Wildbrethygiene beginnt beim Schuss. Spätestens. Denn eigentlich hat schon die Jagdart Einfluss auf die Fleischqualität: Stücke, die ohne Beunruhigung vom Ansitz aus geschossen wurden wie ich es praktiziere, weisen in der Regel eine bessere Qualität auf, als Stücke, die auf Drückjagden zur Strecke gekommen sind und über Wildhändler in Supermärkte und Restaurants angeboten werden. Das liegt nicht nur an den schlechteren, weil auf flüchtiges Wild abgegebenen Schüssen. Die Fleischqualität leidet bereits erheblich, wenn das Wild über längere Strecken von Hunden gehetzt wird. Durch die Anstrengung wird der als Energiespeicher dienende Glykogenvorrat in den Muskeln des Tiers aufgebraucht. Das Glykogen wird aber für die Fleischreifung beim Abhängen des Stücks benötigt. Ist nicht genug davon vorhanden, so ist dunkles, festes, zähes Fleisch das unerfreuliche Resultat. Nach längeren Nachsuchen kann es sein, dass der gesamte Glykogenvorrat abgebaut ist. Dadurch ist keine oder keine vollständige Fleischreifung möglich, das Wildbret kann verhitzen und eine stark erhöhte Keimbelastung aufweisen. Es gilt dann als nicht verkehrsfähig und darf nicht an Dritte abgegeben werden (leider sieht die Realität hier anders aus).
Womit wir wieder beim Schuss wären. Unumstritten ist, dass Nachsuchen und Weidwundschüsse sich besonders nachteilig auf die Fleischqualität auswirken. Aber welche Treffunktlage liefert das beste Ergebnis? Optimal unter dem Gesichtspunkt der Fleischhygiene ist der Schuss durch beide Blätter: Das Stück liegt in der Regel „im Knall“, das heißt, es verendet schlagartig, wie es Tierschutz und Weidgerechtigkeit verlangen, weil der Bewegungsapparat sowie lebenswichtige Organe und große Blutgefäße zerstört werden. Das Stück kann ohne Verzögerung durch langwierige Nachsuche oder Bergung aufgebrochen werden. Das ist wichtig, denn je nach Temperatur etwa 20 bis 45 Minuten nach dem Verenden des Stücks bricht die Magen-Darm-Barriere zusammen. Mikroorganismen aus dem Darm beginnen die Muskulatur zu verkeimen. Daher ist es sehr von Vorteil, da ich in dem Revier wohne und nur 5 min bis zu meiner Wildkammer (Schlachthaus) habe, um das Tier zu versorgen.
Außerdem bewirkt die Zerstörung von Herz, Lunge und Gefäßen, dass das Tier schnell und gründlich ausschweißt. Letzteres ist bei den angeblich so wildbretschonenden Küchenschüssen auf Haupt und Träger oft nicht der Fall (sehr viele Jäger schießen auf das Haupt um möglichst viel Fleisch verkaufen zu können!) : Durch das mangelhafte Ausschweißen verbleibt das Blut in den die Muskulatur durchziehenden Adern und Äderchen, was eine dramatische Erhöhung der Keimbelastung und eine entsprechende Minderung der Fleischqualität bewirkt. Zudem sind Kunst- und Küchenschüsse schon aus Tierschutzgründen abzulehnen. Verfehlt die Kugel dabei nur um wenige Zentimeter ihr Ziel, so können qualvolle Gebrech- und Äserschüsse die Folge sein. Die Wildbretentwertung durch das Zerschießen der Blätter ist gegenüber den Vorteilen des Blattschusses zu vernachlässigen. Merke: Der wahre Küchenschuss ist der Blattschuss.
Das beim Ringeln unumgängliche Hantieren am Weidloch des erlegten Stücks finden viele Jäger unangenehm. Aber das Ringeln hat in fleischhygienischer Hinsicht einige Vorteile: Beim klassischen Aufbrechen wird immer ziemlich viel Haut über den Keulen weggeschnitten, das Fleisch darunter trocknet beim Abhängen unvermeidlich aus. 200 bis 300 Gramm der besten Stücke müssen in der Folge davon weggeschnitten werden. Beim Ringeln bleibt die von der Decke/Schwarte bedeckte Keule sauber und frisch.
Nach dem Aufbrechen müssen die Wildkörper möglichst schnell auf mindestens 7 °C heruntergekühlt werden. Einfache Kühlschränke oder Kühlzellen kühlen nur, anspruchsvollere Geräte wie ich eines benutze, kühlen und trocknen wie eine Klimaanlage, was für die Fleischqualität sehr vorteilhaft ist. Zu hohe Luftfeuchtigkeit beim Abhängen begünstigt Pilz- und Bakterienwachstum. Als ideal gilt eine Kühltemperatur zwischen 0 und +1 °C.
Beim Abhängen findet die Fleischreifung statt, es ist für die Fleischqualität von entscheidender Bedeutung. Rehwild sollte mindesten 36 bis 48 Stunden abhängen. Bei jungen Stücken kann, das Abhängen verkürzt werden. Das Lüften der Blätter ist bei Stücken über 25 Kilogramm durchaus empfehlenswert, weil dies das Auskühlen beschleunigt. Zusätzlich besitzt meine Kühlung eine Lüftung, damit ist eine gleichmäßige schnelle Kühlung möglich.
Die Fertigkeiten, die man sich angeeignet hat, bedürfen eines zweckmäßigen Arbeitsplatzes, um zur Geltung zu kommen. Auf der Werkbank in der Garage oder in der staubigen Scheune zu zerwirken, wird oft so pracktiziert und ist in hygienischer Hinsicht deutlich suboptimal.Ich besitze eine Wildkammer über den geforderten Standard und diese ist beim Veterinäramt Regensburg eingetragen, Registriert und auch Kontrolliert worden.
Ich als geschulte Person, darf das Stück natürlich auch selbst verwerten oder das Stück zerwirken und etwa eine Gaststätte oder einen Endverbraucher, abgeben. Ich darf Wildbret im Umkreis von 100 Kilometern um den Wohnort vermarkten.
Eine weitere Anforderung an den mich als Lebensmittelunternehmer ist ein funktionierendes System der Eigenkontrolle. Wildursprungsscheine werden sorgfältig aufbewahrt. Auf jeder Packung Wildbret kommt ein Aufkleber mit den erforderlichen Daten, der die Rückverfolgbarkeit bis zum einzelnen Stück gewährleistet.