„Nothing you are about to see is real“ – mit diesen Worten beginnt das Prompt Book zum KI-Bildgenerator DALL-E 2 auf der Webseite Dallery Gallery. Künstliche Intelligenz hat die Schwelle zur nahezu fotorealistischen Generierung von Bildern und Filmen überschritten. Bereits jetzt verändert sie die Arbeitswelt und Medienproduktion grundlegend – und doch stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung, die unser Medienhandeln und unsere Vorstellung von Wirklichkeit nachhaltig transformieren wird. Die langfristigen gesellschaftlichen, kulturellen und epistemologischen Auswirkungen dieser Technologien sind derzeit kaum abzusehen.
Gleichzeitig bietet sich jetzt die Gelegenheit, diese tiefgreifenden Veränderungen frühzeitig zu analysieren und kritisch zu reflektieren. Insbesondere die Integration von KI in Medienproduktion, Bildung und gesellschaftliche Kommunikation erfordert eine interdisziplinäre Auseinandersetzung, um einen differenzierten und verantwortungs-bewussten Umgang mit dieser Technologie zu fördern. Doch welche Konsequenzen hat dieser technologische Wandel für die Produktion, Ästhetik und Rezeption audiovisueller Medien? Wie verändert KI unser Verständnis von Wirklichkeit – und welche neuen Wirklichkeiten erschafft sie in ihren Bildern? Wie lässt sich der Übergang von ‚alten‘ Medien in das Zeitalter der KI-Medien zwischen Fortschrittseuphorie und Befürchtungen eines Realitätsverlusts verorten?
Die wissenschaftliche Tagung „Abschied von der Wirklichkeit? KI und die audiovisuellen Medien“ widmet sich diesen Fragen und Herausforderungen. Sie bietet eine Plattform für Wissenschaftler*innen aus der Film-, Medien-, Literatur-, Technik-, Kulturwissenschaft und Philosophie sowie angrenzenden Disziplinen, um die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen kritisch zu diskutieren und ein differenziertes Verständnis des KI-Wandels in der Medienlandschaft zu entwickeln.
Ziel der Tagung ist es, eine fundierte wissenschaftliche Auseinandersetzung über den Einfluss von KI auf audiovisuelle Medien anzustoßen und aktuelle Entwicklungen zu analysieren. Innerhalb der Trias von Ästhetik, Praxis und Ethik sollen interdisziplinäre Perspektiven zusammengeführt werden, um sowohl theoretische als auch anwendungsbezogene Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie KI unser Medienhandeln, unsere Wahrnehmung audiovisueller Medien und unser Verständnis von Wirklichkeit(en) verändert. Die kritische Reflexion der Potenziale und Risiken dieser Technologien trägt maßgeblich zur gesellschaftlichen Debatte über KI und Medienverantwortung bei.
Die Tagung gliedert sich in vier thematische Panels, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Rolle von KI bei der Produktion von Medienwirklichkeiten behandeln.
Panel 1: Die neue Wirklichkeit? Ontologie und Geschichte KI-generierter Bilder: Wie verändern KI-generierte Bilder unsere Vorstellung von Wirklichkeit? Inwiefern unterscheiden sich KI-generierte Wirklichkeiten von anderen Medienwirklichkeiten? Und wie verhalten sich KI-Bilder zu anderen Medienumbrüchen der Vergangenheit, zum Beispiel zur fotografischen Bildtradition?
Panel 2: Kreative Maschinen? KI, Kunst und Autorschaft: Dieses Panel widmet sich der Rolle künstlicher Intelligenz in kreativen Prozessen und hinterfragt ihren Einfluss auf künstlerische Autorschaft. Die Vorträge beleuchten theoretische und medienpraktische Perspektiven: von grundsätzlichen Fragen zu KI und Autorschaft über das kreative Potenzial maschinellen ‚Träumens‘ bis hin zum Einsatz KI-generierter Shot Lists und Storyboards in der Filmproduktion.
Panel 3: KI und die Zukunft der Film- und Medienwissenschaft: Dieses Panel behandelt die methodischen und theoretischen Herausforderungen, die der Einsatz künstlicher Intelligenz in der Medienwissenschaft mit sich bringt. Im Fokus stehen sowohl kritische Reflexionen als auch neue medienanalytische Ansätze, die durch KI-Technologien ermöglicht werden.
Panel 4: Wahrheit, Fälschung, Erinnerung? KI und Fake: Die Vorträge in diesem Panel untersuchen den Einfluss künstlicher Intelligenz auf die Authentizität und Inszenierung von Bildern im dokumentarischen und historischen Kontext. Die Vorträge beleuchten die Schnittstellen zwischen Täuschung und Wahrheit, ethischen Fragen und kreativen Potenzialen, die sich durch KI-gestützte Bildproduktion und -manipulation ergeben.
Organisiert von:
Dr. Jasmin Kermanchi (Institut für Medien und Kommunikation, Universität Hamburg)
Dr. Oliver Schmidt (Institute for Ethics in Technology, Technische Universität Hamburg)
Prof. Dr. Thomas Weber (Institut für Medien und Kommunikation, Universität Hamburg)