Presse
Geothermie – wieder Erdbebenserie im Oberrheingraben
11.06.2020
Politik ignoriert Fakten
Obwohl das Geothermie-Kraftwerk Insheim in der Nähe von Landau nicht mit voller Kraft betrieben wird, hat dort seit dem 20.05.2020 wieder mehrmals -zuletzt am Pfingsmontag- die Erde gebebt. Die Beben erreichten Magnituden bis 2,2, sowie eine Bodenschwinggeschwindigkeit von fast 0,5 mm/Sek.. Die Epizentren der induzierten Beben lagen in 4 und 5 KM Tiefe. Spürbar waren die Beben in einem Umkreis bis 5 KM.
Die aktuellen Beben in der Südpfalz reihen sich ein in eine Kette von, induzierten -bzw. menschen-gemachten- Geothermie-Beben und werden nicht die letzten gewesen sein. Sie beweisen einmal mehr, dass Tiefengeothermie nach wie vor eine nicht beherrschbare Energieform ist, die nicht in dicht besiedelte Gegenden in den Oberrheingraben gehört. Darauf weisen wir schon seit Jahren immer wieder hin.
Was genau haben die Betreiber in den vergangenen Jahren dazu gelernt?
Mitte November 2019 wackelte mehrfach die Erde bei Straßburg und Kehl, was hier in der Metropolregion fast ohne Beachtung blieb. Das Hauptbeben erreichte dort die Magnitude 3,2 auf der Richterskala. Die dortige Presse teilte mit, dass es keine Verletze gab, jedoch Ziegel von Gebäuden fielen und sogar Gebäude vorsorglich geräumt wurden. Spürbar waren diese Beben sogar noch in 15 KM Entfernung.
Das Straßburger Institut für Geophysik schließt als Ursache Bohrarbeiten an den umstrittenen Geothermieanlagen Reichstett und Vendenheim nicht aus und auch der franz. Erdbebendienst ReNaSS bewertet die Beben als „induzierte Ereignisse“.
Es ist unglaublich, mit welcher Macht Politiker und Lobbyisten trotz dieser Gefahr für die Bürgerinnen und Bürger aktuell versuchen, die Geothermie zu pushen und den Schutz des Wohneigentums in Verbindung mit der Energiewende völlig außer Acht lassen. Da vergibt Umweltminister Untersteller im März 2020 einen Forschungsauftrag an das beim KIT Karlsruhe angesiedelte Landesforschungszentrum für Geothermie, um die Geothermie weiter auszubauen. Der Bundesverband der Geothermie, bestehend aus Kraftwerksbetreibern, Wissenschaftlern und Lobbyisten, macht zur gleichen Zeit
Vorschläge für einen Gesetzesentwurf an den Bundesrat, der diese Vorschläge in seiner Sitzung am 15.05.2020 übernimmt und der Bundes-regierung bzw. dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt.
Es liest sich wie eine Wunschliste der Geothermielobby zu Lasten der betroffenen Bürger. So sieht der vorgelegte Gesetzesentwurf u.a. vor, dass die Betreiber mit einem millionenschweren Marktanreiz- und Erkundungsprogramm noch weiter entlastet werden, die max. Förderung von 10 Mio. auf 30 Mio. Euro erhöht wird, der Einkauf von Fremdstrom -meist aus der Kohleverstromung- von der EEG-Umlage befreit wird. Zudem soll die bisherige Beschränkung auf 4 Bohrlöcher je Projekt entfallen! Das ist besonders erschreckend, denn dann könnte der Oberrheingraben ausgehöhlt werden wie ein Schweizer Käse.
Wenn die Betreiber in Landau, Straßburg/Kehl und Insheim heute die Technik schon nicht beherrschen, wie soll das erst werden, wenn noch tiefer gebohrt wird und aufgrund von Zusatz-Bohrungen noch mehr kontaminiertes Tiefenwasser gefördert und wieder verpresst wird.
Wir haben uns Ende März 2020 erneut an Umweltminister Untersteller gewandt, um ihm seine Verantwortung für das Eigentum (Schäden durch Beben) und die Gesundheitsgefährdung (radioaktive Strahlung, Radon, hochexplosives Pentan) vor Augen zu halten.
Doch im Antwortschreiben vom 18.05.2020 wurden erneut alle Gefahren verharmlost und schön geredet.
Die ineffektive Energieart „Tiefengeothermie“ soll mit aller Macht und mit großen Summen an Förder- und Steuergelder landes- und bundesweit gefördert werden. Die Aussage von Untersteller, dass das Verständnis für den Untergrund und zum Auslösen von induzierten Ereignissen sich deutlich verbessert hat und die damit verbundenen Risiken sich inzwischen besser eingrenzen und bewerten lassen, möchten wir mit Blick auf die aktuellen Beben in Straßburg/Kehl und jetzt auch wieder Insheim nicht weiter kommentieren.
Die Fakten sprechen für sich !
März 2020
BRÜHL
Schildbürgerstreich von Umweltminister Untersteller zu Zeiten von Corona
GEOTHERMIE BÜRGERINITIATIVE KRITISIERT DIE ENTSCHEIDUNGEN DER LANDESREGIERUNG HEFTIG / THOMAS GAISBAUER SIEHT TRINKWASSER IN GEFAHR
„Ich ordne Beschlüsse als skrupellos ein“
„Ich kann es nicht fassen“, so Thomas Gaisbauer von der BI Geothermie. Zu Zeiten von Corona, stellt Umweltminister Untersteller die politischen Weichen für die Erprobung einer bislang völlig ineffizienten, gefährlichen und teuren Energiegewinnung aus Tiefengeothermie. Während in vielen Firmen die Bänder still stehen, Kurzarbeit angeordnet ist, Arbeitslosigkeit die Menschen sorgt und weltweit eine Rezession droht, trifft Untersteller in Stuttgart am 24.03.2020 still und leise eine solche „unmoralische“ Entscheidung und bewilligt dem Landesforschungszentrum Geothermie (LFZG) einen kostspieligen großen Forschungsauftrag.
Ich ordne das Beschlossene schon als skrupellos ein, so Gaisbauer weiter, zumal die finanziellen Mittel dringend an ganz anderer Stelle benötigt werden, anstatt für die Erforschung einer Energieart, die bisher nur durch negative Vorkommnisse aufgefallen ist, die gemessen an den hohen Investitionskosten keine nennenswerte Leistung bringt, große Risiken birgt und in den meisten Statistiken nicht einmal auftaucht. Bisher betonen zwar sämtliche Geothermie-Betreiber, sie haben aus den Pannen gelernt und seien besser als ihre Mitbewerber. Aber niemand kann uns auch nur ein einziges Geothermie-Kraftwerk nennen, das rund um die Uhr bei Wind und Wetter die versprochene Energieleistung bringt. Das liegt daran, dass gerade Kraftwerke in Wohngebieten aufgrund drohender Seismizität nicht mit der gewünschten Leistung betrieben werden dürfen. Wäre dies anders, hätte Untersteller aktuell kaum einen sicher millionenschweren Forschungsauftrag an das LFZG vergeben.
Auch Bürgermeister Göck lobte ja bisher die für das Brühler Projekt zuständige – und zwischenzeitlich insolvente - Firma GeoEnergy stets als äußerst kompetent. Heute stellt er die Firma überraschenderweise als „schlechte Firma“ (SZ 21.11.2019) dar.
Wie passt das zusammen? So verwundert es auch nicht, dass der Bürgermeister nun in Richtung Großkraftwerk bzw. MVV/EnBW blickt und diese als seriös einstuft, da sie ortsansässig sind. Doch auch hier möchten wir dringend davor warnen, sich aufgrund bekannter Anbieter in Sicherheit zu wähnen.
In einer globalen Welt wechseln Investoren und Machtverhältnisse schneller als uns allen lieb ist. Und ehe man sich versieht, steht hinter der heimischen EnBW plötzlich der in Australien gegründete Großaktionär „First State Investements“ (SZ 26.03.2020) oder – wie in Landau geschehen – die IKAV-Gruppe, vertreten durch den Luxemburger Fonds IKAV Invest S.à r.l. Es muss wohl an den finanziellen Anreizen liegen, dass sich immer mehr ausländische Unternehmen darum reißen, den deutschen Energiemarkt zu erobern. Dem Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau liegt bspw. der Antrag der Vulcan Energy Resource Pty. Ltd. Palmyra (Australien) auf Erteilung einer bergrechtlichen Erlaubnis zur Aufsuchung von Erdwärme, Sole und Lithium zu gewerblichen Zwecken im Feld Ortenau vor. Die Kosten tragen alle Bürger in Form völlig überhöhter Strompreise.
Völlig unverständlich ist für uns auch, dass gerade grüne Umweltverbände und Politiker sich auf der einen Seite medienwirksam für den Trink- und Grundwassersschutz aussprechen aber andererseits die Tiefengeothermie propagieren. Exemplarisch nennen möchten wir u.a. Frau Pilarsky-Grosch, Landesgeschäftsführerin des BUND Baden-Württemberg (SZ 26.03.2020), sowie den grünen Landtagsabgeordneten Kern, der sich beim Thema Entenpfuhl stark macht (SZ 29.11.2019). Alle mahnen sie den Schutz des Grund- und Trinkwassers als oberstes Ziel. Die steten Gefahren für unser Grundwasser bei der Geothermie aufgrund von Leckagen, wie im Jahr 2014 in Landau geschehen, oder infolge der Behandlung des Reservoirs mit Drücken und tonnenweise Säure, wird ignoriert. Selbst der ansonsten um sein Trinkwasser bedachte Zweckverband Wasserversorgung Kurpfalz (SZ 04.12.19+ 25.02.20) hält sich neutral zurück. Wir fragen uns warum ?
Die Befürworter vermeiden bei Tiefengeothermie stets den Begriff Fracking. Stattdessen wird hier verharmlosend von hydraulischer Stimulation gesprochen. Allerdings werden durch Stimulationsarbeiten in einem geothermischen Reservoir Erschütterungen zwangsläufig ausgelöst. Darauf weisen die Herren Sass und Homuth von der TU Darmstadt in einer Risikoanalyse hin. In Brühl kommt zusätzlich noch dazu, dass die Klärbecken des Klärwerks vermutlich schon geringeren Erderschütterungen nicht standhalten werden. Was das für die Umwelt und unser Trinkwasser bedeutet, müssen wir nicht erwähnen. Unser Schreiben an die Verantwortlichen des Abwasserzweckverbandes zu diesem Thema wurde mit „Schweigen“ beantwortet.