14.08.21

Menschlichkeit überwindet die Spirale von Hass und Gewalt

Zeichen gegen das Vergessen am Dornberger Schloss in Groß-Gerau enthüllt



"Menschlichkeit überwindet die Spirale von Hass und Gewalt." Das ist die zentrale Aussage eines Mahnmales, das vor dem Dornberger Schloss in Groß-Gerau enthüllt wurde. Es zeigt Kinder, Frauen und Männer, die in einer sich öffnenden Spirale sich an den Händen halten: Symbol für den Zusammenhalt aller Menschen und des gegenseitigen Vergebens. Das Mahnmal ist nach einem Entwurf des Stockstädter Architekten und Künstlers Gerhard Habermann von der Firma Metallkultur (Groß-Umstadt) gefertigt worden. Entstanden ist es auf Initiative des Kreisverbands des Bundes der Vertriebenen (BdV); der Kreis Groß-Gerau unterstützte das Vorhaben.

Das Denkmal ist zugleich ein "Zeichen gegen das Vergessen", wie Helmut Brandl vom BdV-Leitungsteam sagte: „Dieses Denkmal soll verdeutlichen und mahnen zugleich, dass das Recht auf die Heimat als eines der von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit anerkannt und verwirklicht wird.“ Vertreibungen dürften nicht das Ergebnis kriegerischer Handlungen sein. „Nur der Verzicht von Rache und Vergeltung auf erlittenes Unrecht kann den Weg für ein friedvolles Miteinander der Völker ebnen.“

Die Idee zu einem für den Kreis zentralen Mahnmal sei 2016 während einer Feierstunde anlässlich der ersten Ankunft deutscher Heimatvertriebener im Kreis 70 Jahre zuvor gereift. Der Gedanke sei in Gesprächen vertieft worden, so Brandl weiter. Schließlich hätten Gespräche mit Landrat Thomas Will zu einem gemeinsamen Ergebnis geführt. Das wurde in der von Hans-Josef Becker (BdV) moderierten Veranstaltung den gut 60 Gästen vorgestellt.

Eine auf der Spirale angebrachte Tafel zitiert einige Sätze aus der Charta der deutschen Heimatvertriebenen aus dem Jahre 1950. Dort heißt es: „Wir haben unsere Heimat verloren. Gott hat die Menschen in ihre Heimat hineingestellt. Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat trennen, bedeutet, ihn im Geiste töten.“ Weiter: „Wir rufen Völker und Menschen auf, die guten Willens sind, Hand anzulegen ans Werk, damit aus Schuld, Unglück, Leid, Armut und Elend für uns alle der Weg in eine bessere Zukunft gefunden wird.“

Helmut Brandl dankte den Geldgebern, die neben dem BdV und der Kreisgruppe der Sudetendeutschen Landsmannschaft sich an der Finanzierung beteiligt haben: dem hessischen Ministerium des Innern und für Sport und der Kreissparkasse Groß-Gerau sowie weiteren Sponsoren. Sein Dank galt auch einer Bläsergruppe der Siebenbürger Musikanten aus Pfungstadt sowie der BdV-Musik- und Gesangsgruppe Biebesheim/Dornheim, die für die musikalische Gestaltung sorgten.

Landrat Thomas Will ging mit einem Wort von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf den Schriftzug ein: „Deutschland hat ein massives Problem mit Hass und Gewalt.“ Heute würden in bestimmten Kreisen nationale Interessen dominieren, seien demokratiefeindliche Haltungen schick, beförderten Hass und Hetze nicht nur die Spaltung in der Gesellschaft, sondern mündeten sogar in handfesten rechten Terror. „Genau in diesen Zeiten ist Ihr Plädoyer für Menschlichkeit ein starkes Zeichen!“ Weitere Grußworte sprachen Bundestagsabgeordneter Stefan Sauer und der Groß-Gerauer Altbürgermeister Helmut Kinkel.

Der in Königsberg (Ostpreußen) geborene Dr. Christean Wagner zitierte die Königsbergerin Hannah Ahrendt, der zufolge das Heimatrecht das erste Menschenrecht sei. Das gebe Anlass daran zu erinnern, dass nach dem Zweiten Weltkrieg 15 Millionen Deutsche ihre Heimat verlassen mussten, dabei zwei Millionen Flucht und Vertreibung nicht überlebten.

Der frühere hessische Kultus- und Justizminister ist heute Vorsitzender der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen. So wies er auch darauf hin, dass gegenwärtig weltweit 80 Millionen Menschen auf der Flucht seien. „Die Erinnerung an die von einem Teil unseres Volkes erlittene Vertreibung gibt uns die Berechtigung und die moralische Verpflichtung, zu den aktuellen Vertreibungen nicht zu schweigen.“ Der Verlust der Heimat löse Schmerz, Schock und nicht selten Traumata aus. Die Vertreibungen von damals sollten nicht vergessen werden: „Es bleibt eine Daueraufgabe für die Zukunft, Vertreibungen zu ächten.“