Montags um 19:00 Uhr im Filmhaus Saarbrücken, Mainzerstraße
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Vom 28. Oktober 2024 bis 3. Februar 2025 lädt die Vortragsreihe Erinnerungskulturen. Dialog, Diskurs, Dissens ein, die komplexen und kontroversen Debatten zur Erinnerungskultur aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.
Wie wir – einzeln und gemeinsam – mit Erinnerung umgehen, wirkt sich aus auf die Wahrnehmung gesellschaftlicher Prozesse und Probleme. Gerade jetzt, in einer Vielzahl von Konflikten, deren Beginn weit in die Vergangenheit reicht, ist es wichtig, sich mit den Praktiken der Erinnerungskultur auseinanderzusetzen: Wie und warum erinnern wir uns an welche historischen Ereignisse und Erfahrungen? Welche Rolle kann kritisches Erinnern im Alltag spielen? Wie viel Zukunft steckt in gemeinsam erinnerter Vergangenheit?
Unsere Vortragsreihe bringt Expertise aus verschiedenen Forschungsfeldern zusammen. Mit dabei sind die Kulturwissenschaftlerin Prof. Dr. Aleida Assmann, der Historiker und Antisemitismus-Experte Prof. Dr. Moshe Zimmermann, der Jurist und Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Rudolf Steinberg, der Psychologe Prof. Dr. Stephan Hau sowie die Geschäftsführerin des Fritz Bauer Forums, Dr. Irmtrud Wojak. Das Programm ergänzen die Journalistinnen und Autorinnen Ruth Hoffmann und Charlotte Wiedemann sowie der Historiker Dr. Frank Hirsch. Die Reihe startet mit den Willi-Graf-Biograf*innen Dr. Sabine Grittner und Dr. Peter Goergen.
Gemeinsam erweitern wir den Blick auf die Erinnerungskultur, indem wir die vielfältigen Erfahrungen und Erzählungen untersuchen, die unser kollektives Gedächtnis und unsere Identitäten prägen. Die Vortragsreihe bietet Raum für Dialoge und Diskussionen über unterschiedliche Positionen. Vielleicht lassen sich so die großen Erzählungen der Erinnerungskultur weiterentwickeln. Und selbst wenn kein Konsens möglich ist, sollte Raum sein für Austausch.
An den Veranstaltungen kann auch online teilgenommen werden. Sie richten sich nicht nur an Studierende und Forschende, sondern an alle interessierten Bürgerinnen und Bürger.
Vortragsübersicht:
28. Oktober 2024: Dr. Sabine Grittner und Dr. Peter Goergen, Willi Graf und der Graue Orden. Jugend im Widerstand – Im Zeichen der Freiheit
4. November 2024: Prof. Dr. Aleida Assmann, Erinnerungskulturen als Dialog
18. November 2024: Prof. Dr. Mosche Zimmermann, Die Geschichte des Zionismus, Antisemitismus und die deutsche Erinnerung an den Holocaust
25. November 2024: Ruth Hoffmann, Widerstand gegen das NS-Regime – die geschleifte Erinnerung
9. Dezember 2024: Prof. Dr. Rudolf Steinberg, Staatsräson: Wer muss sich an was erinnern – und warum?
6. Januar 2025: Charlotte Wiedemann, Erinnern ohne Grenzen: Postkoloniale Traumata und der Weg zur globalen Gerechtigkeit
13. Januar 2025: Dr. Frank Hirsch, Erinnern ohne Helden: Erinnerungskultur in Deutschland – Diskurse und Vergleiche
27. Januar 2025: Prof. Dr. Stephan Hau, Kollektives Erinnern und verfälschenden Ritualisierungen – Perspektiven der Bearbeitung kollektiver Traumata
3. Februar 2025: PD Dr. Irmtrud Wojak, Erinnern heißt widerstehen – Die Überlebenden und die nationale deutsche Kultur der Erinnerung
Im Mittelpunkt des Vortrags von Sabine Grittner und Peter Goergen stehen der saarländische Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus Willi Graf und der „Graue Orden“. Im Dialog beleuchten sie, wie die Mitglieder des Grauen Ordens durch ihre Erlebnisse eine alternative Identität zur nationalsozialistischen Ideologie entwickelten und die Freiheit als zentrales Ideal ihres Widerstands lebten. mehr…
Aleida Assmann warnt vor den Konflikten und Ausgrenzungen, die entstehen, wenn die Geschichtserzählungen verschiedener Kulturen aufeinandertreffen. Sie plädiert für eine inklusive Erinnerungskultur, die diese Vielfalt respektiert und die kollektive Erinnerung als dynamischen und zukunftsorientierten Prozess versteht. mehr…
Der israelische Historiker Moshe Zimmermann spricht über die Geschichte des Zionismus, der lange vor dem Holocaust im 19. Jahrhundert als linksliberale Strategie gegen den in den eurropäischen Geselschafte grassierenden Antisemitismus entstand und durch die israelische Regierung und Teile der jüdischen Gesellschaft mehr und mehr zu einer rechtsnationalistischen Ideologie umgedeutet wird. Zugleich übt er Kritik an der deutschen Erinnerungskultur, die die historische Komplexität häufig auf eine Täter–Opfer-Beziehung reduziert und politisch instrumentalisiert. mehr…
Ruth Hoffmann beschäftigt sich mit den Wandlungen und der politischen Funktionalisierung von historischen Ereignissen am Beispiel des Attentats auf Hitler vom 20. Juni 1944. Sie zeigt, wie die disparatesten politischen Kräfte bei der Deutung der Ereignisse ihr je eigenes Süppchen kochen. mehr…
Rudolf Steinberg gibt uns einen Einblick in die Überlegungen eines Juristen zum Diktum, die Existenz Israels sei ein Teil der deutschen Staatsraison. Er fragt, ob diese Raison in der Staatsgewalt oder im Bewusstsein der Bürger verankert sei und ob diese Verankerung auch bei muslimischen Mitbürgern vorausgesetzt und erwartet werden könne. mehr…
Charlotte Wiedemann sucht nach Wegen, Erinnerungskultur im Geist globaler Gerechtigkeit neu zu denken. In der Gegenwart wird das „weiße Geschichtsdenken“ immer weniger akzeptiert. Wir sind dazu aufgefordert, die Shoah im Zentrum unserer Verantwortung zu halten und gleichzeitig den Eurozentrismus unserer Erinnerungskultur zu überwinden. mehr…
Frank Hirsch stellt fest, dass Deutschland das einzige Land ist, bei dessen Erinnerungskultur nicht eine heroische Erzählung und kein mystisch verklärter Held im Zentrum steht, sondern das Menschheitsverbrechen des Holocaust. Er vergleicht verschiedene Erinnerungskulturen und fragt, welche Funktion kollektives Erinnern überhaupt hat. mehr…
Stephan Hau versucht aus der Sicht eines klinischen Psychologen eine systematische Beschreibung von kollektiven Erinnerungsprozessen. Er geht der Frage nach, wie sich individuelle aber auch kollektive Traumata auf die Erinnerung selbst auswirken. mehr…
Imtrud Wojak, Gründerin des Fritz Bauer Forums, wirft in ihrem Vortrag die Frage auf, ob und warum die deutsche Erinnerungskultur überlebende Verfolgte des NS-Regimes bloß als passive Opfer sieht und ihren Widerstand nahezu verdrängt hat. mehr…