Geschichte

"Die Schützengesellschaften sind der letzte Rest jener einst dem deutschen Bürger zustehenden allgemeinen   Waffenfähigkeit, die mit der hohen Blüte der Machtentwicklung der Städte aufs engste zusammenhing, als häufige Ein- und Übergriffe des Adels und der Fürsten die Städte zu beständiger Kampfbereitschaft nötigten ....

Die patricischen Geschlechter nahmen Waffen und Rüstung der Ritter an, die übrigen Bürger aber, nach Zünften und Stadtvierteln geordnet, rüsteten sich mit verschiedenen Waffen, meist mit der Armbrust." So definieren die Autoren der "Festzeitung zur 175jährigen Jubelfeier der Schützengesellschaft zu Ilmenau" im August 1891 die Schützengesellschaften in Deutschland.

Schützenvereine hatten sich in der damals allgemeinen üblichen Form von Gilden zusammengeschlossen. Als Schutzheiliger galt der durch Pfeilschüsse gemarterte St. Sebastian. Die Entwicklung von Schützenhäusern und Schießbahnen sowie jährliche Schützenfeste waren die Folge und wurden seitens der Städte weitestgehend gefördert und unterstützt.

"Man schoss mit Armbrust und Feuerrohr nach einem aus zähem Holz verfertigten großen Vogel, der oben an einer 20-30 Meter hohen Stange hing und nach der Scheibe, nicht selten um hohe Preise, Ketten und hohe Geldgewinne. Unter großer Beteiligung von Zuschauern und Gästen, die der Rat freigebig bewirtete, zwischen Kletterbäumen und Kegelbahnen, Markt- und Würfelbuden, belebt von Witzen und Spöttereien der Pritschmeister und Narren, währte ein solches Fest oft Wochen hindurch, alles in jener harmlosen Fröhlichkeit, die ein tüchtiges Volk im Gefühle seiner Kraft empfindet" ...  ...- berichtet die Festschrift zum 210.Jubiläum der Schützengesellschaft Ilmenau aus dem Jahre 1926. Diese Feste dienten jedoch nicht allein nur dem Vergnügen.

"Namentlich gediehen die Schützenfeste, welche den Bürgern dasselbe wurden, was den Rittern die Turniere gewesen waren, zu großer Ausdehnung und hoher, selbst politischer Bedeutung". Es ist uns überliefert, dass die vielfältigen Strömungen im Kampf um ein "Deutschland einig Vaterland" auch oder besonders in Schützenkreisen lebhaft Teilnahme fand. Diesbezüglich wurde 1861 in Gotha das "Erste Deutsche Bundesschießen" durchgeführt, bei dem auch der noch heute bestehende "Deutsche Schützenbund" gegründet wurde.

"Dem 1862 von Gotha erfolgten Aufruf  an die Frauen der deutsche Schützen um Spenden zur Stiftung eines schwarz-rot-goldenen Schützenbanners wurde von den Ilmenauer Schützenbrüdern mit einer Spende von 4 Reichstalern 5 Groschen entsprochen." Die Schützengesellschaft Ilmenau war höchstwahrscheinlich am 27.07.1716 gegründet worden, worauf das am 27.07.1816 begangene 100jährige Jubiläum der Schützenfahne hindeutet. Sie hatte die "brüderliche Vereinigung braver Männer zum Zweck, die zu gewisser Zeit zusammen kamen, um durch gemeinnützige Gespräche und Handlungen, durch Einigkeit und Geselligkeit und durch erlaubte Spiele oder Lektüre sich zu erholen. 

Die geschichtliche Darstellung der Schützengesellschaft Ilmenaus wird insofern erschwert, da verheerende Feuerbrünste die Stadt heimsuchten bei denen u.a. auch alles historische Schriftmaterial, Urkunden u.dgl. verloren ging. Im Jahre 1814 erhielt die Schützengesellschaft Ilmenau von Ihrer Kaiserlichen Hoheit, Frau Großfürstin Maria Paulowna, eine neue Fahne, "die am 23. Februar desselben Jahres feierlichst geweiht wurde."

In den Jahren von 1836 bis 1939 erfolgt der Bau der Verbindungsstraße zwischen Ilmenau und Manebach, was die Umgestaltung des Felsenkellerplatzes und der aus diesem Grunde erfolgte Abbruch des unmittelbar gegenüberliegenden Schützenhauses zur Folge hatte. Am 29.12.1839 wurde deshalb der Bau eines neuen Schützenhauses beschlossen. Der Kostenanschlag belief sich auf "1097 Thlr. 20 Gr. 8 Pf."

Die schießsportfeindlichsten Jahre waren offensichtlich das Jahr 1933 und das Jahr 1945. Die Waffen der Schützengesellschaften wurden gewaltsam unbrauchbar gemacht, Schießstände zerstört. Kleinodien der Vereine, wie Fahnen, Schützenketten, Becher, Pokale u.a. fielen in fremde Hände.

Demgegenüber kann dank dem bisher gezeigten Verständnis von Bund, Treuhand und Kommunen die Zeit des geselligen Vereinslebens und des traditionellen Schützenbrauchtums auch im Osten Deutschlands wieder aufleben. Schießsportvereinigungen wirken in dem Bestreben, dass ihre geliebte Sportart künftig nicht mehr nur allein von privilegierten Leistungssportlern, sondern von allen am Sportschießen Interessierten, gleich welchen Alters, ausgeübt werden kann. Schießsportenthusiasten fanden sich deshalb nach den erfolgten gesellschaftlichen Veränderungen in unserem Lande zusammen und gründeten in dem Bemühen, das Schützentum, das einst dem Schutz der Menschen und der Gemeinschaft diente und heute zum Wahrer eines der damit traditionsreichsten und schönsten Sportarten geworden ist, erneut aufleben zu lassen und traditionsbewusst weiterzuführen.

Unter diesem Gedanken und mit eben dieser Absicht entstand auch Anfang März 1990, als einer der ersten Ilmenauer Vereine, die "Schützengesellschaft Ilmenau e.V.".

 Das 275jährige Bestehen der Schützengesellschaft im Jahre 1991, wurde zum Anlaß genommen, eine neue Vereinsfahne herstellen zu lassen. 

...und das ist die neue Vereinsfahne der Schützengesellschaft Ilmenau. Sie wurde dankenswerterweise kurzfristig von der Fahnenstickerei Fahnen-Koch in Coburg hergestellt. Die in die Fahne eingestickten Jahreszahlen haben dabei folgende Bedeutung: 

Das Jahr 1716 ist das eigentliche Gründungsjahr der Schützengesellschaft Ilmenau, die sich auf Grund des gesellschaftlichen Umbruchs im Osten Deutschlands im Jahre 1990 neu gegründet hatte. 

Das ist die (von unserem Schützenbruder Eckhard Gehlhaar gefertigte) Nachbildung der im Fundus des Ilmenauer Heimatmuseums befindlicher Schützenfahne, die im Jahre 1814 der Schützengesellschaft Ilmenau von Ihrer Kaiserlichen Hoheit, der Großfürstin Maria Paulowna gestiftet und übergeben wurde.  

Sie ist im Original aus sehr dünner Seide gefertigt und deshalb vom Zahn der Zeit stark angenagt. 

Dieses etwa 6x2m große, im Jahre 1936 von dem Ilmenauer Künstler Alfred Wegwerth gefertigte Ölgemälde, befindet sich in stark gealtertem Zustand zusammengerollt im Fundus des Ilmenauer Heimatmuseums. Um es der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können, wurde es in mühevoller und zeitaufwendiger Kleinarbeit von dem Ilmenauer Schützenbruder Eckard Gehlhaar als verkleinerte Kopie in Öl gemalt und im  Gebäude des Schießstandes Ilmenau aufgehängt.  

"Volks- und Schützenfest anno 1814 ....  Aufzug der Schützenkompanie vor dem  Felsenkeller, der durch den Besuch  des Herzogs Carl August und Goethes historisch gewordenen Gaststätte."   

Aufgrund der Auflösung der GST-Sportorganisation der  ehemaligen DDR, bestand die Gefahr, dass insbesondere Kinder und Jugendliche ihre sinnvolle und geliebte Freizeitgestaltung verlieren.  Ihnen sollte in einem neuen Verein wieder eine feste Heim statt gegeben werden. Damit sollen in gemeinnütziger Weise  die Traditionen und das Brauchtum der seit Anfang des  18. Jahrhunderts bestehenden Schützengesellschaften unseres  Territoriums gewahrt und weitergeführt, das Sportschießen  im Sinne der olympischen Idee Coubertins ausgeübt und  dabei insbesondere das gesellige Miteinander gepflegt werden.  Unmittelbar nach ihrer Gründung nahm die Schützengesellschaft Ilmenau zur Festigung städtepartnerschaftlicher  Beziehungen Kontakte zur "Schützengesellschaft 1849 e.V.  Homburg/Saar" auf.  Delegationen beider Schützengesellschaften tauschten bei gegenseitigen Besuchen Erfahrungen aus, von denen verständlicher Weise im besonderen die Ilmenauer profitieren  konnten. Inzwischen ist die Schützengesellschaft Ilmenau Mitglied der Südthüringer Schützenvereinigung e.V.  des Thüringer Schützenbundes e.V.  des Landessportbundes Thüringen e.V.  des Deutschen Schützenbundes e.V. und unterhält sportliche Kontakte zu weiteren Schützenvereinigungen der Altbundesländer Bayern und Hessen.

"Die hiesige Schützengesellschaft verfolgt jetzt nicht mehr ihre eigentliche Gründungszwecke, was sie aber schon einst war, ist sie auch heute noch nach 175 Jahren :

Die erste und vornehmste Gesellschaft Ilmenaus. Möge sie blühen und gedeihen und ihr Glanz auch noch künftige Generationen erfreuen!" Abgesehen von der heute amüsant anmutenden Formulierung dieses Schlusssatzes der Festzeitung aus dem Jahre 1891, möchte man gerade den letzten, fast demonstrativ erscheinenden Ausruf besonders denen entgegenhalten, die dem Sportschießen nicht wohl gesonnen und offenbar der Meinung sind, dass es sich hierbei um Relikte längst vergangener Zeiten handelt.  

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