Dieter Hans dockt mit seiner folgenden Prosa an Albert Camus´ Erinnerungen und das Nachdenken über den Verlust von Heimat an:
Restitution
Im Hügeldorf meiner Kindheit , Schauplatz mittlerweile und unlängst von
intensiver Landschaftspflege : Wo einst Wäldchen , Hecken , Feldwege , Höfe und Wiesenhänge jede Art von Abenteuer ermöglichten , ist jetzt Klein-Japan –, Mini-Kyoto … nein , nicht ausgebrochen – sanft eingezogen :
Das Laurensberger Landschaftsrelief wurde genutzt für Bungalows der gehobenen und höchsten Preiskategorien : Geboten wird Fernsicht, kleinteilige Gartenziselierung, Kuschelei mit Landschaftsmulden: Tokugawa-Architekturen , holz-, glas-und grünreich durch mikroskopischen Blick für Miniatur-Ästhetik : Wächst hier entsprechend eine gezähmte Jugend heran ?
Ich sah Kinder mit schwerkantigen Ranzen, vom Schultor abgeholt durch bewusst und anspruchsvoll erziehende Jungeltern ….
Ist meine Nostalgie hier, in den von meinen Gleichaltrigen endgülig und blitzblank geräumten Arealen eine Art Konfiszierung ?
Restituierung ?
Ich habe alle meine Rechte auf dieser polierten Landschaftsplatte verloren .
17. Oktober 1957 - Albert Camus erhält den Nobelpreis für Literatur
Georg Stefan Toller interviewt Albert Camus in Paris
Am 17. Oktober 1957 wurde die Nachricht über die Zuerkennung des Nobelpreises für Literatur an Albert Camus bekannt. Anne-Kathrin Reif hat in ihrem informativen Blog 365tage-camus.de/ auf das Tondokument des Deutschlandfunks vom 18. Oktober 1957 aufmerksam gemacht ardaudiothek.de/
Es ist sehr berührend, die Stimme und die Stellungnahme Albert Camus´ zu hören. Die Zuerkennung des Nobelpreises an Camus rief in der französischen Öffentlichkeit Zustimmung und Widerspruch hervor. Camus reagierte zwiespältig auf die unerwartete Zuerkennung des Nobelpreises. Tagebucheintrag vom 17. Oktober 1957: „Nobelpreis. Eigenartiges Gefühl der Niedergeschlagenheit und der Wehmut. Als ich 20 war, arm und nackt, habe ich den wahren Ruhm gekannt.“ Tagebucheintrag vom 19. Oktober 1957: „Erschrocken über das, was mir zustößt und was ich nicht verlangt habe. Und zur Krönung des Ganzen so gemeine Angriffe, dass es mir das Herz zuschnürt.“
Die Verleihung des Preises erfolgte am 10. Dezember 1957 in Stockholm. Albert Camus hielt eine bemerkenswerte Rede nobelprize.org/prizes/literature/1957/ .
In diesem Zusammenhang möchte ich allen interessierten Lesern raten, das WDR - Zeitzeichen vom 17. Oktober 2022 wdr.zeitzeichen/literaturnobelpreis-fuer-albert-camus zur Verleihung des Nobelpreises an Albert Camus aufzurufen. Holger Vanicek kommt in diesem Zeitzeichen mehrfach zu Wort und erklärt in sehr profunder Weise die Zusammenhänge.
Anne-Kathrin Reif erwähnte den namentlich in dem Tondokument des Deutschlandfunks nicht benannten Reporter. Ich glaubte, den Reporter an seiner magischen Stimme erkannt zu haben. Meine Nachfrage beim Deutschlandradio hat laut Auskunft des Archives meine Vermutung bestätigt, es war der jüngst verstorbene Georg Stefan Troller: „Sehr geehrter Herr Fröhlich, Sie scheinen die Stimme korrekt erkannt zu haben. Im Datensatz wird tatsächlich Georg Troller als Interviewer aufgeführt“. Georg Stefan Troller, in Wien geboren und jüdischer Abstammung, war ein begnadeter Reporter. Seine Fernsehberichte und Reportagen für den Hörfunk aus Paris sind legendär. Sabine Glaubitz veröffentlichte in der Aachener Zeitung am 27. September 2025 eine angemessene Würdigung seiner Lebensgeschichte und seines Lebenswerkes aachener-zeitung.de/georg-stefan-troller-ist-tot/ Vielleicht erinnern sich einige Leser daran, dass Georg Stefan Troller auf Einladung der Buchhandlung Schmetz zu einer gut besuchten Lesung in Aachen war.
Hans-Werner Fröhlich