Manuscrito (original em alemão)

ERLEBNISSE

von

FRANZ ADOLPH FRIEDRICH JAEGER

1 8 2 6 bis 1 9 0 2

(autobiographie)

[SAXONIA – ALEMANHA]

I. Kinderheit und Jugend

Am 3ten Januar 1826 erblickte ich in der ehemaligen Bischofsstadt Meissen das Licht der Welt. Mein Veter, daselbst im Steuerfach angestellt, sorgte, so gut, wie meine liebe Mutter, für guten Schulunterricht und regelmässige Besuchung des protestantischen Gottesdienstes. Mehermals und zuletzt nach Plauen im Voig-tlande als Bezirkssteuereinnehmer versetzt, besuchte ich bis zu meiner Confirmation das dortige Gymnasium; kurz vorher starb meine Mutter. Unter 13 Geschwistern war ich das 7te und sollte die Kaufmannschaft erlernen, da sich aber keine passende Stelle fand, so wählte ich die Nadlerprofission, die auch nebenbei Bandeltreiben und kam zur Erlernung dieses Handwerks nach Altenburg.

Nach Ablauf von vier Jahren, wurde ich Geselle und von Reiselust erfüllt, die Welt zu sehen, zog ich, den Staubmantel mit einem breiten gestickten Gurt befestigt, munter und voll froher Hoffnungen aus dem Vaterhaus in die Fremde. In Neustadt, einem kleinen Städtchen fand ich Arbeit, doch war der Ort sehr unbedeutend, deshalb ich weiterzog und in Weissenfels an der Saale in Arbeit trat.

Nach 16 Wochen hatte der Meister keine Arbeit mehr, deswegen ging ich nach Halle, wo ich Beschäf-tigung fand, doch, da, es schon Winter war, so hörte auch hier die Arbeit auf. Entschlossen ging ich direct nach Berlin, wo ich eingestellt‑wurde und so lange dort blieb, bis mir eine gute Stelle in Altstrehlitz im Mecklenburgischen angeboten wurde.

Später blieb ich einige Zeit in Schwerin, doch im Sommer reiste ich nach Hamburg, wo ich die Verheerungen theiweise noch sah, die zwei Jahre vorher ein grosser Brand angerichtet hatte, jedoch nicht hier, sondern einige Tage später fand ich in Kiel an der Ostsee Arbeit, woselbst ich etwas plattdeutsch erlernte und 11 Wochen dort blieb. Heimweh führte mich wieder von dort in's Vaterhaus, um nach 14 tägigen Aufenthalte, mich in Baiern ein wenig umzusehen, wobei ich Erlangen, Kulmbach und Bamberg sah und zuletzt in Regensburg einen Monat blieb. Von dort nach Nürenberg meine Schritte lenkend, näherte ich mich der Stadt Koburg, woselbst ich in Geselschaft eines Führmanns, den Tornister auf dem Wagen Schleiz zog.

II. Militärleben

Auf der Reise dahin fiel es mir ein, dass ich mich in 6 Monaten zur Rekrutenaushebung stellen müsse und da ich von Jugend aus Freude am Militärleben hatte, so entschloss ich mich, mit Bewilligung meines Vaters, als Freiwilliger bei der Fussartillerie einzutreten; deshalb bat ich von Schleiz aus brieflich um dessen Erlaubnis, Welche er mir auch baldigst schriftlich nach Meissen zu meiner Tante schickte, wie ich es nämlich so erbeten hatte, da ich dorthin zu reisen, ir Begriffe stand. Sie war auch schon pr. Post angekommen und so meldete ich mich andren Tages in Dresden beim Regimentskomandanten der Artillerie und wurde der 9ten Compagnie einverleibt; selbigen Abend noch besuchte ich meinen ältesten Bruder Eduard, der zu Ganzlist im Finanzministerium war, in Uniform mit blankgeputztem Seitengewehr, aber leider ohne Schnurrbart. Des andern Jahres avancirte ich zum Bombardier (Oberkanonier) und als 1849 Deutschland Hülfstruppen nach Holstein sandte, stellte auch mein Vaterland 6 Tausend Mann an Reiterei, Artillerie und Infanterie. Unser Regiment gab eine 6 und eine 12 Pfünder Batterie und obwohl meine Compagnie nicht mit in's Feld zog, so wurde ich doch auf mein Ersuchen zur mobilen 12 pfünder Batterie versetzt und wurde sogleich mit noch einem Bombardier und einem Feuerwerfer derselben per Eisenbahn vorausgeschickt, und in Berlin, Hamburg und Rendsburg als Fourierschütz oder Quartiermacher die Quartierbillette zu besorgen. Von letztgenannter Festung Rendsburg marschierten wir dann durch Holstein nach Schleswig. Im Sundewitt bezogen wir im Pfarrdorfe Satrunp Quartiere, bis wir eines Nachts durch reitende Ordenanzen der Befehl enhielten, in aller Stille gegen Düppel aufzubrechen und halbe Stunde vorher im Dorfe Rackebühl, auf weitere Befeh1e zu warten.

Kaum graute der Morgen, als wir schon dumpfe Kanonenschläge und Gewehrsalven hörten und wir zweifelten nicht, dass etwas Wichtigen, nämlich die Erstürmung der düppler Schanzen im Werke sei und in grosser Spannun erwarteten wir die Order zum Vorrücken, die auch nicht lange auf sich warten liess, denn schon kam ein Adjutant daher gesprengt mit dem Rufe: "Beide Batterien avanciren " ... Jedoch jede Batterie durfte nur ein Kugel und ein Granatwagen der Explosion wegen mit ins Feuer nehmen. Ich, als Komandant des ersten Kugelwagens hatte die Ehre, an diesem Gefechte theil zu nehmen, ebenso mein Freund, Bombardier Israel, der den ersten Granatwagen befenligte und in Eile stürmten beide Batterien mit dem Pulverwagen den etwas aufsteigenden Fahrweg nach Düppel hinan. Wir beide liefen läng's des Strassengrabens dicht hinter einander, als wir seitwärts von Alsen her die lte Kanonenkugel auf uns kommen sahen, die aber ihre volle Kraft schon verloren hatte und endlich liegen blieb; wir lachten. - Aber 3 bis 400 Schritte weiter aufwärts verging uns das Lachen, denn plötzlich wurden wir beide zu Boden gestürzt, die Käppi vom Kopfe gerissen und ganz mit Erdschollen überschtüttet. Unsere Führsoldaten hielten uns für todt, denn sie glaubten uns schwerverwundet von einer 24 Pfündigen Kugel getroffen, dies vor meinen linken Fuss, von der Festung Sonderbar kommend, den ersten Aufschlag machte und dann zwischen den Wagen weiter flog; wir richteten uns schnell auf, reinigten uns und sahen, dass wir unverwundet waren und nur der Luftdruck uns zu Boden geworfen hatte. Gott dankend, eilten wir im raschen Laufe unsern Wagen nach und ganz erschöpft vom Rennen liessen wir uns förmlich durch sie uns auf´s Schlachtfeld schleppen; es war der 13te April 1849.

Während wir auf freiem Felde, nur wenig gedeckt mit 16 Feldgeschützen nach der Festung Sonderburg auf Alsen schossen, hatten wir 54 schwere Festungs- und Schiffsgeschütze gegen uns und war es ein grosses Glück, dass die feindlichen Kugeln im Anfang uns nicht erreichten, dann aber über uns hinweg sausten, aber zuletzt das Ziel erreichten, so dass wir, beide Batterien, einige Todte und mehrere Verwundete, auch gegen 7 bis 10 blesirte Pferde hatten, Eine grosse Bombe kam von einem Kanonenboote auf uns zugeflogen, als wir noch uns gegenseitig beschossen, und mit Spannung beobachtete ich ihren Lauf, aber als sie über meinem Kopfe schon hinweg war, explodirte sie erst glücklicher Weise, so dass die Eisenstücke wohl in das hinter uns liegende Kleefeld einschlugen, uns aber nicht mehr schadeten.

Eine kleine Stunde dauerte der Kampf, als der Befehl zum Zurückgehen gegeben wurde, jedoch durften wir nicht auf demselben Wege zurückgehen, auf dem wir gekommen waren, weil wir dem feindlichen Feuer von Alsen her zuviel ausgesetzt gewesen wären. Deshalb gruben unsere Pioniere eine breite Öffnung durch einen mannshohen Erdwall, mit Hecken bewachsen, vergassen aber eine schrägstehende dicke Baumwurzel durchzuhauen, was für die Kanonen wenig zu bedeuten hatte, als aber der Granatwagen in Eile darüber hinwegsetzte, neigte er sich langsam auf die Seite und gegen 20 bis 25 gefahren, stürzte er um. Ich dieses beobachtend, bat ich meine Fahrtrainsoldaten, am Loche angekommen, ganz langsam zu, fahren, um mit Hülfe meines Kanonier den Wagen auf der Seite zu stützen, wo es Noth that. Aber als die feindlichen Kanonenkugeln durch die Hecken flogen, ergriff Panik dieselben und ihre peitschen auf die Bespannung niedersausen lassen, jagten auch sie in Eile über die Wurzel hinweg und mein Wagen fiel auch um. Glücklicherweise kamen 8 Artilleristen, Bedienung der letzten Haubitze, zu uns und vereint mit ihnen und unsern Leuten, richteten wir die Wagen wieder auf.

Jedoch wahrend des Aufhebens schlug ein feindliches Geschoss in den Granatwagen und tödete das Stangenhandpferd, so dass die Stränge mit den Säbeln abgehauen werden mussten. Unser Major, Commandant beider Batterien, kam gerade dazu, als wir unsere Wagen aufrichteten, und hat uns dem Könige von Sachsen namhaft gemacht, dass wir uns durch Tapferkeit ausgezeichnet hätten. Mein Vater schrieb es mir auch, der es in der Zeitung gelesen hatte; und bei meiner Rückkehr in Sachsen, schenkte mir mein Vater eine schöne silberne Uhr, was mich sehr freute.

Einige Monate trat Ruhe ein, da kam Befehl für uns und unsere Infanterie, es war im Juli, in Eilmärschen nach Handersleben zu marschieren, um der Besatzung der Festung Fridericia zu Hülfe zu kommen, die durch einen geplanten Überfall dänischer Kriegsschiffe hart bedrängt war. Elf Stunden, ohne Trinkwasser, in Staubwolken eingehült, marschierten wir bis gegen Abend, wo wir Nachtquartiere fanden und fast vor Durst nichts essen, sondern nur trinken konnten. Bei der Infanterie starben auf dem Marsche 5 Soldaten an Bluterstickung. Anderen morgens kam Gegenbefehl und so marschierten wir wieder in unsere alten Quartiere, bis eines Tages im Herbste der Waffenstillstand proclamiert wurde.

In unserm Vaterlande Sachsen war während unserer Abwesenheit eine schreckliche Revolution ausgebrochen; die Aufrührer hatten in Dresden 120 Barrikaden errichtet, die viele Menschenleben forderte, darunter auch unser Oberst Homilius und nur durch Zuziehung von 15000 preussischen Soldaten konnte dieselbe erstickt werden. Heimwärts, da wir zu Fusse marschierten, brauchten wir 6 volle Wochen, bis wir in Dresden und andern Orten die Garnison wieder einnahmen und unsere gewöhnlichen Beschäftigung, als Wachen, als Wachen beziehen, exerzieren u.s.w.

III. Wieder auf Wanderung

Kurz darauf wurde ich zum Steuerexecutor ernannt, um saumselige Steuerzahler an ihre Pflichten zu mahnen, doch hatte ich seit einiger Zeit die Lust am Soldatenleben verloren und durch Bemühung meines Schwagers, Superintendent von Beyer in Plauen, der auf der Universität ein intimer Freund mit unserm Regimentsarzt Dr. Anschütz gewesen war, erlangte ich die Entlassung als Halbinvalid aus der sächsischen Armee.

Ich zog wieder, den Ranzen auf dem Rücken, in die weite Welt und fand in Jena auf längere Zeit Arbeit, dann pilgert ich durch das schöne Thüringen, die Städte Erfurt, Eisenach, in letzter Stadt die Wartburg ersteigend, auf der Luther die Bibel Übersetzte, es auch mit dem Teufel tun gehabt hatte, wovon heut noch der, mehr als hundert tausendmal erneuerte Tintenflex Zeugniss geben soll. Von der heiligen Elisabeth, die auf dieser Feste so segensreich, so herrliche Tugenden, auch mehrere Wunder gewirkt hatte, sagte mir niemand etwas davon.

Und dann und wann benützte ich die Eisenbahn, die in diesem hugeligen Lande oft durch Tunnel fährt, ging von Gotha nach dem schönen Kassel, auf dessen Schloss Wilhelmshöhe Napoleon der III längere Zeit gefangen sass. Von hier reiste ich uber Hildesheim, Hannover wieder nach dem lieben Hamburg.

IV. Neue Kämpfe

Dort hörte ich dass der Waffenstillstand zwischen Dänemark und Holstein aufgelöst und bereits eine Schlacht bei Idstätt geschlagen worden sei. So eilte ich mit noch 3 jungen Leuten nach Rendsburg und trat dort, da noch keine Verlustlisten von der Feldartillerie eingesandt waren, in das berühmte IIte Jägerchor als Gefreiter ein, marschierte andern Tages zu meiner Compagnie, kurze Zeit vorher, als das dänische Kriegsschiff Christian VIIIte im Hafen von Erkernvörde in die Luft flog; da wir 4 Stunden davon in Cantonnement lagen, so konnten wir deutlich den furchtbaren Knall hören.

Am 8ten Juni 1850, als unser Chor in Dubestätt lag, und ich mich auf Feldwache befand, sttürmten die Dänen in Masse auf uns ein, und wir gaben aus zwei Schanzen, mehrmals Peletonfeuer auf sie, dann zogen 12 und, sechzig Mann stark, langsam auf unser Chor zurück; kaum mit ihm vereint, bliesen unsere Hornisten: "Zweites Jägerchor, avanciren!". Feurigen Mutes sturtzten wir in geschlossenen Reihen dem Feinde entgegen und unserm plötzlichen Anprall nicht gewachsen, feuerten sie auf uns und ergriffen dann die Flucht und trieben ihn wieder über die Höhen in ihr Lager zurück. Gleich am Anfange des Gefechtes fiel neben mir der Jäger Dade, in's Herz getroffen, todt zu Boden, mich aber beschützte, wie bei Düppel, mein heiliger Schutzengel.

Beinahe hätten wir die Leute des feindlichen Generalstaabs gefangen genommen, die wir im raschen avanciren beinahe überrumpelt hätten, doch wurde ein höherer Staabsoffozier und einen unserer Sergeanten schwer verwundet. Später, am 12ten September, machten wir einen Angriff auf das feindliche Lager, trieben sie daraus und steckten die Baracken, die schön aus Stroh gebaut, inwendig aus selbigem Material mit Sophas, Betten, Tischen u.s.w. versehen waren, in Brand und trieben dieselben bis an ihr Hauptquartier.

Dann zogen wir uns aber schnell zurück, denn schon feuerten sie mit Kanonen auf uns, die sie eilig hatten kommen lassen, auch gaben sie uns von der Seite Gewehrschüsse. Nicht lange nachher wurde unser Chor in 2 Batallions umgewandelt, und aus 4 compagnien 8 gemacht und da gab es unter uns ein grosses Avancement, wobei ich zum Oberjäger aufrückte. Als sich unsere Compagnie zum erstenmal zum Antreten versammelte, wurde ich für den andern Tag auf Feldwache kommandiert, als der Hauptmann aber mich mit: Oberjäger rufte, entstand ein allgemeines Gelächter, wusste sich aber gleich zu helfen, indem er laut vor der ganzen Front sagte, wenn ich Oberjäger rufe, so sind sie damit gemeint.

Eines Abends, spät mussten wir antreten und Parole und Feldgeschrei ausgegeben, dann hies es, dass wir um Mitternacht 3 Stunden von uns entfernt, ein Dorf hätten, in dem Dänen im Quartier lagen. Die vordersten Jäger an der Spitze der Compagnie, am Dorfe angelangt, sollten schnell durchlaufen und am andern Ende die Flüchtlinge aufhalten; die im Zentrum hatten die Aufgabe, die vor den Häusern in Pyramiden aufgestellten Gewehre umzuwerfen und die zuletzt ankommenden Jäger sollten das Ende des Dorfes und die Gefangenen überwachen.

Drei Stunden marschierten wir lautlos durch die Stille der Nacht; weder geraucht noch gesprochen durfte werden, auch schien weder Mond noch Sterne. Freiherr von der Tann, der berühmte Freischaarenführer befand sich an der Stätte selbst. Der feindliche Doppelposten musste umgangen oder auf irgend eine Art beseidigt werden, damit wir die Dänen im tiefsten Schlafe überrumpeln konnten. Es war manchem von uns nicht ganz einerlei, weil bei solchen Affairen sich oft im Dunkeln die eigenen Freunde ermorden können, da ging es plötzlich durch die Reihen: "Stillstehen"! Wir horchten, und es schien, als wenn wir dem Dorfe ganz nahe wären, da hörten wir durch die Nacht eine Stimme auf dänisch 3 mal ertönen: Wer da! Und nach kurzer Pause 2 Schüsse hintereinander, oben im Dorfe aber ertönten die Alarmsignale. Der Überfall wurde durch 2 Wachsame, muthige Posten vereitelt. Wir machten kehrt und langten müde, schlaftrunken und ärgerlich wieder gegen Morgen an.

V. Waffenstillstand

Der Winter stellte sich langsam ein und unsere Vorpostenkette befand sich oft im tiefen Schnee. Es war nichts Angenehmes mehr bei dieser Kälte zu erwarten und wir waren alle froh, als die Nachricht kam, dass der Waffenstillstand abgeschlossen, die holsteinische Armee aufgelöst und die Frenden entlassen würden und dass Oestreicher und Preussen Schleswig Holstein mit Truppen besetzen kämen, was auch im Januar 1851 geschah. Wir Nichtholsteiner erhielten unsern Abschied und in Altona angekommen, der gemeine Soldat eine Gratifikation von 10 Thaler, während die Unteroffiziere das Doppelte, nähmlich 20 Thaler; als ich aber mein Geld auf der Strasse nachzählte, fand ich dass man mir 21 gegeben hatte, was ich auch ohne Gewissensbisse ruhig behalten konnte, weil ich dem Wohle dieses Landes ein grösseres Opfer gebracht hätte, wenn es Gottes Wille gewesen wäre, nämlich mein Leben. Noch heute, nach 50 Jahren, denke ich mit Freuden an die Zeit, welche ich in diesem Lande zugebracht habe; wo man mir mit grosser Freundlichkeit entgegen kam und alle den gemüthlichen Sachsen gern hatten, der auch seinerseits nur ein Ziel im Auge hatte, nämlich diesem Lande die Unabhängigkeit zu erkämpfen.

VI. Planlos mit Wanderstab

In drei Tagen erreichte ich mit der Eisenbahn über Magdeburg und Leipzig meine Heimat Plauen im Voigtlande. Jedoch nach einem kurzen Auenthalte verliessich wieder das Vaterhaus und fand in Dresden bei einer braven Familie auf mein Gewerbe dauernde Arbeit und als ich bereits 3 Monate in diesem Hause war, ging man mit dem Plane um, mich mit einer Nichte der Frau Meisterin, welche etwas Vermögen besass, aber zur Zeit in der Stadt Treuenbritzen wohnte, zu verheirathen. Zu diesem Zwecke sollte sie zu Pfingsten auf Besuch kommen und um uns besser einander kennen zu lernen, sollte in Begleitung ihrer Tante und mir eine 8 tägige Reisetour in die sachsische Schweiz veranstaltet werden. Da ich das Herumziehen als wandernder Handwerksbursch längst satt hatte, so theilte ich meinem Vater die ganze Angelegenheit mit und bat um einen Zuschuss von 400 Thalern, damit ich in Dresden Bürger und Meister werden könnte.

Die Antwort liess nicht lange auf sich warten, aber mit dem Bescheid, dass er mir erst in 2 Jahren diesen Wunsch erfüllen könne, weil er erst seine letzten Schulden bezahlen wolle, die er gemacht hatte, als er zum Bezirkssteuereinnehmer 1839 in Plauen befördert wurde, welches ihm aber die Pflicht auflegte, der Regierung eine Kaution von 3000 Thalern zu stellen, weil er Kassenbeamter wurde.

Entäuscht, meinem scheinbaren Glücke so fern zu stehen, wollte ich auch nicht länger in Dresden bleiben, sondern ergriff den Wanderstab planlos von Neuem, bis ich nach 3 Wochen zum 7ten male Hamburg betrat. Ich hatte nur Reisekleider und etwas Wäsche bei mir; al1es andere schickte ich heim, um es später nachschicken zu lassen, wenn ich Arbeit gefunden hätte; aber der Mensch denkt und Gott lenkt.

VII. Seereise nach Brasilien

Der Herr hatte andere Absichten mit mir, indem er meine Schritte hierher nach Brasilien lenkte, denn kaum in Hamburg angekommen und mich im Gasthause, der Stadt Bremen, meiner Herberge, niedergelassen, ein Glas Wein vor mir, betraten 3 junge Leute das Lokal und unterhielten sich nicht weit von mir ziemlich laut, so dass ich auf einmal deutlich die Worte vernahm: "Sie nehmen nur noch Artilerie an!" Bescheidend mich nährend, bat ich um Aufschluss obiger Worte und da vernahm ich, dass schon längere Zeit ein brasilianisches Werbebüreau hier errichtet sei, um 2.000 Soldaten für den Krieg Brasilien gegen Argentinien anzuwerben. Die Infanterie war schon eingeschifft und wenn 4 Compagnien Artillerie vollzählich wären, nebst einigen Pionieren, so würden auch diese die Reise antreten. Die Dienstzeit solle 4 Jahre wären und nachher jeder, der in Brasilien bleiben wolle, 22.500 Brassen gutes Pflanzland erhalten, oder aber freie Rückreise nach Europa und 80 Milreis Gratifikation bekommen solle.

Da jeder in Hamburg 50 Thaler Handgeld erhielt, so liess ich mich noch selbigen Tag als Artillerieunteroffizier annehmen und bezog das Militärquartier.

Neue, frohe Hoffnungen belebten mich, über-haupt, als nach einigen Tagen unsere Zahl voll war und das Schiff "Heinrich", ein Dreimaster, aufnahm und am 13ten Juni 1851, am Feste des hl. Antonius von Padua, der Nortsee zusteuerte. Adieu Deutschland! Adieu Europa!

Auf unserem Schiffe befanden sich auch Herr Carlos Jansen, sowie Carl von Koseritz, auch Herr Leutnant Carl Gaerther.

An Kuxhafen vorüber, durchzogen wir bei guter Prise die Nortsee, passierten bei gutem Wetter den englischen Kanal und Europa entschwand nun unsern Blicken, bis auf hoher See die Insel Madeira sichtbar wurde, die wir aber links liegen liessen. Viele bekamen die Seekrankheit längere oder kürzere Zeit, aber an mir, der ich immer mich auf dem Verdeck aufhielte, erreichte sie weiter nichts, als dass ich 2 mal erbrechen musste, jedoch nach 10 Minuten war ich wieder gesund.

Die Soldaten vertrieben sich die Zeit theils mit Kartenspiel, einige erzählten, andere sangen oder lesen oder betrachteten den Lauf des Schiffes. Eines Tages harpunierte unser erster Steuermann einen gewaltigen Delphin, dessen Fleisch aber fast ungeniessbar war; sein Leib hatte die Dicke eines Pferdes.

VIII. Aufstand im Schiffe

Bereits hatten wir die Mittellinie, den Aequator, passiert und näherten uns, bei starkem Geschwinde, sehr langsam der Kuste Brasiliens, als uns auf dem Schiffe eine Gefahr drohte, die der böse Feind heraufbeschwor und vielen das Leben kosten konnte.

Wie man sich leicht denken kann, waren unter uns nicht alle geschulte und gediente, pflichttreue Soldaten, sondern such einige heissblütige politische Flüchtlinge, die wahrscheinlich in Ungarn, Baden oder Sachsen, auch in Berlin der Regierung mit der Waffe in der Hand gegenüber gestanden hatten und sich in Deutschland nicht mehr sicher fühlten, die aber dem Schnapstrinken sehr huldigten und disse hatten, unter Führung eines Rheinländers, namens Kaspar Rübel, in aller Stille den Plan gefasst, sich nachts des Schiffes zu bemächtigen, den Kapitain, sowie Herrn Hauptmann Brinkmann und unsern Herrn Leutnant Karl Gaertner, sowie alle, die sich ihren Absichten entgegen setzen würden, uber Bord zu werfen und das Schiff nach Argentinien zu steuern, um unter dem Diktador Rosas gegen Brasilien zu kämpfen. Aber Gottes Auge wachte damit der teuflische Plan misslang, denn in ihrer grenzenlosen Begierde nach geistigen Geträken hatten sie nachmittags im untern Raum des Schiffes einen Lattenverschlag entdeckt, worin der Schiffskapitain seinen Vorrath an Wein und Bier, ebenso andern Bedürfnissen, als Kaffe, Zucker u.s.w. aufbewahrte.

Wie Tiger fielen sie, nach Beseitigung einiger Latten, darüber her und so fingen sie zu saufen und zu zechen an, bis die Gemüter ganz erhitzt waren. Mit einem scharfen Schiffsbeil in der Hand, halb trunken, stürzte Kaspar Rübel mit seinen Mitverschworenen die Treppe herauf, auf Hauptmann Brinkmann ein, den der Lärm aus der Kajüte gelockt hatte, um ihm den Kopf zu spalten. Aber ebenso flink griff ich und Korporal Georg Giessler ihm in die Arme und verhinderten das Attentat; er wurde überwältigt, vorläufig gefesselt und in's Sichere, nämlich in Gewahrsam gebracht und noch selbigen Tages durch das Kriegsgericht zum Tode durch die Kugel verurteilt.

Die übrigen Verschworenen zogen sich, als der Putsch missglückt war, zurück und entgingen der Strafe. Auch waren wir selbst froh, dass wir gegen diese Verführten keine Gerechtigkeit zu walten brauchten. Nachträglich musste ich bemerken dass sich auf unserm Schiffe vier Soldaten befanden, wovon der erste - Frühling, der 2te - Sommer, der 3te - Herbst und der 4te - Winter hiess, die sich mit einander sehr gut vertrugen.

IX. Landung in Rio de Janeiro

Langsam näherten wir uns Brasilien und endlich, nach einer Seereise von 9 Wochen, langten wir im Hafen von Rio de Janeiro am 24ten August an. Bei unserer Ankunft bat uns Herr Hauptmann Brinkmann, dem verurteilten Kaspar Rübel die Todesstrafe zu schenken, womit wir auch alle einverstanden waren. Drei Monate garnisonierten wir in Rio, und zwar in der Fortaleza Praia Vermelha, am Fusse des Zuckerhutes gelegen. Und als wir Besitz vom Quartel nahmen, wimmelte es nur so von Flöhen, doch durch ununterbrochenes Spritzen mit kaltem Wasser verschwanden sie ganz und entzogen uns ihre fernere Aufmerksamkeit.

X. Sturm auf dem Meere – Rettung des Schiffes

Endlich bestiegen wir Ende November einen Kriegsdampfer, um nach Rio Grande gebracht zu werden; doch sollten wir soleicht und mit heiler Haut nicht hinkommen. Als wir schon den Leuchturm von São José do Rio Grande do Norte in Sicht hatten, brauste ein fürchterlicher Sturm uns entgegen, der uns wieder in's offene Meer schleuderte. Turmhoch gingen die Wogen, welche alles vom Verdeck wegschwemmten, als Schaafe und Truthüner, Kisten und Körbe, und das Schiff viel Wasser schöpfte. Alles fluchtete in die Schiffsräume und in die Kajüten, wo das eingedrungene Wasser schon seinen Fuss hoch stand.

Ich hatte das kalte Fieber, sowie die Wasserpocken und befand mich noch auf dem Versteck am warmen Schornstein und hielt mich da fest. Da kletterte ein Artillerist, namens Kuhlmann auf den Räderkasten, um seinen Tornister zu bergen, als eine grosse Welle ihn über Bord in's Meer riss; es war unmöglich ihn zu retten. Jetzt wurde es mir doch ein wenig zu unheimlich auf dem Verdeake und stieg hinunter in die Kajüte.

Kurze Zeit darauf stürste ein Marineoffizier mit dem Schreckensrufe die Treppe herunter: "Wir sind alle verloren (Nous sommes tudes perdu!) in Folge dessen eine Dame in Ohnmacht fiel.

Das Schiff wurde nähmlich durch das Zerschmettern des Steuerrades steuerlos dem Wogenanprall Preis gegeben, weil eine Welle das Boot des Kapitäns losgerissen und auf das Steuerrad geworfen hatte. Mit 8 Seilen wurde ein Versuch gemacht, das Steuer zu lenken, welches auch vollkommen gelang, indem je 2 Soldaten nach den 4 Himmelsrichtungen mit 2 Stricken, die am zerbrochenen Steuerrade befestigt wurden, angestellt und auf das Commando des Steuermannes diejenigen anziehen mussten, deren Richtung er laut angab; aller halben Stunden wurden sie durch andere 8 Soldaten abgelöst. Da das Schiff ziemlich geschöpft hatte, so gingen andere 8 Mann aller halben Stunden an die Schiffspumpen und durch grosse Anstrengungen der deutschen Soldaten wurde das Schiff dem unausbleiblichen Untergange gerettet, was auch später in allen brasilianischen Blättern rühmlichst anerkannt wurde. Mit knapper Not liefen wir wieder in den Hafen von Desterro ein, woselbst der Kriegsdampfer repariert und erst nach 8 Tagen seine Reise nach Rio Grande fortsetzen konnte.

XI. Im Militärshopital in Desterro

Da ich noch krank war, blieb ich mit noch 5 Kameraden im Militärhospital zurück, wo wir ausge-zeichnet verpflegt und behandelt wurden. Nach Verlauf von 8 Tagen durfte ich, nachdem der Arzt sich entfernt hatte, spazierengehen und die betreffende Schildwache vor dem Hospital, ein Nationalgardist, hielt mich für einen Hauptmann, der goldenen Tressen wegen an beiden Armaufschlägen, und präsentierte das Gewehr, vor mir. Damals kannte ich noch keine 12 brasilianische Wörter, musste sie daher in ihrem Irrthum belassen. Zu einem Landmann, einem Drechsler aus meiner Vaterstadt wendete ich jedesmal meine Schritte, mit dem ich mich einige Stunden unterhielt, aber erst nach 6 Wochen, als wir 6 wieder hergestellt waren, konnten wir weiter reisen.

XII. Aufenhalt in Rio Grande

Unsere Batterien, namlich die 3te und 4te lagen noch in Rio Grande in Garnison, während die erste und zweite mit unsrer Infanterie, sowie der brasilianischen Armee sich auf dem Marsche nach Argentinien befand.

Wir bezogen die Wachen, putzten die Waffen und durchstreiften die damals sandigen Strassen und langweilten uns auch manchmal, als eines Tages einer unserer Unteroffiziere, als er hörte, dass ich Dratharbeiter sei, einen Vogelbauer bei mir bestellte, der dann die Ursache wurde, dass ich Bestellungen von Inhabern der Eisenlojen, sowie auch von andem Leuten erhielt und genöthigt war, um Urlaub beim Höchstkommandierenden zu bitten, wass ich auch gern erhielt. Ich miethete mir demzufolge ein Zimmer bei einem deutschen Tischler, der meine Vogelkasten anfertigte, hielt mir einen Verkäufer in der Person eines Kanoniers, der den Spitznamen hatte: "Kieler Oberjäger", der meine Arbeiten nicht allein in den Strassen und Häusern, sondern auch auf den Schiffen gut verkaufte.

XIII. Nach dem Kriege – Zukunft in Porto Alegre

Als endlich der Krieg durch Besiegung Rosa's zu Ende ging und die Truppen heimkehrten, wobei die Infanterie unter dem Comando des Majors Fegestein nach Rio Pardo in Garnison zu liegen kam, erhielten schon diejenigen die es wünschten, ihren Abschied. Bei uns Artilleristen hatte zwar diese Vergünstigung noch keine Berücksichtigung gefunden, jedoch gingen viele, vorzüglich Handwerker einfach fort, was von der brasilianischen Regierung auch stillschweigend geduldet wurde, weil diese nämlich auf jede Gratifikation verzichteten.

Ich befand mich in Rio Grande immer auf Urlaub und verdiente ziemlich viel Geld. Als unsere Batterie nach São Gabriel verlegt wurde, blieben wenigstens die Hälfte von uns und auch ich, in Porto Alegre zurück. Zwei Monate arbeitete ich auf Hamburger Berg als Knecht, dann zog ich wieder nach Porto Alegre, betrieb mein Geschäft mit gutem Fortgang, heirathete 1853 ein braves deutsches Mäddchen, Namens Elisabeth Beck, die mich herzlich liebte, leider aber ein Jahr darauf im Kindbett starb. 1855 heirathete ich dann meine jetzige Frau, Katharina Schuck, die mich jedenfalls überleben wird, da sie 10 Jahre junger ist als ich und mit der ich 1905 fünfzig Jahre verheirathet sein werde.

Als die asiatische Cholera nach Porto Alegre und São Leopoldo kam, flüchteten sich viele Familien nach Hamburger Berg und dem Urwald, wir aber hielten stand, besuchten Kranke, zuletzt half ich noch einen, an der Pest verstorbenen deutschen Caxeiro nach dem Hospital (Santa Casa) tragen, aber andern Tages legte ich mich auch hin. dem sicheren Tode schon nahe, erhielt ich durch eine Verwandte, deren Mann auch an der Cholera darniederlag, besonders erprobt als ausgezeichnete Heilmittel und wurde daraufhin von Stunde zu Stunde besser, konnte nach einigen Tagen konte ich das Bett verlassen und nach 4 Wochen auch wieder arbeiten.

Täglich starben in jenen Tagen, als ich krank war, gegen 160 Personen. Im Anfange wurden die Leichen noch eingesegnet und die Todenglocken geläutet, aber wie schnell unterblieb dies, denn die Todten zuletzt auf dem Kirchhofe unbeerdigt liegen blieben. So dass Ende Januar 1856 1800 Leichen dort der Bestattung harrten. Da bat der damalige edle Staatspräsident Sinimbú die deutschen Pioniere, die noch in einem alten Quartier der Entlassung harrten, dass sie für hohen Sold ein Zeltlager beim Kirchhofe beziehen möchten, um die Todten zu begraben. (auf dem Kirchhof von Porto Alegre). Cachaça wurde ihnen so viel gespendet, wie sie nur wollten und nach einigen Tagen lagen die Leichen in zwei langen Gräben gebettet und mit Kalk zugeschüttet. In Zeit von 7 bis 8 Wochen verlor allein die Stadt Porto Alegre 5.000 Bewohner; auch in São Leopoldo forderte diese Geisel viele Opfer.

XIV. Zeitlicher Umzug nach Feliz

Hamburgerberg beherbergte damals viele von der Cholera geflüchtete Familien. In dieser langen Zeit wehte in der Stadt Porto Alegre kein Lüftchen, sondern eine wahre Grabesstille lag über ihr.

Die Geschäftshäuser waren geschlossen und nur ein deutscher Bäcker, namens August Nitschke buck Brod.

Gott fügte es, dass ein Onkel meiner Frau uns um Ostern besuchte, der in der Pikade Feliz ein Geschäftshaus besass und uns schliesslich beredete, dahin zu ziehen. Nach der Geburt meines ältesten Sohnes, zogen wir gleich nach Pfingsten 1856 dahin in den Urwald. Die Bewohner dieser Pikade waren grossten theils von der Mosel, dem Hunsrück, von Tholei und Thölei und bei Trier und Sankt Wendel wohnhaft gewesen und zeigten sich alle glaubenstreue, und fromme Katholiken, was mich Protestanten oft imponierte, denn ich glaubte damals leider noch, dass wir die Gescheidesten wären. Aber nach und nach, mit besonders guten und auch gebildeten katholischen Familien näher bekannt, erkannte ich gar bald, dass ich auf dem Irrwege mich befand. Wenn ein katholischer Missionär durch die Pikade ging oder ritt, so grüsste man ihn erfurchtsvoll mit dem herrlichen Grusse: "Gelobt sey Jesus Christus" und die freundliche Antwort konnte nicht anders lauten, als: "in Ewigkeit Amen"!, was auch früher, als der berühmte protestantische Dichter Klopstock auf seiner Reise durch Schwaben erlebte, zugeben musste.

Ritt ich manchmal abends etwas nach "Ave Maria" durch die Schneiss, so konnte man in allen katholischen Häusern die frommen Abend- und Tischgebethe hören, was mich sehr rührte, während in protestantischen Familien alles still blieb.

Beinahe 3 Jahre befand ich mich in der Feliz, pflanzte Milho, Bohnen und Korn auf ziemlich mageres Land, da wurde ich von einem, meiner früheren Kunden eingeladen, ihm eine grosse Partie Dratharbeiten zu machen. Frohen Herzens, die Familie zurücklassend, reiste ich nach Porto Alegre und quartierte mich bei einem alten Bekannten namens Carl N., ein Brummer. Er war zwar katholisch, praktizierte seine Religion aber nicht, sondern war mit ganz liberalen Ideen angehaucht. Einige Tage vor meiner Ankunft war ich etwas leidend, konnte dieserhalb nicht arbeiten, hätte aber gerne eine Lektüre von ihm geliehen, aber leider besass er keine dergleichen, sondern nur eine Broschüre, die ihm in Bremen ein Ordensmann schenkte, als er in Begriffe war, sich auf's Auswanderungsschiff zu begeben. Dieses Heftchen bewies, dass die heilige, katholische Religion die allein seligmachende sei.

Gib' nur her, sagte ich, ich wi11 es lesen, trotzdem ich Protestant bin. Bis zum Abende hatte ich es 3 mal mit Bedacht durchgelesen und als ich es ihm wieder gab, war mein Entschluss gefasst, katholisch zu werden, das heisst: "In den Schoos meiner guten Mutter, der heiligen katholischen Kirche zurückzukehren", von der mich Luther in meinen Vorfahren im 16ten Jahrhunderte losgerissen hatte. Zwar legte der böse Feind meinem Vorhaben anfangs Schwierigkeiten in den Weg, aber mit Gottes gnädigen Beistande überwand ich sie und legte endlich 1859 am Schutzfeste des heiligen Joseph in der Kapelle zum heiligen Ignatius in der Feliz das katholische Glaubensbekenntnis in die Hände des würdigen Paters Michael Kellner ab und empfing auch am nämlichen Tage die heiligen Sacramente.

XV.Endgültiger Wohnsitz in Porto Alegre

Ich will nicht von den vielen Gunstbezeugungen erwähnen, die der Herr mich nach diesem Schritte verkosten liess; nichts von der Freude und dem innern Frieden, den meine Seele genoss; ich kann nur sagen, dass ich in mir das Bewustsein hatte, dass Gottes Gnade mit mir war, dass er mich als sein Kind angenommen hatte.

Nach einigen Jahren eröffnete ich in meinem eigenen Hause eine Schule, da die nächste 2 Stunden entfernt war und suchte so einem schreienden Bedürfniss abzuhelfen, freilich konnte man mit dem monatlichem Schulgeld von 500 Reis nicht bestehen, doch hielt ich einige Jahre aus.

Im Jahre 1867 aber zog ich mit meiner Frau und 6 Kindern wieder nach Porto Alegre, woselbst ich mein gutes Auskommen fand. Meine zwei Töchter besuchten die Klosterschule der Marienschwestern und meine Söhne eine katholische Schule, bis alle 6, später, ein´s nach dem andern, in der dortigen Normalschule, um das Lehrfach gründlich zu studieren und auf diese Art nach bestandenem Examen eine Staatsanstellung zu erhalten, welches Ziel sie auch erlangt haben, bis auf die jüngste Tochter, die nach glänzend bestandenem Examen, anstat einen Lehrstuhl zu requerieren, der Welt gänzlich entsagte und im Kloster der Schwestern zum hl. Unbefleckten Herzen Marieens den Schleier nahm. Sie ist bereits Oberin in Lajeado und Directorin der Schule, welche unter dem Schutze der heiligen Anna gestellt und stark besucht wird und arbeitet mit 8 Schwestern an der Erziehung und Unterichte der Kinder segensreich.

Am Schlusse muss ich noch erwähnen, dass ich im Jahre 1884, den 17ten September, am Feste der 5 Wundmahle des hl. Franziskus von Asissi als Bruder in den IIten Orden der Busse aufgenommen worden bin und heute demselben bereits 16 Jahre angehöre.

PS. – Gestorben am 18ten April 1902.

A seguir o original traduzido do alemão, da Autobiografia de Franz Adolph Friedrich Jaeger, por Ervino Eugênio Jaeger do original manuscrito. (Clique aqui)