Sichere Schulwege

Rechtliches


Bundesverfassungsrechtlicher Anspruch auf einen zumutbaren Schulweg

Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts leitet sich aus Art. 19 und Art. 62 Abs. 2 BV ein Anspruch auf einen zumutbaren Schulweg ab. Dabei sind zwei Überlegungen wegleitend: Die Zugänglichkeit zum Grundschulunterricht – d.h. eine zumutbare Distanz zum Wohnort, keine unzumutbaren Gefahren auf dem Schulweg und ein bewältigbarer Schulweg – sowie die Unentgeltlichkeit des Grundschulunterrichts als notwendiges Gegenstück zur öffentlichen Primarschulpflicht. Die Beurteilung der Zumutbarkeit des Schulweges wird dabei nach drei Kriterien beurteilt:

  • Person des Schülers, u.a. deren Alter

  • Art des Schulweges

  • Gefährlichkeit des Schulweges


Bewältigung des Schulwegs aus eigener Kraft ist massgebend

Gemäss Aargauischem Verwaltungsgerichtsentscheid AGVE-2006-19 ist das massgebende Kriterium für die Zumutbarkeit die Bewältigung des Schulwegs aus eigener Kraft. Der Verwaltungsgerichtsentscheid AGVE-2010-43 untermauert diesen Aspekt und hält ausserdem fest, dass die Eltern nicht verpflichtet sind, die Schulkinder ständig zur Schule zu chauffieren, weil der Schulweg unzumutbar ist. Bei dieser Unterstützung könne es sich nur darum handeln, den Kindern in der Nähe des Wohnhauses, z.B. bei der Überquerung einer Strasse, zu helfen, nicht aber, dass sie die Kinder über längere Distanzen auf dem Schulweg begleiten.


Übernahme von Transportkosten bei unzumutbarem Schulweg

§ 53 Abs. 4 des Schulgesetzes hält fest, dass die Gemeinde den auswärtigen Schulbesuch erleichtert, durch a) Schaffung von Radwegen, wo es die Verkehrssicherheit erfordert, b) durch angemessene Berücksichtigung des öffentlichen Verkehrs und c) durch die Übernahme von Transportkosten. Gemäss aargauischem Verwaltungsgericht (AGVE-2000-31) ist eine analoge Anwendung von § 53 Abs. 4 des Schulgesetzes auch für den Schulbesuch innerhalb der Wohnsitzgemeinde anwendbar.


Gebot der rechtsgleichen Behandlung bei der Kindergarten- und Schulzuteilung

Die Schulleitung bzw. die Schulpflege hat die Kindergarten- und Schulzuteilung nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmen, d.h. im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Grundlagen sowie nach sachlichen Grundsätzen, namentlich unter Beachtung von Sinn und Zweck der gesetzlichen Ordnung und der dort angelegten öffentlichen Interessen sowie des Gebots der rechtsgleichen Behandlung, der Verhältnismässigkeit und des Willkürverbotes.


Entscheide in ähnlichen Fällen

Frühere Entscheide aus dem Kanton Aargau und dem Kanton Luzern waren hinsichtlich der Zumutbarkeit der Schulweg ebenso klar wie die neuen Entscheide für Erlinsbach:

  • Der Erziehungsrat Aargau hat in einem Entscheid vom 21.01.1994 festgehalten, dass die Überquerung einer täglich von mehr als 10’000 Fahrzeugen befahrenen Kantonsstrasse trotz Ampelanlage für einen Kindergärtner nicht zumutbar ist. (Anmerkung der Redaktion: Die letzte Verkehrszählung im Jahr 2015 ergab beim Kreisel am Dorfplatz eine tägliche Frequenz von über 11’000 Fahrzeugen.)

  • Das Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern hat am 23. Januar 2012 entschieden, dass die Überquerung einer stark befahrenen Strasse Kindergartenkindern nicht zugemutet werden kann, und zwar auch dann nicht, wenn ein Fussgängerstreifen mit Mittelinsel vorhanden ist.