Pferd frißt beim Reiten

Das Pferd beginnt beim Reiten zu fressen

Einleitende Geschichte

Wir machen einen Ausritt. Das Wetter ist herrlich. Eigentlich schon ein wenig zu herrlich. Deshalb bin ich froh, als wir den schattigen Wald erreichen. Alles klappt prima, auch mein Pferd macht was es soll. Deshalb lasse ich ihm die Zügel etwas länger und erfreue mich unterdessen an der Natur. Von hier oben, vom Pferderücken, sieht alles nochmal so schön aus. Das sage ich meiner Mitreiterin, die neben mir reitet. Ich erwähne auch, daß ich es toll finde, daß wir Menschen überhaupt in der Lage sind, uns an solchen Dingen zu erfreuen. In diesem Moment geht schlagartig der Kopf meines Pferdes nach unten. Es beginnt von dem üppigen Waldgras zu fressen. "Nicht fressen lassen!" ertönt die Reitlehrerin. Also versuche ich sofort, den Pferdekopf mithilfe der Zügel wieder nach oben zu ziehen. Das ist ein Kampf! Und es dauert, bis ich den Kopf meines Pferdes vom Gras gelöst habe. Mir tun die Hände weh. Meinem Pferd durch die Einwirkung der Trense sicherlich die Mundwinkel.

Wer kennt diese Situation nicht? Da möchte man das Pferd durch Nachgeben der Zügel belohnen, und schon nutzt es das böswillig aus! Warum tut es das?

Kein Pferd nutzt den nachgegebenen Zügel böswillig aus. Neben dem Thema "Sicherheit" ist das Thema "Futter" das zweitwichtigste im Leben eines Pferdes. Im oben erzählten Beispiel hatte ich meine Aufmerksamkeit meiner Nachbarin zugewandt. Auf mein Pferd achtete ich nicht mehr. Es lief ja vorbildlich! Also hatte ich aufgehört, dem Pferd zu sagen, was es tun soll. Daß es sich für das wunderschöne Gras am Wegesrand interessierte, hatte ich nicht bemerkt. Daß es mich vorher sogar gefragt hatte, ob es jetzt fressen dürfe (der Kopf ging vorher schon einmal leicht nach unten), hatte ich nicht beachtet. Also dachte mein Pferd wohl: "Der da oben hat nichts dagegen, daß ich jetzt fresse."

Schon wieder sind wir bei den Themen "Aufmerksamkeit" und "Kommunikation". Wenn ich meinem Pferd keine Aufmerksamkeit mehr widme, trifft es selbstständig seine Entscheidungen. Warum auch nicht? Aus Sicht des Pferdes ist das völlig legitim. Wenn ich etwas will oder nicht will, muß ich ihm das mitteilen. Teile ich ihm nichts mit, will ich also auch nichts.

Geht der Kopf meines Pferdes das erste Mal nach unten, muß ich sofort mit dem Zügel dagegenhalten, um ihm zu sagen, daß ich das im Moment nicht möchte. Das ist meine Antwort auf seine Frage.

Habe ich diesen Moment verpaßt, steckt der Pferdekopf also bereits im Gras, brauche ich auch nicht gleich mit dem Pferd kämpfen. Es bringt rein gar nichts, außer daß ich uns beiden die Stimmung verderbe. Also warte ich einen kleinen Moment, bis das Pferd seinen Kopf von allein für einen Moment hebt. Jetzt ziehe ich den Kopf wieder hoch. Zeitgleich treibe ich das Pferd vorwärts. Ist der Kopf oben: Nachgeben! - Warum das leichter geht? Gegen den Wunsch des Pferdes, zu fressen, anzukämpfen ist ungleich schwieriger, als ein mit Gras gefülltes Pferdemaul wieder nach oben zu bekommen. Das Pferd ist für den Moment befriedigt.

Dem Pferd das Fressen beibringen

... und wieder damit aufzuhören, wenn ich es möchte.

Wenn Pferde unterwegs fressen, muß das nicht unbedingt ein Problem sein. Mein Pferd Guy wird ausschließlich von mir geritten. Die Stute Hilary nur von meiner Tochter. Beide Pferde dürfen unterwegs fressen: wenn wir das erlauben. Manchmal schlagen wir den Pferden auch von uns aus vor, hier zu fressen, indem wir zum Gras hinreiten, dort anhalten und ihre Köpfe senken. Wenn wir weiterreiten möchten, teilen wir das den Pferden mit: Wir zupfen am Zügel nach oben, gleichzeitig reiten wir an. Sofort kommen die Pferdeköpfe wieder nach oben und es geht weiter. Nahezu höflich, möchte ich fast sagen, fragen sie förmlich: "Ach es geht weiter? Gut. Natürlich.". Es kommt auch vor, daß Guy unterwegs fragt: "Da schau, das schöne Gras! Darf ich davon fressen?" Wenn ich einverstanden bin, lenke ich ihn dorthin, wenn nicht, halte ich einen Augenblick leicht mit Zügel und Schenkeln dagegen; das reicht ihm als Antwort.

Wir haben das den Pferden so beigebracht, auch daß man mit uns reden kann. Da niemand sonst auf ihnen reitet, bringen wir damit auch niemanden in Schwierigkeiten und können das so handhaben.