Einführung
Albert Schweitzers Welt
Neu erschienen im Mai 2025
Albert Schweitzers Welt
Diese Einführung beleuchtet zentrale Gedenktage, biografische Meilensteine und die bleibende Wirkung von Albert Schweitzer. Sie eröffnet den Zugang zu einem Leben zwischen Theologie, Philosophie, Musik und Medizin – und lädt dazu ein, sein Denken aus heutiger Perspektive neu zu entdecken.
Lernen Sie einen Menschen kennen, für den „Ehrfurcht vor dem Leben“ mehr ist als ein Zitat - nämlich eine Richtschnur für unser eigenes Handeln.
2025 jährt sich der 150. Geburtstag von Albert Schweitzer und der 60. Todestag dieses außergewöhnlichen Menschen, während zugleich der 275. Todestag von Johann Sebastian Bach begangen wird. Es ist eine merkwürdige Fügung, dass diese beiden Giganten der Kulturgeschichte sich ein solches Jubiläum teilen. Die Vereinigung dieser beiden herausragenden Persönlichkeiten verweist auf weit mehr als bloße Daten und Jubiläen. Es stellen sich grundlegende Fragen: Welche Bedeutung haben diese Gedenktage für uns heute, und warum sollten uns diese Zahlen wichtig sein?
In der biblischen Exegese, wie sie Rudolf Bultmann[1] beschreibt, wird der „Sitz im Leben“ verwendet, um zu verstehen, warum und für wen ein Text verfasst wurde, und welche Absicht der Autor damit verfolgte. Es geht darum, die Lebensumstände, Bedürfnisse und Fragen zu erfassen, die eine bestimmte Schrift hervorgebracht haben, und zu begreifen, wie sie von den Menschen jener Zeit in ihrer konkreten Lebenswelt verstanden wurde. Das Ziel ist, diese Erkenntnisse in das eigene Leben zu integrieren und so die Bedeutung des Textes lebendig zu machen.
In einer Zeit, in der vieles selbstverständlich erscheint und dennoch im Begriff ist, sich zu verändern oder gar bedroht zu werden, gilt es, den Blick auf das Wesentliche zu schärfen. Manche Themen müssen in unserem Leben immer wieder angesprochen werden, um ihnen bewusst und verantwortungsvoll begegnen zu können. Es können unangenehme Themen wie Missstände sein, aber auch die schönen und selbstverständlich erscheinenden Dinge, die oft zu wenig gewürdigt werden. Die Dominikus-Kirche in Kaufbeuren etwa ist ein solches Beispiel, das uns die Bedeutung gelebten Miteinanders vor Augen führt: Insgesamt nutzen aktuell fünf verschiedene Glaubensrichtungen den Raum und er ist zugleich ein offener Ort für unterschiedlichste und auch experimentelle Kunstdarbietungen. Diese Kirche erinnert uns an den Wert des Zusammenhalts und der gemeinsamen Verantwortung.
Demokratie gewährt große Freiheiten. Aber Demokratie bedeutet nicht grenzenlose Freiheit, sondern das kluge Miteinander von Freiheit und Verantwortung, von den Rechten des Einzelnen und den Bedürfnissen der Gemeinschaft. Ein gutes und gelingendes Leben erfordert entsprechende Rahmenbedingungen. Demokratie ist eine Möglichkeit, solche Bedingungen zu schaffen. Trotz aller gegenläufigen Erfahrungen und Berichte, setze ich – wie Albert Schweitzer – auf das Gute im Menschen, auf das Leben, das leben will.
Die Texte dieses Buches gliedern sich in zwei große Teile: Der erste Teil erinnert an Albert Schweitzer in all seinen Facetten als Humanisten und Ethiker. Diese Abfolge von Musik und Wort bietet einen Überblick über Schweitzers Leben, seine Ethik sowie sein theologisches und musikalisches Schaffen. Der letzte Teil des Konzerts wird uns eine Frage stellen, die uns auch heute bewegt: Wie können wir in einer Welt, die von Unruhe und Unsicherheit geprägt ist, im Sinne Schweitzers handeln?
Der zweite Teil beleuchtet die konkrete Bedeutung seiner Ideen und wie sie mich bis heute als Künstler und Mensch inspirieren. Die intensive Auseinandersetzung mit seinem Konzert, seinem Denken und seinem Wirken verlangte nahezu eine Reflexion mit eigenen, zeitgemäßen Gedanken. Ein weiter Bogen spannt sich dabei von Selbstwirksamkeit und Miteinander über Chorgesang und künstliche Intelligenz bis hin zur Zärtlichkeit. Über allem steht die Kultur, die meines Erachtens, das fortgeschrittene Menschsein ausmacht. Der geneigte Leser möge mir verzeihen meine Gedanken gleichwertig neben denen Albert Schweitzers zu sehen. Doch war es gerade sein Denken, das mir die Anregung dazu gab – und in seinem Geiste erscheinen mir diese Impulse nicht nur angemessen, sondern konsequent weitergedacht.
Im Anhang finden sich neben den weiteren Quellenangaben zusätzliche Informationen, die meines Erachtens Schweitzers Welt verständlicher machen.
Die erste Aufführung dieses Gedenkkonzertes erfolgte am 23. Mai 2025 in der Dominikus-Kirche in Kaufbeuren durch den Herausgeber.
Die Recherche und Auswahl der Albert-Schweitzer-Zitate für das Konzert stammen von Gottfried Schüz, der mir großzügig seine umfangreiche Arbeit als Grundlage für dieses Projekt überließ und zudem dankenswerterweise die Abdruckerlaubnis für dieses Büchlein erteilte.
Kaufbeuren, im Frühjahr 2025
Albin Wirbel
[1] Rudolf Bultmann (1884–1976) war ein deutscher evangelischer Theologe und Professor für Neues Testament. Er prägte die Entmythologisierung des Neuen Testaments und betonte, dass biblische Texte nicht wörtlich, sondern im Hinblick auf ihre Bedeutung für das persönliche Leben und die existenzielle Entscheidung des Menschen verstanden werden sollten.
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