Sinti und Roma - Die Unterdrückung einer Minderheit


Im folgenden Text nenne ich den maskulinen Plural „Sinti und Roma“, schließe damit aber natürlich auch die „Sintize und Romnja“ (weiblicher Plural) mit ein.

Sicher habt ihr Sinti und Roma schon einmal im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus gehört. Diese gehörten, wie Juden, Homosexuelle, Regime-Kritiker und all die anderen, die den Nationalsozialisten nicht in ihre Ideologie passten, zu einer Gruppe, die ausgelöscht werden sollte.

Ohne Zweifel stellten sie im Gegensatz zu den vermehrten Massenmorden an der jüdischen Bevölkerung eine Minderheit dar, jedoch sind sie es doch trotzdem wert, ihre Geschichte zu erzählen, sodass sie nicht vergessen werden und ihr grausames Schicksal nicht einfach übergangen wird.

Lasst uns zuerst gemeinsam in der Zeit zurückreisen und folgende Frage klären: Woher kamen Sinti und Roma und wer waren sie?

Am besten klären wir vorerst die Begrifflichkeiten, denn sicher haben sich schon viele gefragt, was denn der Unterschied zwischen „Sinti“ und „Roma“ ist. Mit „Sinti“ wird vor allem die Bevölkerung betitelt, die aus Mitteleuropa stammt. „Roma“ ist eher die Bezeichnung für Menschen aus Ost- bzw. Südosteuropa. Die Menschen in Deutschland, die dieser Gruppe angehören, werden daher „Sinti und Roma“ genannt, außerhalb wird häufig nur von „Roma“ gesprochen.

Ursprünglich stammen diese aus Indien und dem heutigen Pakistan. Seit dem 8. bis 10. Jahrhundert wandelte sich ihr Wohngebiet, wodurch sie auch in Persien, Kleinasien und im Kaukasus zu finden waren, im 13. und 14. Jahrhundert dann ebenfalls in Griechenland und auf dem Balkan. Im Laufe der Zeit lebten sie in Mittel-, West- und Nordeuropa und schließlich auch in Amerika.

Die Gründe für diese Weltreise waren Kriege, Verfolgungen, Vertreibungen sowie wirtschaftliche Not. Dazu werde ich später nochmals kommen.

Die Sprache der Sinti und Roma ist Romanes. Sie ist eine mündliche Sprache. Jedoch gab es bereits Projekte, die versuchten, diese zu verschriftlichen. Sie besteht aus verschiedenen Dialekten, die sich mit der Zeit bildeten. Verwandt ist sie mit dem indischen Sanskrit. Im Laufe der Geschichte kam es sogar vor, dass die Bevölkerungsgruppe in einigen Gebieten ihre Sprache, aufgrund der vielen Verfolgungen und tragischen Ereignissen, verlor. Solch ein unfreiwilliger Identitätsverlust findet sich in einigen Gruppen der Roma. Eine eigene Religion haben die Sinti und Roma nicht. Sie bestehen im Gegenteil sogar aus einer großen Vielfalt: Moslems, orthodoxe Christen, Katholiken, Protestanten, Mitglieder von Freikirchen…alles ist mit dabei.

(Wer sich gerne mit der Kunst der Sinti und Roma auseinandersetzen möchte, den verweise ich auf diese Seite: RomeArchive (https://www.romarchive.eu/de/.))

Die tragische Geschichte der Sinti und Roma

Bevor ich nun mit der systematischen Ermordung und Ausgrenzung dieser Bevölkerungsgruppe fortfahre, möchte ich vorerst noch einen wichtigen Begriff nennen und erklären: Antiziganismus. Er beschreibt die Abwehrhaltung der Mehrheitsbevölkerung gegen Sinti und Roma. Dieser Begriff wird jedoch angezweifelt, da aus ihm die abwertende Bezeichnung „Zigeuner“ herauszulesen ist. Benutzt wird er von Organisationen, die der Gesellschaft Rassismus gegen Sinti und Roma vorwerfen, um genau dies eben auch mit einem Wort treffend darzustellen. Gebräuchlich sind mittlerweile jedoch zur Eindämmung der rassistisch stigmatisierenden Wortwirkung die Begriffe „Antiromaismus“ und „Antisintiismus”. Sie bedeuten dasselbe, beinhalten jedoch keine herablassende Beleidigung. Und um nun auch das Wort „Zigeuner“ anzusprechen: Dieses gilt als herablassende Beleidigung der Sinti und Roma und sollte aus diesen Gründen unbedingt gemieden werden, auch wenn der Begriff bereits vor der Verunglimpfung durch den Nationalsozialismus existierte. So befleckten schon im 16. Jahrhundert unwahre Aussagen den Begriff. 1848 wurde in einem Lexikon aufgeführt, „Zigeuner“ würden Kinder stehlen. Heutzutage ist glücklicherweise in Lexika wie dem Duden vermerkt, dass es ein diskriminierender Begriff ist, und unter der Bedeutung lässt sich sogar ein Hinweis zum Gebrauch dieses Wortes finden.

Kommen wir nun jedoch zu der schrecklichen Geschichte der Sinti und Roma: Schon im 11. Jahrhundert wurden die Sinti und Roma Opfer moslemischer Eroberer. Die einzige Chance der Sklaverei zu entgehen, war zum Islam zu konvertieren. Dennoch wurden viele als Sklaven auf der ganzen Welt verkauft und so lässt sich natürlich auch die weitreichende Herkunft dieser erklären. Ende des 15. Jahrhunderts wurden sie, ähnlich wie die jüdische Bevölkerung, für jede erdenkliche Gräueltat verantwortlich gemacht. Auch weiterhin wurden sie staatlich diskriminiert und verfolgt. Schon in der Weimarer Republik (1918-1933) wurden sie überwacht und ihnen wurde das Leben mit Aufenthaltsbeschränkungen schwer gemacht. Anschließend kam die NS-Zeit, von der viele höchstwahrscheinlich noch am meisten wissen. Nichtsdestotrotz werde ich dennoch einige Punkte aufzählen, die ich als wichtig erachte: Zunächst kam es 1933 zu dem Erlass eines Gesetzes, welches die Zwangssterilisierung erlaubte („Verhütung erbkranken Nachwuchses“ = Definierung des Erbgutes als krankhaft aufgrund der Herkunft/des Familienstammbaumes).

1935 wurden die Sinti und Roma zusammen mit den Juden mit den „Nürnberger Rassegesetze[n]“ aus der „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen. 1938 folgte die Einrichtung einer „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ und im Dezember dann schlussendlich noch der Erlass zur „Bekämpfung der Zigeunerplage“. 1942 erfolgte anschließend der Auschwitz-Erlass, der einige Sinti und Roma in Konzentrationslager einweisen ließ.

Nachdem ich das alles gelesen hatte, kochte ich innerlich vor Wut. Schamlos wurden Menschen mit Ungeziefer gleichgestellt und das nur aufgrund ihrer Herkunft. Ich habe mich dann anschließend noch über den Begriff „Unwesen“ in „Zigeunerunwesen“ informiert und fand im Duden diese Bedeutungen: „übler Zustand, Missstand“, „verwerfliches Tun; Unfug; Ruhe und Ordnung störendes Treiben“. Dieser schauerliche Vergleich mit einem Menschen hat mich wirklich schockiert.

Insgesamt liegt die Schätzung der in Europa ermordeten Sinti und Roma im dritten Reich (NS-Zeit) bei 220.000 bis 500.000. So viele Menschen haben ihr Leben verloren und weshalb? Wegen etwas so Belanglosem wie ihrer Herkunft…

Nachdem ich nun über die Vergangenheit berichtet habe, komme ich abschließend noch zur Gegenwart, um auf die Dringlichkeit hinzuweisen, dass Minderheiten noch heute diskriminiert werden: Ich möchte auf die RomnoKher-Studie von 2021 aufmerksam machen. Diese zeigt, dass Sinti und Roma häufig keinen Berufsabschluss haben, da sie bei der Berufsqualifizierung benachteiligt werden. Die Ursache sei, laut Studie, der schlechte soziale Standpunkt der Betroffenen sowie die gesellschaftliche und strukturelle Diskriminierung. Daran ist festzustellen, dass Diskriminierung, Rassismus und dergleichen gegenüber Minderheiten bis in die heutige Zeit reichen. Daher ist es enorm wichtig, weiterhin dagegen vorzugehen und Zivilcourage zu entwickeln. Ein Mensch darf nicht aufgrund seiner Herkunft, seines Stammbaumes oder ähnlichem benachteiligt werden! Und das gilt es, der Welt klarzumachen und somit eine tolerantere Zukunft für uns alle zu gestalten.

Liebe Leserinnen und Leser,

ich habe mich für dieses Thema entschieden, da ich mich selbst dabei ertappt habe, mich zu fragen, wer Sinti und Roma eigentlich sind. Mir war bewusst, in welchen Kontext diese einzuordnen waren, und zwar, dass sie im Laufe ihrer Geschichte viel Leid und Ausgrenzung erlitten, jedoch war das alles, woran ich dachte. Das wollte ich auf keinen Fall so annehmen, also habe ich mich informiert und diesen Artikel geschrieben. Ich habe das Gefühl, oft wird nur auf das grausame Schicksal der jüdischen Bevölkerung aufmerksam gemacht, - ohne es kleinreden, oder unwichtig machen zu wollen, denn das ist es keinesfalls (Verweis auf den Artikel zum Holocaust, der auf der Homepage zu finden ist) - doch Sinti und Roma gehen dabei oft unter und werden nicht richtig thematisiert. Daher bitte ich alle, die diesen Artikel lesen, lasst uns auch über das Schicksal der Minderheiten reden, lasst uns auch ihre Geschichte erzählen, sie niemals vergessen und damit einhergehend einen besseren Weg für die Entwicklung unserer Welt gestalten! Denn wenn nicht wir das Steuer übernehmen und die Welt verändern, wer dann?