Gleiches Recht für alle

PETITION  zur Anerkennung des liberalen Judentums als gleichberechtigte Konfession neben konservativen Strömungen

Magdeburg, den 25.02.2024

Mit der Petition zur Anerkennung des liberalen Judentums als gleichberechtigte Konfession neben konservativen Strömungen wird eine zweite Petition eingereicht, mit der wir uns gegen die systematische Schlechterstellung und Ignoranz gegenüber unserer Gemeinde zur Wehr setzen. Wenn der Landtag den Bau einer Synagoge mit 6,922 Mio. von Gesamtkosten von 7,6 Mio. fördert, ohne dass auch wir diese Synagoge nach dem liberalen Ritus nutzen können, so ist dies nicht nur eine Diskriminierung, sondern auch ein eklatanter Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Staates und ein Verstoß gegen das Grundgesetz (Art 4 GG).

Landtag Sachsen-Anhalt

Domplatz 6-9
39104 Magdeburg                                                         Magdeburg, den 25.02.2024

 

 

PETITION

 

zur Anerkennung des liberalen Judentums als gleichberechtigte Konfession neben konservativen Strömungen

 

Bereits das Scheitern der Petition vom Mai 2019 - Nr. 7-B/00115 - die das Bestreben einer Mitbenutzung der neuen Synagoge in Magdeburg zum Inhalt hatte - zeigte, dass der Landtag Sachsen-Anhalts die „Liberale jüdische Gemeinde zu Magdeburg“, die das liberale - also fortschrittliche moderne Judentum vertritt - als nicht gleichwertig behandelt.

 

Die Versuche, eine Mitbenutzung der neuen Synagoge zu erreichen, scheiterten an der lapidaren Feststellung der orthodoxen Synagogengemeinde: "Eine Synagoge hat entweder den Status einer liberalen oder einer orthodoxen Synagoge." Parolen wie "Die Synagoge wird als freie Synagoge für jeden, der beten möchte, unabhängig von Religion und Herkunft ..." und die Einschätzung des Petitionsausschusses, die Synagogengemeinde verstehe sich als Einheitsgemeinde, also als Gemeinde, in der auch liberalen Jüdinnen und Juden Zugang gewährt würde, stellten sich als leere Worthülsen heraus.

 

Im neu gegründeten Beirat für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt ist kein einziges Mitglied des liberalen Judentums vertreten!

 

Hieraus ergeben sich folgende Bitten zur Berücksichtigung an den Landtag:

 

 

 

 

Begründung:

 

Wir, liberale Jüdinnen und Juden werden in Sachsen -Anhalt ignoriert, obwohl die Haskala - die Aufklärung im Judentum und die Liberalisierung - seine Wurzeln gerade in unserem Bundesland hat und wir darauf stolz sein könnten. Die liberalen Jüdinnen und Juden kommen nicht als Fremde hierher, obwohl sie von der Verwaltung oft so behandelt werden. Vielmehr knüpfen sie an eine Tradition und das jüdische Leben an, das hier vor den Pogromen blühte.

 

1. Wiederaufbau einer Synagoge unter Ausschluss liberaler Jüdinnen und Juden

 

Die „Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg“ war vor den Nazi-Pogromen ein fester Bestandteil der Magdeburger Gesellschaft und hat durch die November-Pogrome 1938 ihre Synagoge in Magdeburg verloren. Die neue Synagoge in Magdeburg wurde mit Fördermitteln des Landes in Höhe von 6,922 Mio € bei Gesamtkosten von 7,6 Mio € errichtet. Das Grundstück wurde von der Stadt Magdeburg geschenkt. Die Mitbenutzung durch Mitglieder der liberalen Gemeinde wurde ausgeschlossen. Auch ein Beten nach liberalem Ritus ist nicht möglich.

 

Verantwortung für diese diskriminierende Ungleichbehandlung trägt der Landtag. Die fortwährenden Bemühungen der liberalen Gemeinde, die sogar eine Petition einreichte, wurden übergangen. Es handelt sich hier nicht um eine Auseinandersetzung zwischen zwei jüdischen Gemeinden, sondern anscheinend wird nur das orthodoxe Judentum respektiert und ernst genommen.

 

1.1 Ergebnis der Petition Nr. 7 B/00115 vom Mai 2019

 

Die „Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg“ beanstandete in der Petition 7-B/00115 die Ungleichbehandlung der beiden jüdischen Gemeinden mit dem Ziel, eine Mitnutzungsmöglichkeit zu erreichen. Der Petition wurde unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Landesregierung nicht abgeholfen:

 

Hintergrund:

…Die SGM, die dem Zentralrat der Juden in Deutschland und dem Landesverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt K.d.ö.R. angehört, definiert sich selbst als Einheitsgemeinde, das heißt als Gemeinde, die grundsätzlich allen Richtungen im Judentum offensteht, wie fast alle Zentralratsgemeinden. Ihr Ritus ist orthodox ausgerichtet. Die JGM definiert sich selbst als Gemeinde des liberalen Judentums. Sie gehört der - kleineren - Union progressiver Juden in Deutschland an. Die SGM hatte 2017 ca. 470 Mitglieder, die JGM hatte 2017 ca. 110 Mitglieder

 

Sachverhalt:

Es war von vornherein das Bestreben aller Beteiligten, den Synagogenneubau für alle Menschen jüdischen Glaubens zur Nutzung, insbesondere zum Gottesdienst, offen zu halten. Dieses entspricht auch der von der SGM vertretenen Konzeption der Einheitsgemeinde. Die Offenheit der neuen Synagoge auch über die Gemeindegrenzen hinaus für alle Menschen jüdischen Glaubens und als Begegnungsort für alle Menschen guten Willens wurde von der SGM durch ihren Vorsitzenden, Vadim Laiter, stets und auch gegenüber dem Kuratorium mehrfach unterstrichen. Dabei bleibt der Ritus der SGM grundsätzlich orthodox…

Bewertung:

Das Land Sachsen-Anhalt ist weder Bauherr noch Bauträger eines Synagogenneubaus in der Landeshauptstadt Magdeburg. Es ist durch den Landeshaushalt 2019 avisiert worden, ein Synagogenneubauprojekt in Magdeburg zu unterstützen. Das Land sieht sich hierin in einer geschichtlich bedingten Verpflichtung, es kann jedoch eine Einigung zwischen SGM und JGM am Ende langjährigen Bemühens nicht erzwingen. Der Synagogenneubau soll, wie nochmals betont wird, nach Aussage der SGM allen jüdischen Menschen offenstehen. Das Land Sachsen-Anhalt teilt weder, wie von der Petentin vorgetragen, die jüdischen Bürgerinnen und Bürger in zwei Klassen noch hat es nur einige von ihnen zu „ Erben “ zu ernennen. Der Vorwurf des Betruges und der Täuschung der Steuerzahler muss zurückgewiesen werden. Die Verpflichtungsermächtigung ist transparent in den Landeshaushalt 2019 eingeflossen und kann nur unter den dort genannten Voraussetzungen schlussendlich auch freigegeben werden.

 

Offensichtlich wurde der Petition nicht abgeholfen, da der Ausschuss davon ausging, dass die Mitbenutzung abgesichert ist.

 

 

1.2 Ausschluss der Mitbenutzung durch die SGM

 

Wie oben in der Stellungnahme der Landesregierung beschrieben, war das Verhalten der SGM unzweideutig als eine Zusage der Mitbenutzung gegenüber der liberalen Gemeinde zu verstehen. Auf Nachfrage vom 22.09.2022 erklärte dann die SGM, dass die „Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg“ die neue Synagoge nicht nutzen kann: „Eine Synagoge hat entweder den Status einer liberalen oder einer orthodoxen Synagoge“.

 

vgl. Schreiben vom 29.11.2022 in Kopie in Anlage

 

1.3 Wirkungslose Auflage im Fördermittelbescheid

 

Die Auflagen im Fördermittelbescheid sollen einen Ausgleich zwischen den beiden jüdischen Gemeinden in Magdeburg schaffen. Nur eine der beiden Gemeinden erhält Fördermittel (zunächst 2,8 Mio. €) für eine neue Synagoge und die andere Gemeinde will und wollte sicherstellen, dass sie wenigstens die Synagoge auch nutzen darf. Dies wurde unter III Nebenbestimmungen/Auflagen konkretisiert:

 

„Die Bewilligung erfolgt unter der Auflage, dass die Synagoge für alle Menschen jüdischen Glaubens – gleich, welcher Strömung – offensteht. Ein Verstoß gegen dies Auflage kann zum Widerruf der Zuwendung führen.“

 

Auch der Hinweis auf dies Auflage mit Schreiben vom 21.11.2023 führte zu keinem Ergebnis.


Vgl. Schreiben von 21.11.2023 in Kopie in Anlage

 

1.4 Passives, ignorierendes Verhalten der Verantwortungsträger

 

Sowohl der Ansprechpartner für jüdisches Leben in Sachsen- Anhalt wie das Landes-verwaltungsamt, der Förderverein SGM als auch das zuständige Ministerium raten zu einer Verständigung mit der SGM, obwohl alle unsere Versuche von dieser abgeblockt wurden. Sämtliche Beteiligte wurden von unseren Bemühungen laufend informiert und um Hilfe gebeten.

 

 

2. Mitwirkung eines Mitglieds der „Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg“ als Vertreter des liberalen Judentums in den Beirat für jüdischen Leben des Landes Sachsen – Anhalt.

 

Am 13.10.2022 hat sich in der Staatskanzlei der „Beirat für jüdisches Leben des Landes Sachsen-Anhalt“ konstituiert. Dem Beirat gehören, berufen durch den Ministerpräsidenten, Persönlichkeiten an, die sich mit dem jüdischen Leben in Sachsen-Anhalt verbunden wissen.

 

Hiervon erfuhr die liberale Gemeinde aus der Zeitung. Offenbar wird das liberale Judentum als unbedeutend bewertet. In dem Beirat finden sich mit

nur Vertreter des orthodoxen Judentums.

 

3. Missverständliche Bezeichnung „Landesrabbiner“ und „Landesverband“

 

Der Landesrabbiner und auch der Vorsitzender des Landesverbandes jüdischer Gemeinden vertreten nur orthodoxe Jüdinnen und Juden. Dies sollte bei der Bezeichnung auf der Webseite der Staatskanzlei klargestellt werden.

Die „Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg“ wird nicht durch den Zentralrat der Juden repräsentiert.

Die „Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg“ ist im Verband „Union der progressiven Juden in Deutschland K.d.ö.R.“ organisiert, dem derzeit 20 liberale jüdische Gemeinden angehören.


Die UPJ vertritt 17 liberale progressive jüdische Gemeinden in Deutschland, zudem sind folgende jüdische Organisationen Mitglied der UpJ: Arzenu (zionistische liberale Organisation), die Stiftung Liberales Judentum Hannover und das Abraham Geiger Kolleg (AGK). Dieses wurde von der UpJ, namentlich unter dem damaligen Vorsitzenden Dr. Jan Mühlstein, gegründet. Außerdem sind wir als UpJ Vertragspartner der Universität Potsdam für die Einrichtung der School of Jewish Theology. Die UpJ ist Mitglied der „European Union for Progressive Judaism“ und der „World Union for Progressive Judaism“ und damit in der weltweit größten jüdischen Organisation (mit Sitz in Jerusalem) vertreten.

 

Der auf der Webseite der Staatskanzlei angegebene Landesrabbiner ist nur für die orthodoxen Gemeinden zuständig.

 

Ein liberaler Rabbiner benötigte eine weitergehende Ausbildung.

 

Die Vertretung der“ Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg“ wird von Frau Kantorin Schulamit Lubowska übernommen, die dort Gottesdienste, religiöse Unterrichte und religiöse Veranstaltungen durchführt.

 

Weshalb wird das liberale Judentum in Sachsen -Anhalt ignoriert?

 

Das liberale Judentum ist weltweit die zweitgrößte jüdische Konfession; die meisten Gemeinden in Deutschland waren vor dem Holocaust dem Reformjudentum zuzurechnen.

Der in Dessau geborene deutsche Philosoph Moses Mendelsohn, verewigt in Lessings "Nathan, der Weise", legte mit seiner Übersetzung der Thora ins Deutsche die Grundlage für das Reformjudentum und gilt als der wichtigste Wegbereiter der jüdischen Aufklärung. Der in Halberstadt geborene Israel Jakobson feierte den ersten liberalen Gottesdienst in Seesen. Ludwig Philippson aus Dessau, der die Erste Allgemeine Zeitung des Judentums gründete, weihte schließlich am 14.09.1851 die alte Synagoge in Magdeburg ein.

Vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern ist unbekannt, dass es nicht nur ein konservatives Judentum gibt, sondern auch ein liberales, in denen auch Frauen als Rabbinerinnen den Gottesdienst leiten. Die erste Rabbinerin war die Berlinerin Regina Jonas, die 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde. Anders als beim orthodoxen Judentum ist Musik beim liberalen Gottesdienst erlaubt; so hatte die alte Synagoge in Magdeburg eine Orgel. Grundlage ist die Aufklärung und die Emanzipation mit einer Offenheit für fortschrittliche Werte.

 

Heute können liberalen Jüdinnen und Juden nicht nach dem liberalen Ritus, nach dem Männer und Frauen gleichberechtigt sind, in dem es Rabbinerinnen und Kantorinnen gibt, in der neuen Synagoge in Magdeburg beten.


Die Vertretung des liberalen Judentums im Beirat für jüdisches Leben war auch nicht vorgesehen.

 

Mit unserer Petition wollen wir auch für die Öffentlichkeit ein Bild der Vielfalt jüdischen Lebens von säkular, liberal bis orthodox vermitteln.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Larisa Korshevnyuk

 

Vorsitzende

 

Aus dem GRUNDSATZ DER RELIGIÖSEN UND WELTANSCHAULICHEN NEUTRALITÄT DES STAATES folgt, dass der Staat auf eine am Gleichheitssatz orientierte Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu achten hat. Wo er mit Religionsgesellschaften zusammenarbeitet oder sie fördert, darf dies nicht zu einer Identifikation mit bestimmten Religionsgesellschaften oder zu einer Privilegierung bestimmter Bekenntnisse führen. Insoweit kann er auch zu Vorkehrungen organisatorischer Art verpflichtet sein, vgl. BVerfG Beschluss vom12.Mai 2009 2 BvR 890/16 Rn 173.

Der Artikel „Jüdisches Europa“ Ausgabe 1 2024

berichtet über Neue Synagoge in Magdeburg, in denen Mitglieder der "Liberalen jüdischen Gemeinde zu Magdeburg" nach ihrem liberalen Ritus beten verbieten.

Obwohl die neue Synagoge auf Kosten unserer Steuerzahler errichtet wurde, kann der Förderverein "Neu Synagoge" mit seiner Vorsitzenden entscheiden, für welche jüdische Gemeinde die Synagoge zur Verfügung stehen darf.

Es ist bedauerlich, dass der Förderverein „Neue Synagoge“ jüdische Menschen ausgegrenzt und die "Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg" keine Räumlichkeiten zur Verfügung stellt; der Förderverein strebte weiter an, Mikwen Gebäude in der Neuen Synagoge zu errichten.

Feststellung

 

Wir als Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg freuen uns, dass Magdeburg wieder eine neue Synagoge bekommt.

 

Die Liberale Jüdische Gemeinde war vor den Nazi-Pogromen ein fester Bestandteil der Magdeburger Gesellschaft und hat durch die November-Pogrome 1938 ihre Synagoge in Magdeburg verloren.

 

Die Mitglieder unserer Gemeinde hofften und beteten über zehn Jahre, dass dieses Haus auch für uns offenstehen wird und wir dort nach unserem liberalen Ritus den Schabbat feiern können, denn 25 % der jüdischen Bevölkerung in der Stadt Magdeburg sind Mitglieder der Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg e. V.

 

Mit der neuen Synagoge wollten wir an die reiche Tradition jüdischen Lebens in Sachsen-Anhalt anknüpfen. Der in Dessau geborene deutsche Philosoph Moses Mendelson - verewigt in Lessings "Nathan der Weise" - gilt als der wichtigste Wegbereiter der jüdischen Aufklärung. Der in Halberstadt geborene Israel Jakobson feierte den ersten liberalen Gottesdienst in Seesen. Ludwig Philippson aus Dessau, der die Erste Allgemeine Zeitung des Judentums gründete, weihte schließlich am 14.09.1851 die alte Synagoge in Magdeburg ein.

 

Leider mussten wir feststellen, dass unsere jahrelangen Bemühungen, die Synagoge auch nutzen zu dürfen, gescheitert sind. Die Eigentümerin der Synagoge hat im Schreiben vom 29.11.2022 klargestellt: „Eine Synagoge hat entweder den Status einer liberalen, oder einer orthodoxen Synagoge“.

 

So erschütternd diese Feststellung auch sein mag, so haben wir endlich Klarheit gewonnen im Hinblick auf die Versprechen von Land und Stadt, die Synagoge sei für alle Jüdinnen und Juden. Tatsächlich wurde sogar uns die Schuld an dem Problem zugeschoben mit dem Vorwurf, wir müssten uns nur mit der Eigentümerin einigen, zwei Synagogen werden nicht gebaut.

 

Im Schreiben der Staatskanzlei von November 2022 an die Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde wird betont: „Aus vielen Gesprächen – zuvor schon mit Ihrem Vorgänger - wissen Sie, wie sehr der Landesregierung, dem Ministerpräsidenten und auch mir persönlich daran liegt, dass zwischen den beiden jüdischen Gemeinden in Magdeburg ein gedeihliches Miteinander wächst.“

 

Mithin wird das Problem – einer Gemeinde wird eine Synagoge gegeben und der anderen nichts – auf die jüdischen Gemeinden verlagert. Das Problem liegt nicht bei den beiden Gemeinden, sondern in der Ungleichbehandlung dieser Gemeinden! Wir, die Liberale Gemeinde zu Magdeburg, sind nicht eine jüdische Gemeinde zweiter Klasse!

 

Wie in dem Schreiben der Staatskanzlei von November 2021 angegeben ist, hat der Landtag Sachsen-Anhalt zur Bewilligung von Fördermitteln für den Bau der Synagoge mit der Erwartung verbunden, dass ein für alle Jüdinnen und Juden offenstehendes Haus entsteht: "Die Synagogengemeinde hat dies zugesagt. Landtag und Landesregierung halten an dieser Erwartung fest." Die Pflicht zum Tätigwerden liegt somit beim Landtag.

 

Wenn eine gemeinsame Nutzung aufgrund der Baulichkeit faktisch ausgeschlossen ist, muss dies festgestellt werden. Es ist klarzustellen, dass nicht alle Jüdinnen und Juden in Magdeburg eine neue Synagoge haben, wie immer hervorgehoben wird, sondern nur die orthodoxe Gemeinde.

 

Ohne den erforderlichen Weg vorschreiben zu wollen, wird angeregt, ein Antrag gestellt wird, demzufolge festgestellt wird: "Die mit der Bewilligung der Fördermittel zum Bau einer neuen Synagoge in Magdeburg verbundene Erwartung einer gemeinsamen Nutzung durch alle Jüdinnen und Juden hat sich nicht erfüllt. Die liberale Gemeinde ist von der Nutzung ausgeschlossen."

 

Mit dieser Klarstellung könnten wir dieses Kapitel abschließen. Nicht erträglich ist es für die Mitglieder unserer Gemeinde, weiterhin vorgeworfen zu bekommen, dass wir uns nur mit der orthodoxen Gemeinde einigen müssten und die Schuld bei uns liegen würde. Auch benötigen wir derzeit keine Fördermittel für den Bau einer eigenen liberalen Synagoge, können dies aber für die Zukunft nicht ausschließen. Für diesen Fall ist vorzusorgen, dass dies nicht abgelehnt wird mit der Begründung, es gäbe bereits für alle Jüdinnen und Juden in Magdeburg eine Synagoge.

 

Vorstand 

Magdeburg, den 20.03.2023

© Volksstimme Magdeburg 6 Mai 2022

©Jüdische Allgemeine 12.05.2022

Modern und schlicht

MAGDEBURG   Mit dem symbolischen ersten Spatenstich beginnt der Synagogenneubau

©Jüdische Allgemeine 12.05.2022

 

 

VON BLANKA WEBER

 

Es ist ein sonniger Tag, als der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, und der Oberbürgermeister von Magdeburg, Lutz Trümper, zum Spaten greifen, um symbolisch den Baustart der Neuen Synagoge zu markieren.

Auch Dieter Steinecke vom Förderverein „Neue Synagoge Zu Magdeburg“ ist dabei, Frank Toepel, der mit seiner Baufirma das Projekt umsetzen wird, und Wadim Laiter. Er freue sich, sagt der Vorsitzende der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg, ganz zufrieden sei er, wenn die Synagoge eröffnet werde. Im November 2023 soll es so weit sein.

Das Projekt ist seit einigen Jahren im Gespräch, und es war nicht leicht, den Bauplatz auszuwählen, Mitstreiter zu gewinnen, Kritik auszuhalten und letzten Endes eine Finanzierung zu stemmen. 3,4 Millionen Euro soll der Bau laut Planung kosten. Wadim Laiter ist vorsichtig mit den Zahlen, die am Ende stehen könnten, und möchte ohnehin am liebsten gar nicht darüber sprechen, auch, um Antisemitismus und Neid vorzubeugen.

 

PRAGMATISMUS Es soll ein moderner, pragmatischer Bau werden — schlicht in der Umsetzung, mitten in der Stadt gelegen, in der Julius-Bremer-Straße 3. Dort stand ganz in der Nähe früher, bis 1938 die ursprüngliche Synagoge der Stadt. Davon ist heute nichts mehr zu sehen. Die Stadt stellte das neue Grundstück zur Verfügung. Der Förderverein sammelte beträchtliche Mittel. Jetzt also soll es losgehen.

Er sei dankbar für die vielen Befürworter, Sponsoren und Helfer im Hintergrund, sagt Wadim Laiter, Der Synagogenbau hätte viele Freunde und Sei ein »Volksprojekt«.

 

Liberale und modern-orthodoxe Gemeinde können sich nicht über eine Synagoge einigen.

 

Die beiden Landesrabbiner von Sachsen-Anhalt und Sachsen, Daniel Fabian und Zsolt Balla, kamen zum symbolischen Start und segneten das Vorhaben mit einem gesungenen Psalm. Etwa 100 Personen waren dabei zu Gast, circa 30 aus der Synagogen-Gemeinde von Wadim Laiter.

 

NATIONALFEIERTAG Dass dieser Spatenstich am Jom Haazmaut -stattfand, Israels Nationalfeiertag, an dem weltweit die Unabhängigkeit des jüdischen Staates gefeiert Wird, sei für ihn besonders schön. Die Synagoge werde offen sein — »für alle«, betont Laiter. »Alle, die kommen möchten, sind herzlich eingeladen.«

Nur eines liegt schwer in der Luft: die Diskrepanz zur Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg e.V. Der Konflikt schwelt seit Jahren und habe persönliche Gründe. Man habe sich auch in den vergangenen Monaten nicht miteinander verständigen können lind wollen. »Wir sind nicht im Gespräch«, so die knappe Formulierung, und Wadim Laiter wird sichtlich ungehalten, wenn er darüber sprechen soll. Ein gemeinsames Synagogen-Projekt

beider ist es also nicht.

Denn auch die Liberale Gemeinde beansprucht einen Teil der Synagoge oder wenigstens einen separaten Raum, um dort nach ihrem Ritus den Schabbat zu begehen. Die Vorsitzende, Larisa Korshevnyuk, bedauert den Streit und ist enttäuscht, dass sie nicht einmal eine Einladung zum symbolischen Spatenstich erhalten habe.

 

UPJ Der Riss durch beide Gemeinden dürfte tief sein und wird deutlich, wenn beide Seiten den Konflikt sehr unterschiedlich schildern. Zur Gemeinde von Larisa Korshevnyuk als Mitglied der Union progressiver Juden in Deutschland (UpJ) gehören 110 Mitglieder.

Die einst aus Odessa eingewanderte Jüdin lebt seit 1996 in Magdeburg und bedauert den Ärger, sehe jedoch auch keinen Kompromiss. »Wir stoßen auf taube Ohren.«

 

DEBATTE Auch Wadim Laiter möchte diese Diskussion nicht mehr führen und macht klar, dass er nicht mehr debattieren werde. Auch er kam einst aus der Ukraine nach Sachsen-Anhalt, wurde auf der Krim geboren, wuchs in Dnepropetrowsk auf und lebt seit 27 Jahren in Magdeburg.

Seit zehn Jahren führt der 58-Jährige die modern-orthodoxe Gemeinde, die heute etwa 400 Mitglieder zählt.

Trotz aller innerjüdischen Diskrepanzen wird der Bau nun in Magdeburg beginnen. In Dessau-Roßlau ist man hingegen schon etwas weiter. Dort soll bereits Ende des Jahres eine neue Synagoge eingeweiht werden. »Da freuen wir uns sehr für unsere Schwestergemeinde. Je mehr Synagogen gebaut werden, desto besser«, so Wadim Laiter.

Derzeit beschäftige ihn, wie viele andere Gemeindevorsitzende in Deutschland auch, die Zuwanderung neuer — auch jüdischer — Menschen aus der Ukraine. Etwa zwölf Personen jüdischer Abstammung hätten einen Antrag auf Aufnahme in die Gemeinde gestellt. Circa 100 neu angekommene Ukrainer habe seine Gemeinde bislang betreut, sagt Laiter.


Kommentar :

Wir als liberale jüdische Gemeinde zu Magdeburg freuen uns, dass Magdeburg wieder eine neue Synagoge bekommt, auch wenn unsere Gemeinde zur Feierlichkeit nicht eingeladen wurde. Der Rabbiner trägt den Wahlspruch aus dem Buch Jesaja vor, der den Bau zieren soll: "Mein Haus wird ein Haus des Gebets für alle Völker genannt."

Wir als liberale Gemeinde hoffen und beten, dass dieses Haus auch für uns offenstehen wird und wir dort nach unserem Ritus den Schabbat feiern können.

Den 20% Jüdische Bevölkerung von die Stadt Magdeburg sind Mietglieder Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg e.V.

Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg e.V.