Die Idee
Vorbemerkung
Im Jahre 2018 hatte der Bundesverband im Auftrag der Mitgliederversammlung eine Umfrage über die Interessenlage im Deutschen Fledermausschutz gestartet. (Diese Umfrage läuft weiter. Nähere Informationen dazu finden Sie hier).
Zeitgleich hatten wir für die Idee geworben, über das Internet, bzw. mit Anwendungen fürs Handy/Smartphone, - also Apps -,zukünftig neue Wege für schnelle Datenübermittlung und bessere Kommunikation über Projekte zu gestalten. Dazu hatten wir eine "Beispiels-App" mit "Beispielanwendungen" bereitgestellt. Eine dieser Beispielsanwendungen war ein Formular zur Organisation einer bundesweiten Abendseglerzugzählung -, weil wir das als ein typisches Beispiel sehen, wie heutzutage schnell und unkompliziert Arbeitsergebnisse einer großen Anzahl ehrenamtlicher Fledermausschützer, die sich für ein bundesweites Projekt engagieren, zusammengeführt werden können, ohne große Teilnahmehürden aufzubauen.
Die Reaktion der Mitglieder und Interessenten des Bundesverbands war positiv und der Vorstand wurde aufgefordert, doch dieses Abendseglerzugprojekt auf den Weg zu bringen ...
Dies tun wir hiermit .... Verantwortlich für die technischen Aspekte des Projekts ist Hartmut Geiger von der Koordinationsstelle für Fledermausschutz in Thüringen, für die fachlichen Aspekte Florian Gloza-Rauch von Nyctalus - Welt der Fledermäuse in Bad Segeberg. Und wir haben auch die Unterstützung von Roland Weid, der intensiv in seinem Keller nach weiteren bislang noch nicht veröffentlichten Daten sucht und den wir mit diesem Projekt durchaus auch dazu animieren möchten nach entbehrungsreichen Jahren in der Naturschutzverwaltung seinen Ruhestand dafür zu verwenden, sich wieder mehr den Fledermäusen zu widmen ;-)
Die Idee
Durch mittlerweile über 30 000 Windräder in Deutschland ist für hochfliegende Arten in den letzten beiden Jahrzehnten ein neuer bedeutsamer Gefährdungsfaktor entstanden. Durch die Untersuchungen von Robert Brinkmann et al. und die Hochrechnungen von Christian Voigt können wir abschätzen, dass jährlich mehrere hunderttausend Fledermäuse - lokal unterschiedlich, aber hauptsächlich Abendsegler und Rauhhautfledermäuse -, getötet werden. Es mehren sich die Hinweise, dass dies lokal bereits zu teilweise drastischen Bestandseinbußen geführt hat. Allerdings gibt es auch fachlich durchaus ernst zu nehmende Argumente, die darauf hinweisen, dass lokale starke Bestandsschwankungen, auch wenn sie ggf. durch anthropogene Ursachen wie z.B. die Tötung durch Windkraftanlagen ausgelöst werden, populationsbiologisch nicht relevant sind, da "K-Strategen" wie z.B. der Abendsegler, der evolutionsbiologisch als ziehende Art immer das Problem hatte, dass bestimmte Gebiete/Habitate "höhere Mortalitätsraten" auslösen können und er deshalb in seiner Reproduktionsbiologie flexibler genug ist, um diese Schwankungen auszugleichen. "Lokale Populationsdefizite" sollten also insgesamt nicht zu einer Populationsminderung führen. Beim Abendsegler oder der Rauhhautfledermaus käme auch noch das Argument dazu, dass ein (übertrieben ausgedrückt) unerschöpfliches Populationsreservoir aus Nordost-Europa lokale Populationsrückgänge sowieso ausgleichen würde ....
Jetzt kann aber keiner das "unerschöpfliche Populationsreservoir" in Nordosteuropa zählen und auch wir in Deutschland können keine "lokalen/heimischen Populationen" zählen, - schon allein, weil wir sie in den meisten Teilen von Deutschland nicht von den wandernden Populationen unterscheiden können. Wir können die Einschätzung "das ist ja alles nicht schlimm" oder fachlich ausgedrückt "populationsunerheblich" nur überprüfen (oder entkräften - so unsere These -,) indem wir prüfen, ob "früher" im Bundesgebiet "mehr Abendsegler gesehen werden konnten als heute..." und dies dann kausal mit den "neuen Gefährdungen" in Zusammenhang setzen.
Aber es ist gar nicht so einfach, eine aussagekräftige Untersuchung zu finden, die den "Ist-Zustand" der deutschen Abendseglerpopulation vor dem Windkraftausbau dokumentiert. Im Gegensatz zu den Ornithologen haben wir als Fledermäusler bislang noch nie den Fokus darauf gelegt, bundesweit gültige Aussagen zu erarbeiten ....mit (einer der seltenen) Ausnahmen des "Fledermauszugzählungsprojekt" von Roland Weid aus dem Jahre 1995 bis 1997, der im Rahmen des damaligen F+E-Projekts "Fledermauswanderungen" es geschafft hat über 130 Personen dafür zu begeistern, regelmäßig Abendsegler über Wasserflächen zu zählen (und mehr...vgl. Hintergrund). Sein Schwerpunkt lag damals vor allem darauf, den zeitlichen Verlauf des Abendseglerzugs darzustellen (und es gibt ja auch jetzt noch die Diskussion, ob es "Zugkorridore" gibt, oder es sich um einen "Breitfrontenzug" handelt). Im Zuge dieser Untersuchung kamen aber auch jede Menge "Erwartungswerte" zustande: Was konnte ich erwarten, wenn ich mich Mitte der 90 iger Jahre an einen Teich (oder ein bekanntes Rastgebiet) gestellt habe ... wieviele Abendsegler konnte ich dort maximal gleichzeitig sehen?
Und daran schließt sich jetzt unsere Untersuchungsthese an: Wenn durch die tausenden von Windkraftanlagen in den letzten Jahrzehnten jährlich so viele Abendsegler getötet wurden oder werden, dass "normale Regulationsmechanismen der Populationsbiologie einer flexiblen Art" dieses Defizit nicht mehr ausgleichen können, also die Population (und da ist es fachlich nicht entscheidend, ob es die "deutsche Population" oder die "nordeuropäische Population, die über Deutschland zieht" ist), kleiner geworden ist, dann müsste sich das darin zeigen, dass im Vergleich zu vor 20 Jahren heute "im Mittel" die beobachtbaren "Populationsgrößen" anders (nach These: kleiner) sind. Und da wir diese "Populationsgrößen" nicht absolut bestimmen können (also die Gesamtzahl der Tiere), brauchen wir Hilfsgrößen wie z.B. die (maximale) Zahl gleichzeitig an einem Ort feststellbarer Tiere, die wir in Bezug zu Daten von "früher" setzen können.
Und das ist die Idee des Projekts ....und "handwerklich", d.h. im wissenschaftlichen Kontext und mit Blick auf die Seriösität der Belegführung betrachtet, wird es uns aus rein statistischen Gründen (Stichwort: Varianz der Ergebnisse) nur gelingen, diese These zu prüfen, wenn wir ca. 3 Mal mehr Daten auswerten können, als bei der "Basis-Untersuchung" angefallen sind.
Und das ist jetzt die Herausforderung: mindestens 150 Beobachter zu gewinnen, die bereit sind, (in Grenzen) das damalige Projekt von Roland Weid nachzubilden um diese Vergleichsdaten zu erheben. Daneben gibt es noch ein paar "Hilfsdaten", die wir, -ebenso wie Roland Weid damals -, erheben möchten, um unsere Argumentation zu unterstützen.
Solche Hilfsdaten sind z.B. die Zahl der Tagflugbeobachtungen von Abendseglern - die müssten sich auch gegenüber der Zahl von vor 20 Jahren verändert haben -, oder die Ergebnisse von Ausflugszählungen - auch hier müssten sich die Quartiergrößen im Mittel geändert haben. Und schließlich haben wir auch die Hoffnung, dass der eine oder andere "erfahrene Fledermausschützer" sein Notizbuch öffnet und uns Altdaten/Zählergebnisse aus den 90-iger Jahren zur Verfügung stellt, an der wir unsere Hypothese "die beobachtbaren Populationsgrößen des Abendseglers haben sich (regional oder bundesweit) in den letzten beiden Jahrzehnten (zum negativen) verändert" prüfen können.
Und wozu wollen wir diesen Aufwand überhaupt betreiben ?
Da sind wir mitten im "Tagesgeschäft" des Bundesverbands. Wir versuchen in verschiedenen Gremien auf "populationsverträgliche Bedingungen" für den Betrieb von Windkraftanlagen hinzuwirken und benötigen dazu natürlich fachlich begründbare Argumente. Und bislang sind wir als Fledermausschützer tatsächlich den Beleg schuldig geblieben, dass der (unregulierte) Betrieb von Windkraftanlagen in Deutschland erhebliche und ohne Änderung der Betriebsmodi nicht ausgleichbare Bestandseinbussen bei Fledermäusen verursacht! Das also schon ein "Umweltschaden" eingetreten ist - und darum geht es eben aus rechtlicher Sicht und nicht um unser (sicher berechtigtes) "Gefühl", dass so ein Schaden eingetreten sein könnte. Allein schon die seit Jahren andauernde Diskussion, ob (wie von einigen Bundesländern so festgelegt), 2 Schlagopfer pro Jahr "populationsunschädlich" sind, oder ob es weniger als 1 Tier/Jahr sein müssten, hat rein rechnerisch zur Folge, dass wir über 30 000 oder 60 000 unvermeidbar getötete Tiere reden - und dies ungeachtet der Tatsache, dass ein Großteil der Altanlagen eben ungeregelt läuft und wir eher davon ausgehen müssen, dass es 300 000 Tiere sind ....
Und wir hätten jetzt durch ein simples "Zählprojekt" die Möglichkeit hier neue Fakten (und in der Konsequenz Handlungszwang) ins Spiel zu bringen ....
Diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen ....und es kann doch nicht so schwer sein, 150 Leute dazu zu motivieren, diese Chance zu ergreifen ....