Kritik

Der Schimmelreiter ist ein altes Werk, welches von Theodor Storm verfasst wurde. Uns war vor dem Lesen bewusst, dass es ein altes Werk ist, wir waren deshalb sehr gespannt wie diese Lektüre ablaufen wird. Wir haben gedacht, dass wir wegen dem Epochenunterschied uns überhaupt nicht in die Geschichte setzen können und Mühe haben werden uns mit den Figuren zu identifizieren. Der alte Schreibstil kann manchmal auch ein wenig langweilig sein, was auch schnell gemerkt haben.

Storm hat uns mit der Einführung des mysteriösen Geistes des Schimmelreiters schon sehr früh in der Geschichte gepackt. Sein Ziel, die Geschichte spannend zu beginnen und im Leser Neugier zu erwecken, hat er einwandfrei ausgeführt. Es ist nur zu schade, dass diese unerklärbare Gestalt nicht mehr vorkommt und weniger Gewicht in der Entwicklung der Figuren des Werks einnimmt als sich die Leser erhoffen. Die Spannung, die man sich ebenfalls durch den magischen Schimmelreiter wünscht, wird durch Unterbrechungen von Figuren in der Binnengeschichte verzögert oder sogar fast gelähmt. Diese Verzögerungen machen die Geschichte künstlich in die Länge gezogen und waren, unserer Meinung nach, etwas überflüssig.

Die Form des Werkes ist zu Beginn gewöhnungsbedürftig. Die verschiedenen Erzählungsrahmen und dessen Interaktionen sind zu Beginn etwas verwirrend und können vom Lesen ablenken. Die grösste Herausforderung war zum Teil, dass man mit dem Lesen nicht aufgibt. Storm beschreibt viele kleine Handlungen der Geschichte sehr genau, etwas zu genau. Weil man aber mehr über die Figuren erfährt, entsteht eine Emotionale Bindung und man will über deren Entwicklung und Zusammenspiel mit anderen Charakteren mehr erfahren. Die Figurenkonstellation und dessen Entfaltung macht das Werk spannend, denn man wird in diese gut beschriebene Welt hineingezogen.

Am herausforderten war jedoch die Sprache, in der die Geschichte geschrieben wurde. Es werden viele Wörter verwendet, von denen wir noch nie gehört haben und die wir ohne Wörterglossar nicht verstanden hätten. Das alte Plattdeutsch, welches vom Autor benutzt wird, ist schwierig zu verstehen und lenkt vom Lesen ab. Abgesehen vom (für uns) speziellen Dialekt, ist der altmodische Schreibstil ungewohnt, es war jedoch eine schöne Erfahrung dieser “antiken” Schreibweise näher zu kommen.

Dem Aberglauben wird in Theodor Storms Werk, Schimmelreiter, viel Wert geschenkt. Diese Geschichte wurde in einer Zeit geschrieben, in der den Alltag der Menschen mit übernatürlichen Ereignissen erklärt wird. Figuren im Werk handeln in einigen Situationen auf eine Art und Weise, die uns etwas seltsam vorkam; Es werden zum Beispiel lebendige Opfer benötigt, um einen Bau von Infrastrukturen zu vervollständigen oder der Teufel beeinflusst die Wahrnehmung, das Handeln und die Interaktion mit Tieren stark. Die fehlenden wissenschaftlichen Erklärungen von natürlichen Ereignissen haben wir als Grund für das Aberglaube-gefüllte Leben der Charaktere genommen. Die Lebensweise des Autors hat sicher einen Einfluss auf diesen Aspekt der Geschichte. Weil er selber in einer Gesellschaft lebte, in der Aberglaube und das Übernatürliche eine enorme Wichtigkeit spielte. Unseren Alltag führen wir auf eine ganz andere Weise, denn dank des wissenschaftlichen Fortschrittes sind Alltägliche Phänomene einfach und nachvollziehbar zu erklären und verstehen. Wir konnten uns mit dem Schwerpunkt des Aberglaubens der Figuren nicht identifizieren, aber wir sind davon überzeugt, dass die Generationen vor uns mehr Interesse am Übernatürlichen Aspekt hatten und das Werk zu seiner Erscheinung deutlich relevanter war. Die Geschichte hat wahrscheinlich auch nicht die Weltanschauung der Leser/innen stark verändert, sondern nur ihre Überzeugungen verstärkt.

In der Geschichte spielt der Kampf der Menschen im Zusammenspiel mit der Natur ebenfalls eine grosse Rolle. Der Mensch war, ist und wird den natürlichen Kräften und Gesetzen unterworfen sein und wie sie gegen diese antreten und sie bekämpfen hat sich über die Jahre geändert und wird sich in der Zukunft in grossen Massen entwickeln. Der Autor will uns diesen Widerstandswillen gegenüber natürlichen Kräften mit der Hauptfigur etwas näherbringen; Hauke hat das zerstörerische Potenzial der mächtigen Nordsee mit dem Ausbau des Deichs bekämpfen wollen, diese hatte jedoch keine Rücksicht für die Menschen. Diese Machtlosigkeit gegenüber natürlichen oder sogar übernatürlichen Kräften hat uns als Leser ein wenig eingeschüchtert, obwohl wir in einer Zeit leben, in der durch Technologie viele Vulnerabilitäten überwindet werden können. Uns wurde klarer, dass wir der Natur und ihrer Gesetzt ausgeliefert sind und als einzelner Mensch gar nichts dagegen antun können. Die wilden Schneestürme, Trockenheit und Überschwemmungen sind gefährliche Naturkatastrophen welche vielen schon das Leben kostete. Hauke wollte die Wucht der Natur zurückhalten, schlussendlich musste er und seine Familie dafür ihr Leben aufgeben.

Zu spüren hatten wir die Kräfte der Natur zum guten Glück noch nie, denn wir leben nicht in Gebieten, in denen Fluten oder Hungersnöte ein lebensgefährliches Problem wären. Dank modernen Technologien haben wir Zugriff auf Lebensmittel aus aller Welt und könnten bei Naturkatastrophen dank ausgebauter Kommunikationssysteme schnell genug gewarnt werden, oder haben die Infrastruktur, um diese zu verhindern oder abschwächen bevor sie jeglichen Schaden anrichten. Uns wurde also mit dieser Erzählweise ein wenig klarer was das Bekämpfen dieser Kräfte für den früheren Alltag hiess.

In ihrer Gesamtheit ist es eine schöne Geschichte, die einem einen Eindruck in die Vergangenheit verschafft. Wir konnten uns nur mässig mit den Figuren Identifizieren, denn ihr Weltbild ist ein anderes als unseres, dies macht es jedoch auch ein Wenig interessanter eine andere Weltanschauung kennenzulernen und sich mit dieser zu beschäftigen.