Cop Culture

Eine Polizei zwei Kulturen

Das Erklärungsmodell ist mit Hilfe der Polizeiforschung entstanden, d.h. die Polizei war Gegenstand der Forschung. Das Modell befasst sich mit unterschiedlichen Kulturen und Subkulturen innerhalb der Polizei. Daran anschliessend werden die Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels auf die Polizei thematisiert. Das Erklärungsmodell soll Grundlagen- und Orientierungswissen vermitteln.

Die beiden Kulturen sind innerhalb der Polizeiorganisation (Hierarchie) angeordnet, wobei die Polizeikultur in den Führungs- und Kaderebenen anzutreffen ist. Die Cop Culture ist die archetypische Kultur der Polizisten/Innen auf der Strasse.

Übergeordnet und vor dem Hintergrund der Gesellschaft nimmt die "Politische Sphäre" Einfluss auf die Polizeikultur, diese aber entfernt sich dadurch von der Cop Culture und es entsteht ein Bruch zwischen den beiden Kulturen.

Polizeikultur:

setzt sich aus dem oberen Kader und der Polizeileitung zusammen, es sind die Sachbearbeiter im Büro, welche die Organisation managen. Die Kommunikation findet formal, schriftlich und in der Regel distanziert statt. Es werden Protokolle geschrieben und die Sachgeschäfte werden auf dem Dienstweg erledigt.

Die "politische Sphäre" hat sich zunehmend auf die Polizeikultur ausgeweitet, dies hat sie mit verschiedenen Instrumenten, wie Controlling, Politikplan und Steuerung über Geld bewirkt. Der Einfluss der politischen Sphäre wurde auch begünstigt, weil die Polizeiorganisation in den letzten Jahren transparenter und durchlässiger wurde. Früher war die Polizei eher ein geschlossenes System, eine typische Militärorganisation. Die "Entmilitarisierung" der Polizei schreitet immer weiter voran, sie entwickelt sich zu einer Dienstleistungsorganisation, zu einer Bürgerpolizei, "dein Freund und Helfer."

Cop Culture:

sind die Mitarbeiter im Aussendienst, sie bewegen sich mitten in den Problemen der Gesellschaft. Sie bekommen die Kriminalität und Gewalt hautnah mit und bewegen sich mehrheitlich im unschönen Teil der Gesellschaft.

Die Polizei soll die Probleme der Gesellschaft verwalten und dies möglichst freundlich, höflich und ohne Gewalt. Akteure in der Cop Culture wissen aber aus eigener Erfahrung, dass man nicht immer freundlich und nett sein kann, manchmal muss man Gewalt anwenden oder sogar auf Gewalt reagieren.






Die Lehmschicht

Zwischen den beiden Kulturen kommt es zu Brüchen oder man spricht in der Soziologie auch von "Fragmentierung".

Diese "Fragmentierung" ist an den Berührungsstellen der beiden Organisationen zu beobachten. Innerhalb der Polizei sprechen wir von einer "Lehmschicht", dies ist eine Analogie, weil durch eine Lehmschicht kein Wasser hindurch kommt, in der Organisation werden dadurch Informationen und die Kommunikation blockiert.

Interessant ist nicht nur das Entstehen einer "Lehmschicht", sondern auch wie diese am Leben erhalten wird. Also Fragen wie: welches sind die Bedingungen für eine Lehmschicht, wie ist diese entstanden, wie wird diese am Leben erhalten, etc.


Symptome der Lehmschicht:

Die Symptome der Lehmschicht lassen sich relativ einfach erkennen. Es ist die grundsätzliche Unzufriedenheit der einen Kultur mit der anderen Kultur.

Jede Kultur hat ihre eigenen Wertordnungen und dadurch unterschiedliche Werte. Dadurch kann auch keine gegenseitige Wertschätzung entstehen.

Die Akteure in der Cop Culture haben keine "Rückendeckung" von oben. Die Entscheidungen und das Verhalten in beiden Kulturen sorgen bei der anderen Kultur für Irritationen.


Daraus resultiert:

  • Fehlende Erwartungssicherheit
  • Fehlende Stabilität
  • Fehlende strukturelle Macht
  • Entscheidungen werden nach oben delegiert (vor allem die Unangenehmen)
  • Verantwortung wird nach unten delegiert (Überforderung)


Ursachen der Lehmschicht:

Unterschiedliche Denkweisen der beiden Kulturen: zielorientierte Werte (Konsequentialismus) werden der pflichtethischen Organisation (Deontologie) aufgezwungen.

Das Denken in der Polizeikultur orientiert sich an den Konsequenzen einer Handlung. Es geht dabei im Kern um eine utilitaristische Glücksmaximierung. Die Politik nimmt Einfluss auf die Polizeikultur, weil die Politiker wieder gewählt werden möchten. Somit ist auch das Handeln der Polizei mit der Zufriedenheit des Bürgers (Mehrheit) gekoppelt.

Die Handlungen der Cop Culture sind pflichtethisch begründet. Das heisst sie sind an Prinzipien gekoppelt, welche man sich verpflichtet.

Bei diesen Prinzipien handelt es sich u.a. auch um die Vereidigungsformel oder dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.


„Ich gelobe,

  • die Grundfreiheiten und die Rechte der Menschen zu achten und zu schützen,
  • die Verfassung und die Gesetze ihrem Sinn und Zwecke nach korrekt und gerecht anzuwenden,
  • die Anordnungen des Regierungsrates und meiner Vorgesetzten zu befolgen,
  • meine Pflichten ohne Ansehen der Person, vorurteilslos und unbestechlich, nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen,
  • mich streng an die Wahrheit zu halten und Verschwiegenheit über alles zu bewahren, was das Amtsgeheimnis und die Persönlichkeitsrechte geheim zu halten gebieten,
  • meine Kraft und Initiative zur Erfüllung meiner Aufgaben im Dienste und zum Schutz der Allgemeinheit einzusetzen und, mit meinem Verhalten stets zum guten Ansehen der Polizei beizutragen.“