Ein Altar ist ein Monument im Kleinen, eine höchst undurchlässige Angelegenheit. Auf ihm wurde geopfert, über ihn rann das Blut, und bis heute wird in der röm. kath. Kirche das Meßopfer vollzogen. Für uns alle verblutet da jemand Woche für Woche. Nur ein Riss ermöglicht, dass Licht durch den Altar hindurchscheinen kann. Der Altar wird nicht transparent, nicht durchsichtig; er muss brechen, um den Weg für das Licht frei zu machen. ER muss zerhauen werden, zerschlagen, zerstückelt, um nicht mehr im Weg zu stehen. In diesem Bild ist es eine Kirche selbst, die dem Licht im Wege steht. Meiner Meinung nach verzichtet der Hinduismus auf Opfer-Altäre. Puja nennen Hindus und Gläubige im Buddhismus die Verehrung der Götter. Viele Hindus laden ihren Gott oder ihre Göttin zu ihrem eigenen Wohl zu sich nach Hause ein. Um das Wohl der Gemeinschaft und der ganzen Welt bitten Hindus die Götter in einem Tempel oder in der freien Natur. Fast jede Hindu-Familie hat in ihrem Zuhause ein kleines Zimmer oder eine Zimmerecke mit einem Schrank, fälschlicherweise Altar genannt, worin sich unser westlicher Kolonialismus widerspiegelt. Darauf stehen verschiedene heilige Symbole und Gegenstände. Wichtig ist vor allem eine Skulptur oder ein Bild des Gottes, den die Familie verehrt. Die Figur ist im Alltag verhüllt. Während der Puja nehmen die Hindus das Tuch ab. Sie sehen ihre Göttin oder ihren Gott an, begrüßen ihn, sprechen Mantras und bewirten und beschenken ihn mit Blumen, Früchten oder anderen Dingen. Vor dem Tempel ziehen sich Hindus die Schuhe aus, reinigen sich nach einem bestimmten Ritual und läuten eine Glocke. Damit kündigen sie ihren Besuch an und verscheuchen gleichzeitig böse Geister. Im Tempel überreichen Hindus „ihrem“ Gott ihre Opfergaben und sprechen Mantras. Anschließend umrunden sie den Schrein im Uhrzeigersinn. Der Priester des Tempels zeichnet den Besuchenden mit geweihter Asche das Zeichen des verehrten Gottes auf die Stirn. Einen Teil der Opfergaben erhalten die Hindus am Ende oft zurück. Es geht ohne Altäre.