Schottland 2020: Happy in den Highlands

Achtung, das wird keine kurze Anekdote! Ich habe nicht grundlos 2 Kilo im Urlaub abgenommen, trotz regelmäßigem Konsum von Fish & Chips.

Was Sam Heughan und Graham McTavish können, kann ich auch: Durch Schottland reisen und diesen Flecken Erde lieben. Unterschied zwischen ihnen und mir: Sie sind Schotten und hatten nur eine kurze Anreise. Außerdem wurde ich bei meiner Reise auch nicht gefilmt. Doch lasst uns mal schauen, ob meine Reise genauso erzählenswert ist wie ihre.

Überblick: Hamburg – Edinburgh Flughafen (ÜN) – Balloch am Loch Lomond (ÜN) – Luss – Falls of Falloch – Kilchurn Castle – St. Conan’s Kirk – Oban (ÜN) – Fährüberfahrt auf die Insel Mull – Calgary Bay (nein, nicht in Kanada) – Tobermory (ÜN) –Aros Castle / Moy Castle / Duart Castle – Insel Iona – Fort William (ÜN) – Glennfinnan – Loch Eilt – Eilean Donan Castle – Skye: Portree (ÜN) – Old Man of Storr – Dunvegan Castle – Fairy Pools – Armadale Castle – Gairloch (ÜN) – Wester Ross – Ullapool (ÜN) – Fährüberfahrt auf die Insel Lewis – Stornoway (ÜN) – Callanish Stones – Culloden – Clava Cairns – Kinloch Rannoch – Birnam/Dunkeld – Hermitage/Perthshire Forest – Edinburgh – Leith (ÜN) - München

Anreise:

Rückblende Sommer 2020: Nachdem die Lufthansa unsere Flüge von München nach Edinburgh gecancelt und wir bei Ryanair neu gebucht hatten, diesmal von Hamburg nach Edinburgh, wurden auch die Flüge bei dieser Airline gestrichen. Ich war damals kurz davor, hysterisch zu werden. Glücklicherweise waren Sebastian und ich zeitlich flexibel. Und so wurde der Hinflug, ursprünglichst an einem Dienstag gebucht, dann auf einen Sonntag und schließlich auf Montag verschoben, diesmal mit easyjet. Ähnlich war es dann auch mit dem Rückflug. Aus Montag wurde Dienstag, aber ein zusätzlicher Tag würde uns überhaupt nicht stören. Weil das noch nicht genug Aufregung war, musste ich im Juli/August nochmal zwei weitere Unterkünfte neu buchen. Am Ende war ich so verunsichert, dass ich alle 10 Unterkünfte (Zahl bitte merken!) nochmal extra anschrieb um zu fragen, ob es dabei bleibt, dass unsere Buchung gilt und sie uns aufnehmen werden. Glücklicherweise haben alle positiv geantwortet und so gab es tatsächlich später in Schottland keinerlei Probleme.

Und dann wurde es endlich September. Doch bevor es ins Land von Hogwarts, Highlands und Haggis ging, hatten wir noch ein kleines Intermezzo mit meiner Familie in Hamburg. Damals war die Cordula-Welt halbwegs in Ordnung und wir konnten in den berühmten Tierpark Hagenbeck und ins Miniaturwunderland. Eigentlich hatten Sebastian und ich keine Karten, weil wir ja mal davon ausgegangen waren, bereits am Sonntag weiterzureisen. Aber eigentlich sollten auch mein Schwager und mein zweiter und Züge-liebender Neffe beim Familientreffen in der Hansestadt dabei sein, aber letzterer kränkelte etwas und man wollte kein Cordula-Risiko eingehen (was sich als unbegründet herausgestellt hatte, aber sicher ist sicher). Deshalb waren zwei Karten über und wir flogen erst am nächsten Tag und so konnten wir mit in diese detailreichen Welten zwischen Gleisen und Modelleisenbahnen eintauchen. Obwohl ich mir trotz meiner Kindheit mit einem Modelleisenbahner als Vater nicht so viel aus Gleisen und Eisenbahnen mache, fand ich es doch sehr unterhaltsam. Gerade die vielen kleinen skurrilen Details, populäre Figuren von Pippi Langstrumpf über ET bis hin zu Lucky Luke und Shaun das Schaf, sowie die immer wieder auftauchenden „nackten Tatsachen“, geben viel Anlass um immer wieder genau in die liebevoll ausgestellten Szenerien reinzugucken. Als wir uns dann Sonntag von meiner Familie verabschiedet und wieder bei unseren Gastgeber-Freunden waren, mussten wir noch etwas Bürokratie für die anstehende Einreise nach Großbritannien erledigen. Man musste sich registrieren, schwören, dass man in den vergangenen 10 Tagen nicht in einem Land war, das zum damaligen Zeitpunkt auf der Cordula-bösen Liste stand, und wo man während der Zeit seines Aufenthalts gedenkt zu nächtigen. Gut, dass es nur 10 Unterkünfte (jetzt kann man die Zahl wieder vergessen.) waren. Da hat die Registrierung nur drei Mal so lange gedauert. Gut, dass ich alle notwendigen Unterlagen ordentlich sortiert dabei hatte. Aber letztlich war mit dieses Vorgehen lieber als eine ernsthaft zeitstehlende Quarantäne oder ein Test.

Am Montag fuhren wir zum Flughafen und zum ersten Mal machte Cordula spürbar Eindruck auf mich. So einen leeren und auch stillen Flughafen hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen. Wo waren die ganzen Menschen hin? Das Gewusel? An Bahnhöfen ist eindeutig mehr los. Und unser Hinflug war dann tatsächlich auch so leer, dass in jeder 3-er Sitzgruppe nur 2 Personen saßen. Wenn sie zusammengehörten, direkt nebeneinander. Waren es Fremde, ein Platz dazwischen frei. (Beim Rückflug sollte der Flieger dann aber schon wieder voller sein.)

Ich weiß leider nicht mehr den genauen Zeitpunkt – war es schon im Zug nach Hamburg, in der S-Bahn auf dem Weg zum Flughafen oder erst im Flugzeug – auf jeden Fall kam es dazu, dass Sebastian feststellte, dass er seinen Führerschein zu Hause vergessen hatte. Oh man! Nein. OH MANN! Eigentlich hatte ich mir das so schön vorgestellt: Ich plane die ganze Reise und Sebastian fährt uns dann gemütlich von A nach B, während ich auf dem Beifahrersitz daneben hocke und die Landschaft genieße. Pustekuchen! Auch wenn wir noch die kleine Hoffnung hegten, dass die digitale Kopie in seinem Handy helfen könnte, wäre das Fahren ohne Führerschein ein Risiko gewesen und ich musste mich mit halben Herzinfarkt darauf einstellen, die komplette Urlaubsreise Fahrer zu sein. Denn ich hatte meinen Führerschein aus Gewohnheit und für alle Notfälle mitgenommen. Super, dass der Notfall die Schusseligkeit meines Mannes war. Man darf mich nicht falsch verstehen: Ich kann Autofahren und ich mach es auch gern. Aber nur mit meinem Auto, nur auf Strecken, die ich kenne bzw. die nur gerade aus gehen (Autobahnen) und nur im Rechtsverkehr. Wäre ich im Mai 2020 tatsächlich nach Orkney geflogen, hätte die Entscheidung im Raum gestanden, mir dort ein Auto zu leihen. Davor hatte ich auch schon Panik und war dann Glück im Unglück dieser Entscheidung vorerst entkommen. Und jetzt das! Wie sollte ich das nur schaffen? Und dann wollte mir die Dame von der Autovermietung auch noch eine für meine Verhältnisse Riesenkarre von Dacia geben. Sie wollte mir wahrscheinlich eine Freude machen, die meisten sind wahrscheinlich dankbar über ein größeres Gefährt, aber bei mir löste es eine völlig gegenteilige Reaktion aus. Heftigste Gegenwehr: I cannot drive that car! It’s too big! Meine Knie waren aus Pudding, meine Füße kurz vor’m Fluchtmodus und der Rest von mir gelähmt vor Weigerung. Gottseidank muss mein entgeistertes Gesicht Bände gesprochen haben und ganz kleinlaut wurde mir ein kleiner Ford angeboten, auf den wir aber noch eine halbe Stunde warten würden müssen, weil er noch in der Wäsche war. Nicht, dass die Angst gänzlich von mir abfiel, aber ich strahlte sie an: Ja, bitte! Ich hätte auch zwei Stunden gewartet, wenn es nötig gewesen wäre. Aber ich habe einen Kleinwagen bestellt, also möchte ich auch einen haben. Wieso bieten Autovermietungen überhaupt Kleinwagen an, wenn sie so selten welche haben? Oder sind die großen Autos so teuer in der Bestellung, dass man sie dann bei den preiswerteren Mietungen einsetzen muss, damit sie auch mal gefahren werden..? In Island vor 3,4 Jahren hatten wir dieselbe Geschichte: Wir bestellen wie immer ein klitzekleines Auto, diesmal ist ausnahmsweise angedacht, dass ich fahre, und prompt denkt die Autovermietung, sie täte mir einen Gefallen und stellt mir einen Mittelklassewagen hin – mit Automatik! Na gottseidank war es diesmal in Schottland keins mit Automatik. So musste ich mich nicht auch noch auf das Üben mit den Gängen konzentrieren. Naja, lange Rede, kurzer Sinn: Dann ging es endlich los und wir hoppelten vom Flughafen weg. Glücklicherweise ging die längste Strecke zu unserer ersten Station – Balloch im Süden des Loch Lomond – über die Autobahn. Da kann mich jeder überholen, der findet, dass ich zu langsam fahre. Für manche mag es albern klingen, aber dieses ungewohnte Fahren bedurfte all meiner mentalen Kräfte. Ich hab drei Kreuze gemacht, als wir endlich angekommen sind.

Loch Lomond ist normalerweise eine Urlaubsregion, es sei der flächenmäßig größte und schönste See von ganz Schottland und der drittgrößte von ganz GB. Aber mal abgesehen von Cordula waren die Ferien schon vorbei und das Wetter, zumindest an diesem Tag, naja sagen wir mal, typisch klischeehaftes britisches Wetter. Doch mein vom Fahren nervlich verspannter Körper sehnte sich nach einfacher, gedankenloser Bewegung zu Fuß. Das kennt er, das kann er (so lange es nicht zu sehr bergauf geht). Außerdem hatten wir jetzt Urlaub und ich hungerte danach, unsere Zeit in Schottland voll auszukosten. Hier fiel dann auch schon das erste Mal der Satz, der uns in seinen zwei Varianten während der folgenden 10 Tage immer wieder über die Lippen kam: Im Sommer ist es bestimmt a) voll hier, b) schön hier. Das trübe-Tassen-Wetter verursachte vermutlich das verlassene Badeufer, die einsame Promenade und selbst im angrenzenden Einkaufszentrum herrschte eine fast gespenstische Leere und das, obwohl einige Läden geöffnet hatten. In einem Laden wurden wir dann auch gleich darauf hingewiesen, dass die bereit gestellten Spender mit Desinfektionsmittel keine hübsche Deko, sondern zur Nutzung angedacht wären. Seitdem haben wir uns im Urlaub brav dran gehalten, auch wenn es seltsam ist, dass Du einen Laden nach 3 Minuten wieder verlässt, das Desinfektionsmittel ist noch nicht mal richtig eingezogen, und du dir im nächsten Laden gleich die nächste glitschige, beißend riechende Portion abholst.

Am nächsten Tag sollte Oban unser nächstes Ziel sein. Bis dorthin sind es ein bisschen mehr als 100 km. Keine große Strecke und deswegen hatten wir genug Zeit, um überall dort anzuhalten, wo es uns gefallen könnte. Zunächst ging es immer entlang des Lochs. Wir hielten in einem hübschen Dorf namens Luss – so wie andere Touristen auch. Dort hatte Gerard Butler mal ein paar Würstchen oder so verdrückt. Und man kann am Wasser flanieren und einen urigen Friedhof mit ebenso uriger Kirche besichtigen. Und dann kam auch langsam die Sonne hervor. Und wir fuhren weiter zu den Falls of Falloch. Ein kleiner (nicht ganz 10 Meter) hoher (oder sagt man tiefer?) Wasserfall, etwas versteckt im Wald. Wir waren die meiste Zeit allein für uns und es ist ein zauberhafter, idyllischer Ort, wo das Wasser all seine Klangfarben vom Dröhnen bis zum Gurgeln nebeneinander aufbietet.

Unser nächster Stop war eigentlich nur aus einer kommerziellen Laune heraus. In Balloch hatten wir für Sebastians Sammlung einen Aufnäher bekommen, aber was mein Sammelhobby anbelangte: der Prägemünzautomat war nicht mehr dort, wo er hätte sein sollen. Ich hatte im Internet vorab recherchiert, an welchen Stellen in Schottland ich meine „Souvenirmünzen“ drehen könnte. Balloch war schon mal ein Fehlgriff. Ich wusste aber, dass es in Tyndrum ein, naja nennen wir es mal „Touristenzentrum“ gab, das sich „The Green Welly Stop“ nennt und als Logo einen grünen Gummistiefel hat. Und den konnte man sich auf eine Münze prägen lassen. Das Motiv war jetzt nicht unbedingt so touristisch wie ich es gern gehabt hätte, aber man nimmt, was man kriegen kann.

Und dann ging es auch schon weiter zur ersten Burg: Kilchurn Castle. Oder Castle Kilchurn? Es liegt direkt am nördlichen Zipfel des Loch Awe, dessen Wasser bei unserer Ankunft so tiefblau war, dass ich mich kaum sattsehen konnte. Und dazu die grünen und hellbraunen Hügel, die von den vorüberziehenden Wolkenbergen beschattet werden. Ich war dort, wo ich sein wollte. Und schottische Hochlandrinder standen am Wegesrand und schauten uns völlig unbeeindruckt an. Bevor wir aber zur Burg gelangten, sind wir erst mal schön touristisch doof dran vorbei gefahren. War schließlich auch nicht ausgeschildert. Und vom nicht befestigten Parkplatz, der vermutlich keiner war, sondern nur eine kahle Fläche, die keiner braucht, galt es auch noch eine halbe Stunde zu gehen, bis man vor dem alten Gemäuer (natürlich baufällig und deswegen für eine Innenbesichtigung gesperrt) stand.

Und weil ich mich beim Wenden auf schmalen Straßen so schwer tue, haben wir erst wieder im nächsten Ort bei einem kleinen Parkplatz gehalten. Und stellten fest, dass wir vor einer anmutigen, verspielten alten Kirche, die sich als gar nicht so alt herausstellte, standen. Im 19. Jahrhundert hatte einer Geld und eine Mutter, die zu faul zum Laufen war. Die nächste Kirche war einige Kilometer vom mütterlichen Heim entfernt, also hat er eine neue gebaut, damit es für Mutti nur noch einen Steinwurf zum Beten war und gleichzeitig konnte er seinen Kindheitstraum vom Architekten ausleben. Und statt sich für einen Baustil zu entscheiden, hat er die Trends verschiedener Epochen durcheinander gewürfelt: Ein bisschen Romantik hier, ein bisschen Gotik da. Voila, St. Conan’s Kirk.

Teil 2:

Es wird wohl inzwischen Nachmittag gewesen sein, als wir uns der kleinen Hafenstadt Oban an der schottischen Westküste näherten. Natürlich direkt zur Rush Hour. (M)ein Traum: in eine unbekannte Stadt rein, deren lauter kleine Straßen vollgestopft mit Autos sind, deren Fahrer sich auskennen, wissen, wo sie hinwollen, und ich mittendrin. In solchen Momenten bin ich mehr als dankbar für ein Navi. Aber wir hatten Glück, dass unser B&B nicht in einer allzu versteckten Ecke lag und sogar der Parkplatz konnte meine ängstlichen Befürchtungen in puncto Kapazität, Geräumigkeit und Lage beruhigen. Wie bei der Buchung bereits mitgeteilt, lag unser B&B etwas oberhalb der Straße, der Vorgarten lag an einem Hang mit vielen, hohen Stufen. Ich werde wohl nie ein Freund von „bergauf“, aber die Aussicht in unserem Zimmer, auf die Stadt runter war dafür ganz hübsch. Jedes Zimmer hatte den Namen eines Clans. Wir waren die Campbells, deren Burg in der Nähe der Stadt Dollar wir zufälligerweise 2018 besucht hatten. Damit konnten wir also ganz gut leben. Eine Besichtigung von Obans „City“ dauert nicht lange: der Hafen, der Kai, ein Waterstones und andere nette Läden, eine Brauerei. Da blieb noch genug Zeit um den Hügel hinaufzukriechen und das oberhalb der Stadt thronende Gemäuer zu erreichen: der McCaig’s Tower, benannt nach dem Mann, der den Leuten in der Stadt im 19. Jhd. Arbeit verschaffen wollte und sie diesen sog. „offenen Steinturm“ erbauen ließ. Es erinnert ein bisschen ans Kolosseum, aber spannender als das Gemäuer ist die Aussicht aufs Wasser mit den vielen Inseln am Horizont. Ideal bei Sonnenuntergang.

Ich hatte Oban als Station ausgewählt, weil die Stadt nicht umsonst „Tor zu den Hebrideninseln“ genannt wird. Es gibt einen Fähranleger zur Insel Mull (sowie zu diversen anderen Inseln) und am nächsten Tag wollten wir dorthin. Jaja, die Wiederholung nervt (ich verspreche, mit Fortschreiten des Urlaubs wurde es weniger, aber ein bisschen müsst ihr noch mit mir leiden), aber ich hatte natürlich Panik, dass ich zu doof bin, das Auto unfallfrei auf die Fähre zu bringen.

Nach einer Nacht, die ich wegen des schnarchenden Nachbarn nur mit Ohrstöpsel schlafend verbringen konnte, ging es nochmal kurz zum Supermarkt, um unsere Vorräte aufzustocken und dann zum Hafen. Am Ende war alles halb so wild und ich hab mein Auto anständig ins Schiff geparkt. Auf der Fähre sind wir das erst Mal mit einer größeren Ansammlung von Menschen zusammengekommen. Aber man konnte noch genug Abstand halten und Masketragen war sowieso Pflicht. Ich finde es immer komisch, wie relativ lange eine Wasserfahrt dauert: Über eine Stunde für 20 km? Plus Zeitaufwand von Check-In und Check-Out… Prinzipiell stört es mich nicht, ich mag die Seeluft auf dem Wasser, es wundert mich halt nur. Eigentlich war das Wetter an dem Tag nicht so prall, aber wir mussten unsere 2,5 Tage auf der Insel nutzen. Also gab ich Calgary ins Navi ein. Calgary? Liegt das nicht irgendwo in Kanada? Naja, viele Namen in Nordamerika kommen aus dem alten Europa. Es gibt ja sogar Amerika in Brandenburg. So ähnlich wird es wohl auch mit Calgary gewesen sein.

Die Hinfahrt war sehr anstrengend, zumal noch eine Neuerung bei meiner Fahrerei hinzukam: Single Track Roads. Später im Urlaub konnte ich dieser Straßenart gelegentlich sogar etwas Gutes abgewinnen, aber wenn die Straße nur aus permanenten Links-Rechts-Kurven und gleichvielen Hoch und Runters besteht, sodass Du nie „Mittwoch sehen kannst, wer Freitag zu Besuch kommt“, dann muss man langsam und vorsichtig fahren. Und das schottische Inselwetter hat während der Fahrt sein komplettes Portfolio vorgeführt. Von Mulls „Hauptstadt“ Tobermory sind es bis zum Calgary Beach eigentlich auch nur wieder 20 km, lt. Googlemaps in ca. 30 Minuten machbar. Aber schon daran ist zu erkennen, dass man nicht einfach mit 90 km/h die Strecke runterbrettern kann. Und wenn ich Angsthase fahre, dauert es halt erst recht noch länger. Jedenfalls wird der Strand von Calgary als Sehenswürdigkeit der Insel angepriesen und bei dem richtigen Wetter ist es „im Sommer bestimmt schön hier“. Wenigstens konnten wir das Meer sehen, aber so ungewöhnlich ist das bei einer Insel ja nun auch wieder nicht.

Unser Abendessen haben wir uns dann in Tobermory geholt: Fish & Chips. Yummi, ich liebe die knusprige Ummantelung und den zarten weißen Fisch darunter. Und wenn man Glück hat, sind die Pommes genauso gut.

Teil 3:

Ich wollte unbedingt nach Tobermory wegen der bunten Häuserreihe am Hafen. Leider dämpfte der graue Abend unserer Ankunft auf Mull die Farben der blauen, gelben und roten Fassaden, sodass sie einen unberührt ließen. Aber am nächsten Morgen strahlte über uns das schönste Himmelblau und machte das ersehnte Fotomotiv noch farbiger. Ich konnte mich kaum sattsehen und hoffte, dass meine kleine Kamera es mit den Farben halbwegs würde aufnehmen können.

Ich hatte mich für Mull nicht nur dahingehend vorbereitet, dass ich mir das Lernvideo für Single Track Roads angesehen hatte, sondern auch gecheckt, was die Insel an Sehenswürdigkeiten zu bieten hatte. Es gab diverse castles und vermutlich haben wir fast alle gesehen:

Aros Castle liegt auf einem Hügel am Wasser. Warnschilder konnten uns weniger von der Annäherung an die kleine Burgruine abhalten als vielmehr die drum herum wachsenden Riesenfarne, die mich an mancher tiefen Stelle zu übermannen drohten. Aber wenn es um eine Burgruine geht, hält mich bekanntlich nichts so schnell auf. Außerdem leuchteten die Blätter teilweise schon in herbstlichem Gelb und Rot. Man hatte einen schönen Rundumblick aufs Wasser, über dem verfallenen Gemäuer lag der übliche Hauch von Romantik, doch es gab so gut wie keine Anhaltspunkte bezüglich seines ursprünglichen Daseins. Nachdem ich mich aus dem Gestrüpp wieder herausgekämpft hatte, mein Mann ist da um einiges wendiger und geschmeidiger, führte uns ein schmaler Weg neben der Burg durch ein kleines Wäldchen direkt runter zum Ufer und von dort in einer halbstündigen Runde zurück zum Auto. Immer entlang des Wassers. Dabei kamen wir an einem idyllisch hinter Bäumen gelegenen Haus im skandinavischen Baustil und einem weiteren zauberhaften Grundstück mit Garten und kleinen Bach vorbei.

Auf der Fahrt zur nächsten Burg machten wir kurz noch halt in der Salen-Bucht, wo zwei (Sebastian meint, es wären drei gewesen..?) alte Holzboote schief und dem Verfall preisgegeben an der Wasserkante lagen, um wie jeder andere, gut informierte Tourist und Instagram-Nutzer diese als Fotomotiv zu nutzen.

Für Castle of Moy mussten wir ans südliche Ende der Insel. Doch bevor wir dort ankamen, hielt uns noch ein Abstecher zu einem Steinkreis auf. Manchmal bin ich so verliebt in Schottland, dass ich vergesse, wie feucht und nass es ist. Dass es auf dem Weg zum Steinkreis anfing zu regnen, hat mich weniger gestört, obwohl es zwischendurch so stark herunterrauschte, dass wir – Glück im Unglück – unter ein paar kleinen, knorrigen Bäumen etwas Schutz vor der größten „Welle“ von oben finden konnten. Nein, vielmehr war es die starke Feuchtigkeit von unten, die mir meine Unternehmungslust vermieste. Sebastian machte es richtig, zog sich die Schuhe aus und ging barfuss. Ich in meiner mädchenhaften Fröstelei glaubte mit schwerfälligem Hüpfen und größtmöglichen Schritten meiner kurzen Beine die vielfältigen Pfützen – okay, eigentlich war die komplette Weide unter Wasser gesetzt – überwinden und damit meine Schuhe halbwegs trocken halten zu können. Natürlich war keiner von uns beiden auf die glorreiche Idee gekommen, die Turnschuhe gegen richtige, anständige und vor allem wetterfeste, soll heißen wasserdichte Wanderschuhe einzutauschen. Am Steinkreis nach ca. 30-40 Minuten endlich angekommen, waren meine Schuhe und damit meine Füße nass und alles, woran ich primär dachte, war, dass ich den feuchten Weg auch wieder zurückgehen musste. Warum wurde ich den Gedanken nicht los, dass Schwimmen schneller gegangen wäre… Am Auto angekommen, musste ich erstmal die Socken ausziehen und Taschentücher in meine Schuhe stopfen. Leider war es dann bis zum Parkplatz für Castle of Moy nicht mehr weit, aber die halbwegs getrockneten, jetzt nackten Füße in den klammen Schuhen war besser als die mit Wasser vollgesogenen Socken. Und die Burg schimmerte in der Ferne, auch wieder am Wasser gelegen und der Weg dorthin war nicht halb so feucht wie beim Steinkreis. Ein Hoch auf den Kieselstrand. An der Ruine angekommen, bot ihre Umgebung einen ungewöhnlichen Anblick: Keine 50 Meter entfernt vom Strand thronte die Burg neben einem kleinen, märchenhaften Wäldchen aus knorrigen, windzerzausten Bäumen, durch das ein ebenso verträumter Bach in Richtung Meer plätscherte. Der Burgturm selbst bildete einen imposanten Gegenpol zu diesem Feenort und hatte wohl mal einen tiefen, gruseligen Kerker.

Duart Castle ist vermutlich die bekannteste und touristischste Burg der Insel. Prinzipiell könnte man dort sogar eine Führung machen, wenn man am richtigen Tag, zur richtigen Zeit und nicht während der Corona-Pandemie – oder war einfach nur nicht mehr Saison?- dort hinkommt. Wir haben uns mit dem dort angelegten Millenium Wood und einer Außenbesichtigung des Gemäuers begnügt. Auch diese Burg – wie sollte es anders sein – liegt wieder direkt am Wasser. Wenn man eine gute Kamera und schönes Wetter hat, sollte man die Burg jedoch nicht an Land, sondern vom Wasser aus ins Visier nehmen, wenn man mit der Fähre von Oban nach Craignure (oder vica versa) dort vorbeikommt. Am spannendsten waren jedoch die Geschichten auf den Hinweistafeln nahe am Wasser (ein Ufer gibt es dort nicht, nur Abhang): Dramatischer Schiffsuntergang.

Es gibt zumindest noch zwei weitere Castles, wovon das eine inzwischen ein Hotel ist und das andere privat bewohnt. An beide kommt man dementsprechend nur bis zu einem bestimmten Punkt heran, wenn man dort nicht eingeladen ist. Es sind ansehnliche Anwesen, aber wir mögen die Ruinen eh viel lieber.

Glengorm Castle hat einen irgendwie legendär klingenden Namen, ist aber noch gar nicht so alt mit seiner Entstehung im 19. Jhd. Und es ist gar nicht so weit von Tobermory und erst recht nicht von unserer Unterkunft entfernt, so dass wir schnell noch vor dem Sonnenuntergang hingefahren sind. Allerdings zieht sich die – übrigens von EU-Geldern finanzierte – Straße dorthin ewig und umständlich hin und am Ende reicht es nur für ein Foto im Halbdunkeln. Der Rest ist Phantasie oder eine monetäre Angelegenheit von über 200 EUR die Nacht.

Torosay Castle war wohl früher mal eine Touristenattraktion, bevor es seit 2012 für privaten Eigenbedarf genutzt wird. Wir sind kurz vor unserer Abreise noch schnell hingefahren, weil es keine 2 Kilometer vom Fähranleger entfernt ist. Am einige hunderte Meter vom castle entfernten Eingang ist nicht viel Platz zum Parken. Das hat vermutlich seinen Grund. Man kommt zu Fuß noch an einem romantisch wirkenden Torhaus vorbei, wird dann aber 20-30 Meter vor dem eigentlichen Schloss per Warnschild um Distanzwahrung gebeten.

Einen Tag auf Mull hatte ich für einen Ausflug auf die Insel Iona geplant. Dort wurde schließlich das berühmte „Book of Kells“, eine wunderschön illustrierte Handschrift aus dem 8. Oder 9. Jahrhundert, hergestellt, bevor es dann zum Schutz vor Wikingern nach Irland in Sicherheit gebracht wurde.

Das Wetter war schön, das Wasser blau und auch die fast einstündige Wartezeit an einer Baustelle, die wegen der vielen Baufahrzeuge auf schmaler Fahrbahn nicht passierbar war, konnte unsere Unternehmungslust dank freundlicher Bauarbeiter und schöner Aussicht nicht schmälern. Wir kamen noch rechtzeitig zur nächsten Überfahrt am Fähranleger an und nach 45 Minuten im fröhlich-übermütigen Seewind betraten wir die religiös bedeutsame Insel. Kaum runter von der Fähre, standen wir nach wenigen Metern in einem heftigen Regen. Aber wir hatten im doppelten Sinne Glück: In der parallel zum Strand verlaufenden Häuserreihe öffnete sich plötzlich eine Tür und man lud uns ein, im überdachten Eingangsbereich Schutz zu suchen. So entkamen wir nicht nur dem Regenschauer, der übrigens keine 5 Minuten später im Handumdrehen wieder verschwunden war, sondern erlebten auch die Freundlichkeit der Inselbewohner. Ich war völlig gerührt von der Geste und konnte mich kaum genug bedanken. So etwas hatte ich noch nicht erlebt. Unser weiterer Aufenthalt hielt noch einige Wetterwechsel bereit, aber als wir um das Herzstück der Insel herumstromerten, der Abtei, zeigte sich Schottlands Himmel wieder von seiner schönsten Seite und stand im Wettstreit mit dem Blau des Wassers. Sebastian hatte recherchiert, dass es im Hinterland der Insel eine sogenannte „Spouting cave“ (spuckende Höhle) gab. Leider hatten wir uns zu spät dafür entschieden, sodass uns leider nicht mehr genügend Zeit bis zur letzten Fährabfahrt blieb, um direkt bis vor die „Tür“ zu laufen. Aber wir haben es dann doch zumindest geschafft, so weit heranzukommen, dass wir dem faszinierende Schauspiel einer immer wieder zwischen Felsen hochschießenden, ausbrechenden Wasserfontäne in einiger Entfernung beizuwohnen. Schade, dass wir nicht näher dran waren, aber man nimmt, was man kriegen kann.

Für die Fährüberfahrt zurück von der Insel Mull auf’s schottische Festland hatten wir nur Tickets für den Nachmittag bekommen. Deshalb blieb uns auf der Weiterfahrt nach Fort William nicht mehr viel vom Tage übrig. Was sich dann allerdings als Glück herausstellte, denn in der Gegend hatte es angefangen, ordentlich Kuhjungen zu regnen. Eigentlich sind kräftige Niederschläge in Schottland nicht überraschend, aber die Dauer und Heftigkeit hatten wir so dann doch nicht erwartet. Wir hatten einen kleinen Bungalow im Nachbarort Caol gebucht, nur ca. 200 Meter entfernt vom Ufer des Loch Linnhe. Dieses Wasser sollten wir an diesem Tag nicht mehr zu Gesicht bekommen, denn der peitschende Regen nahm einem jegliche Sicht. Dazu kam noch ein kräftiger Wind mit stürmischen Böen. Keine Ahnung, wie wir die 400 Meter zum Fish&Chips-Laden in der Siedlung geschafft haben, aber es war kein leichtfüßiger Spaziergang. Dann überließen wir den meteorologischen Tobsuchtsanfall sich selbst und machten es uns in unserer 13 qm kleinen Behausung richtig gemütlich. Auch wenn das Wetter unseren Bungalow nicht loslassen wollte und einen ziemlichen Radau machte, mit Ohrstöpsel konnte ich die Nacht dann doch friedlich schlafen. Obwohl ich für diese Station eines meiner großen Harry-Potter-Highlights geplant hatte, verpasste mir der nächste Morgen erstmal einen Dämpfer. Denn es schüttete und windete noch immer. Aus den Nachrichten erfuhren wir, dass für unsere Gegend eine Unwetter-Warnung bis in die Mitte des Tages galt. Und wenn die Schotten etwas als Unwetter bezeichnen, dann musste das wohl tatsächlich etwas bedeuten. Also gaben wir uns weiterhin dem süßen Nichtstun hin. Und eigentlich bin ich darin wirklich gut: Längs ausgestreckt ein Buch lesen oder per Handy im Internet Zeit verplempern. Doch diesmal konnte ich keinen Frieden in der physischen Untätigkeit finden. Die Vorstellung, dass ich 2 Nächte in der Nähe von diversen Harry-Potter-Filmlocations verbringe, ohne auch nur eine einzige davon zu sehen, machte mich wahnsinnig! Gegen halb 1 mittags konnte ich eine spürbare Verbesserung bei Wind und Wetter beobachten, was mich geradezu aus dem Bett springen ließ. Obwohl ich auch meteorologisch ein echter Schisser bin und mir die Aussicht, dass unser Auto vom peitschenden Regen durchgerüttelt oder gar von der Straße gespült werden könnte, nicht gerade mein Herz erleichterte, so war der Wille, wieder rauszukommen, stärker. Ich wollte zum Glenfinnan Viaduct, über die vier Mal am Tag der Jacobite Steam Train rattert, jene Eisenbahn, die den berühmten Hogwarts Express darstellt. Das Viadukt ist in unmittelbarer Nähe zum historisch weitaus relevanteren Glenfinnan Monument, das zu Ehren der zweiten Jakobiterrevolte unter Bonnie Prince Charlie aufgestellt wurde.

Im Vorfeld hatte ich mich sowohl bezüglich Zugfahrt-Zeiten als auch der Parksituation belesen: Gegen 15 Uhr sollte der Zug von Fort William nach Mallaig fahren.

Einen großen, aber gebührenpflichtigen Parkplatz gab es neben dem Besucherzentrum zum Glenfinnan Monument. Für Sparfüchse wurde noch zwei kleinere Parkplätze vor einer Kirche und dem Bahnhof vorgeschlagen.

Als wir dort ankamen, ich total zappelig vor freudiger Aufregung, stand der große Parkplatz am Besucherzentrum komplett unter Wasser und war auch dementsprechend abgesperrt. Na, das ging ja schon gut los. Beim Bahnhof war auch schon alles voll, aber bei der Kirche hatten wir dann letztlich Glück. Ich hoffte nur, dass der Sonntagsgottesdienst zu Ende war und keiner mehr kommen würde.

Im Besucherzentrum wollte ich mir eigentlich Postkarten vom Viadukt mit Zug kaufen und obwohl im Eingangsbereich kein Licht brannte, ging die Tür doch auf. Allerdings hatte man nur vergessen, abzuschließen. Eine Dame eilte uns etwas überrascht entgegen und meinte, dass wegen des Unwetters das Besucherzentrum geschlossen sei. Aber weil ich das passende Kleingeld dabei hatte, durfte ich meine Postkarten doch noch schnell, ausnahmsweise erwerben.

Nicht nur der Parkplatz war überflutet, sondern auch die Wiese, auf dem das Glenfinnan Monument steht, das sich direkt am Ufer von Loch Shiel befindet, das auch zu den Harry Potter-Filmlocations gehört (HP4 Feuerkelch, Szenerie der Wasserprüfung).

Hinter dem Besucherzentrum geht es einen kurzen Weg auf einen Hügel rauf, von dem man die Gegend ganz gut überblicken kann. Auch wenn alles im verregneten, nebligen Dunst lag, so konnte man mit etwas guten Willen den See, das Monument und in die andere Richtung gedreht, das Viadukt sehen. Schöne Aussicht ist natürlich was anderes, aber für’s Erste besser als gar keine.

Hinter dem großen Parkplatz bzw. gegenüber von der Kirche beginnt ein Weg, der direkt zum Glenfinnan Viadukt führt. Man läuft direkt auf das Viadukt zu. Sehr beeindruckend, wenn man unmittelbar davor bzw. darunter steht. Wettermäßig hatte es sich mittlerweile zwischen Nieseln und Regnen eingependelt. Und noch über 1,5 Stunden bis der Zug kommen sollte. Manchmal ist es schon komisch, wie man Zeit tatsächlich nur durch Rumstehen totschlägt. Ist ja klar, dass ich mich von meinem gewählten Ausgangspunkt nicht mehr wegbewegen würde. Denn wir waren nicht die ersten, die sich dort zum Warten auf den Zug häuslich einrichteten und würden auch nicht die letzten sein. Trotz des eher miesen Wetters würden später mindestens hundert Leute auf dem Hügel stehen, von dem man die beste Sicht auf die Eisenbahntrasse über das Viadukt hatte. Irgendwann ist Sebastian weggegangen um am anderen Ende des Viadukts einen Platz zu finden. Er würde die Eisenbahn eher von hinten als von vorn sehen, aber wir wollten alle Möglichkeiten zum Fotografieren ausschöpfen. Lieb wie er war, hat er mir seinen Regenschirm da gelassen.

Letztlich haben wir 2 Stunden auf den Zug gewartet, der dann kaum 2 Minuten zu sehen war. Rein logisch (von mir aus auch mathematisch) eine schlecht ausgewogene Gleichung, aber rein emotional absolut nicht. Natürlich bin ich geprägt durch meinen Vater, der Züge liebt, und zu romantisch veranlagt, als das mich der rustikale Charme einer schnaufenden Dampflok kalt ließe, aber letztlich war es eher die Tatsache, dass ich einen ikonischen Harry-Potter-Filmmoment live erlebte, der mich glückselig machte. Das war es wert! Ich habe nicht nur ein Stück der Strecke nach Hogwarts gesehen, sondern auch den Hogwarts-Express höchstselbst!

Berauscht von diesem Glücksgefühl war ich voller Tatendrang und wurde dann etwa eine halbe Stunde später auch mit ausbrechenden Sonnenschein dafür belohnt. Wir waren die A830 weitergefahren bis zum Loch Eilt, wo es -mal abgesehen von der wunderschönen Landschaft- eigentlich nichts Wesentliches zu sehen gibt. Aber am westlichen Ende des Gewässers liegt eine kleine, winzige Insel (Eilean na Moine), die komplett von Bäumen eingenommen ist und aussieht wie ein abgebrochenes, verloren gegangenes Stück Wald, das auf dem Wasser herumtreibt. Und diese Insel war Drehort für die Szene, in der V. den Elderstab aus dem Grab von Hogwarts-Direktor Albus Dumbledore entwendet.

Es gibt keinen Parkplatz, man muss versuchen, einen halbwegs breiten Streifen am Straßenrand finden, um sein Auto abzustellen. Schnell merkten wir, dass auch hier das Wetter seine Spuren hinterlassen hatte. Der Weg und die Wiese zum Ufer waren quietsche-nass. Den Fehler mit den Schuhen würde ich nach der Nummer mit dem Steinkreis auf Mull nicht noch mal machen. Also Schuhe und Socken aus und barfuß ab zum Wasser.

Wir hatten diesen Flecken Erde für uns ganz allein. Die Sonne spielte mit dem Wasser des Lochs, mit dem Grün der gegenüberliegenden Hügel, mit den letzten abziehenden Wolken und bot uns damit eine herrliche Szenerie. Ich stand am Ufer, ohne Jacke, die nackten Füße auf nass-kalter, matschig-weicher Erde, die Hände entspannt in den Hosentaschen, eine leichte Brise in den Haaren, blickte aufs glitzernde Wasser, hinüber zu den windgebeugten Bäumen auf der kleinen Insel und spürte, wie ich glücklich war. Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein! Das Leben war schön und ich genoss den Moment. Kostete ihn aus, solange er da war. Das ist der Grund, warum ich es liebe, zu verreisen. Warum ich Wasser liebe. Warum ich Schottland liebe. Die Friedlichkeit von Natur. Und zu meinem Glück sollte es auch nicht das letzte Mal auf dieser Reise so sein. Leider weiß ich nicht mehr, warum wir nicht noch weiter gefahren sind, bis Mallaig wären es keine 30 km mehr gewesen. Vielleicht war es schon später, als es mir heute vorkommt. Wir hatten uns auf der A830 zwischen Glenfinnan und Eilean na Moine viel Zeit gelassen und immer wieder am Wasser angehalten. Wir haben sogar noch mal den Jacobite Steam Train gesehen, als er, entlang des Ufers, aus Mallaig zurückkam.

Jedenfalls bin ich an dem Tag zufrieden ins Bett gegangen und beseelt von der Richtigkeit, dass wir trotz des mittags noch anhaltenden Regen losgezogen sind.

Am nächsten Tag wollten wir noch kurz eine Runde in Fort William drehen, bevor es weiter Richtung Skye ging.

In Fort William waren wir vor vielen Jahren schon mal gewesen. Es war damals unser erster gemeinsamer großer Urlaub, mit dem Plan, den Great Glen Way entlang zu wandern. Bei der Tour von Glencoe nach Fort William sind wir aber keinen Weg durch die Landschaft (wir hatten die Ausschilderung nicht gefunden), sondern immer entlang der Straße. Es war eine ziemliche Tortur, zumindest für mich. Sebastian musste am Ende sogar meinen Rucksack mittragen. Und dann konnte ich vor lauter Erschöpfung nicht einschlafen, bis jemand ins Hostelzimmer kam, der ganze Wälder schnarchend abholzte und mich noch länger von meiner Erholung abhielt.

Trotz der blassen Erinnerungen waren wir vor allem zum Einkaufen (Lebensmittel, Souvenirs) in der Stadt. Denn im Prinzip gibt es in Fort William selbst nichts zu sehen. Der Ort ist eher eine Durchgangsstation für Touristen, weil in der näheren Umgebung die verschiedensten Sehenswürdigkeiten liegen: die vielen Lochs, das historisch wie landschaftlich dramatische Tal der Tränen (Glencoe) und für Höhenluft-Liebhaber steht Ben Nevis gleich um die Ecke. Also waren wir gegen mittags auch endlich auf dem Weg zu unserem eigentlichen Tagesziel: Eilean Donan Castle. DIE Burg vom Highlander. Also vom Film „Highlander“. Mit Christopher Lambert als fiktiver Schotte Connor MacLeod und mit dem echten Schotten Sean Connery als ägyptischer Unsterblicher. So weit ich weiß, haben die MacLeods in dieser Burg nicht gewohnt, gehört aktuell dem Clan der Macrae. Mit seiner Insellage und der hübschen steinernen Bogenbrücke davor ist es nicht zu Unrecht das meistfotografierteste Motiv von ganz Schottland. Wir haben natürlich eine Innenbesichtigung gemacht. Ich weiß nicht, ob es an Corona lag oder auch sonst so gehandhabt wird, aber man bekommt beim Ticketkauf einen Timeslot zugewiesen. Wir mussten aber nicht allzu lange warten, ca. 30 Minuten. Diese Zeit kann man gut dafür nutzen, die Burg vom Festland aus zu fotografieren. Denn die Brücke und die Insel, auf der die Burg steht, durften wir erst zur gebuchten Zeit betreten. Bei einem Nachrichtenaustausch mit einem Freund, der vor Jahren schon mal vor Ort war, stellte sich heraus, dass der doch relativ große Parkplatz und auch das Besucherzentrum eher jüngeren Datums sind.

to be continued ...