Laudatio zur Vernissage in Boren, 20.3.05
Ich begrüße Sie sehr herzlich zur Ausstellung des Malers Kurt Lambert. Ich bin die Stieftochter von Kurt Lambert, dessen Bilder aus dem Nachlass Sie hier sehen.
Er wurde 1908 in Berlin geboren und starb 1967, im Alter von 59 Jahren, in Hamburg überraschend an den Folgen einer Operation.
Kurt Lambert wuchs in Berlin als sehr behütetes Kind auf, träumte aber bereits während seiner Schulzeit davon, zur See zu fahren, oder – nach dem Abitur – ein Kunststudium zu beginnen. Doch sein Vater, von Beruf Buchbinder bei der Deutschen Bank, sorgte dafür, dass er etwas ‚Ordentliches’ wurde, und so studierte er Pädagogik und Sport, machte 1931 – also mit 23 Jahren – sein Sportlehrerdiplom.
Bereits während dieses Studiums nahm er Malunterricht und studierte dann – von 1932 bis 1938 – Malerei an der Kunstakademie in Berlin.
1939 bekam er den Großen Staatspreis für Malerei von der Berliner Akademie der Künste, zusammen mit zwei anderen Künstlern. Diese frühe öffentliche Anerkennung war wichtig für ihn und machte ihn über die Grenzen Berlins hinaus bekannt, doch alle weiteren Erwartungen wurden durch den Ausbruch des 2.Weltkrieges zunichte gemacht.
Lambert wurde eingezogen und war bis 1944 als Marinesoldat in Eckernförde stationiert, mit Einsätzen im Ärmelkanal und in der Ostsee.
Nach dem Krieg, bis 1950, blieb er in Eckernförde, da sein Atelier in Berlin ausgebombt worden war. Diese Zeit, direkt nach dem Krieg, war eine harte und bittere Zeit für viele – nicht nur für die Künstler. Für Lambert waren oft die Bilder das einzige Zahlungsmittel, das ihm zur Verfügung stand.
Doch Lambert hatte Glück. Er fand in der Gräfin Reventlow von Gut Altenhof bei Eckernförde eine Mäzenin, die ihm nicht nur Malutensilien, Leinwand, Firnis und Nägel usw. schenkte, sondern ihn auch mit Hausrat, Lebensmitteln und Kleidung versorgte. Aus dieser Zeit stammt diese kleine Zeichnung dort - „Holzbrücke“ - und „Strandleben“, das Aquarell, was danebensteht. Beide von 1946 und 47.
Seit 1946 war Lambert Mitglied im ‚Künstlerbund Schl.-Holst.’ und fing früh an, seine Arbeiten auf Ausstellungen zu präsentieren, unter anderem in Kiel, Flensburg und Eckernförde, später auch u.a. in Essen, Berlin und Hamburg.
Er zog 1950 nach Hamburg um und lebte dort die Winter über. Bereits ab 1948 begann er, die Sommer auf der Insel Sylt zu verbringen. Er mietete sich in Kampen, im heutigen Haus Ahrenshoop, einem alten Friesenhaus, ein kleines Zimmeratelier, und blieb dort von März bis Oktober.
1954 lernte er meine Mutter kennen, und so bekamen meine Schwester und ich nicht nur einen wundervollen Stiefvater, sondern auch die Möglichkeit, viel Zeit auf Sylt zu verbringen – ebenfalls in einem kleinen Zimmerchen – im Wiesenhaus, einem ehemaligen Hühnerstall.
Ich erinnere mich noch genau: in seinem kleinen Atelier – genannt die ‚Malklause’ - war nur Platz für 3 Möbelstücke: Klappbett, Tisch.... und Korbstuhl. Die Tür zu seiner Malklause stand immer offen, Besucher waren jederzeit willkommen, und sie kamen täglich – Freunde, Förderer, potentielle Käufer – gegen Nachmittag und Abend, zum Bilder angucken, zum Plaudern und zum Gitarrespielen und Liedersingen.
Tagsüber wanderte er zum Strand oder am Wattenmeer entlang und machte Skizzen. Die folgenden Tage stand er dann, draußen, auf der Wiese, vor seiner Malerklause im Innenhof des Friesenhauses, und malte nach diesen Skizzen Ölbilder und Aquarelle. Wir Kinder mussten dann ganz leise sein...
Von seinen Studienreisen, die er einmal im Jahr machte, brachte er jedes Mal eine Fülle von Eindrücken mit: Es waren Reisen nach Ibiza, Korsika u. Cote d'Azur, Korcula, Dubrovnik, bis hin nach Sierra Leone/ Westafrika. Die meisten Bilder entstanden allerdings in Hamburg und – natürlich - in Kampen/Sylt.
Wie naturverbunden er sich fühlte und wie sehr er diese Insel liebte, möchte ich Ihnen anhand eines Briefes deutlich machen, den er 1956 an meine Mutter schrieb. Er war offenbar in keiner guten Stimmung gewesen vorher und schrieb dann folgendes:
„Montagmittag raffte ich mich aus meinem Trauerdickicht mit Gewalt auf und marschierte Richtung Munkmarschen am Watt entlang. Traumklare Bucht, ein paar Wolkentupfen. Irgendwo schlief ich im Heidekraut, und als ich in der prallen Sonne diesen würzigen Heideduft tief einatmete, die kleinen Gräser groß gegen den unendlich weiten blauen Horizont sah, da stand neben diesem menschlichen Marasmus, neben kühlen Worten und Wunden diese urewige, greifbare und zugleich so traumhafte Welt.“
B.H.-L., März 2005