2024 - Next Generation: vom Oasys zum Nautilus

01.04.2024 - 17 Jahre lang war der Korg Oasys mein Bühneninstrument. Noch heute ist er für mich das beste All-In-One-Keyboard aller Zeiten. Warum ich nie auf den Kronos umgestiegen bin, stattdessen aber nun auf den bedientechnisch noch limitierteren Nautilus? Das Ganze hat in erster Linie mit den geänderten Anforderungen im Bühnenalltag zu tun.

Warum ich mich damals für den Oasys entschieden habe könnt ihr in meinem Blog 2007 nachlesen. Im Laufe der Zeit wurden es drei Oasys. Einer dient zur Programmierung der Sounds im Studio, die anderen sind live im Einsatz, manchmal sogar zeitgleich auf verschiedenen Bühnen. Ein Systemwechsel bedeutet für mich also nicht ein, sondern gleich drei Instrumente zu kaufen.

Die die lange Liste der Gründe warum der Kronos für mich nicht in Frage kam:

Warum bin ich dann auf den Nautilus umgestiegen, wo dieser doch noch mehr Nachteile hat als der Kronos?

Die Antwort auf diese Frage liegt vor allem in den veränderten Einsatzbedingungen auf der Bühne bei meiner Band "Tante Käthe". Für andere Bands ist der Oasys für mich nach wie vor die erste Wahl, aber für den Einsatz bei "Tante Käthe" ist der Nautilus geeigneter. Und da ich mittlerweile 90% meiner Gigs mit "Tante Käthe" spiele war klar, dass sich hier etwas ändern musste. Die Liste der positiven Eigenschaften, die zu der Entscheidung zugunsten des Nautilus geführt hat:

Den ersten Punkt kann man gar nicht hoch genug bewerten. In 17 Jahren habe ich auf dem Oasys die Sounds für hunderte Songs programmiert, der Arbeitsaufwand dafür war enorm. Berechnet man für die Programmierung der über 700 Combinations nur 30 Minuten Zeitaufwand pro Combination inklusive der jeweiligen Programs (und das ist sehr niedrig angesetzt), kommt man auf über 350 Arbeitsstunden und auf einen Arbeitswert von über 20.000 €. Davon abgesehen hätte ich gar nicht die Motivation, diese ganze Arbeit noch einmal zu machen. Man muss Korg wirklich dankbar sein, dass die Sounds auch nach so langer Zeit noch mit den neuen Instrumenten relativ kompatibel sind. Relativ deshalb, weil die Wellenformen im Nautilus anders angeordnet sind und in allen Programs angepasst werden mussten. Anschließend mussten noch alle Timbres in den Combis angepasst werden. Eine Menge Arbeit, aber nach einer Woche war ich damit durch und hatte alle Sounds vom Oasys 1:1 im Nautilus am Start.

Dass kleiner und leichter besser ist versteht wohl jeder. Vor allem bei Kurzauftritten auf Karnevalssitzungen ist dies ein entscheidender Faktor. Da ist der Oasys so fehl am Platz wie ein Rolls Royce auf der Kartbahn, wenn ihr wisst was ich meine... 

Die Tastatur hingegen ist Geschmackssache und ein Kompromiss. Klavier spiele ich natürlich lieber auf einer gewichteten Tastatur mit Hammermechanik. Aber in der Praxis spielt man ja auch noch viele andere Sounds wie Orgel, Streicher, Bläser, Synths... All diese Sounds spielen sich für mich mit einer ungewichteten Tastatur besser, und da ich nur ein Keyboard auf der Bühne haben möchte, ist diese unterm Strich für mich besser.

Schmutzresistenz war vor "Tante Käthe" kein Thema. Aber wenn Trocken- und Bodennebel, Schnee- und Luftblasen-Maschine, Funkenregen, Flammenwerfer usw. im Einsatz sind, dann hat jeder dieser Effekte entsprechende Emissionen, die sich auch auf den Instrumenten niederschlagen, und zwar nicht zu knapp. Nach jedem Gig hatte ich jede Menge Schmodder, einen regelrechtem Schmutzfilm auf dem Oasys. Einmal mit dem Finger drüber: Finger schwarz. Das führte dazu, dass die Fader verdreckten und für teures Geld ersetzt werden mussten. Da der Nautilus keine Fader hat, kann auch nichts verdrecken. Je weniger man hat, desto weniger kann kaputt gehen. Und dann ist man an dem Punkt wo man anfängt nachzudenken, wie man mit den Limitierungen umgehen und aus der vermeintlichen Schwäche eine Stärke machen kann.

Die fehlenden Fader zur Lautstärkeregelung der Timbres sind schon ein großes Manko, aber der Nautilus bietet die Möglichkeit die Lautstärkeregelung auf die Knobs zu legen, der Pegel wird dabei im Display angezeigt. Hat man sich einmal daran gewöhnt zu drehen statt zu schieben, funktioniert es überraschend gut. Die fehlenden Pads sind schon deutlich schwerer zu ersetzen. Eine Lösung ist, jedes Pad zu sampeln, das Sample auf eine Taste am Rand der Tastatur zu legen und diese als Pad zu verwenden.

Die übrigen Nachteile wiegen dann gar nicht mehr so schwer: ein CD-RW-Laufwerk braucht man heute nicht mehr, das Rippen von CD-Aufnahmen war cool, funktioniert aber auch über den Import von wav-Dateien. Und eine CD brennen war vorgestern, heute genügt das Speichern als wav-Datei auf USB. Vier USB-Ports am Oasys sind Luxus, in der Praxis reicht ein USB-Port zum Import von Dateien und bei Bedarf als Stromversorgung für den MidiBeam-Funksender für ein Umhänge-Keyboard aus. K.A.R.M.A. habe ich in meinen Programmierungen eh nur sporadisch verwendet, in einigen Combinations ließ sich das mit dem Arpeggiator des Nautilus gut ersetzen.

Das kleinere Display erfordert in der Bedienung eine gute Feinmotorik, hat aber im Vergleich zum Oasys eine hervorragende Auflösung, die Darstellung ist sehr gut und Dank einer Anpassung des Betriebssystems kommt man damit gut zurecht. Das Betriebssystem selber scheint stabil zu sein, bis heute hatte ich noch keinen Ausfall.

Wie  erwähnt brauchte ich für meinen Systemwechsel gleich drei Nautilus. Wie immer kaufte ich auch diese gebraucht. Unterm Strich drei gebrauchte Instrumente zum Preis von zwei neuen. Zur Programmierung einen 88er, für die Bühne zwei 73er. Und wo ich schon mal bei der Optimierung meines Setups war: das Case für den Nautilus sollte einen abnehmbaren Deckel haben. Der Vorteil: der Nautilus kann im Case stehend gespielt werden, nach dem Gig Deckel drauf: Abbau fertig. Den Deckel nutze ich dabei unter dem Stativ als Blende und Sustain-Pedal-Halter. Das Stativ für den iPad-Halter hatte dann auch ausgedient und wurde durch eine deutlich platzsparende Variante ersetzt, die auf den Case-Rand aufgesteckt wird.

Unterm Strich habe ich mein Bühnen-Setup damit insgesamt deutlich kleiner, leichter und einfacher gemacht. Getreu dem Motto: weniger ist mehr, "reduced to the max". Wenn man jede Woche spielt ist man viel unterwegs. Und es reist sich eben besser mit leichtem Gepäck... :-)