  Norddeutsche Orgeln; Band 13; 178. Veröffentlichung der GdO.

[8] Fock, Gustav; "Hamburgs Anteil am Orgelbau im niederdeutschen Kulturgebiet" in der "Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte", Band 38; Hamburg; 1939

[9] 1. Taufbuch der Kirchgemeide Lunden/Dithmarschen

[10] Ross, Otto; Lunden. Ein Beitrag zur Heimatgeschichte. Zugleich ein Führer durch den Ort und Kirchspiel.; Lunden; 1929

[11] Orgelbauerkartei von Gustav Fock in der Staats- und Universitätsbibliothek in Hamburg

[12] Schriften zur Musik; Otto Schuhmann; Orgelbau im Herzogtum Schleswig vor 1800; Musikverlag Katzbichler; München; 1973; ISBN 3873970252

[13] Fock, Gustav; "Hamburgs Anteil am Orgelbau im niederdeutschen Kulturgebiet" in der "Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte", Band 38; Hamburg; 1939

[14] Kirchenrechnungen der Gemeinde Hennstedt, im Archiv des dortigen Pfarramtes

[15] Kirchenarchiv Tellingstedt, Signatur 157, Kirchenrechnungen 1642 und 1643

[16] Stadtarchiv Wilster, Certenprotokoll 1627 bis 1651, Signatur 387b; Das Orginal der Urkunde befindet sich gemäß Auskunft vom dortigen Stadtarchivar Herr Bürger nicht mehr im Bestand; eine Abschrift davon befindet sich in der Staats- und Universitätsbibiothek Hamburg, Nachlaß Gustav Fock, Orgelkartei, Propstei Münsterdorf, Orgelkartei Wilster

[17] Staats- und Universitätsbibiothek Hamburg; Nachlaß Gustav Fock; Orgelkartei, Umschlag Rendsburg, St. Marien; Auszüge aus den Kirchenrechnungen zu Rendsburg

[18] Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein; Dr. Rcihard Haupt; I.Band; Kiel 1887

[19] Detlefsen, Hans Peter; "Musikgeschichte der Stadt Flensburg bis zum Jahre 1850" in der Reihe "Schriften des Landesinstituts für Musikforschung Kiel"; Bärenreiter-Verlag Kassel und Basel; 1961

[20] Geschichte der Stadt und des Kirchspiels Marne, Prof. Dr. Reimer Hansen; 1927

[21] Dithmarschen Blätter der Heimatgestaltung 12. Jahrgang März-April 1936, Seite 48

[22] Fock, Gustav; Arp Schnitger und seine Schule; Verlag Bärenreiter; 1974

[23] Auskunft der Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jacobi D. Ä, Lüdigworth, Liebfrauentrift 11, 287478 Cuxhafen

Orgel in Hennstedt im Jahr 2001


Orgel in der Kirche in Tellingstedt im Jahr 2001 

Blick in die Tellingstedter Orgel 2001 

Originalunterschrift von T. Brunner