2003 - BWV-Ausbildung an der Bonner Akademie

01.05.2003 - Als gelernter Bankkaufmann mit IHK-Abschluss hatte ich ja bereits ein umfassendes Wissen über Geldanlage, Kredite, Baufinanzierung und alles was damit zu tun hat. Der Bereich Versicherungen wurde allerdings nur am Rande gestreift. Somit bot die BWV-Ausbildung eine gute Gelegenheit, vorhandene Wissenslücken zu schließen.

Ich gebe zu, dass ich das Thema Versicherungen unterschätzt habe, denn es erwies sich als ganz schön umfangreich: Lebensversicherung, Gesetzliche Rentenversicherung, Altersvermögensgesetz, Betriebliche Altersversorgung, Unfallversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Hausratversicherung, Gebäudeversicherung, Kfz-Versicherung, Haftpflichtversicherung, Rechtschutzversicherung und nicht zuletzt die unsägliche Riester-Rente.

Aber die Paukerei an der Bonner Akademie hat sich gelohnt. Es ist schon lustig, wenn der Verkäufer (nichts anderes sind Bankangestellte und Versicherungsvermittler) versucht, einem ein Produkt redegewandt schmackhaft zu machen und man ihn dann mit einem einzigen Satz aushebeln kann: "Interessant, denn ich bin auch gelernter Bankkaufmann und Versicherungsfachmann." Rumms! Augenhöhe! Aufschwatzen nicht mehr möglich! Ab jetzt zählen nur noch Zahlen, Daten, Fakten und keine Rhetorik mehr. Da wird es dann für manchen eng. Bitte nicht falsch verstehen, ich bin nicht unbelehrbar und lasse mich gerne mit neuen Infos versorgen. Aber meine Kaufentscheidung basiert auf möglichst umfangreichen Wissen und nackten Zahlen, nicht auf Bauchgefühl.

Als ich die Ausbildung zum Versicherungsfachmann machte, bekam ich auch einen Einblick in die Vertriebspraktiken dieser Branche. Und ich kann Euch sagen: das war zum Teil erschreckend! Ich möchte Euch bitten, sehr kritisch zu sein, wenn Euch auf einmal Bekannte oder gar Verwandte Versicherungen verkaufen wollen, denn im Gegensatz zu mir werden die wenigsten über eine BWV- oder gar Bankausbildung verfügen.

Früher konnte wirklich JEDER Versicherungen verkaufen, getreu dem Motto: "Wer nichts wird, wird Wirt. Und ist ihm dieses nicht gelungen, macht er in Versicherungen!". Deshalb wurde 2007 die EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie (VVR) eingeführt, die eine fachliche Qualifikation und Beratungsprotokolle vorschreibt. Qualifikation? Das ich nicht lache. Meist läuft die Sache nämlich so: der/die Neue soll gar nicht selbst verkaufen, er wird nur dazu gebraucht, den Kontakt herzustellen. Aus diesem Grund soll jeder Bewerber zunächst mal eine "Wen kenne ich?" - Liste ausfüllen, die man dann gemeinsam mit seinem "Betreuer" nach möglichen Kunden durchgeht. Und das ach so wichtige Beratungsprotokoll wird eh von JEDEM Kunden unterschrieben, der einen Vertrag abschließt (wer sich nicht ordentlich beraten fühlt, unterschreibt doch keinen Vertrag!), somit ist der Berater IMMER fein raus, falls die Geldanlage danach den Bach runter geht...

Der BWV-Lehrgang zum Versicherungsfachmann ist übrigens so umfangreich, dass man mindestens ein halbes Jahr braucht, ehe man die Prüfung ablegen kann (eher ein ganzes Jahr, was aber im Vergleich zu den drei Jahren, die eine Banklehre dauert immer noch ziemlich kurz ist). Vertrieb funktioniert aber über Umsatz durch Motivation und Begeisterung. Die ist nach einem halben Jahr jedoch längst verraucht und nicht umsonst heißt es in der Branche (natürlich nur hinter vorgehaltener Hand): zu viel Wissen hemmt den Verkauf. Krass, oder? Dumm verkauft gut...

Ich rede hier natürlich NICHT von gelernten Versicherungskaufleuten oder gar Versicherungsfachwirten und alteingesessenen Agenturen, sondern von den so genannten Vertriebsorganisationen. Die Methoden dieser Firmen sind hart an der Grenze der Legalität. Eine sehr gute und umfangreiche Seite zu diesem Thema ist www.finanzparasiten.de. Lest bitte die "Beispielfälle"! Das ist zwar sehr viel Text, öffnet Euch aber schonungslos die Augen! Ein Beispiel ist der AWD: