Erntedank 2013

Glaube und Kirche vom 6.10.2013 (Jean Pohlen)

Der Herbst hat schon vor einigen Wochen Einzug gehalten und das Fest des hl. Franziskus, der Freund der Geschöpfe, findet Anfang Oktober statt, da liegt es nahe, auf die Ernte des Jahres zu blicken und in vielen Gemeinden einen Erntedankgottesdienst zu feiern. Franziskus, der bewusst arme leben wollte, entdeckte so die Freude und Dankbarkeit für alle Geschöpfe, für alles Geschaffene. Ihm gleich wollen auch wir in jedem Jahr diese Freude und Dankbarkeit zum Thema machen. Viele Menschen erleben die unmittelbare Nähe der Natur nicht mehr und können den Weg der Nahrung und Kleidung nicht mehr miterleben, die meisten kaufen alles fertig, verpackt und nicht nur Kinder sind noch nie auf einem Bauernhof gewesen oder haben Felder besucht. Bei aller technischen Entwicklung, die auch eine künstliche Herstellung von Grundstoffen möglich macht, bleiben wir Menschen ein Stück Natur und sind auf die Natur angewiesen- dies für die materiellen Güter, wie auch für die geistigen und geistlichen.

Wenn wir diese Betrachtung zur Ernte halten, dann ist das nicht nur eine rein idyllische Geste vor dem Ertrag der Ernte, sondern auch und vor allem eine Verbeugung vor dem, der alles möglich macht, vor dem Schöpfer und Erhalter des Lebens und vor jeder Form von Leben aus Seiner Hand.

Wir sind so schnell an so vielem gewöhnt und bemerken oft erst den Wert, wenn einmal etwas fehlt, wenn die Gesundheit leidet oder Grundmittel knapp werden. Auch das eigene Leben sehen viele als eigenen Besitz an, auf den sie Anspruch haben und können keine Verbindung zu einem Schöpfer finden.

Wenn wir so vor der Dekoration eines Erntedankfestes Halt machen und schauen, riechen, berühren, dann staunen wir wieder über die Fülle der Gaben unserer Natur, über Farben, Formen, Düfte- eine Fülle, die manchmal zu überfülle wird, so dass wir alles nicht mal mehr ernten können und müssen, denn wir haben ja mehr als genug. Dabei denken wir an den Beginn von allem: kleine Samenkörner, unscheinbare Dinge, die alles in sich tragen, was dann zur Entfaltung kommt und reif vor uns liegt.

Dabei müssen wir unweigerlich denken an alle, die nicht satt werden können, weil das Nötigste fehlt, Wasser verseucht ist oder die Böden keinen Ertrag möglich machen und dabei fällt uns der Kontrast zur Wegwerfgesellschaft auf, bei der Tonnen von Nahrungsmittel auf den Müllhalden landen oder aus den Geschäften entfernt werden müssen und doch keineswegs den Hungernden geschenkt werden können. Ja es gibt viel zu bedenken an einem Erntedankfest: neben dem Dank ist Besinnung auf den Zustand der Welt zu betrachten und auf das eigene Verhalten: was werfen wir alles weg? Wann handeln wir umweltbewusst? Denken wir an Nachhaltigkeit bei unserem Tun? Was tun wir für eine gerechtere Teilung der Güter?

Wie sieht es mit unserem Dank aus? Welchen Platz darf der Herr und Gott, der Schöpfer in unserem geschäftigen Leben einnehmen? Erntedank, ein Dank der Freude und das Danksagens, auch der Besinnung und der Neuorientierung, wo es nötig ist.

Nach Jahren der Erlösungstheologie wird es Zeit, wieder mehr einer Schöpfungstheologie den Weg zu bereiten, denn so wie wir nicht ohne unseren Körper hier auf Erden leben können, so können wir es nicht ohne Natur und Schöpfung, und genau aus diesen Quellen schöpfen wir Kraft und Lebensenergie. Das muss eine Theologie aufgreifen und zu einer spirituellen Haltung führen, die uns staunen, danken und achtsam im Umgang werden lässt.

Johannes Keppler: „ in der Schöpfung greife ich Gott gleichsam mit den Händen“- denn Gott unterschreibt immer mit einem Pseudonym, dies besonders in den vielen – vielfältigen Gaben des Lebens und der Schöpfung.

Erntedank also nicht nur eine Sache der Kirche und in der Kirche für die Frauengruppen, sondern eine Einladung an alle zu einem bewussten Leben als Mitgeschöpfe unter dem Blick des Schöpfers. Wir suchen manchmal nach Wundern und Zeichen Gottes,--

sind uns in der Natur nicht so viele Wunder vor die Augen gestellt und kleine Zeichen, gleichsam ein Augenzwinkern Gottes in unsere allzu verwöhnten Herzen? Der Sonntag, der Tag der Ruhe, der Gemeinschaft, der Tag Gottes kann und will uns hierzu eine regelmäßige Gelegenheit geben und das Mahl des Herrn, die Eucharistie, ein Angebot, himmlische Nahrung zu erkennen in den Gaben der Schöpfung und des Wirkens der Menschen.