3 - Krankheit aus homöopathischer Sicht

Krankheit ist keine eigenständige Störung des Organismus, sondern immer ein Ausdruck einer gestörten Lebenskraft. Warum erkrankt eine Person an Grippe, die andere nicht? Warum reagiert ein Mensch auf zu fettes Essen, während ein anderer alles essen kann? Warum kann der eine Schüler seine Prüfung ganz ruhig absolvieren, während der andere sehr aufgeregt ist? Mit diesen Fragen setzte sich Dr. Hahnemann auseinander. Nach intensiver Beobachtung kam er zu dem Schluß, daß eine dem Organismus übergeordnete Kraft alle Lebensfunktionen steuert.

Also ist Krankheit aus homöopathischer Sicht eine Störung der Lebenskraft. Was aber ist diese Lebenskraft, die Hahnemann gemeint hat?

In seinem Organon der Heilkunst § 9 heißt es:

“Im gesunden Zustand des Menschen waltet die geistartige, als Dynamis den materiellen Organismus belebende Lebenskraft unumschränkt.”

Und er fährt in § 10 fort:

“Der materielle Organismus ohne Lebenskraft ist keiner Empfindung, keiner Tätigkeit und keiner Selbsterhaltung fähig; er ist tot, und wenn er nur der physischen Außenwelt unterworfen ist, fault er und wird wieder in seine chemischen Bestandteile aufgelöst.

Nur das immaterielle, den materiellen Organismus im gesunden und kranken Zustand belebende Lebensprinzip, die Lebenskraft, verleiht ihm alle seine Empfindungen und bewirkt seine Lebensvorrichtungen.”

Jeder Baustein des Organismus, jede Zelle, jeder Nerv und alle Organe werden von der Lebenskraft beeinflußt und überwacht. Sie schützt uns vor Krankheit und verleiht uns Immunität gegenüber krankmachenden Faktoren.

Es ist in letzter Zeit immer mehr anerkannt, daß Körper, Geist und Seele miteinander verbunden sind. Hahnemann hat das schon vor 200 Jahren erkannt und betont, daß Geist und Gemütssymptome zusammengenommen werden müssen, um den Menschen zu behandeln. Die homöopathische Materia Medica ist reich an Gemütssymptomen, und Homöopathen verwenden besonders diese bei der Auswahl des Arzneimittels.

Bei emotionellen Belastungen durch Trauer, Wut, Angst und Sorgen schwächen wir unsere Lebenskraft, wir werden empfänglich für bestimmte Erkrankungen. Der Oragnismus ist vor krankmachenden Keimen (Bakterien, Viren und Pilzen) nicht mehr geschützt. Werden Symptome unterdrückt, wie z.B. die Behandlung eines Ekzems mit Korticoiden, ist die Krankheit nicht behoben. Die Krankheitserscheinung auf der Haut ist behoben, aber nicht die Ursache.

Der große Arzt des Altertums HIPPOKRATES erkannte mit sicherem Instinkt, daß für die Entstehung von Krankheiten endogene, von innen heraus wirkende Hintergründe verantwortlich gemacht werden müssen.

Auf seiner Idee von Dyskrasie (pathologische Veränderungen der Körpersäfte wie Blut, Lymphe, Schleim und Galle) beruht das, was wir Humoralpathologie nennen.

Das lateinische Wort Humoral heißt Flüssigkeit oder Körpersaft. Wer also in der Lage ist, humorvoll zu sein verfügt über eine starke Lebenskraft, die auch die Säftezusammensetzung gesund regulieren wird.

Wenn uns nun das Lachen vergangen ist, kommen diese Säfte (Blut, Lymphe, Galle) in Stagnation, uns erwartet Krankheit, Siechtum und Tod. Angst und Unsicherheiten können uns auf den Magen schlagen. Wenn wir uns grün und blau geärgert haben dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir Gallensteine bekommen. Ungerechtfertigte Kritik macht uns sauer, sodaß wir als Folge Geschwüre entwickeln. Tiefe seelische Verletzungen, auch aus der Kindheit herrührend, können uns erstarren lassen.

Die klassische Homöopathie hilft uns, der Problematik bewußt zu werden. Krankmachende Situationen können häufig nicht verändert werden, aber mit Hilfe der homöopathischen Mittel werden wir besser damit fertig, so daß der Organismus keinen Schaden nimmt. Die krankmachende falsche Wahrnehmung der Gegenwart wird erkannt und die Lebenskraft fängt an, die Organabläufe zu regulieren.

In der Medizin unterscheidet man zwischen akuten und chronischen Erkrankungen.

Bei den akuten Beschwerden hat die Lebenskraft in der Regel die Möglichkeit, sie aus eigener Kraft zu überwinden. Jedoch kann sie sehr unangenehm verlaufen. Mit dem richig gewählten homöopatischem Mittel können akute Erkrankungen in kürzester Zeit geheilt werden.

Ganz anders verhält sich die Lebenskraft bei den chronischen Erkrankungen. Der Organismus bemüht sich erfolglos, die Gesundheit wieder herzustellen. Die eigentliche Stärke der Homöopathie ist die Behandlung dieser Erkrankungen. Wiederkehrende Symptome wie Bronchitis, Mittelohrentzündung o.a., zeigen oftmals eine schwere dynamische Störung des Organismus an, die eine tiefe vererbte oder erworbene Schwäche (Miasma) der Lebenskraft darstellen.

Um Heilung zu erreichen werden in der klassischen Homöopathie hochpotenzierte Arzneimittel (siehe Herstellung, Seite 8), die keine chemisch nachweisbaren Substanzen enthalten, eingesetzt. Zu den Hochpotenzen zählen die LM- oder Q-Potenzen, C 200 und C 1000 Potenzen. Sie erfassen ein krankhaftes Geschehen direkt am ätherischen Körper und wirken beschleunigend in Richtung seelisch, geistiger Veränderung des Patienten. So wie auch die XM- und CM-Potenzen dies tun.

Organotrop wirken die D bis C12 Potenzen, das heißt sie wirken unmittelbar auf den materiellen Körper des Menschen. Bei akuten Erkrankungen sind sie gut mit einer Hochpotenz zu kombinieren, wenn sie der Similie-Regel entsprechen.