FESTAKT FÜR DIE „LIBERALE JÜDISCHE GEMEINDE ZU MAGDEBURG“ IN DER STAATSKANLEI
20 JAHRE „LIBERALE JÜDISCHE GEMEINDE ZU MAGDEBURG"
Festrede Vorsitzende Frau Larisa Korshevnyuk.
Heute stehen wir hier – gemeinsam, dankbar und voller Stolz – um das 20-jährige Bestehen der „Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg“ zu feiern.
Dass wir heute hier sind, ist kein Zufall
Die Wurzeln unseres liberalen Judentums reichen viel weiter zurück als unsere 20 Jahre hier in Magdeburg. Sachsen-Anhalt war einst ein geistiges Zentrum jüdischer Aufklärung – eine Wiege des liberalen Denkens. Große Persönlichkeiten wie Moses Mendelssohn und Israel Jacobson haben hier Spuren hinterlassen, die bis heute nachwirken. Auch in Magdeburg gab es über viele Jahrzehnte hinweg eine lebendige liberale Gemeinde – sie war Teil des kulturellen und religiösen Lebens dieser Stadt. Dieses Gotteshaus war nicht nur ein Ort des Gebets, sondern auch ein Symbol für Offenheit, Bildung und die Zugehörigkeit der jüdischen Bürger zur Stadtgemeinschaft.
Mit der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Magdeburgs durch die Nationalsozialisten erlosch die dortige Gemeinde und mit ihr das progressive Erbe.
Die „Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg“ sieht sich in der Tradition der liberal ausgerichteten Gemeinde von vor 1939 und heute ist ein lebendiger Ort jüdischen Lebens, des Lernens, des Gebets und der Begegnung.
Es ist ein Zeichen der Kraft jüdischer Erneuerung. Nach über 250 Jahren wurde das liberale Judentum in Sachsen-Anhalt wieder zum Leben erweckt – und mit ihm unsere Gemeinde.
Unsere Gemeinde ist stolzes Mitglied der Union progressiver Juden in Deutschland. Diese Verbindung stärkt uns – nicht nur strukturell, sondern auch im Geist. Sie zeigt, dass wir Teil einer größeren Bewegung sind, die für ein offenes, dialogbereites und modernes jüdisches Leben steht.
Die Union gibt uns Rückhalt und Verbundenheit. Sie hilft, jüdische Vielfalt zu leben und unsere Stimme zu erheben – gemeinsam mit anderen liberalen Gemeinden im ganzen Land.
In den vergangenen Jahren haben wir zahlreiche Hürden überwunden. Der Weg war nicht immer einfach, doch durch Zusammenhalt, Mut und unser unermüdliches Engagement sind wir gewachsen – und stärker denn je.
Heute wollen wir nicht nur feiern, sondern auch innehalten und an diejenigen erinnern, die unsere Gemeinde mitbegründet, geprägt und ihr Herzblut hineingegeben haben, aber leider nicht mehr unter uns sind.
Besonders gedenken wir heute unseres Gründers und langjährigen Vorsitzenden – meines Vaters, Herrn Igor Tokar. Mit beharrlicher Entschlossenheit und außergewöhnliche Kraft hat er diese Gemeinde ins Leben gerufen und über viele Jahre hinweg geformt. Sein visionärer Geist, seine tiefe Verbundenheit mit dem liberalen Judentum und seine bedingungslose Liebe zu unserer Gemeinschaft prägen uns bis heute. Ohne seinen festen Glauben an eine lebendige jüdische Zukunft wären wir heute nicht hier.
Lasst uns einen Moment des Gedenkens widmen, um sein Andenken zu ehren und die Werte, die er uns hinterlassen hat, in die Zukunft zu tragen. Möge seine Seele eingebunden sein im Bund des Lebens.
20 Jahre – das klingt nach Geschichte. Und ist es auch. Aber für mich klingt es vor allem nach Menschen: nach den Gesichtern, die diese Gemeinde aufgebaut, getragen und mit Leben erfüllt haben. Jeder Moment, jedes Gespräch, jeder gemeinsame Feiertag ist ein kleiner Baustein in diesem großen Haus, das wir zusammen errichtet haben.
Es geht nicht nur um Struktur und Satzung. Es geht um Wärme, um Hoffnung, um den Mut, Vielfalt zu leben – jüdisch, aber auch menschlich. Denn der liberale Geist ist mehr als ein theologisches Konzept – er ist ein Versprechen: auf Offenheit, Respekt und die Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln, ohne sich selbst zu verlieren.
Bei uns stehen die Menschen an erster Stelle. Jeder Einzelne, der zu unserer Gemeinde gehört, trägt zu ihrer Lebendigkeit und ihrem Wachstum bei.
Unsere Gemeinde steht für Gleichberechtigung und gegenseitigen Respekt. Männer und Frauen sind bei uns in allen religiösen und organisatorischen Bereichen gleichgestellt. Diese Gleichstellung ist für uns kein Ziel, sondern gelebter Alltag.
Unsere Werte und unser täglicher Beitrag das liberale Judentum, das wir leben und vertreten, wurzelt tief in Tradition und zugleich im Fortschritt. Es vereint unsere jahrtausendealte Geschichte mit den Herausforderungen und Chancen der Gegenwart. Es steht für Offenheit, kritisches Denken und die Überzeugung, dass jüdisches Leben dynamisch, vielfältig und stets im lebendigen Austausch mit der Gesellschaft sein muss.
Unsere Liberale Jüdische Gemeinde bereichert das tägliche Leben durch ein breites Spektrum an Aktivitäten. Wir feiern regelmäßig Gottesdienste und jüdische Feiertage, um unsere Traditionen zu bewahren und sie gemeinsam zu leben. Mit religiösem Unterricht für Kinder und Erwachsene vermitteln wir Wissen und stärken den Glauben.
Doch unsere Gemeinde ist weit mehr: Wir setzen uns für soziale Arbeit ein, unterstützen hilfsbedürftige Mitglieder und fördern ein starkes Miteinander.
Ein zentraler Bestandteil unserer Arbeit ist auch der interreligiöse Dialog – er öffnet Türen, schafft Verbindungen und ermöglicht den wertvollen Austausch zwischen verschiedenen Glaubensgemeinschaften. Wir glauben fest daran, dass Offenheit und Begegnung mit anderen Glaubensrichtungen Brücken bauen können – zwischen Menschen, Kulturen und Weltanschauungen. Deshalb beteiligen wir uns aktiv an interreligiösen Projekten, Bildungsinitiativen und gemeinsamen Feiern mit anderen Religionsgemeinschaften.
Gerade im Jubiläumsjahr möchten wir zeigen: Jüdisches Leben in Deutschland ist lebendig, vielfältig und offen für Dialog.
Durch kulturelle Veranstaltungen, Jugendprogramme und das Gedenken an die Opfer der Schoa tragen wir aktiv zur Erinnerungskultur bei und engagieren uns für eine offene, respektvolle Gesellschaft.
Während wir hier zusammenkommen, herrscht in Israel Krieg. Unsere Gedanken sind bei den Menschen dort – bei den Familien, die Angehörige verloren haben, bei den Kindern, die in Angst leben, und bei allen, die sich nach Frieden sehnen.
In einer Zeit, das jüdisches Leben weltweit unter Druck gerät, ist es ein starkes Zeichen, dass wir heute zusammenzukommen und hier in Magdeburg das 20-jährige Bestehen unserer Gemeinde feiern. Unsere Existenz ist ein lebendiger Beweis dafür, dass jüdisches Leben in Deutschland sichtbar bleibt und nicht nur überlebt, sondern aufblüht – mit Stolz, mit Kultur, mit Herz.
Dass wir zeigen: Wir sind hier. Wir leben, glauben, feiern – und wir tragen unsere Identität mit Würde und Selbstbewusstsein.
Wir feiern nicht nur Räume, Programme oder Zahlen. Wir feiern Menschen, wir feiern das Leuchten der Chanukkakerzen und das gemeinsame Singen an Schabbat – wir feiern das Judentum in all seinen Facetten und Farben.
Liberales Judentum bedeutet für mich persönlich: zuhören können, streiten dürfen, wachsen wollen. Es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen – füreinander und für die Welt, in der wir leben. Und es bedeutet, jüdisch zu sein im Hier und Jetzt – mit der Weisheit der Vergangenheit und dem Blick in die Zukunft.
Lasst uns diesen besonderen Moment nutzen – nicht nur zum Rückblick, sondern zum Weiterdenken. Denn 20 Jahre sind nicht das Ziel. Sie sind ein Anfang. Möge unsere Gemeinde auch weiterhin ein Ort sein, an dem sich Menschen verbunden und gesellen fühlen. Ein Ort, der Wandel erlaubt, ohne Wurzeln zu verlieren.
„Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.“ Dieser Satz erinnert uns daran, wie wichtig unsere Wurzeln sind – und wie sehr sie uns Kraft geben, auch in die Zukunft zu wachsen.
Wir tragen das Vertrauen weiter, dass jüdisches Leben hier in Magdeburg auch morgen hell und lebendig sein wird. Und wir tragen ein Versprechen weiter – dass wir nicht stehenbleiben, sondern wachsen, lernen, und einander stärken, und wir machen es jeden Tag lebendig.
Möge dieser festliche Tag, an dem wir die Gründung unserer Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg ehren, erfüllt sein mit Licht, Frieden und Dankbarkeit. Möge jede Stimme, jedes Gebet und jeder Klang heute ein Ausdruck unseres Glaubens, unserer Hoffnung und unseres Zusammenhalts sein. Und möge dieser neue Jahreskreis für unsere Gemeinde ein weiteres Jahr der Freude, des Wachstums und der segensreichen Begegnungen bringen.
Heute feiern wir nicht nur die vergangenen 20 Jahre – wir blicken auch voller Zuversicht in die Zukunft. Eine Zukunft, in der wir weiterwachsen, voneinander lernen und das liberale Judentum in Deutschland weiterhin stärken.
Unsere 20 Jahre zeigen uns allen und erinnern uns daran, dass Fortschritt und Tradition keine Gegensätze sein müssen – und dass das, was wir heute als selbstverständlich ansehen, oft das Ergebnis von Mut, Beharrlichkeit und Vision ist.
Mein herzlicher Dank gilt euch allen – die diesen Weg mit uns gegangen sind: den Gründungsmitgliedern, den Unterstützerinnen und Unterstützern, den Partnern in der Stadtgesellschaft – und natürlich euch, den lieben Mitgliedern, die diese Gemeinde mit Wärme und Menschlichkeit prägen, für euer Vertrauen. Lasst uns diesen Weg gemeinsam weitergehen und unsere Gemeinde mit Leben füllen!
Mazal Tov zum Jubiläum, liebe Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg – auf viele weitere Jahre voller Stärke, Vielfalt und gelebter jüdischer Tradition in unserer Stadt Magdeburg!
Am Israel Chai – das Volk Israel lebt. Und mit ihm lebt jüdisches Leben hier in Magdeburg.
Sehr geehrte Bürger und Bürgerinnen, liebe Freunde!
Unsere Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg hat sich in Jahr 2005 gegründet.
Im Jahre 1851 ließen die Magdeburger wohlhabenden Juden die zweite Synagoge erbauen.
Das war eine liberale jüdische Gemeinde, die einen reformierten Ritus praktizierte.
Und 87 Jahre später haben Staffeln von SA, SS und Hitlerjugend dieses Gemeinde Haus zerstört. Und heute sind wir alle, als jüdische Flüchtlinge gerne deutsche Staatsbürger. Wir lieben dieses Land und haben es in unser Herz geschlossen
Das, was damals geschah, soll nicht in Vergessenheit geraten und sich nicht wiederholen. Aber trotz dieser Vergangenheit, haben wir Deutschland unser Vertrauen gegeben. Es wurde für uns die zweite Heimat und wir verliebten uns aus tiefstem Herzen in dieses Land. Deshalb ist es uns nicht egal, was in unserem Land bereits im Laufe der Jahre passiert.
Wir haben Gemeinden aufgebaut um das jüdische Leben wieder aufblühen zulassen. Das Judentum an sich ist vielseitig. Jede religiöse Strömung im Judentum ist wichtig und gleichberechtigt. Liberale Juden wollen nach vorne schauen, ein neues Leben aufbauen, wo unserer Kinder die Zukunft vertreten und alles wieder gut machen sollten, was verloren war.
Heute gibt es eine gleichberechtigte traditionelle liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg von seit 17 Jahren und ich, als Vorsitzende bin sehr stolz darauf.
Das Liberale Judentum ist modern, progressiv, vielseitig, gleichzeitig traditionell und geht mit der Zeit.
Ungefähr 90 Prozent der Gemeindemietglieder sind Russisch sprechende und alte Menschen.
Unsere Aufgabe ist, ihnen bei der Integration in ihre neue Umgebung zu helfen und ihnen das Judentum nahe zu bringen, damit sie eine geistliche Heimat bekommen, außerdem die Sozialarbeit gepflegt und gestärkt.
Dank der Regierung, können wir das Liberales Judentum ausüben, Gottesdienste feiern und Jüdische Feiertage begehen. Unseren Kindern können in Machane Schulferien verbringen, jüdischem Lied lernen und singen, Gebete sprechen, was damals unvorstellbar war. Wir sind allerdings auch von Sorge erfüllt, wenn wir von den Terroranschlägen auf jüdische Einrichtungen hören. Zum ersten Mal in der Geschichte unserer Gemeinde stehen unsere Einrichtungen zeitweise unter Polizeischutz.
Bis heute können wir uns nicht daran gewöhnen, denn das ist für uns alle, eine Herausforderung, eine Situation, die uns schmerzt und traurig macht. Meine Aufgabe ist es als Vorsitzende unsere Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg Vorwärts zu bringen. Aus der Vergangenheit schöpfen, in der Gegenwart leben, für die Zukunft wirken!“, lautet Motto unsere Liberale Jüdische Gemeinde. Egal, welche Religionsgemeinschaft die Menschen angehören, bleiben Sie Menschen.
Jeder Mensch ist anders, aber eines haben wir alle Gemeinsam: wir haben unserer Familien, unsere Kinder, Enkelkinder und wir alle wünschen für unsere Kinder nur das Beste: vor allem Frieden, einen klären Himmel über uns.
Die Geschichte soll nicht ins Vergessenheit geraten, wir müssen alle wachsam sein. Gleichzeitig können wir sehen, wie dünn diese Schicht von Zivilisation und Demokratie ist. Wie leicht zerbrechlich diese Schicht ist. Dann müssen sich aber auch die übrigen Bürger fragen, in welchem Land sie eigentlich leben wollen? Das liegt heute in unseren Händen. Unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder.
Mein Größte Wünsch als Vorsitzende Liberalen Jüdische Gemeinde und als Mensch ist, dass wir alle gemeinsam, unabhängig von Glauben und Religion in die Zukunft schauen und unser Land, unser Demokratisches Deutschland Vorwärts bringen. Ein Deutschland, in dem man auf den Straßen mit Kippa oder mit Kopftuch ohne Angst freilaufen kann, ein Deutschland, wo Menschen nach Ihren Taten beurteilt werden, nicht nach der Religion, die Sie bekennen, ein Deutschland, wo jeder Mensch unabhängig von seiner Religion sich wohl fühlt und frei.
Ich danke euch
Vorsitzende Jüdische Gemeinde zu Magdeburg e.V. Larisa Korshevnyuk
Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg e.V.