2009 - Die Sache mit dem Ohrwurm
01.08.2009 - Wer kennt das nicht: man hört einen Song und der ist so eingängig, dass er einen tagelang verfolgt. Man kriegt das Ding einfach nicht mehr aus dem Kopf. Das ist ja noch erträglich, wenn man diesen Song gut findet. Aber leider kann einem das auch mit Liedern passieren, die absolut nervtötend sind. Bestes Beispiel: Werbemusik. Als ich neulich für einen Verlag einige Klavier-Arrangements solcher Titel erstellte, wurde ich Opfer von LIDL, REWE und Co.
Wenn im Radio die Werbung kommt, schalte ich innerhalb Sekunden auf einen anderen Sender. Es gibt nichts nervigeres als Radiowerbung! Fast genauso schlimm ist TV-Werbung. Schon auf Platz drei folgen die so genannten "Firmen-Songs". Dabei handelt es sich um Auftrags-Kompositionen, in denen besungen wird, wie toll die Firma doch ist. Die Texte sind alle nach dem Motto "Tschaka, wir sind die besten!" gestrickt. Die Musik ist so simpel und eingängig, dass auch der unmusikalischste Mensch sie mitsummen und behalten kann (was ja Sinn und Zweck eines Werbe-Songs ist).
Schon seit vielen Jahren schreibe ich Noten zu Liedern, die Schüler sich wünschen. Das ist ein Bestandteil des Unterrichts und zeigt, was mit guter Gehörbildung möglich ist. Als ich nun den Auftrag bekam, einige Klavier-Arrangements von Werbemusik zu schreiben, wusste ich allerdings nicht, dass mich einige dieser Songs nachts im Schlaf verfolgen würden! Stellt Euch nur mal vor, abends mit einem fröhlichen "Ich steh auf REWE" oder "TD-1 wir hamm die Power" im Bett zu liegen und nicht einschlafen zu können. Horror! Ich war gefühlt kurz vor einer musikalischen Halluzinose. Kennt Ihr nicht? Hier die Definition laut Wikipedia:
Der Ohrwurm als Krankheit - die musikalische Halluzinose: in einigen Fällen geht die Intensität und Häufigkeit der Wahrnehmung von Melodien über das normale Vorstellungsvermögen von Melodien bzw. einen so genannten Ohrwurm hinaus, so dass ein krankheitswertiges Symptom vorliegt. Manchmal gibt es einen Zusammenhang mit einer manifesten Epilepsie oder Hirnschädigung. Häufiger entwickelt sich das Phänomen aber spontan, ohne dass eine psychiatrische Erkrankung vorhanden ist. Die Symptomatik lässt sich sowohl im Sinne einer Deprivation als auch durch eine Überfunktion des auditiven Kortex erklären. Letzteres ist der Grund, weshalb für die Symptomatik häufig die Bezeichnung musikalische Epilepsie gewählt wird, im Gegensatz zur musikogenen Epilepsie, bei der epileptische Anfälle durch das Hören real vorhandener Musik ausgelöst werden. Trotzdem wird das Phänomen meist noch als musikalische Halluzinose aufgeführt. Eine Antiepileptikatherapie lindert nur vorübergehend die Symptome. Neuroleptika scheinen keine positiven Effekte zu haben."
Na klasse, wie wird man so etwas denn wieder los? Da Neuroleptika und Psychopharmaka keine Wirkung versprachen, kam ich nach einiger Grübelei auf eine recht nahe liegende und wohl auch gesündere Lösung: das beste Mittel, Ohrwürmer zu bekämpfen sind doch andere Ohrwürmer. Natürlich solche, die man mag, sonst ist die ganze Aktion ja sinnlos. Zeitlos gute Songs, die sofort ins Ohr gehen und alles andere im Gehirn sofort "löschen und überschreiben". Ich habe eine Schrankwand voll CDs, aber in diesem Fall musste ich nicht lange überlegen. Die Lösung hieß: ABBA! Popmusik in Perfektion! Ohrwurm as Ohrwurm can be! Was soll ich sagen? Es hat funktioniert! Statt mit "Ich steh auf REWE" oder "TD-1 wir hamm die Power" die ganze Nacht lang wach zu liegen schlief ich nun mit "The winner takes it all" und "Money Money Money" ein. Danke Benny, danke Björn, danke Agnetha und danke Anni-Frid, ihr habt mich gerettet...