Oh Amazon

Am Anfang war ich freudig erregt…Ich wurde wieder mal, nach einigen Jahren, zur Eröffnung der Albstädter Literaturtage eingeladen. Das hatte ich der Tatsache zu verdanken, dass ich mich bei der Stadtbücherei Albstadt als Lesebotin angemeldet hatte, was bedeutete, ich ging jede Woche einmal ins Altenheim, und las den Bewohnern meist Kurzgeschichten, aber auch Märchen vor. Von der Dame die in der Stadtbücherei arbeitet, wurden mir drei Eintrittskarten für Veranstaltungen bei den Literaturtagen angeboten. Außerdem wurde mein Mann telefonisch darüber informiert, er suchte auch zwei Veranstaltungen aus. Als ich die Dame bei der Eröffnungsfeier darüber informieren wollte, welche Lesungen ich oder wir, gerne besuchen möchten, gab es nur noch zwei Eintrittskarten. Die erste Karte war für die Eröffnung dieser Literaturtage. Ich bin hier in Albstadt-Ebingen geboren, und weiß, dass früher nichts, aber auch garnichts „gelaufen“ ist, was die Literatur betrifft. Es gibt hier nur wenige Autoren, und dieselben gibt es schon seit vielen Jahren. Die anderen, die sich am Schreiben versucht haben, sind entweder gestorben, oder nicht weitergekommen, und haben das Schreiben aufgegeben. Allerdings gab es hier früher mehr Buchhandlungen als heutzutage. Heutzutage gibt es nur noch eine…nein, es gibt zwei, Osiander ist die größte. Osiander hat bekanntlich Familientradition, und viele Buchhandlungen. Bei der Eröffnung der Literaturtage habe ich erfahren, dass sie einen Konkurrenten geradezu zu hassen scheinen: Amazon. Heute ist mir eingefallen, dass sie das auch schon vor zehn oder elf Jahren, als ich das letzte Mal bei der sogenannten „Eröffnungsgala“ dabei war, gesagt hatten. Es änderte sich also nichts Im November 2017 habe ich meine Biografie bei Amazon veröffentlicht. Es geht darin um Alleinerziehende. Ich war auch Alleinerziehend. . Vermutlich hätte ich das nicht tun sollen. Es gibt hier ja auch noch eine kleine Druckerei, die für viel Geld beliebige Bücher druckt, die dann nicht gelesen werden. . Im Übrigen besteht in der Zwischenzeit auch die Möglichkeit, Bücher, die bei Amazon erschienen sind, im Buchhandel anzumelden, was den Herrn Osiander bestimmt stören wird. Denn für die nächsten Literaturtage wird er seine „Rede“, die jahrelang dasselbe aussagte, umschreiben müssen. Auf Amazon gibt es, wie überall, (auch bei Osiander) schlechte und gute Bücher, und annehmbare Konditionen. Abgezockt wird da niemand. Bei meiner Lesung aus meiner Biografie die mir die Stadtbücherei Albstadt ermöglicht hat….danke…..die Organisatoren haben sich danach köstlich über mich, oder auch über sich selbst amüsiert…das kann ich nachträglich nichtmehr unterscheiden….ich weiss nur, sie hofften, dass ich es nicht bemerke. Ich bin zwar 65 Jahre alt, aber noch nicht dement. Wie auch immer, es wurde mir von den „erfahrenen“ Zuhörern bei der Lesung gesagt, dass es unmöglich sein ein Buch bei Amazon zu veröffentlichen, die seien doch alle qualitativ nicht gut. Vielleicht waren diese Zuhörer verosiandert…möglich wäre es. Sie waren alle aus der älteren Generation. Danach bemerkte ich, dass in der Stadtbücherei über mich, und meine Lesung, mit vorgehaltener Hand geredet wurde…weil das Buch bei Amazon…und vielleicht weil ich nichts „lustiges“ vorgelesen hatte. Und natürlich, weil die im Zuhörer im Durchschnitt Altersheimkandidaten waren, die meine Mutter noch gekannt hatten, und nicht wussten dass sie auch Alleinerziehend... Nun hat unsere Stadtbücherei eine Lesebotin weniger, die das gerne gemacht hat. Ich danke der Stadtbücherei fürs ermöglichen der Lesung. Ich bin anständig erzogen worden… obwohl meine Mutter Alleinerziehend war…..welche Schande…Früher, als meine Mutter, mein Bruder und ich unsere Autorengruppe, hier in diesem entsetzlich konservativen Ort hatten, wäre dieser Bericht in der Zeitung gekommen, mein Bruder hätte ihn eingestellt. Heute kommt er im Internet. Vielleicht stelle ich ihn auch noch bei Amazon ein…