Folgende Forschungsprojekte des Bereichs beschäftigen sich mit den neuropsychologischen Korrelaten von Bewusstseinszuständen:
Messung und Analyse von EEG und peripheren physiologischen Daten während Meditation von erfahrenen Meditierern
Thilo Hinterberger, Tsutomu Kamei, Niko Kohls
Der Begriff Meditation wird heutzutage von vielen unterschiedlichen spirituellen und religiösen Richtungen verwendet. Doch verbergen sich hinter dem äußerlich stillen Sitzen des Meditierenden sehr unterschiedliche Methoden, Übungen, oder Gewohnheiten, die sich während des Meditationsvorganges abspielen. So beschäftigt sich dieser Teil der Studie mit der Fragestellung, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen erfahrenen Meditierenden aus unterschiedlichen spirituellen Traditionen sich in den physiologischen Parametern zeigen. Zu diesem Zweck wird die elektrische Gehirnaktivität mittels des Elektroenzephalogramms (EEG) in einem 64-Kanal-Setting registriert sowie Signale der Herzratenvariabilität, Atmung und Hautleitfähigkeit. Bisher beinhaltet die Studie Personen aus verschiedenen buddhistischen Traditionen, sowie aus dem christlichen und schamanistischen Kontext. Die Studie ist offen für weitere Teilnehmer.
Analyse und Klassifikation von Gehirn- und Bewusstseinszuständen mit Hilfe von EEG bei Meditation
Thilo Hinterberger
Die Motivation für dieses Projekt entstand aus der Idee, eine Möglichkeit zu schaffen, die es einem Meditierer oder einem Meditationslehrer ermöglicht, während der Meditation die Übergänge zwischen verschiedenen Bewusstseinszuständen zu betrachten oder über ein Feedbacksystem gespiegelt zu bekommen um daraus meditative Zustände zu verbessern.
Dazu wurden etwa 50 Meditierer aus verschiedenen Meditationsschulen und mit unterschiedlicher Meditationserfahrung aufgesucht, darunter buddhistische Mönche, Rinpoches, oder auch Menschen mit medialen Begabungen. Während verschiedener meditativer Übungen wurden bei diesen die elektrophysiologischen Prozesse mit einem 64-Kanal EEG-System aufgezeichnet. Diese Daten eignen sich für eine erweiterte Analyse und Klassifikation der Zustände mittels Verfahren wie LORETA in Verbindung mit Support Vector Machines.
Klassifikation verschiedener mentaler Standpunkte anhand von 64-Kanal EEG-Daten
Thilo Hinterberger, Klaus Blaser
Ein wesentlicher Aspekt unseres Bewusstseins ist die Fähigkeit einer mentalen Selbstrepräsentation, sowie mental unterschiedliche Positionen in Relation zu diesem Selbst einnehmen zu können. In anhaltenden dissoziativen Zuständen verliert ein Mensch in seiner Wahrnehmung den Kontakt zu seinem Selbst, wodurch häufig schwerwiegende psychosoziale Problemen entstehen können.
In dieser Studie wurden bei derzeit 15 Probanden 64-Kanäle EEG plus periphere Daten aus EKG, Atmung und Hautleitfähigkeit gemessen, während diese durch etwa 10 unterschiedliche mentale Zustände geführt werden. Ziel dieser Studie ist es, anhand von EEG-Analysen zu zeigen, dass diese unterschiedlich empfundenen mentalen Zustände auch physiologisch voneinander unterscheidbar sind. Dazu sollen Methoden wie PCA, ICA, LORETA in Verbindung mit Klassifikationsalgorithmen (LDA, SVM, o.ä.) zum Einsatz kommen. Es ist geplant, noch weitere 15 Probanden zu messen.
Meditation im Fokus - Wie beeinflussen verschiedene Meditationstechniken das Aufmerksamkeitssystem?
Thilo Hinterberger, Stefan Schmidt, Michael Markowiak, Elisa Inacker
In dieser Studie möchten wir untersuchen, inwiefern verschiedene Meditationsstile die Aufmerksamkeitsnetzwerke unterschiedlich beeinflussen. In der Meditationsforschung wird zwischen konzentrativer und achtsamkeitsbasierter Meditation unterschieden. Gemeinsam ist unterschiedlichen Meditationsrichtungen die Beteiligung der kortikalen Aufmerksamkeitsnetzwerke. Dabei kann zwischen drei Systemen unterschieden werden, Alerting-System, Orientierungs-System und Exekutiv-System. Wir hypothetisieren zum einen, dass Meditation zu einer allgemeinen Verbesserung der Aufmerksamkeitsleistung führt; zum anderen, dass unterschiedliche Meditationsstile die verschiedenen Aufmerksamkeitssysteme differenziert beeinflussen. Demnach soll eine stärkere konzentrative Komponente in der Meditation mit der Schulung des Exekutivsystems zusammenhängen, während für eine stärkere Achtsamkeitskomponente ein positiver Zusammenhang mit der Schulung des Orientierungssystems erwartet wird. Dafür wird eine Gruppe von Meditierenden mit langjähriger und regelmäßiger Meditationspraxis ein Reaktionstest-Paradigma (Attention Network Test, ANT) durchführen. Um die behavioralen Daten zu ergänzen, wird bei den Probanden während der Durchführung des ANT ein 64-Kanal EEG mittels EEG-Kappe abgeleitet. Durch Synchronisierung von ANT und EEG können ereigniskorrelierte Potenziale (EKP) im EEG ermittelt werden. Ein Fragebogen zur Meditationspraxis ermittelt das individuelle Niveau in konzentrativen und achtsamkeitsbasierten Techniken. Eine gleich große Gruppe Nicht-Meditierendner wird unter den gleichen standardisierten Bedingungen gemessen. Die statistische Auswertung der behavioralen Daten und der EKPs (CNV, N200 und P300) soll Aufmerksamkeitsunterschiede zwischen Meditierenden und Nicht-Meditierenden aufzeigen und den Zusammenhang von Meditationstechnik und Teilleistungen der Aufmerksamkeitssysteme innerhalb der Gruppe der Meditierenden darstellen.
Abgeschlossene Projekte:
Identifikation einer neurophysiologischen Schmerzsignatur bei chronischen Rückenschmerzen und deren Veränderung durch eine verhaltensmedizinische Intervention – eine Pilotstudie
Stefan Schmidt, Ann-Mareike Lemme, Christina Brenneisen, Julian Gundlach, Jose Raul Naranjo, Thilo Hinterberger, Marianne Lüking, Holger Kaube
Untersuchung von EEG-Korrelationen zwischen räumlich entfernten Versuchspersonen
Thilo Hinterberger, Stefan Schmidt, Devi Erath, Harald Walach (Universität Northampton)
Ziel dieser Studie ist eine im Versuchsaufbau verbesserte Replikation von Arbeiten zur Untersuchung telepathischer Kommunikation.
Die Möglichkeit einer telepathischen Verbindung zwischen Personen wird in der parapsychologischen Forschung seit langem diskutiert. Seit ca. 1960 wird versucht, diese Überlegungen in ein Design umzusetzen, das physiologisch messbare Korrelate dieser Verbindung erfassen kann. In verschiedenen Studien wurden bereits signifikante Korrelationen im Elektroenzephalogramm (EEG) oder in funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) von Probandenpaaren nachgewiesen, die auf eine unbewusste telepathische Verbindung hinweisen.
Dieses Experiment prüft, ob sich im EEG von räumlich getrennten, aber emotional eng verbundenen Versuchspersonenpaaren Korrelationen zeigen, wenn eine der Personen visuell stimuliert wird.
Um die Teilnehmer möglichst gut sensorisch und elektromagnetisch voneinander abzuschirmen und die Möglichkeit einer lokalen Informationsübertragung zu verhindern, befinden sich die Versuchspersonen zum Zeitpunkt des Experiments an verschiedenen Orten: eine im Labor des Instituts für Umweltmedizin und die andere im Labor der Psychologischen Fakultät der Universität Northampton, England. Als visuelle Stimuli werden Bilder aus einer internationalen Bilddatei verwendet. Gemessen werden die Hautleitfähigkeit der Probanden und das EEG. Zudem werden mittels Fragebogen verschiedene Daten erfasst (z.B. Art der Beziehung zwischen den Teilnehmerpaaren), die daraufhin ausgewertet werden, ob sich zwischen ihnen und den psychophysiologischen Daten ebenfalls Korrelationen ergeben.
Das Cognition Detection System: Entwicklung eines Systems zur Analyse kognitiver Fähigkeiten bei Komapatienten
Thilo Hinterberger, Boris Kotchoubey, Barbara Wilhelm, Jürgen Mellinger, Niels Birbaumer
Unresponsive patients with remaining cognitive abilities may be able to communicate with a brain-computer interface (BCI) such as the Thought Translation Device (TTD). Before initiating TTD learning, which may imply considerable effort, it is important to classify the patients’ state of awareness and their remaining cognitive abilities. A tool for detection of cognitive activity (DCA) in the completely paralyzed was developed and integrated into the TTD which is a psychophysiological system for direct brain communication. In the present version, DCA entails five event-related brain-potential (ERP) experiments and investigates the capability of a patient to discriminate, e.g., between semantically related and unrelated concepts and categories. ERPs serve as an indicator of the patients’ cortical information processing. Data from five severely brain-injured patients in persistent vegetative state diagnosed as unresponsive and five healthy controls are presented to illustrate the methodology. Two patients showing the highest responsiveness were selected for TTD training. The DCA integrated in the TTD allows screening of cognitive abilities and direct brain communication in the patients’ home.
Das Thought Translation Device: Entwicklung eines Gehirn-Computer Interfaces zur Kommunikation mit vollständig gelähmten Menschen
Thilo Hinterberger, Jürgen Mellinger, Niels Birbaumer, et al.
Hinterberger, T. , “Entwicklung und Optimierung eines Gehirn-Computer-Interfaces mit langsamen Hirnpotentialen“, Dissertation in der Fakultät für Physik an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Schwäbische Verlagsgesellschaft: ISBN 3-88466-177-9, 1999.
Birbaumer, N., Flor, H., Ghanayim, N., Hinterberger, T., Iverson, I., Taub, E., Kotchoubey, B., Kübler, A., & Perelmouter, J., "A Brain-Controlled Spelling Device for the Completely Paralyzed", Nature, 398, 297-298, 1999.