Auslobungstext
Der Südtiroler Künstlerbund und die Familie Rainer schreiben erstmals einen mit 8.900 Euro dotierten Anerkennungspreis für Kunstschaffende aus. Ein besonderes Augen- merk wird dabei auf die Wechselwirkung von Raum, Form und Inhalt gelegt. Der Preis ist nicht allein auf die bildende Kunst beschränkt, sondern gilt bewusst als Disziplinen- durchlässig und -übergreifend. Die Initiative zu seiner Schaffung verschreibt sich der Förderung und Sichtbarmachung jener Gestaltungsauffassungen, die im Kunstschaf- fen Martin Rainers verankert sind.
Martin Rainer verstand seine Kunst als räumliches und sinnbildendes Gestalten.
Formal ging es ihm als Bildhauer nicht nur um das Gestalten fester Volumina, sondern im Besonderen um die Wechselwirkung von Körper und Umgebungsraum. Das Kunst- werk endet nie an den Grenzen der festen Materie, sondern wirkt in den Raum hinein. Somit formt es diesen um und definiert ihn neu. In der Form ist Martin Rainers künstle- risches Gestalten von diesem architektonischen Körper-Raum-Verständnis bestimmt, im Ausdruck von einer lyrisch-erzählerischen Grundhaltung.
Eine Bewerberin/ ein Bewerber für den Preis sollte für die zentralen Gestaltungsauf- fassungen Martin Rainers sensibel sein und diese im eigenen Kunstschaffen bekun- den. Eine bewusste Rezeption seiner Kunst wird dabei ebenso wenig vorausgesetzt wie etwaige Verwandtschaften künstlerischer Techniken oder das Erzielen ähnlicher Ergebnisse. Die intensive Auseinandersetzung mit Auffassung und Ausdruck sind die alleinigen und entscheidenden Parameter.
Bewerben können sich Kunstschaffende über 35 Jahren mit Berührungspunkten zum geographischen Wirkungsraum Martin Rainers.
Einzureichen ist die Dokumentation dreier Werke, deren Entstehung sich über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren verteilt. Die Dokumentation ist im PDF per E- Mail an info@kuenstlerbund.org, Betreff „Martin Rainer Preis“ zu übermitteln. Eine kurze berufliche Biografie ist beizulegen. Die Dokumentation wird von einer Jury be- gutachtet, die im Bedarfsfall weitere Unterlagen (Modelle, Partituren, Pläne etc.) anfor- dern kann.
Mit der Preisverleihung verknüpft sich eine Ausstellung, der Veranstalter stellt ein Werk des Preisträgers/ der Preisträgerin einem Werk Martin Rainers gegenüber. Die Gewin- nerin/ der Gewinner stellt das betreffende Werk für die Dauer der Ausstellung auf ei- gene Kosten zur Verfügung. Die Veranstalter fertigen von dieser Gegenüberstellung eine auf dreizehn Abzüge limitierte signierte Edition an.
Der Preis, initiiert von der Sommerfeld Collection und der Liquid Art Academy wird vom Südtiroler Künstlerbund ausgeschrieben. Seine Vergabe findet in zyklischer Abfolge statt.
Die Jury dieser Premierenausgabe setzt sich zusammen aus: Lisa Trockner, Geschäftsführe- rin des Skb, Alexander Zoeggeler, Präsident des Skb, Josef Rainer, Künstler, Paulus Rainer, Kurator im Kunsthistorischen Museum in Wien und Luigi Fassi, Kurator und Kunstkritiker, Sardinien.
Award text
The South Tyrolean Artists’ Association and the Rainer family are for the first time offering a prize, worth €8,900 euros, in recognition of artists. Special attention will be paid to the interaction of space, form and content. The prize is not limited to the plastic arts, but is deliberately open to all disciplines, whether alone or in combination. The initiative underlying its creation is dedicated to the promotion and visualisation of those design concepts that are anchored in the artistic work of Martin Rainer.
Martin Rainer understood his art as design that would create space and meaning.
In formal terms, as a sculptor, he was not only concerned with the creation of solid volumes, but in particular with the interaction between the body and the surrounding space. An artwork never ends at the boundaries of the solid matter, but projects into space, thus reshaping and redefining it. The form of Martin Rainer’s artistic creations is determined by this architectural understanding of body and space, while its expression is characterised by a lyrical narrative tenor.
Applicants for the prize should be sensitive to Martin Rainer’s central design concepts and manifest them in their own artistic work. A conscious reception of his art is not a prerequisite, however, nor are any affinities between artistic techniques or the achievement of similar results. An intensive examination of conception and expression is the sole and decisive parameter.
Applications are open to artists over 35 years of age who have some contact with Martin Rainer’s geographical domain.
Documentation must be submitted of three works created over a period of at least ten years. The documentation should be sent in PDF format via e-mail to info@kuenstlerbund.org with the subject line “Martin Rainer Prize”. A short professional CV should be enclosed. The documentation will be reviewed by a jury who may request further items (models, scores, plans, etc.) as necessary.
The prizegiving ceremony will be accompanied by an exhibition where the organiser will juxtapose a work by the winner with a work by Martin Rainer. The winner will make the work in question available for the duration of the exhibition at his/her expense. The organisers will produce a signed edition of the juxtaposition, limited to thirteen copies.
The prize, initiated by the Sommerfeld Collection and the Liquid Art Academy, is offered by the South Tyrolean Artists’ Association and is awarded on a cyclical basis.
The jury for this debut edition will consist of Lisa Trockner, Director of the South Tyrolean Artists’ Association; Alexander Zoeggeler, President of the South Tyrolean Artists’ Association; Josef Rainer, artist; Paulus Rainer, Curator at the Vienna Kunsthistorisches Museum; and Luigi Fassi, Curator and art critic, Sardinia.
Lisa Trockner, Josef Rainer, Luigi Fassi, Paulus Rainer & Klementine Rainer-Tappeiner
Für das Jahr 2022 wurde erstmals der Martin-Rainer-Preis „Kunst und Raum“ ausgelobt – ein Preis, der sich als Zeichen der Anerkennung an Kunstschaffende richtet, in deren Arbeit sich Berührungspunkte und Übereinstimmungen zur Gestaltungsauffassung Martin Rainers finden.
Unter den zahlreichen Einreichungen ging Michael Fliri als erster Preisträger hervor.
Seine Arbeit bewegt sich an der Schwelle zwischen Performance, Bildhauerei, Fotografie und Video. Dabei scheint das Antistatische, das Veränderbare und das sich Verändernde im Zentrum seines künstlerischen Interesses zu stehen. Seine Werke sind prozesshaft, die bildhaften Ergebnisse gleichsam „Reliquien“, die etwas zeitlich oder physisch Entferntes ausschnitthaft berühren und auf Kommendes oder Gewesenes verweisen. Fliris Kunst spielt mit Verschleierung und Offenlegung, behandelt die großen Themen und bleibt dabei immer leise, zart und tiefgründig.
In diesen Qualitäten findet sich eine starke Verwandtschaft zum Werk Martin Rainers, wie die Jury meint. In ihrer Begründung heißt es:
Die Zwischentöne, die Martin Rainer – vor allem in seinen späten und freien Arbeiten – zum Hauptthema erhebt, thematisiert Fliri auf seine Weise. Bei ihm durchdringen sich Innen- und Außenraum in unentwegter Wechselwirkung. Der Körper, die Landschaft, die Materie und das Leben selbst sind in seiner Kunst veränderliche Elemente, die dem Übergang und dem Wandel unterliegen. Es ist genau dieser Zustand der Vergänglichkeit, der in seinen Werken neue Einsichten schafft und ein Bild der menschlichen Identität als eine Form in ständiger Entwicklung ohne starre und geschlossene Grenzen vermittelt. In seiner Fähigkeit die Einzigartigkeit und Unersetzlichkeit des Daseins zu begreifen, findet sich eine erstaunliche Nähe zur Kunstauffassung Martin Rainers.
Nella sua arte Michael Fliri evidenzia i temi della metamorfosi e della mutazione, dove spazio interno e spazio esterno si compenetrano tra loro in continua evoluzione. I protagonisti del suo lavoro - spesso Fliri stesso - subiscono di volta in volta un processo di trasformazione. Il corpo, il paesaggio, la materia e la vita stessa sono nella sua pratica ingredienti mutevoli, soggetti alla transizione e al cambiamento. Proprio questa stato di transitorietà crea nelle sue opere nuove esperienze, restituendo un’immagine dell’identità umana come forma in perenne sviluppo, senza confini rigidi e chiusi. Così nell’arte di Fliri la vita entra in dialogo con la natura, gli animali e tutto il reale, sfumando in una presenza porosa, ibrida e aperta al futuro.
Il suo lavoro appare in questo senso molto vicino all’arte di Martin Rainer, e alla capacità di Rainer di avvicinare uomo e ambiente creando scenari sempre variabili. In entrambi è forte una presenza riflessiva e intimista, che pone al centro il valore della vita e la fiducia in tutte le sue manifestazioni e tutti i suoi momenti. Proprio per questo il Premio Martin Rainer 2022 viene assegnato a Michael Fliri, riconoscendo nel suo lavoro una straordinaria prossimità con l’opera artistica di Martin Rainer, e la sua capacità di comprendere l’unicità e insostituibilità di ogni esistenza.
Lois Anvidalfare
Martin Kargruber
Michael Fliri
Die Jury beschloss außerdem, zwei gleichwertige lobende Erwähnungen auszusprechen. Die erste geht an Lois Anvidalfarei, dessen Werk von einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Menschlichen bestimmt ist. Diese bringt es dem Spannungsverhältnis zwischen Diesseitigem und Jenseitigen in Martin Rainers Schaffen näher. Die zweite lobende Erwähnung wurde an Martin Kargruber ausgesprochen. Seine Skulpturen lassen sich in ihrer Akzentuierung der Mensch-Umwelt-Beziehung und der Spannung zwischen Einsamkeit und Gemeinsamkeit mit der poetischen Kraft der Werke von Martin Rainer vergleichen.
La giuria ha deciso inoltre di assegnare due menzioni speciali a pari merito. La prima va a Lois Anvidalfarei per l’intensa riflessione umanistica che caratterizza tutto il suo lavoro e che lo avvicina alla tensione tra umano e oltremondano presente nell’opera di Martin Rainer. La seconda è invece assegnata a Martin Kargruber per l’intensità del rapporto uomo-ambiente che caratterizza le sue sculture, tese tra solitudine e condivisione, e che apparenta le sue opere alla forza poetica della scultura di Martin Rainer.
Jurie mit Michael Fliri, Martin Kargruber, Lois Anvidalfarei