Es gibt viel, was bei uns im Kopf rumspukt und was uns bewegt. Hier findet ihr ein paar Texte, meist aus Andachten, die wir gehalten haben. Vielleicht interessiert - hilft - inspiriert es euch auch.
"So kann ich beruhigt einschlafen und am Morgen in Sicherheit erwachen, denn der Herr beschützt mich" Psalm 3,6
Die Welt ist unsicher geworden. Bedrängnis kommt von allen Seiten. Wer kann jetzt noch Sicherheit bieten, Schutz gewähren? Wie soll man beruhigt einschlafen, in schnelllebigen Zeiten, die geprägt sind von Helfen und Hilflosigkeit, Mitgefühl und Sorgen, Angst vor Verlusten und Überforderung. Wie soll man in Geborgenheit die Augen schließen und darauf vertrauen, dass die Welt am Morgen in Frieden ist?
Wir dürfen nicht vergessen, Gott lässt uns nie allein.
Ein Vers auf dessen Worte wir vertrauen können, unabhängig davon, was um uns gerade passiert, ein Vers der mir Halt gibt. Was mich am stärksten an diesem Psalm bewegt: Der Herr zeigt uns jeden Tag aufs Neue, er ist da er beschützt uns und wir können ihm bedingungslos vertrauen, uns "fallen lassen" während wir schlafen, denn habe keine Angst vor dem Morgen, Gott ist schon dort.
Gedanken von Mona
"Der Mensch plant seinen Weg, aber Gott lenkt seine Schritte.“ Sprüche 16,9
Ich bin ein sehr systematischer Mensch. Ich plane sehr gern, und ich freue mich jedes Mal, wenn alles genauso klappt, wie ich es mir ausgemalt hatte.
Doch meistens passiert das nicht. Und je größer der Plan, je detaillierter man ihn sich ausmalt, desto enttäuschter ist man, wenn etwas schiefgeht.
Früher haben mich solche Erlebnisse extrem deprimiert; ich war verunsichert, wenn ich gemerkt habe, dass ich die Situation nicht unter Kontrolle habe. Ein Beispiel: Ich hatte mich auf mehrere Ausbildungsstellen beworben, aber eine hatte es mir besonders angetan. Das Bewerbungsgespräch lief gut, die Chancen standen 50:50, ich war zuversichtlich. In Gedanken malte ich mir schon farbenfroh aus, wie die nächsten 3 Jahre wohl ablaufen würden. Und dann kam die Absage...
Situationen wie diese gab es schon verschiedenste in meinem Leben. Aber im Rückblick kann ich sehen, dass der Weg, auf den Gott mich geführt hat, nicht schlechter – und vermutlich sogar besser – war, als der, den ich geplant hatte.
Dieser Vers bedeutet für mich Hoffnung: Hoffnung, dass Gott unseren Weg durchs Leben begleitet, und uns manchmal in die richtige Richtung schubst, wenn wir unsere Route schlecht geplant haben.
Gedanken von Tabea
"Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat." Psalm 103,2
Ein Vers den jeder von uns kennt, da er z.B. mehrfach als Grundlage für Liedtexte genommen wurde. Was mich daran bewegt?
Dass er von mir für mich ist.
Ich fordere meine Seele auf den Herrn zu loben und nicht zu vergessen, was Er mir Gutes getan hat. Dieser Vers verändert meinen Blickwinkel auf das Gute und fordert mich auf Gott zu loben, dem ich all das Gute zu verdanken habe. Dies wird kein Vers sein, der irgendwann ausgeschöpft ist, da er jeden Tag aufs neue relevant ist und mich begleiten kann.
Gedanken von Salome
von Inga Hoff
Ein Impuls für einen unserern EMil-Abend im November 2022.
#paulus #self-care #selbstfürsorge #gesellschaft
Aus dem Brief des Paulus an die Römer:
Ich ermutige euch, Geschwister:
Verlasst euch auf Gottes Mitgefühl
und bringt eure Körper als lebendige und heilige Gabe dar,
an der Gott Freude hat.
Das ist euer vernunftgemäßer Gottesdienst.
Schwimmt nicht mit dem Strom,
sondern macht euch von den Strukturen dieser Zeit frei,
indem ihr euer Denken erneuert.
Dann wird euch deutlich, was Gott will:
das Gute, das, was Gott Freude macht, das Vollkommene.
(Röm 12,1–2, Bibel in gerechter Sprache)
Der Körper als lebendige und heilige Gabe. Der Körper ist heilig für Paulus und für Gott vielleicht auch?
Es macht schon ein bisschen Sinn. Gott hat uns Menschen als sein Ebenbild geschaffen. Und den Körper, wo Gottes Geist drin wohnen kann.
Aber er ist viel mehr als eine Hülle und ein Mittel zum Zweck. Er selbst ist Gottes Schöpfung und wunderbar gemacht, er ist das Fundament, untrennbar verknüpft mit dem Geist, mit uns selbst.
Gott weiß das alles. Und er hat Mitgefühl für uns, wie Paulus schreibt.
Aber jetzt mal ehrlich: Wissen wir das? Haben wir Mitgefühl für uns selbst?
Finden wir, dass unsere Körper großartig sind, so, wie sie sind?
Mögen wir uns selbst, so wie wir wirklich sind? Zeigen wir uns das gleiche Mitgefühl, wie unseren Freund:innen, wenn sie exakt in derselben Situation wären?
Ich komme nicht drum rum zu denken, dass wir als Gesellschaft diese Punkte verfehlt haben. Die Zahl von Erkrankungen, die mit zerstörerischen Körperwahrnehmungen zusammenhängt, steigt gefühlt immer weiter an. Besonders für die Kinder und Jugendlichen ist es ein schwieriges Thema.
Für manche beginnt der Kampf mit und gegen sich selbst schon mit 10 Jahren. Viele Erwachsene haben aber auch damit zu tun.
Und alle versuchen ihren Platz in der Leistungsgesellschaft zu finden.
Ich frag mich, warum. Warum sind wir so getrieben davon, einer Alien-haften Vorstellung zu entsprechen. Warum müssen wir immer etwas leisten und wissen meistens gar nicht, für wen, warum, wozu, weshalb und ob wir das selbst überhaupt wollen. Warum müssen wir immer normal sein? Was ist, wenn wir in das fertige Schema nicht reinpassen?
Ich denke da schon eine Weile drüber nach und glaube, dass wir als Gesellschaft eine Reihe von wirklich abstrusen und zerstörerischen Vorstellungen gelernt haben und immer weiter übernehmen.
Und, dass diese uns von Gott, den anderen und uns selbst entfernen.
Du bist nur etwas wert, wenn Du Leistungen erbringst. Diesen Wert müssen andere abmessen können.
Du musst alle zwei Minuten prüfen, ob Du den Vorstellungen einer idealen Frau, eines idealen Mannes, der idealen Deutschen oder was auch immer genügst. Falls nicht, bist Du leider falsch.
Wenn Du Deine eigenen Grenzen mitteilst, bist Du schwach; wenn Du Dir selbst Mitgefühl zeigst, bist Du selbstsüchtig.
Für Paulus ist das ganze Leben Gottesdienst. Also nicht nur eine Stunde, in der ich mal kurz über diese Sachen nachdenke. Sondern Alltag, überall und jeder Zeit. Das ganze Leben.
Spannenderweise heißt es in der Übersetzung: „Schwimmt nicht mit dem Strom, macht Euch von den Strukturen eurer Zeit frei, indem ihr euer Denken erneuert“.
Das ist in dem Kontext erstaunlich passend. Es braucht vielleicht unser ganzes Leben und unsere ganze Aufmerksamkeit, um uns von dem zu lösen, was uns von Gott trennt und uns gefangen hält.
Aber vielleicht müssen wir jeden Tag neu die alten, kaputten Glaubenssätze löschen und uns auf das Wesentliche konzentrieren.
Das ist jetzt irgendwie naheliegend, aber manchmal sind die einfachsten Wahrheiten die wichtigsten: Schauen wir in die Bergpredigt. Wir sollen Gott, den Herrn lieben, und unsere Nächsten wie uns selbst. Wie uns selbst. Nicht mehr, aber auch ganz sicher nicht weniger.
Gott ist voller Mitgefühl für uns – wir sollten lernen, dieses Gefühl zuzulassen und auch uns selbst gegenüber zu schenken.
Und wir sollten lernen, das gleiche Mitgefühl, dass wir unseren Nächsten zeigen, auch uns selbst und unserem Körper zu schenken.
Er ist Teil Gottes Schöpfung und hat schon so viel für uns gemacht.
Und wenn wir jetzt im Paulusbrief weiterlesen würden, sind wir wieder bei der Gemeinde:
Erfüllt von der Zuneigung Gottes, die mir geschenkt wurde,
sage ich nun einer jeden und einem jeden von euch:
Überfordert euch nicht bei dem, wofür ihr euch einsetzt,
achtet auf eure Grenzen bei dem, was ihr vorhabt.
Denn Gott hat jedem und jeder ein bestimmtes Maß an Kraft zugeteilt,
Vertrauen zu leben.
Denkt an unseren Körper.
Er ist eine Einheit und besteht aus vielen Körperteilen,
aber nicht jedes Teil hat dieselbe Aufgabe.
So sind wir, obwohl wir viele sind,
doch ein einziger Körper in der Gemeinschaft des Messias.
Einzeln betrachtet sind wir Körperteile, die sich füreinander einsetzen.
(Röm 12,3–5, Bibel in gerechter Sprache)
Es ist OK und sogar notwendig, Grenzen zu haben. Denn da, wo meine eigenen Fähigkeiten und Kräfte aufhören, fangen vielleicht die Begabungen meiner Nächsten an.
Gott will nicht, dass wir mehr von uns geben, als wir haben.
Er möchte, dass wir als Gemeinde erkennen, dass wir es nur gemeinsam schaffen können und unsere einzigartigen Fähigkeiten wie ein Puzzle zusammensetzen müssen.
Und das Ziel: Vertrauen leben.
Das griechische Wort dahinter kommt im Neuen Testament ziemlich häufig vor. Es geht um eine Haltung, die dem kommenden Reich Gottes schon jetzt auf der Erde in der Gegenwart entspricht.
So ein Vertrauen ist das Gegenteil von Furcht, bewegt Berge und verwandelt Menschen.
Das wünsche ich jeder und jedem Einzelnen und uns als Gemeinde. Amen.
von Inka Schmitz
Ein Text, der es nach längerer Zeit des im-Kopf-herum-Spukens in diese Form geschafft hat.
#hoffnung #glaube #zweifel #senfkorn #persönlicheswachstum
Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. In diesem Glauben haben die Alten Gottes Zeugnis empfangen. Durch den Glauben erkennen wir, dass die Welt durch Gottes Wort geschaffen ist, dass alles, was man sieht, aus nichts geworden ist. (Hebräer 11, 1-3)
So beginnt das 11. Kapitel des Hebräerbriefs. Es folgt eine lange Aufzählung von Menschen und was ihr Glaube bewirkt hat. Sarah, die doch noch schwanger wurde; Mose, der das Volk aus Ägypten führte. Der Fall der Mauern Jerichos, die Propheten und viele mehr.
Glaube, feste Zuversicht, Hoffnung und Nichtzweifeln.
Klingt gut, ist offensichtlich gut, will ich haben. Aber irgendwie funktioniert das bei mir nicht, jedenfalls nicht immer. "Irgendwie funktioniert das nicht", dachten sich die Jünger wohl auch, als ein Vater seinen epileptischen Sohn zu ihnen brachte und sie bat, ihn zu heilen. Irgendwie funktionierte das nicht und als der Vater zu Jesus ging, antwortete dieser:
[…] und sprach: O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringt ihn mir her!
Und Jesus bedrohte ihn; und der Dämon fuhr aus von ihm, und der Knabe wurde gesund zu derselben Stunde.
Da traten die Jünger zu Jesus, als sie allein waren, und sprachen: Warum konnten wir ihn nicht austreiben?
Er aber sprach zu ihnen: Wegen eures Kleinglaubens. Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein. (Matthäus 17, 17-21)
Ja, Jesus hat es auch nicht leicht mit diesen Jüngern. Und mit mir. Kleinglauben beschreibt doch ganz gut mein defektes Glaube-Zuversicht-Hoffnungs-Modul.
Einfach mal ordentlich Beten und der Junge wäre geheilt gewesen. Und jetzt muss Jesus wieder alles selber machen.
Ich verstehe die Jünger zu gut. Es braucht wohl zu viel Glauben, um einfach mal ordentlich zu Beten.
Und nu? Vielleicht kann man ja einfach mehr Glauben beantragen. An anderer Stelle (Lukas 17) denken sich die Apostel das auch und bitten um Stärkung des Glaubens. Aber von Jesus kommt ein ganz ähnlicher Senfkornkommentar, nur mit nem Baum statt nem Berg.
Ist das hilfreich? Jesus verteilt keinen stärkeren Glauben und wir können ihn auch nicht selbst machen. Und was soll das mit dem Senfkorn? Mich würde echt interessieren, ob die Jünger das damals kapiert haben. Ich wäre mir da nicht so sicher. Die sind vermutlich einfach mit Jesus weitergezogen und haben wieder coole Dinge mit Jesus erlebt... vielleicht haben sie es ja irgendwann verstanden.
Wir ziehen auch erst einmal weiter und gönnen uns eine kleine Geschichte aus der heutigen Zeit:
Johannas Nachbarin spielt seit vielen Jahre Lotto. Johanna findet das ziemlich sinnlos. Die Wahrscheinlichkeit für den Hauptgewinn beträgt rund 1:140 Millionen, das Geld für die Lose hätte sie besser investieren können. Eines Nachmittags findet Johanna kurz vor Annahmeschluss den ausgefüllten Schein im Treppenhaus, er muss der Nachbarin wohl runtergefallen sein. Obwohl es regnet und sie die nächste Bahn verpasst, geht sie noch mal im Lottoladen vorbei und gibt den Schein pünktlich ab.
Was Johanna bewegt diesen Schein abzugeben ist definitiv nicht der große Glaube an den Gewinn, auch nicht die Hoffnung auf ein besseres Leben für sich selbst. Es ist kaum Glaube zu nennen, eigentlich ist es nur ein kleiner Zweifel daran, dass diesmal andere Zahlen gezogen würden als die, die ihre Nachbarin notiert hatte.
Wenn die Nachbarin jetzt nach 23 Jahren den Hauptgewinn erzielt, dann hat Johannas zarter Zweifel an der Erfolgslosigkeit des Lottospiels den großen Unterschied gemacht.
Da traten die Jünger zu Jesus, als sie allein waren, und sprachen: Warum konnten wir ihn nicht austreiben?
Er aber sprach zu ihnen: Wegen eures Kleinglaubens. […] (Matthäus 17, 19-21)
Hätte ein kleiner Glauben wie Johannas Zweifel, den wir auch Unglauben nennen könnten, schon gereicht, um den Jungen zu heilen? – Nein, vermutlich nicht.
In Markus 9 wird die Geschichte ganz ähnlich erzählt, nur dass der Vater die Symptome ausführlicher beschreibt und dann zu Jesus sagt:
Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns! Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.
Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube; hilf meinem Unglauben! (Markus 9, 22-24)
Auch der Glaube dieses Vaters ist kein tiefes Vertrauen, keine feste Zuversicht und allenfalls eine letzte, verzweifelte Hoffnung, allein - wie der Glaube der Jünger nicht groß genug, um sein Kind zu heilen. Doch da ist der Zweifel, dass schon alles verloren ist. Der Zweifel, der ihn zu den Jüngern getrieben hat, ja der Unglaube, dass Jesus seinem Sohn nicht helfen kann. Diesem Unglauben hilft Jesus, dieser Unglaube ist ein winziger Glaube, so klein wie ein Senfkorn und doch der Glaube, der einen entscheiden Unterschied macht.
Ich denke bei vielen der Heilungsgeschichten ist der Glaube, der rettet, viel ähnlicher einem Senfkorn als einem Baum. Und doch ist ein winziger Glaube auch ein Glaube, der geschenkt ist, ein Glaube, dem Taten folgen. Vielleicht keine großen, vielleicht nur der kleine Umweg in den Lottoladen.
Ein kleiner Glauben, der wachsen kann, und dem vielleicht auch mal größere Taten folgen können.
Ich glaube, Jesus will, dass wir uns nicht entmutigen lassen, wenn die Zweifel groß sind, dass sich etwas zum Guten wendet. Er will nicht, dass wir uns zurücklehnen und sagen: "Ich kann ja auch nichts dafür, dass mein Glauben nicht groß ist." Manche sind mit starkem Glauben gesegnet, andere nicht. Wir kennen alle Momente, in denen wir voller Zuversicht sind, und wir kennen die anderen. Warum das so ist, kann ich nicht genau sagen... wichtig ist, dass Jesus uns auf zwei Sachen aufmerksam macht. Zum einen sagt er:
O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? […] (Matthäus 17,17)
Für immer, Jesus, bitte für immer! Du hast diese Welt als Mensch zum Anfassen verlassen, aber du erträgst unsere Sünde und sandtest uns den Heiligen Geist. Und ohne dich bekommen wir's einfach nicht hin.
Ich glaube, auch wenn Jesus die Jünger ganz menschlich anmotzt, sagt er uns etwas Wesentliches. Wir können uns nicht selbst rechtfertigen. Wir können nicht selbst den Glauben machen, aus dem wir coole Dinge tun können und wir müssen das auch nicht. In unserem Zweifeln macht Jesus es halt mal wieder selbst!
Das bringt uns zu dem zweiten Punkt:
Wir sollen die Macht des kleinsten Glaubens nicht unterschätzen: Er kann bei so vielen Dingen den entscheiden Unterschied machen und sein wie ein Samenkorn, das wächst. Und manches, was wir in so einem Zweifel beginnen, macht Jesus groß und erfüllt uns so mit Zuversicht.
Wenn ihr merkt, das mit dem großen Glauben funktioniert einfach nicht richtig, dann probiert es doch mal mit Zweifeln. Zweifeln ist oft viel leichter. Von Gott weg zweifeln machen wir meist von allein. Aber wir können auch zu Gott hinzweifeln, mit einem winzigen Glauben, aus dem aber wahre Hoffnung entstehen kann und der den entscheidenden Unterschied macht.
Also lasst uns gemeinsam auf Gott zu glauben und zweifeln. Und darauf vertrauen, dass Jesus im Zweifel doch wieder alles allein wuppt.
von Inga Hoff
Ein Impuls für einen unserer ersten EMil-Abende im neuen Jahr 2021 über Zoom.
#corona #losung #jeremia #lukas #hirte #gemeinschaft #solidarität
Es war ein ganz normaler Dienstag vor einigen Wochen im Home Office für mich – erstaunlich, dass ich mich an den Wochentag noch erinnere – es war der gleiche Trott wie die Wochen zuvor, der metaphorische Papierkram türmte sich auf meinem Schreibtisch auf und im Blick nach draußen zeigte sich der erste Monat des neuen Jahres, das immerhin nicht 2020, aber irgendwie auch nicht wesentlich anders war.
Und ich habe gerade eine kurze Pause gemacht und die Losungen aufgemacht. Mich ein bisschen berieseln zu lassen, das war vermutlich der Plan. Obwohl es mir im Glauben häufiger so geht, war ich wieder einmal völlig überrascht von der Eindringlichkeit, mit denen mir da diese Wörter förmlich entgegenflogen.
Ich kenne diese Bibelstelle, habe schon etliche Male darüber nachgedacht; aber ich war trotzdem irgendwie überrascht von diesem Bild, dass ich wieder vor Augen sah: Der Hirte, der sich aufmacht, das EINE Schaf zu finden und an den EINEN Ort zu bringen, wo es hingehört. Ziemlich verrückt.
Und dann kam mir die Idee, dieses völlig absurde Inga-hat-sich-von-einer-random-Losung-begeistern-zu-lassen weiterzuverfolgen und so seid Ihr jetzt auch Teil meiner zufälligen Gedanken zu diesem zufälligen Thema – wobei Zufall hier sicherlich ein kurzsichtiger und kleiner Begriff ist ;)
Ich will die Übriggebliebenen meiner Herde sammeln aus allen Ländern und will sie wiederbringen zu ihren Weideplätzen, dass sie fruchtbar sein sollen und sich mehren. (Jeremia 23,3)
Diese Verheißung findet sich beim Propheten Jeremia und stammt aus einer schwierigen Zeit für die Israeliten, ein Teil des Volks wurde verschleppt, die Herde ist zerstreut. Und Gott verspricht, er will seine Herde, auch wenn über alle Winde verstreut und damit scheinbar aufgelöst, wieder zueinander bringen und zwar an den Ort, wo sie hingehören und wo sie wieder ein Volk werden können. Die weitere Geschichte vom Bund der Israeliten und ihrem Gott zeigt, dass Gott dabei geblieben ist. Und später hat er keinen geringeren als seinen eigenen Sohn geschickt, um sich um seine Herde zu kümmern. Jesus zieht das Gleichnis vom verlorenen Schaf heran: Der Hirte macht sich auf, um das EINE Schaf zu suchen, während er erstmal 99 zurücklässt. Keine gute Kosten-Nutzen-Bilanz, meldet sich sofort die Realistin in mir. Aber wie großartig muss es sich für das verlorene Schaf anfühlen? Das eine Schaf zu sein, was so wichtig ist, dass der Hirte kommt, um es zu holen. Für den Hirten war es sicher eine schwierige Reise und auch Jesus ist bereit, den Weg zu gehen. Jesus findet uns: in unserer Isolation, in unserer Ziellosigkeit, in unserer mittelmäßigen Motivation, in unserem Zweifel. Wie auch immer wir es geschafft haben, den Weg zu verlassen, er bringt uns zurück nach Hause.
Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eines von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er's findet? (Lukas 15, 4)
Aber noch etwas anderes schwingt für mich im Lehrtext mit, denn dieser Vers ist eine Frage. Die sich direkt an uns richtet.
Gute Frage, wer würde das machen?
Unsere Welt funktioniert so, dass wir abwägen müssen, um zu funktionieren. Verluste müssen einkalkuliert werden. Sicher gehören Verluste bei vielen Dingen einfach dazu. Aber würde Jesus das in Bezug auf Menschen so unterschreiben?
Für Jesus ist es völlig ausgeschlossen, dass jemand aus dem Raster fällt, alle sollen den Weg gemeinsam gehen und keiner auf der Strecke bleiben, das ist der Plan. Jesus ist kein Utilitarist, obwohl er es als einziger gescheit angehen könnte. Er macht keine Nutzenabwägungen und er ruht nicht, bis seine gesamte Familie wieder vereint ist.
Das ist hart zu hören, finde ich, weil wir gelernt haben, anders an Dinge ranzugehen. Wäre es nicht toll, in einer Gesellschaft zu leben, in der alle gemeinsam den Weg gehen? In der keine Person auf der Strecke bleibt, weil sie besondere Bedürfnisse hat? In der es nicht unliebsam ist, auf den eigenen Spaß und die eigene Grenzenlosigkeit zu verzichten, damit andere leben können? Gerade in dieser Zeit denke ich oft daran.
Gott zumindest hat ein Versprechen gemacht: Er lässt keine:n einzelne:n von uns verloren sein, sondern er begibt sich auf die Reise. Vielleicht muss er dazu auch den Weg verlassen und durchs unwegsame Gebiet gehen. Er holt uns ab, wo auch immer wir jetzt stehen. Und ich bin mir sicher, die Verheißung gilt heute auch noch: wenn das alles mal vorbei ist, dann wird er auch in diesem Jahrtausend seine zumindest ideell verstreute Herde sammeln und sie zurück auf den Weg bringen, für den sie bestimmt ist.
Und das Leben ist kompliziert, denke ich: Wir können ein wenig verloren sein und gefunden werden und gleichzeitig Hirt:in durch Gott werden und uns nach anderen auf die Suche machen. Das wünsche ich uns und unserer Gemeinschaft.