Sendung 26.5.13

Lothar Klinges

Sonntag der Dreifaltigkeit

AUS DEM HL. EVANGELIUM NACH JOHANNES 16,12-15

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: 12Ich hätte euch noch viel mehr zu sagen, aber das würde euch jetzt überfordern. 13Wenn aber der Geist der Wahrheit kommt, wird er euch Schritt für Schritt in die ganze Wahrheit einfüh­ren. Was er euch sagen wird, hat er nicht aus sich selbst; er teilt euch nur mit, was er vom Vater hört. Auch auf das, was euch in Zukunft erwartet, wird er euch vorbereiten. 14Er wird meine Botschaft wieder aufnehmen und euch meine Liebe näher bringen; so wird er meine Herrlichkeit sichtbar machen. 15Was der Vater hat, gehört auch mir. Deshalb kann ich mit Recht sagen: Alles, was der Geist an euch weitergibt, kommt von mir.“

GEDANKEN

Die Predigt am Dreifaltigkeitsfest bereitet mir immer Kopfweh. Seit fast 30 Jahren bin ich nun Priester. Und immer wieder wird mir gerade in diesen Tagen bewusst, dass mein Gottesbild so unbeholfen ist.

Wie geht es Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, mit dem Wort vom dreifaltigen Gott? An dieser Stelle wird mir bewusst: Ich erlebe es selten, dass wir über unser Gottesbild sprechen. Über alles Mögliche debattieren wir: über die praktische Organisation von Bittprozessionen oder über den Weg der Fronleichnamsprozession, über die Beschallungsanlage in der Kirche, die mal wieder nicht in Ordnung war, usw.

Doch über das, was unsere Mitte sein sollte - Gott -, darüber herrscht oft großes Schweigen.

Und dabei gibt es nicht wenige Situationen, wo die Frage nach Gott aufkommt. Wie kann Gott das zulassen? Was ist das für ein Gott? Bei solchen Fragen stehen wir dann oft hilflos da.

Wenn ich an unser heutiges Evangelium denke, taucht da etwas Ähnliches auf. Jesus ist weit davon entfernt, uns eine klare Gottestheorie vorzusetzen, eine Formel zu präsentieren: Er spricht von Gott vielmehr in Bildern. Es geht um eine Beziehung, die er mit uns aufnimmt, um das Geschenk von Nähe und Begegnung. Gott teilt sich mit, er ist am Werk, er bewirkt Leben. Gott will uns begegnen. Er ist im Kommen, aber nicht zu greifen.

Ein Gott, der nach uns sucht und uns nachgeht! Ein Gott, der uns zum Leben führen will; ein Gott, der Licht in unser Leben bringt; ein Gott, der uns begegnen will.

Wenn das so ist, brauche ich mir ja eigentlich keine Sorgen zu machen, wenn mir meine Vorstellung von Gott so unklar vorkommt.

Vielleicht ist das sogar eine Chance: wenn ich darum weiß, dass ich Gott nicht so einfach packen kann, dass meine Hände letztlich oft leer bleiben.

Doch wenn er kommt, der Geist der Wahrheit, werde ich es merken? Ich gehe auf Spurensuche und entdecke sie, die Spuren seines Geistes.

Im kleinen und alltäglichen Geschehen leuchtet etwas vom Geist der Wahrheit auf: in der Krise einer Krankheit, in Stunden großer Dunkelheit, in Begegnungen mit liebevollen Menschen.

Und manchmal ist es mir selbst auch so ergangen nach guten Gesprächen. Mitten im Austausch spürte ich: Ja, das ist es! Daraus lässt sich leben! Das gibt mir Halt und Trost. Eine Spur des Hl. Geistes.

Anders ist Gott nicht zu haben! Er ist schon da. Er wirkt in der Kraft seines Geistes, der weht, wo und wann er will, nicht zu fassen, nicht zu greifen.

Auch am heutigen Festtag des dreifaltigen Gottes stehe ich dazu: Gott - ich kann ihn nicht fassen. Ich kenne ihn viel zu wenig! Aber ich vertraue darauf, dass ER mich kennt!