In diesem Jahr vor hundert Jahren wurde die dänisch-deutsche Grenze von 1864 – 1920, die sogenannte Königsaugrenze, gestrichen und nach Süden verlegt. Aber sie vermochte in ihren 56 Jahren sich tief in das Bewusstsein der Bevölkerung auf beiden Seiten der Grenze einzuprägen. Ein Unterschied entstand - im Bewusstsein und in der Kultur – der erst jetzt nach hundert Jahren dabei ist zu verschwinden. Die Erinnerung an die Grenze und an ihre nationale und kulturelle Bedeutung ist noch in der Bevölkerung lebendig und ist eine gelebte Geschichte zusammen mit all den Spuren in Form von Gebäuden, Grenzsteinen, nationalen Versammlungsplätzen und anderen Überresten in der Landschaft, die diese Grenze hinterlassen hat.
Die dänisch.- deutsche Grenze 1864-1920 – die Königsaugrenze - Daniel Bruun: "Danmark - land og folk" (Gyldendal)
Die Grenze 1864-1920 wurde im Friedensvertrag vom Oktober 1864 in Wien zwischen Dänemark und Preußen und Österreich etabliert. Hier hat Dänemark die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg abgetreten. Die neue Grenze folgte nicht ganz der alten Grenze zwischen dem Herzogtum Schleswig und dem Königreich Dänemark. Als Ersatz für die an Preußen abgetretenen königlichen Enklaven in den Herzogtümern erhielt Dänemark die Insel Ærø und acht Kirchspiele südlich von Kolding, das Gebiet um Ribe und einen Teil von Kalvslund Harde und einen Teil von Hvidding Harde. Als Anfang 1865 die Grenze in der Landschaft markiert wurde, wurde sie zusätzlich korrigiert. Die Dörfer Kalvslund und Villebøl kamen zu Dänemark, das im Gegenzug die Ortschaft Skovrup bei Taps südlich von Brænore Schleswig überließ. Ohne diese Korrektur hätte die Landstraße von Kolding nach Ribe teilweise über schleswigsches Gebiet geführt. Die Grenze war deshalb sowohl im Osten als im Westen eine neue Grenze. Nach Osten wurde die alte Tyrstrup Harde in zwei geteilt, sodass der nördliche Teil an Dänemark kam und der südliche Teil ein Teil von Schleswig verblieb. Nach Westen wurde auch Hvidding Harde geteilt.
Etablierung der Nordschlesvigschen Gemeinden samt Grenzänderungen nach der 1864 Abtretung - Peder Dam: "Danske kommuner 1838-2012"
Sowohl politisch als auch administrativ und kulturell wurden Bevölkerungen, die früher zusammengehört hatten, von der neuen Grenze getrennt. Das verursachte eine Verschärfung des nationalen Kampfes zwischen dem Dänischen und dem Deutschen im Grenzgebiet. Die Etablierung von der Landes- und Zollgrenze mit Grenzübergängen, Grenzsteinen und -pfählen, Errichtung von Zollstellen und Grenzgendarmenkorps änderte das Leben in den Gebieten, die nahe an der Grenze lagen. Neue Menschen kamen zum Gebiet, und mit der Zeit wurden Zollstellen und Gendarmenhäuser errichtet, die noch in der Landschaft liegen und die Geschichte von der Grenze erzählen.
Die dänische Zollstelle bei Frederikshøj
Die Grenze bei Holt
Im Norden führte das zu einem Aufblühen im Vereinsleben um die nationale Frage herum, und Versammlungsplätze wie Skibelund Krat und Skamlingsbanken bekamen eine vergrößerte Bedeutung. Unmittelbar nördlich der Grenze entstand mit der Zeit eine Reihe von dänischen sogenannten Nachschulen – die sogenannten Königsauschulen – von Hejls im Osten bis Bramming im Westen. Hier kamen Jugendliche aus Süderjütland (Nordschleswig) und bekamen Unterricht in dänischer Sprache, Geschichte und Kultur, die sie nicht in den deutschen Schulen südlich der Grenze bekamen. Viele dänisch gesinnte Schleswiger waren Optanten und verweigerten die deutsche Staatsbürgerschaft. Viele von ihnen wanderten in den Jahren nach 1864 nach Dänemark aus und ließen sich oft unmittelbar nördlich der Grenze nieder. Hier beteiligten sie sich an der nationalen Arbeit und im Kampf für eine Wiedervereinigung von Süderjütland (Nordschleswig) mit Dänemark. Sie waren in der Regel die führenden Kräfte in den Süderjütländischen Vereinen (Sønderjyske Foreninger), die um das Jahr 1900 nördlich der Königsau entstanden.
Südlich der Grenze wurde der nationale Kampf auch verschärft, indem die deutschen Behörden durch die Schulen und die Kirche versuchten, eine Eindeutschung von Süderjütland (Nordschleswig) ins Werk zu setzen. Dömänenhöfe wurden auch errichtet, deren Eigentümer für die Ausbreitung der deutschen Kultur im Gebiet arbeiten sollten. Die dänisch gesinnte Bevölkerung kämpfte für die Erhaltung der dänischen Sprache und Kultur durch ihre Vereine und bei privaten Versammlungen. Sie schickten ihre Kinder in freie Schulen, Nachschulen und Heimvolkshochschulen nördlich der Grenze, und viele hatten Dänen im Haushalt angestellt, die die Kinder in dänischer Sprache, Geschichte und Kultur unterrichteten. Der Kultur- und Nationalitätskampf wurde besonders in der Köllerzeit in den Jahren 1898-1902 verschärft, in denen die deutschen Behörden hart gegen alle Anzeichen von Dänentum in Süderjütland (Nordschleswig)vorgingen. In diesen Jahren wurden viele dänisch gesinnte Optanten ausgewiesen, wie Leute auch ausgewiesen wurden, nur weil sie verbotene dänische Lieder gesungen hatten.
Schüler auf der Nachschule in Hejls 1895-96
Der Magnusstein bei Skibelund Krat
Im Winter 1864-65 wurde die Grenze durch weißgemalte Grenzpfähle aus Holz mit einer Höhe von 2.50 m. markiert. Die Pfähle wurden von verschiedenen dänischen Tischlern geliefert, die in den Ortschaften nahe der Grenze wohnten. Dänische Soldaten waren für die Errichtung verantwortlich. Grenzpfahl Nummer eins wurde in Vester Vedsted am Wattenmeer aufgestellt und Nummer 128 auf der deutschen Seite des Hafens in Hejlsminde. In den Jahren 1865-1891 standen diese weißgestrichenen Pfähle und markierten die Grenze, aber sie verfaulten schnell, und viele wurden die Jahre hindurch ersetzt. Im Jahre 1891 wurde beschlossen, die Pfähle mit Pfählen aus Stein zu ersetzen, die viel niedriger waren. Auf den Steinen stand außer der Nummer auf der dänischen Seite die Buchstaben Kr. Dm. (Königreich Dänemark) und auf der deutschen Seite Kr. Pr. (Königreich Preußen) eingraviert. Die Steine wurden über mehrere Jahre aufgestellt, und die letzten wurden 1915 aufgestellt, nur vier Jahre bevor sie wieder entfernt wurden.
Grenzstein bei Hejlsminde
Die Grenze bei Farris
Außer den Grenzsteinen gab es an den Grenzübergängen auf der deutschen Seite von 1867 an hohe, weiß und schwarz gestrichene Pfähle, mit einem Schild mit dem deutschen Adler. Diese Pfähle waren von den dänisch Gesinnten auf beiden Seiten der Grenze sehr verhasst, und bei der Wiedervereinigung wurden sie sofort entfernet und abgebrannt.
Nach der Wiedervereinigung 1920 standen die Grenzsteine noch eine Weile, bevor sie vom Kreisamt eingesammelt wurden. Aber vorher hatten mehrere Personen sich einen Stein für den Garten oder für den Steinwall beim Hof verschafft. Heute sind die alten Grenzsteine rund um in Dänemark platziert, aber die meisten befinden sich zusammen mit den Wiedervereinigungssteinen in Süderjütland (Nordschleswig) und bei Friedhöfen und öffentlichen Anlagen.
Die Grenzaufseher auf beiden Seiten der neuen 1864-Grenze wurzelten in dem Holsteinischen Grenzgendarmenkorps. Während und nach dem Krieg 1864 wirkten die dänisch gesinnten Gendarmen und Zollbeamten für Dänemark, und nach dem Friedensschluss bildeten sie den Grundstamm im Grenzzollpolizeikorps, das die neue Grenze bewachte. Die deutsch gesinnten Gendarmen machten auch später Dienst an der neuen Grenze, aber auf der deutschen Seite und mit deutschen Hoheitszeichen. Die dänischen Grenzgendarmen trugen eine hellblaue *Uniform, während die Zollbeamten schwarze Farben trugen. Die deutschen Grenzgendarmen trugen dunkle Uniformen. Die Grenze wurde in mehreren Perioden geschlossen z. B 1892 wegen einer Typhusepidemie in Hamburg, und während des Ersten Weltkrieges wurde die Grenze auch an mehreren Stellen geschlossen. Die deutschen sesshaft gewordenen Gendarmen wurden von deutschen Soldaten ersetzt, weil man fürchtete, dass sie nicht die nötige Bestimmtheit hätten, um die geschlossene Grenze gewährleisten zu können.
Die Grenze bei Foldingbro
Die Grenze bei Højrup und Brendore
Die deutsche Zollstelle bei Hoekkelbjerg
Die Grenze bei Kalvslund
Diese wurden davon abhängig wie verkehrsreich der Übergang war in drei Klassifikationen eingeteilt.
1. Nebenzollamt I (grænsetoldoppebørselssteder)
Hier konnten alle Arten von Zollabfertigungen stattfinden, und alle Warenarten in und aus dem Lande geführt werden. Sie waren auf der dänischen Seite von sowohl Zollbeamten als auch mit Gendarmen bemannt.
2. Nebenzollamt II
Hier konnten Waren im begrenzten Umfang in und aus dem Lande geführt werden.
3. Anmeldeposten
Hier konnten nur zollfreie Waren in und aus dem Land geführt werden. Sie waren auf der dänischen Seite nur von Gendarmen bemannt. Das deutsche Pendant waren statistische Anmeldeposten. Die Klassifikation war nicht statisch. Ein Grenzübergang konnte seinen Status wechseln.
In all den Jahren von 1864-1920 wurde sehr viel über die Zollgrenze geschmuggelt. Die Geldstrafen waren im Verhältnis zu dem Tagesgehalt eines gewöhnlichen Arbeiters von ziemlicher Größe und es gibt unzählige Schmugglergeschichten aus dieser Zeit. Besonders während des Ersten Weltkrieges und im Jahre 1919-1920 wurde sehr viel geschmuggelt. In Deutschland gab es während des Ersten Weltkrieges Mangel an allen Waren, und die Situation wurde gleich nach dem Kriegsende noch schlimmer. Auf der dänischen Seite der Grenzübergänge gab es 1918-1920 einen großen Verkauf von Waren des täglichen Bedarfs und Kolonialwaren an Leute, die über die Grenze kamen um einzukaufen.
Verkauf von Kolonialwaren bei der Grenze in Bastrup
In der ersten Zeit nach der Grenzziehung wurden existierende Gebäude für die Arbeit der Zollbeamten und der Grenzgendarmen benutzt, und Holzscheunen wurden an vielen Stellen unmittelbar an der Grenze aufgestellt. Mit der Zeit wurden neue Gebäude für die Zollbeamten und die Gendarmen errichtet. Entlang der ganzen Grenze liegt eine Reihe von Prachtexemplaren von preußischen Gendarmenhäusern und Zollstellen gebaut in den Jahren von etwa 1900-1910. Sie ähneln sich alle und unterscheiden sich durch eine größere Bauhöhe und Breite, Drempelkonstruktion und an vielen Stellen mit Mustermauerwerk. Sie haben eine relativ niedrige Dachneigung und einen schweifenden unteren Dachsparren – und sind mit Pappe oder Schiefer gedeckt. Sie sind sehr typisch, und man findet sie auf der ganzen Strecke von Hejlsminde bis Københoved.
Deutsches Gendarmenhaus in Højrup
Deutsches Gendarmenhaus bei Kaer Mühle
Wo die Eindeutschung der dänisch gesinnten Bevölkerung früher durch Verfolgung ohne Erfolg betrieben wurde, meinte der Landrat Dryander in Hadersleben, dass man die Seelen mit deutschem Geistesleben gewinnen sollte, das man in der Schule lernte. Von 1906 bis 1908 war er Landrat in Hadersleben. In seiner kurzen Amtszeit wurden 30 höhere Schulen und 44 Dorfschulen gebaut oder geplant. Mehrere von ihnen existieren noch, gebaut im Schleswiger Heimatstil mit großen Fenstern und hellen Räumen.
Die Schule in Troldkaer in der deutschen Zeit gebaut
Die Schule in Over Lerte im dänischen und im deutschem Stil
Die gleichzeitigen Gebäude auf der dänischen Seite sind nicht so leicht ablesbaren, da sie sich nicht sehr viel von anderen dänischen Gebäuden unterscheiden.