Pfaffensattel


Wir haben bei wunderbarem Herbstwetter am 14.9.07 – nach 6 Regentagen und dazu Besuch im Haus! – den nach unserer Meinung schönsten Wanderweg der Steiermark (oder schon Niederösterreich?) erlebt.

11.00 Sanfter Aufstieg vom Feistritzsattel (1298m),

12.45 Gipfel Großer Pfaff(1555m), - teilweise gibt es ziemlich ausgesetzte Stellen, aber es lohnt sich.

13.20 Gipfel Kleiner Pfaff(1539) – es hat uns einfach gereizt, den nicht markierten Einstieg zu finden. Dazu braucht man eine gute Wanderkarte (z.B. die örtliche Wanderkarte vom Tourismusverband Rettenegg)

13.45 Ankunft Gasthaus Pfaffensattelhaus. – Hier betreiben (BETRIEBEN!, das Haus ist inzwischen geschlossen!) zwei lebenslustige und herzerfrischende junge Weiberlein mit viel, viel Liebe ein zu neuem Leben erwachtes Gasthaus. Die Speisekarte bringt neben obligaten und notwendigen Schnitzeln auch leckere leichte Küche. Wir hatten eine sagenhafte Kaspressknödel-Suppe, gesunde wohlschmeckende Buchweizenpalatschinken mit kalter Kräutertopfenfülle, liebevoll dekoriert mit Blüten aus dem Kräutergarten, alles zu moderaten Preisen mit freundlicher Bedienung.

Auf die Frage, wo's denn nun hingehen soll, sagten wir, dass wir dem Wandervorschlag des Herrn Rambauske folgen und die Schlucht überqueren wollen. – Die freundliche (kärntnerische) Bedienung meinte, wir sollten doch lieber den sicheren oberen Weg gehen, die Schlucht sei viel zu gefährlich. – Ja, ja, das wissen wir, sagte ich noch lachend, und dann zogen wir los.

Nach 5 Minuten standen wir vor der Schlucht! Ich fühlte mich wie unser Kater, wenn er bei Regenwetter aus der Haustür schaut und sich rigoros weigert, hinauszugehen.

Das sah ja nun wirklich gefährlich aus, so hatte ich es mir nicht vorgestellt! Aber nachdem wir so eine große Klappe gehabt haben, wollte ich auch nicht wieder zurückgehen.

Ich ließ großzügig Fritz den Vortritt. Er hangelte sich gekonnt von einem – sicher scheinenden – Abtritt zum anderen, hielt sich an Grasbüscheln fest, suchte an einem Strauch Halt, überlegte, tastete, und sprang dann schließlich hinunter.

Ich fotografierte von oben, dachte mir, das werden doch hoffentlich nicht die letzten Fotos sein, - und beschloss, lieber 5 Minuten feige als ein Leben lang tot zu sein. Aber Fritz war nun unten, und ich wurde von ihm ermuntert, ich würde das schon schaffen, es sei leichter als man denkt. – Oh mein Gott, ich fing also an, suchte Halt, hatte kein Zutrauen zu den Grasbüscheln, - ich blieb stehen und wagte nicht nach unten zu schauen, wo Fritz mit seinem Wanderstock aufzeigte, wohin ich den nächsten Tritt aufsetzen sollte. – Ja, Herr Rambauske hatte mit Recht empfohlen, Kinder und Anfänger anzuseilen, wahrscheinlich auch Großeltern wie uns, - aber normalerweise pflegen wir kein dickes Seil mit auf Wanderschaft zu nehmen.

Ich habe es wirklich irgendwie geschafft, diese 4-5 m tiefe steile Felswand hinunterzukommen! Jetzt galt es aber, auf der anderen Seite wieder hinaufzuklettern.

Eine lange glitschige Felsplatte liegt da bereit, aber man kann sich nirgends anhalten außer an herausstehenden Wurzeln und losen Steinvorsprüngen, die beim Anfassen verdächtig locker wackelten. – Auch das haben wir beide geschafft, Herz in der Hose, Kribbeln in den Beinen und ein scheußliches Gefühl im Rücken. – Oben angelangt stoße ich einen lauten Herzogin-Johanna-Jodler in Richtung Gasthaus, die sollen nur wissen, dass wir es geschafft haben! – Geschafft?? Ich drehe mich um und sehe..... noch eine Spalte, die überquert werden musste. – Es gibt kein Zurück, es gibt keinen Umweg, - oh lieber Gott, warum tun wir das?

Diese Schlucht ist genauso gefährlich, meine Angst ist genauso groß, und wir schaffen sie auch genauso. – Oben steht ein Marterl. – Ob wir wohl auch eins gekriegt hätten?

Wir werden die Angelegenheit ganz für uns behalten, ich will unseren Freunden Kommentare wie: unvernünftig, leichtsinnig, wahnsinnig, und das in eurem Alter! – ersparen. – Es würde wohl keiner sagen: Toll habt ihr das gemacht! – Aber wir beglückwünschen uns gegenseitig und sind richtig stolz auf uns. – Jetzt stößt auch der "zahmere" Wanderweg zu uns und nun beginnt das, was Herr Rambauske als Wanderwonne pur bezeichnet. – Es stimmt: der Kardinal-Nagl-Weg ist ein wahnsinnig schöner Weg und es ist schade, dass er nicht markiert und mehr bekannt ist. Oder ist es vielleicht gut so?

Der relativ breite Weg endet nach einer Stunde in einem Heidefeld, wir steigen ab auf die sichtbare Forststraße, - Von da sind es dann noch 90 Minuten auf breitem Weg sanft bergab bis zum Feistritzsattel.

Ilse Brandt



P.S.

Es ist der schönste Wanderweg seit langem, die Schlucht-Überquerungen sind nicht notwendig, aber sie setzen das Sahnehäubchen drauf. – Den örtlichen Alpenverein und den Tourismusverband sollte man ermutigen, wenigstens ein paar Eisenkrampen zum Festhalten einzuschlagen und ein dickes Seil für notdürftigen (wenn auch nur psychologischen) Halt aufzuhängen. Ganz wunderbar wäre es, wenn für die zerbrochene Leiter, deren Reste noch unten in der Schlucht liegen, eine neue aus Metall angeschafft werden könnte. Dieser Weg ist wirklich eine Bereicherung für Wanderfreunde und jedem zu empfehlen!