Verfolgung
Am 1. September 1935 trat die vom nationalsozialistischen Regime verschärfte Fassung des Paragraphen 175 in Kraft.
Am 15. September 1935 wurden das "Reichsbürgergesetz" und das "Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre" verabschiedet. Beide "Nürnberger Gesetze" stempelten die jüdischen Mitbürger zu Menschen minderen Rechts.
Carl Bruns wurde am 9. Juni 1936 zum ersten Male „wegen fortges.(etzter) widernat.(ürlicher) Unzucht in zwei Fällen zu 4 Monaten und 2 Wochen Gefängnis“ verurteilt.
Heinz Roth war wegen seines Verhältnisses zu Carl Bruns bereits im April 1936 zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt worden.
Carl und Heinz hatten dieselben Anwälte: Karstens & Wehner, Hermannstr.31.
Am 6.7.1942 wird Carl Bruns vom Amtsgericht Hamburg, Abt. 131, zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wegen Unzucht zwischen Männern nach § 175 (er galt als vorbestraft). Die Strafe hat er in den Haftanstalten Hamburg-Stadt, -Fuhlbüttel und -Altona verbüßt.
Seinen Partner Otto Schildt konnte Carl offensichtlich aus den Ermittlungen heraushalten.
Nach einer erhalten gebliebenen Justizakte (Staatsarchiv Hamburg 213-11 Staatsanwalt Landgericht – Strafsachen, 5209/42) wird Carl Bruns am 27.3.1942 von Paul Abele (1907-?) in einem Verhör als homosexueller Kontakt genannt und daraufhin am 3.4.1942 vom zuständigen Kriminalkommissariat 24 (B.K.1) verhört und noch am selben Tag festgenommen. Er streitet alle Beschuldigungen ab, gibt lediglich einen Sexualkontakt mit einem Unbekannten im Sommer des Jahres 1941 zu.
Bis zum 13.4.1942 befindet sich Carl Bruns in Polizeigewahrsam (d.h. im Gestapogefängnis Fuhlsbüttel), dann soll er nach Haftbefehl in U(ntersuchungs)-Haft gekommen sein. Während Paul Abele seine Aussage am 30.4. widerruft, trifft am 29.4. bei der Staatsanwaltschaft ein Brief ein, in dem die Anwälte Karstens & Wehner erklären, dass Carl Bruns seine Aussage widerruft und alles zugeben will, was er dann tragischerweise am 8.5. auch tut: Er habe dreimal, und zwar 1933 und 1934 und dann wieder Ende 1940 sexuellen Kontakt mit Paul Abele gehabt.
Doch sein Leidensweg ist damit noch nicht zu Ende:
Am 9.3.1943 wird er nicht entlassen, sondern gleich wieder der Polizei überstellt, die seine erneute, so genannte Vorbeugungshaft veranlasst. Das bedeutete Konzentrationslager.
Carl Bruns kommt in das Konzentrationslager Sachsenhausen und ist laut Mitteilung eines Mithäftlings auf dem Todesmarsch Ende April 1945 ums Leben gekommen. Sein Partner - Otto Schildt – war bereits im Juli 1943 verstorben, vielleicht während der Bombardierung Hamburgs.
Heinz Roth kam am 3. Mai 1945, nach vielen Jahren Haft in verschiedenen Lagern, zuletzt im KZ Neuengamme, beim Untergang der „Cap Arcona“ um.
Mehr Informationen zum KZ Sachsenhausen
auf der Website Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen
Das KZ Sachsenhausen war ein "idealtypisches Modelllager" und das "Konzentrationslager der Reichshauptstadt".
Evakuierung, Todesmärsche und Befreiung: Die Räumung des KZ Sachsenhausen begann in den Morgenstunden des 21. April 1945.
33.000 der noch verbliebenen 38.000 Häftlinge wurden in Gruppen von 500 Häftlingen nach Nordwesten in Marsch gesetzt. Bei nasskaltem Wetter starben viele Häftlinge an Entkräftung oder wurden von der SS erschossen. Auf unterschiedlichen Strecken gelangten die Kolonnen in den Raum Wittstock. Im nahen "Belower Wald" wurden ab dem 23. April 1945 in einem großen Lager mehr als 16.000 Häftlinge zusammengezogen(> Museum des Todesmarsches).
Die Links der Jahreszahlen verweisen zum "Lebendigen virtuellen Museum Online", einem gemeinsamen Projekt des Deutschen Historischen Museums (DHM), des Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (HdG) sowie des Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik (ISST).
Mehr zur Verfolgung Homosexueller auf den Webseiten Persecution of Homosexuals und Nazi Persecution of Homosexuals 1933-1945 des United States Holocaust Memorial Museum und zum ‚Rosa Winkel’.
Ein Film über homosexuelle KZ-Opfer von Rob Epstein und Jeffrey Friedman, USA 1999
„Totgeschlagen, totgeschwiegen?“ – Artikel von Klaus Müller in: Nationalsozialistischer Terror gegen Homosexuelle. Verdrängt und ungesühnt Hg. von Rüdiger Lautmann und Burkhard Jellonek. Paderborn 2002.