Im Trüben gefischt

von Jürgen Riemer

Region im Sternbild Löwe.  79x20 sec lightframes, darkframe-Abzug, Bildbearbeitung mit Deep Sky Stacker und Adobe Photoshop CS2.  Aufnahmestandort Neuss am Rhein.

Am 8. April 2016 herrschte über Neuss ein meist klarer Himmel, der nur phasenweise von einigen leichten Wolkenschleiern durchzogen wurde. Da am Tag zuvor Neumond war, waren die Bedingungen für einen dunkleren Himmel gut, selbst über städtischem Gebiet lassen sich dann Unterschiede ausmachen. Sterne bis zu einer Magnitude von etwa 3.5 konnten spontan wahrgenommen werden, so zum Beispiel die Tatzen des Großen Bären. Das ist nicht immer so gegeben.

Ziel war an diesem Abend der Versuch, das Galaxien-Triplet zu fotografieren. Als Teleskop kam der achromatische 120/1000 mm Refraktor auf einer mit Zwei-Achsen-Steuerung ausgerüsteten ADM-Montierung (ohne GoTo-Funktion) zum Einsatz. Für die Aufnahmen wurde die astromodifizierte Canon Eos 400D verwendet. Als Filter wurde ein Fringekiller wegen des Farbfehlers des Achromaten benutzt. Um dem Streulicht des Stadthimmels etwas entgegenzusetzen, sollte außerdem der CLR-Nebelfilter zum Einsatz kommen. Da dieser der derzeit einzige vorhandene Nebelfilter im Bestand ist und lediglich mit 1 1/4" Durchmesser, musste wegen der zu erwartenden Vignettierung von vornherein mit einem kleineren brauchbaren Ausschnitt des späteren Bildes gerechnet werden. Allerdings konnte dadurch während der Aufnahmen auf einen rückenfreundlichen 1 1/4" Zenitspiegel zurückgegriffen werden, um in den Fokus zu kommen. Da die Kamera über keinen ausschwenkbaren Monitor verfügt, hätte man sonst in der Hocke oder auf einem Stuhl in anstrengenden Positionen arbeiten müssen.

Da ein Nebelfilter angeblich auch die mögliche Belichtungszeit verlängert, ohne dass das Bild überbelichtet wird, sollten die Fotos bei der höchsten möglichen ISO-Zahl (1600) der Kamera entstehen, wobei als begrenzender Faktor die Nachführgenauigkeit angenommen wurde. Es wurde eine Aufnahmereihe von 40 Bildern mit 30 Sekunden pro Bild über die Fernbedienung eingestellt. Nachdem die Aufnahmereihe abgeschlossen war, stellte sich bei der Kontrolle der Bilder heraus, dass diese nicht fokussiert waren. Was man sah, waren kleine helle Bälle, aber keine Punkte. Was war passiert? Da an diesem Abend Jupiter in der Nähe der Region weilte, wurde der hellste Stern mit diesem verwechselt, der große Ball wurde als Planet fehlinterpretiert, und es wurde nicht weiter scharf fokussiert, da Jupiter im Teleskop bei höherer Vergrößerung ja ebenfalls keinen scharfen Rand besitzt. Da erstmalig ein Nebelfilter eingestzt wurde, kam auch die Idee nicht auf, dass Jupiter hätte viel heller strahlen müssen. Also musste nach einer knappen halben Stunde erneut fokussiert werden. Mangels einer Liveview-Funktion bedeutet dies: Aufnahme - Kontrolle - Nachfokussieren - Aufnahme - Kontrolle - Nachfokussieren und so fort, bis dass ein scharfes Bild entsteht. Bei einer Probeaufnahme über 30 Sekunden war festzustellen, dass die Sterne bereits in kleine Striche übergingen. Offenbar gab es also nicht nur ein Problem mit der Fokussierung sondern auch mit der Belichtungsdauer. Die Entscheidung fiel daher, die Belichtungszeit auf 20 Sekunden herunterzusetzen. Es entstanden zwei Reihen von je 40 Aufnahmen, davon wurden 79 zur Bildverarbeitung verwendet (auf einer Aufnahme waren die Sterne nicht mehr punktförmig, möglicherweise wegen des Schneckenfehlers der Montierung oder wegen einer Windböe).

Das Ergebnis bei der Bildbearbeitung war einigermaßen enttäuschend. Wo sind die Galaxien? Ist die richtige Region aufgesucht worden? Was ist denn nun tatsächlich fotografiert worden? Dennoch hat sich der Abend gelohnt, selbst wenn man unter Stadtbedingungen mal wieder im Trüben gefischt hat. Vielleicht sollte die nächste Anschaffung doch eine Go-To-Montierung sein? Aber dann geht etwas von dem sportlichen Reiz verloren, die städtische Herausforderung anzunehmen und die Galaxien selber zu finden. Mal sehen...

Neuss, den 10.04.2016