Mit dieser Ausstellung begebe ich mich auf eine fotografische Spurensuche.
Das Werk des Schweizer Schriftstellers Gerhard Meier ist mir seit 35 Jahren vertraut.
Seit 2011 verfolge ich die Idee zu dieser Ausstellung.
Seit meiner ersten Begegnung ² mit dem Werk des Autors, in den 1980er Jahren, fühle ich mit ihm und seinem Werk tief verbunden.
Es sind das besondere Klangbild und die Sprache des Literaten die meine Faszination beflügeln. Mal sind es Orte, Vegetation (Blumen und Bäume), mal sind es die kurzen, aber wichtigen Momente, die Meier würdigt.
Er kommt mir entgegen. Das Alltägliche und Unscheinbare hebt der Schriftsteller hervor.
Hier begegne ich ihm mit meiner Fotografie. Seit Jahren sind die Details von Natur und Material meine bevorzugten fotografischen Motive. Diese Suche nach dem Wesentlichen setze ich in eine eigene Bildsprache um. Die Motive der Ausstellung sind sowohl in Niederbipp (dem Geburtsort von Gerard Meier), als auch im ostbelgischen Raum entstanden.
Ich zeige einerseits poetische Momentaufnahmen aus Niederbipp alias Amrain und andererseits Fotografien, die Zitate aus Meiers Schreibe ³ wiederspiegeln.
Die Besucher*Innen erleben in dieser Ausstellung eine Einladung zum Lesen und zum Schauen. Diese Einladung gilt Meiers Texten und meinen Bildern. Sie sind der Ausdruck meiner persönlichen Wertschätzung und Würdigung.
In einer Welt, die zunehmend dem Zeitdruck ausgeliefert zu sein scheint, lade ich die Besucher*Innen zum Verweilen ein. Achtsames Wahrnehmen von Texten und Bildern gehört zum Leitgedanken der Ausstellung.
Es sind die Zwischentöne, die es mir wert sind gezeigt zu werden. Ein pastellgelbes Blatt, das Zartrosa einer Wolkenformation, der leise Wind, dessen Kraft mich berührt.
Ich lasse den Schriftsteller zu Wort kommen.
„Darum hat wahrscheinlich Kunst auch mit Erinnern zu tun, und ich glaube, die stärksten Sachen in der Kunst sind jene, die aus der Erinnerung aufsteigen, weil das Abgelebte, das Entschwundene, Unwiederbringliche unwillkürlich einen abendlichen Glanz enthält.“ ¹ Gerhard Meier
„Meine erste Begegnung mit dem Werk des Schweizer Schriftstellers Gerhard Meier fand mit der Lektüre des Reclam-Heftchens „Signale und Windstöße“ ¹ statt. Das schmale Bändchen erwarb ich während meiner Studienzeit.
Es war meine Zeit des Suchens. War das nun das, was wir den „Zu-Fall“ nennen?
Lange Zeit habe ich das dünne Heftchen ganz nah an meinem Herzen getragen. Es passt in jede Jackentasche. Meine Erinnerung an diese erste Lektüre ist bis heute hellwach.“ ²
Mein Herz ³ Gerhard Meier
Ich muß ein Herz
aus Eisen haben
ich spür
es oxydiert
Es gleicht dem guten
Gockelhahn
der einen Kirchturm
ziert
Und dreht sich mit
dem Winde auch
und lebt wie er
auf schmalem
Bauch
Und gackert
wenn es
friert
¹ Gerhard Meier, Signale und Windstöße, Gedichte und Prosa, Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart, 1989
² Johannes Weber, Auszug aus „Chronik einer Ausstellung“, Text zur Ausstellung „Erinnerungen an Amrain“ in Niederbipp (CH), 2020