Umbenennung von Straßennamen

Ich habe Anfang 2022 beim Stadtrat in Gersthofen den Antrag gestellt, zu überprüfen, ob die folgenden Straßennamen in Gersthofen weiterhin tragbar sind:

  • Wernher-von Braun-Straße,

  • Georg-Wendler-Straße und Ehrenbürgerschaft,

  • Langemarckstraße,

  • Ludwig Hermann Straße,

  • Peter Dörfler Straße

  • Willy Messerschmitt Straße.

Wir, d.h. die meinen Antrag unterstützenden Organisationen

  • Stolpersteininitiative Gersthofen

  • Gersthofen ist bunt

  • Initiativkreis Stolpersteine für Augsburg und Umgebung

  • die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Kreisvereinigung Augsburg mit der Regionalgruppe Allgäu

  • Gegen Vergessen-Für Demokratie, Regionale Arbeitsgruppe Augsburg

  • Augsburger Friedensinitiative (AFI) und die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG.VK) Gruppe Augsburg

  • Forum solidarisches und friedliches Augsburg sowie

  • Bündnis für Menschenwürde Augsburg-Schwaben e.V.

sind der Ansicht, dass man nicht Widerstandskämpfer mit Stolpersteinen und dem Schulnamen ehren kann und gleichzeitig Straßennamen zur Ehrung von Personen im Stadtbild belässt, die nachweislich das nationalsozialistische Regime maßgeblich unterstützt haben bzw. sich für das System instrumentalisieren ließen.


Die Langemarckstraße in Gersthofen haben die Nationalsozialisten aus propagandistischen Gründen benannt und dort Siedlungshäuser für Invaliden gebaut, eine vorgeblich soziale Tat, die nur das Ziel verfolgte, Kriegsopfer zu heroisieren und für den nächsten verbrecherischen Krieg zu mobilisieren. Die Ehrenbürgerschaft und die Straßenbenennung für Georg Wendler aufrecht zu erhalten, erscheint uns in hohem Maße fragwürdig, es stellt sich hier die Frage, wie die Stadt Gersthofen mit ihrer eigenen Geschichte und ihrer Verantwortung heute umgeht. Ein Reduzieren auf (sicherlich vorhandene) Verdienste eines kommunalen Mandatsträgers kann nicht gedeihlich sein, wenn die andere Seite der Person, die jahrelange berufsmäßige Agitation für den Nationalsozialismus (und damit der propagandistischen Vorbereitung des Krieges) und das fraglose Mitwirken im Herrschaftssystem ausgeblendet wird.

Die Beibehaltung der „Wernher-von-Braun-Straße“ bedeutet für die Familie Pröll eine Demütigung und Provokation, wie Anna Pröll zu Lebzeiten immer wieder betonte. Fritz Pröll musste dort unter schlimmsten Bedingungen Zwangsarbeit leisten und suchte den Freitod, um andere Häftlinge nicht zu verraten. Aber auch hinsichtlich der anderen genannten Straßennamen möchten wir einen Diskussionsprozess in der Stadtgesellschaft initiieren, ob und in welcher Form das Jahrzehnte lang praktizierte frag- und kritiklose Gedenken heute noch sinnvoll ist. Wir erinnern dazu beispielhaft an die jüngst vollzogene Umbenennung der Langemarckstraße in Augsburg. Der Leiter der Gedenkstätten Buchenwald und Dora, Prof. Dr. Jens Christian Wagner hat sich hinsichtlich der Straßennamen wie folgt geäußert: "Straßenbenennungen nach historischen Persönlichkeiten sind öffentliche Würdigungen. Gewürdigt werden sollten Leistungen, die die Welt friedlicher, humaner und lebenswerter gemacht haben. Voraussetzung sollte sein, dass die zu würdigenden Personen Demokratie und Menschenrechte geachtet haben“. Für die oben genannten Personen, insbesondere Wernher von Braun und Georg Wendler treffen diese Kriterien keinesfalls zu.

Nähere Informationen

Antrag auf Umbenennung strittiger Straßennamen 15.12.2021

Überlegungen zur Umbenennung der Wernher-von-Braun-Straße in Gersthofen

Georg Wendler, geb. 21.12.1895

Überlegungen zur „Langemarckstraße“ in Gersthofen

Ludwig Hermann, Offizier und „Führer“ des Betriebs (* 10. April 1882 in Memmingen verst. 31.Mai 1938)

Peter Dörfler (geb. 27. 4.1878 in Untergermaringen, verst. 10.11.1955 in München)

Diskussion umstrittener Straßennamen in den folgenden Städten (Auswahl)



Presseartikel

Die Nazizeit vor Ort erforschen - Historikerin Edith Raim - Augsburger Allgemeine (31-12-2022)

Gersthofen diskutiert über Nazi-Straßennamen - Süddeutsche Zeitung am 28.01.2022

Die Diskussion ist nicht vorbei - Augsburger Allgemeine Land Nord (22-12-2021)

Nazi-Bürgermeister soll Ehrenbürgerwürde verlieren - Augsburger Allgemeine Land Nord (22-12-2021)

Bleibt ein Nazi-Bürgermeister Ehrenbürger? - Augsburger Allgemeine Land Nord (05-01-2022)

"Gersthofen sollte sich Rat von außen holen" - Augsburger Allgemeine Land Nord (19-01-2022)

"Fachbeirat Stolpersteine" prüft Straßennamen" - Augsburger Allgemeine

Gersthofer Fachbeirat nimmt nach Nazis benannte Straßen erneut unter die Lupe - Augsburger Allgemeine (02.02.2022)


Leserbrief "Nie war Demokratie so von rechts gefährdet wie heute"

Leserbrief "Nazi-Täter dürfen nicht verehrt werden" (29-12-2021)

Leserbrief "Bürgermeister der Täter" (28-04-2021)

Leserbrief "Kluge Beschäftigung mit dem Dritten Reich ist nötig" (27-01-2022)

Leserbrief "Bis der letzte kleine Nazi aufgespürt ist" (11-02-2022)

Leserbriefe "Polemischer Vergleich"; "Argumente fehlen" (15-02-2022)