Siebleber Nebelgeister
Die Brauchtumsgruppe aus der Residenzstadt Gotha in Thüringen
Vom Seeberg her, zum Siebleber Teich, weiter zum Peter und über alle Fluren hinweg sind die Nebelgeister das ganze Jahr hindurch zu sehen – ob am Morgen, mittags, abends oder nachts. Immer wieder tauchen sie unvorhergesehen auf und wachen über die Natur und die Menschen der Residenzstadt Gotha. Sie sind die Wächter und Begleiter des Jahreskreises, Hüter der Natur und Bringer der Jahreszeiten.
Und wer kennt den Spruch „Nebel bei Siebleben“ nicht? Doch was hat es damit auf sich? In erster Linie ist er bekannt als Palindrom, eine Wortgruppe, die vorwärts wie rückwärts gelesen das Gleiche ergibt. Doch auch das Geheime und Wachende steckt dahinter, sodass sich im Jahr 2020 die Siebleber Nebelgeister erhoben haben.
Mit allerlei Klamauk, Schabernack, wilden Masken, Lärm und ihrem gespenstischen Auftreten vertreiben sie die bösen Geister. Sie sind auch als traditionelle Kinderschreckfiguren zu begreifen, die den unartigen Kindern nachstellen, den artigen Kindern jedoch stets wohlgesonnen sind und ihnen helfend zur Seite stehen.
Es zog ein Dichterknabe hinaus zu dem dunklen Hain,
Beschrieb mit Zeichen und Kreisen den Boden im Mondenschein,
Er las aus schwarzem Buche geheimen Geisterbann,
Und rief mit flehender Stimme hinein in den stillen Tann.
Herauf ihr alten Sänger, herauf aus eurer Nacht!
Stärkt meine leisen Lieder durch eurer Töne Macht.
Herauf ihr Meister alle der Klänge von Lieb’ und Streit,
Der Knabe ruft euch weinend, ach stillt mein tiefes Leid!
Lehrt meine Saiten erklingen wie Töne der Männerschlacht,
Und lehrt die Weisen, denen das Auge der Herrin lacht.
Ach lehrt das starke Werben um Liebeslust und Leid,
Und lehrt das selige Sterben im blanken Eisenkleid.
Doch Stille war um den saubrer, das trübe Mondenlicht
Fiel durch die Wolkenaugen ihm spöttisch ins Gesicht,
Die Bäume standen in Schweigen, es schwieg das weite Feld,
Nur in dem Buche summt’ es, wie Sang aus andrer Welt:
Was ruft in die Tiefe der Zeiten, du Thor, dein toller Mund?
Wie jene dereinst gesungen, wird nimmer, nimmer kund.
Was ihnen durch’s Herz gezogen, das haben sie offenbart,
Das kann zu allen Zeiten ein Jeder in seiner Art.
Denn Jedem schläft im Innern sein eigenes’, gutes Lied,
Und Jeder nach dem Fremden umsonst die Kreise zieht.
Nur was in dir selbst erklungen, giebt reinen, vollen Ton,
Und kannst du den nicht wecken, so schweige, Dichtersohn.
Gustav Freytag