Workshop 4

Mehrsprachige Kompetenz: von der wissenschaftlichen Forschung zur Unterrichtspraxis im digitalen Zeitalter

Carolina Flinz (Università degli Studi di Milano), Patrizia Giuliano (Università degli Studi di Napoli Federico II), Katharina Salzmann (Libera Università di Bolzano)

Zielsetzungen und Vorschläge für Beiträge

Die Europäische Union definiert die mehrsprachige und interkulturelle Kompetenz als „die Fähigkeit, Sprachen zum Zweck der Kommunikation zu benutzen und sich an interkultureller Interaktion zu beteiligen, wobei ein Mensch als gesellschaftlich Handelnder verstanden wird, der über – graduell unterschiedliche – Kompetenzen in mehreren Sprachen und über Erfahrungen mit mehreren Kulturen verfügt. Dies wird allerdings nicht als Schichtung oder als ein Nebeneinander von getrennten Kompetenzen verstanden, sondern vielmehr als eine komplexe oder sogar gemischte Kompetenz, auf die der Benutzer zurückgreifen kann". (GER 2001, 163).

Die mehrsprachige Kompetenz ist ein Thema, das seit einigen Jahren immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses rückt, nicht nur in den Dokumenten der Europäischen Union, sondern auch in der Forschung und im Fremdsprachenunterricht.

Einige neuro- und psycholinguistische Studien (u.a.Paradis 1994; 2009; Ullmann 2001; Garraffa/Sorace/Vender 2020) haben bewiesen, dass im Gehirn Verbindungen zwischen den im individuellen Repertoire vorhandenen Sprachen vorliegen, die beim gleichzeitigen Lernen von zwei oder mehr Sprachen aktiviert werden (Franceschini 2002; Riehl 2010). Andere Studien haben gezeigt, wie ein mehrsprachiges Individuum von sprachübergreifenden Kenntnissen profitieren kann, die zusammen mit dem Einsatz von Sprachvergleich- und Transferstrategien (Bardel/Falk 2007; Falk/ Bardel 2010) ein verfeinertes Sprachbewusstsein erzielen und auf diese Weise zu einem beschleunigten Spracherwerbsprozess beitragen können (Hepp/Nied Curcio 2018).

In der modernen Fremdsprachendidaktik haben sich verschiedene Ansätze zur Förderung der Mehrsprachigkeit entwickelt (Hepp/Salzmann 2020), darunter die Interkomprehension der romanischen Sprachen (Bonvino/Cortés Velásquez 2016) und der Unterricht von Drittsprachen (Hufeisen/Neuner 2005). Diese und andere Ansätze sind von besonderer Bedeutung in mehrsprachigen und grenznahen Regionen (Langner 2021). Ein noch wenig erforschtes Thema ist der gezielte Einsatz von Korpora unterschiedlichen Typs (z.B. schriftliche, mündliche, multimodale Korpora; allgemeine, fachliche, CMC-Korpora; vergleichbare, parallele Korpora; Lerner-Korpora, etc., s. Lemnitzer/Zinsmeister 2015) sowie die Verwendung neuer Technologien (Lernplattformen/Apps, Tandemplattformen/Apps usw.) und digitaler lexikografischer Ressourcen (Online-Wörterbücher, Apps, Informationssysteme usw.) zur Förderung der mehrsprachigen Kompetenz der Lernenden.

Ziel des Workshops ist es, den Austausch und die gemeinsame Nutzung von Wissen in diesem Bereich zu fördern, indem nicht nur die wissenschaftlichen Aspekte des Themas, sondern auch seine Anwendungen diskutiert werden. Wir laden Sie ein, Originalbeiträge einzureichen über mehrsprachige Kompetenz, über Methoden und Ansätze zu deren Entwicklung und über Instrumente, die zu diesem Zweck eingesetzt werden können.

Mögliche Themen für Beiträge sind u.a. die folgenden:

· Mehrsprachige Kompetenz: Theoretische Überlegungen im Vergleich; Vorteile und kritische Aspekte;

· Mehrsprachigkeit in Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien: Analyse und Vorschläge;

· Korpora und die Entwicklung mehrsprachiger Kompetenz: theoretische und praktische Aspekte;

· Neue Technologien und die Entwicklung mehrsprachiger Kompetenz: theoretische und praktische Aspekte;

· Digitale lexikografische Ressourcen und die Entwicklung mehrsprachiger Kompetenz: theoretische und praktische Aspekte;

· Mehrsprachigkeit im "Klassenzimmer" (traditionelles, virtuelles, multimediales, synchrones, asynchrones Klassenzimmer) mit neuen Technologien: vergleichende Unterrichtserfahrungen.

Eingeladene Referentinnen:

· Andrea Abel (Eurac Research, Bozen);

· Barbara Turchetta (Università degli Studi di Bergamo)

Wissenschaftliches Komitee für die Auswahl der Beiträge:

Camilla Bardel (Stockholm University), Elisabetta Bonvino (Università Roma Tre), Carolina Flinz (Università degli Studi di Milano), Patrizia Giuliano (Università degli Studi di Napoli Federico II), Britta Hufeisen (Technische Universität Darmstadt), Martina Nied Curcio (Università Roma Tre), Federica Ricci Garotti (Università degli Studi di Trento), Katharina Salzmann (Libera Università di Bolzano).

Literatur

Bardel, Camilla/Falk, Ylva (2007): “The role of the second language in third language acquisition: the case of Germanic syntax”. In: Second Language Research 23(4), 459–484.

Bonvino, Elisabetta/Cortés Velásquez, Diego (2016): “Il lettore plurilingue”. In: Lend. Lingua e nuova didattica 4, 111-130.

Consiglio d’Europa (a cura di) (2002): Quadro comune europeo di riferimento per le lingue: apprendimento, insegnamento, valutazione. Milano: La Nuova Italia-Oxford.

Falk, Ylva/Bardel, Camilla (2010): “The study of the role of the background languages in third language acquisition. The state of the art”. In: IRAL, International Review of Applied Linguistics in Language Teaching 48, 185-219.

Flinz, Carolina/Hufeisen Britta (2021): Korpora in DaF und DaZ: Theorie und Praxis. (Themenheft). Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht. Didaktik und Methodik im Bereich Deutsch als Fremdsprache. (https://tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/index.php/zif/).

Franceschini, Rita (2002): „Das Gehirn als Kulturinskription“. In: Müller-Lancé, Johannes/Riehl, Claudia M. (a cura di): Ein Kopf - viele Sprachen: Koexistenz, Interaktion und Vermittlung. Aachen: Shaker, 45-62.

Garraffa, Maria/Sorace, Antonella/Vender, Maria (2020): Il Cervello Bilingue. Roma: Carocci.

Hepp, Marianne/Nied Curcio, Martina (a cura di) (2018): Educazione plurilingue. Ricerca, didattica e politiche linguistiche. Roma: Studi Germanici.

Hepp, Marianne / Salzmann, Katharina (a cura di) (2020): Sprachvergleich in der mehrsprachig orientierten DaF-Didaktik: Theorie und Praxis. Roma: Studi Germanici.

Hufeisen, Britta/Neuner, Gerhard (2005): Mehrsprachigkeitskonzept - Tertiärsprachenlernen - Deutsch nach Englisch. Strasbourg: Europarat.

Langner, Michael (a cura di) (2021): Mehrsprachigkeit - konkret. Mehrsprachigkeit und die konkrete Umsetzung in mehrsprachigen Regionen (Themenheft). Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 26 (2) (https://ojs.tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/index.php/zif/).

Lemnitzer Lothar/Zinsmeister, Heike (2015): Korpuslinguistik. Eine Einführung. Tübingen: Narr.

Paradis, Michel (1994): “Neurolinguistic aspects of implicit and explicit memory: implications for bilingualism and Second Language Acquisition“. In: N. C. Ellis (a cura di): Implicit and Explicit Learning of Languages, New York: Academic Press, 393-419.

Paradis, Michel (1998): “The other side of language: pragmatic competence”. In: Journal of Neurolinguistics, 11: 1-10.

Paradis, Michel (2009): Declarative and Procedural Determinants of Second Languages. Amsterdam/Philadelphia: John Benjamins.

Riehl, Claudia M. (2010): „Mental representation of bilingualism. Focus article“. In: Whiley Interdisciplinary Reviews: Cognitive Science 1 (5), 750-758.

Turchetta, Barbara (2004): “Contatti di Cultura nei processi educativi”. In: Chiara Grezzi, Federica Guerini, Piera Molinelli (a cura di): Italiano e lingue immigrate a confronto: riflessioni per la pratica didattica. Perugia: Guerra. 41-54.

Turchetta, Barbara (2006): “Attività comunicative in prospettiva interculturale nella formazione e nel lavoro”. In: E. Banfi, L. Gavioli, C. Guardiano, M. Vedovelli (a cura di): Atti del V Congresso Internazionale dell’Associazione Italiana di Linguistica Applicata, Bari, Febbraio 2005. Perugia, Guerra Edizioni, 159-178.

Ullman, Michael T. (2001): “The neural basis of lexicon and grammar in first and second language: the declarative/procedural model”. In: Bilingualism: Language and Cognition 4(1): 105-122.

Einreichung von Beiträgen, Zeitplan und Auswahlverfahren:

Beiträge können auf Deutsch, Englisch, Französisch oder Italienisch verfasst werden.

Abstracts dürfen nicht mehr als 1000 Wörter (ohne Literaturverzeichnis) und insgesamt zwei Seiten umfassen, einschließlich Beispielen, Abbildungen, Tabellen und Literaturverzeichnis.

Die Abstracts sollten bis zum 20. Februar 2022 an carolina.flinz@unimi.it geschickt werden.

Der Betreff der E-Mail sollte den Titel "Vorschlag für den Workshop SLI 2022 - Mehrsprachige Kompetenz: von der wissenschaftlichen Forschung zur Unterrichtspraxis im digitalen Zeitalter" tragen und den Vor- und Nachnamen des Verfassers, die Organisation und die E-Mail-Adresse enthalten.

Jedes Abstract wird von zwei Mitgliedern des wissenschaftlichen Komitees anonym geprüft und bewertet.

Das wissenschaftliche Komitee wird die Autoren bis zum 31. März 2022 über die Annahme ihres Vorschlags informieren.

Bitte beachten Sie, dass alle Referenten zu Beginn des Workshops reguläre Mitglieder der SLI sein müssen.