Entwicklung der Stadt Hückelhoven
Wie Bergbau eine Region verändert hat, dass sieht man am eindrucksvollsten an der Entwicklung der Stadt Hückelhoven.
Hückelhoven liegt am Rande des ältesten Steinkohlereviers auf dem europäischen Festland, zwischen Aachen und Mönchengladbach. Es ist das Wurm-Revier, das sich vom Hohen-Venn bis zur Rur erstreckt.
Aus Jahrbüchern der Abtei Klosterrath geht hervor, dass dort schon 1113 eine Kohlengrube betrieben wurde. Doch Archäologen behaupten, dass es hier schon vor 8.000 Jahren, also in der Steinzeit, bergbauliche Aktivitäten gab. Neben Feuerstein wurden hier auch Blei-, Kupfer-, Zinn- und Eisenerze abgebaut und bis zu Beginn unserer Zeitrechnung sogar Gold.
Als die ersten Bergleute nach Hückelhoven kamen, um nach Kohle zu suchen, zählte dieses Örtchen gerade einmal 700 Einwohner. Erst durch den Bau von Bergarbeitersiedlungen, womit man schon 1918 in Doverack begann, erwachte dieses Dorf aus dem Dornröschenschlaf.
Die Entwicklung, nur einmal kurz unterbrochen durch den 2. Weltkrieg, ging zügig voran, so dass in den 60er Jahren, als die Belegschaft die 6.000 überschritten hatte und Hückelhoven 33.904 Einwohner zählte, ihr die Stadtrechte verliehen wurden.
Chronik der Zeche Sophia-Jacoba
Man schrieb das Jahr 1882 als ein Berghauptmann in Aachen behauptete, dass es hinter der Rur und am Niederrhein keine Kohle gäbe.
Doch die Familie Honigmann, die aus dem Mansfelder Kupferbergbau kam, teilte diese Auffassung nicht und ließ das Gebiet um Erkelenz durch viele Tiefbohrungen zwischen 1884 und 1907 erschließen. Es wurden erhebliche Kohlenvorräte gefunden, die aber auf Grund der für damalige Verhältnisse großen Teufe (Tiefe) nicht abgebaut werden konnten. Erst als die Eisenbahnlinie zwischen Baal und Roermond geplant wurde, setzte man im Gebiet um Schaufenberg Bohrungen an und fand in der Gemarkung Maiblume I und II in 180 m Teufe ein abbauwürdiges Kohlenflöz.
Der Fundort erklärt heute, warum die Bergleute früher nicht auf der Zeche Hückelhoven I und II arbeiteten. Sie haben auf „Maiblümchen“ Kohle gemacht. Dies war noch bis Anfang der 60-ziger Jahre so, als die Grube schon lange „Sophia-Jacoba“ hieß.
1908
1909
1911
1913
1916
1917
1918
1922
1924
1927
1932
1937
1944
1945
1952
1954
1956
1960
1964
1965
1968
1973
1975
1979
1980
1983
1985
1986
1988
1990
1991
1997
Planung der Eisenbahnlinie zwischen Baal und Roermond. In Schaufenberg wird Kohle gefunden.
Ansetzen des Bohrloches Schacht I.
Es wird eine Teufe (Tiefe) von 178 Meter erreicht. Grube und Grubenfeld erhalten den Namen Hückelhoven II.
Am 8. Januar kommt aus dem Flöz „Hüls“ die erste Kohle zu Tage.
Erste Aufzeichnung über die Belegschaftsstärke: Von der 28 Mann starken Belegschaft arbeiten 12 unter Tage. Im gleichen Jahr verkaufen die Erben von Friedrich Honigmann Anteile des Grubenfeldes.
Die von Dr. F. H. Fentener van Vlissingen gegründete „Nederlandsche Maatschappij tot Ontginning von Steenkoleden (NEMOS) übernimmt die Anteile der Gewerkschaft Hückelhoven II. Die Gewerkschaft ist in Gewerke (Kuxen) aufgeteilt. Die Gewinne werden auf die Kuxen verteilt. Die Verluste müssen die Kuxenbesitzer mit einer Zubuße ausgleichen.
Die Zeche Hückelhoven II erhält den Namen „Sophie-Jacoba“, der später in „Sophia-Jacoba“ verändert wird. Namenspaten waren die Ehefrauen der Betreiber van Vlissingen und de Vlooys.
Sophie van Vlissingen
Jacoba de Vlooys
Schacht II wird fertiggestellt. Die erste Zechensiedlung wird in Doverack gebaut.
Für die anfallende Feinkohle entsteht eine Brikettfabrik.
Inflation: Sophia - Jacoba druckt selbst Geld und zahlt je Schicht bis zu 1 Billion aus.
Die Belegschaft umfasst 1510 Mann. Die Jahresförderung beträgt 280.000 Tonnen.
Schacht 3 wird gebohrt und sofort auf 600 Meter abgeteuft.
In Ratheim wird ein Wetterschacht angesetzt.
Unter Tage lösen die Dieselloks die Preßluftloks ab. Es sind noch 42 Pferde unter Tage im Einsatz.
Auch „Sophia-Jacoba“ muss wegen der näher kommenden Kriegsfront geschlossen werden. Die 600-Meter-Sohle läuft voll Wasser.
Am 18. Juni werden die Arbeiten unter Tage wieder aufgenommen. Es waren 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser in die Grube gelaufen, die nach 171 Tagen am 21.01.1946 wieder abgepumpt sind.
„Sophia-Jacoba“ erhält auf Grund der Montan-Mitbestimmung im Grubenvorstand einen Arbeitsdirektor und einen 11 Mitglieder starken paritätisch besetzten Aufsichtsrat.
Die Nordwanderung gehr weiter. In Wassenberg-Rosenthal wird der erste Spatenstich für Schacht V vorgenommen.
Es fällt die Entscheidung, dass in Ratheim-Altmyhl eine Zentralschachtanlage gebaut wird. Das Grubenfeld S-J B wird von Bundeskanzler Konrad Adenauer als Preis für die Rückkehr des Selfkant an die Niederländer abgegeben. Der Wetterschacht IV in Ratheim wird zum Förderschacht umgebaut.
Schacht VI in Ratheim wird abgeteuft.
Ministerpräsident Meyers nimmt Schacht VI in Betrieb.
Hückelhoven, einst 720 Einwohner, durch den Bergbau auf 33.904 gewachsen, bekommt von Ministerpräsident Heinz Kühn die Stadtrechte verliehen.
Die Produktion der Silberkohle „Exthrazit“ läuft in der Brikettfabrik an.
Die erste Ölkrise sorgt für neue Absatzmärkte.
Am 13.09. kommt es auf Sophia-Jacoba zu einem Wassersandeinbruch und 150.000 Kubikmeter Sand laufen in die Grube.
Für 140 Millionen DM wird die neue Kohlenrundwäsche gebaut. Deren Durchmesse ist 10 Meter größer als die der Westfalenhalle in Dortmund
Schacht V in Wassenberg-Rosenthal wird als Seilfahrts- und Materialschacht fertiggestellt.
wird die 520.000.000 DM teure Zentralanlage in Ratheim fertiggestellt und eingeweiht. Die modernste Schachtanlage Europas sollte eine Investition für die Zukunft sein.
Die Exthrazitförderung steigt auf 420.000 Tonnen.
Die Belegschaft übersteigt wieder die 5.000-Mann-Schwelle.
Die Niederländer äußern erste Verkaufsabsichten. Die Ruhrkohle würde übernehmen, aber nur mit Stilllegungsdatum 1991.
Die Ruhrkohle AG übernimmt ohne Stilllegungsdatum.
Nach langen Protestaktionen, einer 14-tägigen Ausfahrtsverweigerung und einer 3-tägigen Besetzung des Aachener Doms wird in Bonn die Stilllegung für das Jahr 1997 festgelegt.
Am 27. März 1997 kommt die letzte Kohle nach über Tage.