Die Ergotherapie - eine Unterstützung kranker und verletzter Menschen
Die Ergotherapie - eine Unterstützung kranker und verletzter Menschen
Du möchtest später einmal mit Menschen arbeiten und ihnen helfen, ihr Leben zu erleichtern und ihren Alltag zu bewältigen? Dann ist die Ergotherapie vielleicht etwas für dich! Ich bin Malika Gerlach und ich habe meine Tante ein bisschen über ihren Beruf ausgequetscht. Ich konnte mir unter der Ergotherapie nie wirklich viel vorstellen, da dies kein Beruf ist, von dem ich oft hörte. Aber genau deswegen wollte ich dieses Interview unbedingt mit ihr führen, damit ich selbst und auch andere mehr über diesen Job erfahren können und sich vielleicht sogar dafür entscheiden, später ebenfalls diesen Karriereweg einzuschlagen.
Malika: Was genau macht ein/e Ergotherapeut/in und um welche Patienten kümmert er/sie sich?
Frau Sewig: Die Ergotherapie ist ein sehr breit gefächertes Tätigkeitsfeld, man kann vielleicht sagen, es geht im weitesten Sinne um das Wieder-Tätigsein, also darum, noch nicht erworbene oder verloren gegangene Tätigkeiten wieder einzuüben. Deshalb sind es auch Patienten/Patientinnen aller Altersgruppen und Bereiche, die wir betreuen. In der Praxis gibt es ein besonders breites Spektrum an zu behandelnden Personen, zum Beispiel Kinder mit Lern- und Wahrnehmungsstörungen, Personen mit neurologischen Erkrankungsbildern, orthopädische Patienten/Patientinnen sowie Personen mit psychischen Krankheiten.
Malika: Wie verläuft die Behandlung der Patienten?
Frau Sewig: Leider gibt es natürlich viel Zeitdruck, je nach der vom Arzt verschriebenen Behandlungsart, 30, 45 oder 60 Minuten Zeit, innerhalb der bei Hausbesuchen aber alles Drumherum erledigt sein muss (Weg zu den Patienten, Dokumentation, Berichte, Her- und Aufräumen, Desinfizieren usw.). In der Klinik haben wir immer nur 30 Minuten pro Person. Zunächst gibt es viele Formalitäten zur Aufnahme zu erledigen (Abfrage der Wahrnehmung, Denkfähigkeit und Wohnsituation), da wir Therapeuten/Therapeutinnen auch Rezepte ausstellen sollen. Dann erfragen wir persönliche Ziele der Patienten/Patientinnen, meistens wollen sie wieder laufen können. Daraufhin wird trainiert, zum Beispiel das Laufen mit Gehgestell, als nächsten Schritt mit einem Rollator und mit Geräten zum Aufbau von Kraft und Ausdauer.
Malika: Kann man eine/n Ergotherapeuten/Ergotherapeutin als Arzt/Ärztin bezeichnen und warum/warum nicht?
Frau Sewig: Nein, Ergos sind Therapeuten/Therapeutinnen, keine Ärzte/Ärztinnen. Das ist eine Ausbildung, kein Studium. Wir haben zwar auch viele medizinische Inhalte in der schulischen Ausbildung, aber das ist nur ein Teil und da geht es eben auch viel um praktische Inhalte und Umsetzungen (Handwerksunterricht, psychopädagogische Fächer, Behandlungstechniken). Die medizinische Diagnose stellt immer ein/e Arzt/Ärztin, er/sie verordnet auch die Ergo- oder Physiotherapie (= Krankengymnastik).
Malika: Wie war die Situation in Ihrer Praxis zu Beginn der Corona-Pandemie?
Frau Sewig: Zu diesem Zeitpunkt war ich noch in der Praxis in Weinheim tätig. Relativ bald wollten die Wohn- und Altenheime keine Therapeutenbesuche mehr von außerhalb. Einige Hausbesuchs-Patienten/Patientinnen wollten das auch nicht mehr. Da jedoch Kollegen/Kolleginnen zu vertreten waren und viele Patienten/Patientinnen weiterhin kamen oder weiter Hausbesuche wollten, gab es trotzdem viel zu tun. Die Chefin ließ für jede/n Mitarbeiter/in fünf Stoffmasken aus dickem Damast nähen. Noch mehr Desinfektionsmittelbehälter wurden aufgestellt, viel durchgelüftet und Flächen und Materialien auch noch häufiger gründlich gesäubert. Es wurden ebenfalls zum Teil Handschuhe getragen.
Malika: Wie ist sie die Situation in der Pandemie mittlerweile?
Frau Sewig: In der Klinik wechselt sie etwas, natürlich insgesamt mit noch mehr Schutzausrüstung – zeitweise sollten wir mit den Patienten/Patientinnen in den Zimmern auf der Station bleiben und kein Material verwenden – das gilt immer noch für infektiöse Personen, häufig mit multiresistenten Keimen, oder eben mit COVID. Für letzteres gibt es eine Isolierstation. Dort müssen wir vorm Eintreten Kittel, Haube und Handschuhe anziehen, vor der Zimmertür eine weitere Lage drüber und eine persönliche Schutzbrille tragen. Vor dem Verlassen des Zimmers muss die oberste Lage ausgezogen werden, dazwischen immer desinfizieren, vor dem Verlassen der Station die untere Lage ausziehen und auch die FFP2/3-Maske wechseln. Wir sind auch darauf angewiesen, die Station als letztes zu betreten.
Malika: Wie oft müssen Ihre Kollegen/Kolleginnen und Sie sich testen lassen und wie läuft das genau ab?
Frau Sewig: In der Regel zweimal in der Woche, dienstags PCR- und freitags Antigen-Test. Es gibt ein Zeitfenster und einen Raum, der abgetrennt ist. Das müssen immer zwei Mitarbeiter/innen machen. Es wird immer wieder das Material und die Kostendeckung beim Land beantragt. Wenn wir länger warten müssen, wird es schwierig, denn wir haben ja trotzdem Patiententermine einzuhalten.
Malika: Wie geht es Ihren Patienten/Patientinnen mit der ganzen Situation?
Frau Sewig: Zu Beginn gab es die Besorgten, die sehr ängstlich waren und sich völlig zurückzogen – aber immer auch welche, die sich weniger den Kopf zerbrachen. Natürlich gab es auch ein paar (schwerer) Betroffene, auch mal jemanden, der beatmet werden musste. Diese Person hatte auch weiterhin noch Probleme mit der Atmung. Inzwischen sind viele genervt von den Masken und dem ständigen Desinfizieren oder vertragen es auch nicht gut, also klagen einige über Atemnot aufgrund des Maskentragens oder Hautprobleme von den Desinfektionsmitteln. Bei manchen halten die Masken einfach nicht richtig und/oder „kollidieren“ mit Brillen und Hörgeräten. Demente Patienten/Patientinnen verstehen die Schutz-Maßnahmen häufig nicht, doch die meisten bemühen sich, alles einzuhalten.
Malika: Warum sind Sie Ergotherapeutin geworden?
Frau Sewig: Eigentlich habe ich nach dem Abitur Soziologie und Ethnologie studiert. Das war mir im Laufe der Zeit aber zu abgehoben und berufsmäßig zu wenig zielführend. Ich habe dann, u.a. im Berufs-Informationszentrum nach einer Ausbildung gesucht, die gleichermaßen praktisch-konkrete wie auch geistig-theoretische Inhalte bietet. Da stieß ich auf die Ergotherapie, die ich auch schon insofern etwas kannte, weil meine Mutter Sonderschullehrerin war und an der Martinschule in Ladenburg mit Körper- und mehrfach behinderten Kindern gearbeitet hat und es dort eben auch etliche Ergos gibt.
Liebe Leser und Leserinnen,
nachdem ich das Interview mit meiner Tante geführt hatte, war ich sehr fasziniert, wie nah sie wirklich mit anderen Menschen arbeitet und wie viel Zeitdruck und Stress sie dadurch hat. Ich finde es beeindruckend, dass sie Menschen mit Krankheiten und Einschränkungen hilft, mit ihnen redet und sie therapiert. Das ist sicher auch sehr anstrengend und daher bin ich sehr stolz auf sie und alle anderen Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen. Mir gefällt dieser Beruf auf jeden Fall sehr und euch?
Ich hoffe, ich konnte euch durch dieses Interview für die Ergotherapie und generell für Berufe im sozialen Bereich begeistern oder auch einfach neues Wissen auf den Weg geben.
Vielen Dank an euch Leser und Leserinnen und natürlich an meine Tante für das ausführliche Beantworten all meiner Fragen.
Interviewerin: Malika Gerlach (10a)
Interviewpartnerin: Lucie Sewig