Erlebnisbericht Christa Gutmann

Das Tullner Reparaturcafe - ein Erfolgsprojekt des Miteinanders

Erlebnisbericht von Christa Gutmann

Tulln, 31,1,2023

 

Am 18.10. 22, 17:30 bot der festliche Minoritensaal einen würdigen Rahmen für das Treffen Interessierter. Mit den Worten: „Es gibt für uns alle viel zu lernen“ fand die konstituierende Sitzung für das Tullner Reparaturcafé unter der Leitung von Franz Schmidt statt...

…und schon ein Monat später fanden sich Menschen mit Dingen, die sie tragen konnten und die sie gern repariert hätten, im Tullner Reparaturcafe ein. Ein lebendiges Treiben verband Junge und Alte. Oft konnte geholfen werden und selbst wenn keine Reparatur mehr durchgeführt werden konnte - schon dies zu wissen war oft erleichternd.

Auch kleine Schäden an Kleidung wurden repariert; damit sicherten sich auch Frauen einen Platz – neben der freiwillig und gern übernommenen Aufgabe, für Kaffee und Kuchen zu sorgen – woran sich wiederum Männer partnerschaftlich beteiligen. Seither gab es schon mehrere Treffen.

Und nun würde ich gern vom „Tullner Wunder“ sprechen:

1. Bei diesen Treffen, die sehr individuell – und grundsätzlich demokratisch organisiert sind – zeigt sich die positive Wirkung sozial paritätisch gestrickter Netzwerke: Jedes Mal kommen mehr Gäste ins Reparatur Cafe! Und die Stimmung bei den Abschluss-Besprechungen im Team zeugt von Erfolg und Freude – obwohl ein langer und auch beschwerlicher Tag zu Ende geht!

2. Es findet eine sinnvolle Durchmischung der Generationen statt, denn auch junge Menschen beteiligen sich am Geschehen. Folgen des demographischen Wandels werden spürbar und deutlich erlebbar: doch über das gemeinsame Interesse finden die Generationen gut (und humorvoll) zueinander.

3. Die Menschen, die im Reparaturcafé ihr Wissen und ihr Können anbieten, sind entlastet vom Leistungsdruck aber nicht von persönlichem Ehrgeiz: so kommt es, dass sie sich beständig und intensiv mit den Anliegen befassen, mit denen die Besucher und Besucherinnen zu ihnen kommen. Jeder fühlt sich willkommen bzw. gebraucht. Das ist Balsam fürs Selbstwertempfinden und unterscheidet sich grundsätzlich vom modernen Kommerz und seiner durchdachten und geschulten Sachlichkeit (die damit nicht abgewertet werden soll).

4. Das Reparaturcafé verweist auf die Chancen und Besonderheiten, die sich den Menschen jenseits der Lebensarbeitszeit bieten. Als wichtige Faktoren zeigen sich: Freiwilligkeit, Selbstbestimmtheit und positive zwischenmenschliche Kontakte sowie die innere Einstellung und Bereitschaft zu lernen (statt zu urteilen).

5. Wie komme ich zum Begriff „Tullner Wunder“?

Ich kann es nicht erklären, was das Wunderbare ist; ich schweige auch nicht, weil es schwierig ist, darüber zu reden. Ich versuche es mit einem Gleichnis:

Dieses Reparaturcafé scheint mir ein gelungener Wurf – ein Baby, das mit Engagement entwickelt wurde, das wacher Aufmerksamkeit und Pflege bedarf, und das ob seiner erfrischenden „Neuheit“ und scheinbaren Unbekümmertheit die Herzen der Menschen gewinnt.

Ist das nicht wunderbar?