Im Jahre 1937 siedelte unsere Familie von Glogau / Schlesien nach Berlin um. Da es zu dieser Zeit ein Arbeitsverbot für Jüdische Männer gab, konnte uns in Berlin meine Mutter als Haushalltshilfe ernähren. Wir waren auch näher an den Konsulaten, um eventuelle Ausreise Möglichkeiten auszukunschaften.
Ein Versuch mich zur Adoption nach Amerika freizugeben scheiterte, als man uns das Photo zurückschickte, mit der Begründung, für so ein unatractives Kind sei es schwer einen Platz zu finden.
Im Oktober 1938 meldete ich mich zur Jugend-Aliya an um, so wie mein Bruder im vorigen Jahr es tat, nach Palästina auszuwandern. Wegen Untergewicht wurde ich abgelehnt. Ich wog nur 35 kg.
Nach vielen anderen Versuchen gelang es dass ich mit einem Kindertransport mit Transit Visa nach Schotland ausreisen konnte. Im März 1939 als ich das Elternhaus verliess war ich 15 Jahre alt. Ein intensiever Briefwechsel mit meinen Eltern endete als sie m Oktober 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden.
Unter den wenigen Sachen die mir von damals übrig geblieben sind diese Briefe sind noch in meinem Besitz. Ich hatte sie in einer Schachtel aufgehoben bis mein erster Ehegatte sie in eine Mappe einordnete. Als wir uns trennten gab er mir die Briefe zurück.
Wenn immer ich sie in die Hand nahm, selbst ohne sie zu lesen, fing ich bitterlich zu weinen an. Für eine Weile waren sie bei mein Bruder zum aufbewahrt. Als er sie mir zurück gab, versteckte mein Mann diese Briefe vor mir für lange Zeit.
Anfang der 80ger Jahre, ich war schon Grossmutter, studierte ich und erhielt mein BA in Sociologie und Erziehungswissenschahten. Jahrzehnte waren vergangen, ich fühlte mich nun reif genug und bat um die Briefe.
Ich las und entdeckte von neuem mit welcher Liebe diese Briefe geschrieben waren. Mir wurde pötzlich klar das ich einen riesen grossen Schatz in der Hand hielt. Die Briefe waren von meiner Mutter Else, meinem Vater Arno aaus Berlin und von meiner Grossmutter Bertha und meinem Onkel Emil in Portugal geschrieben in Sutalin Handschrift geschrieben. Sie waren zu wertvoll um sie einfach bei Seite zu legen. Ich wollte das andere an diesem Schatz teilhaben sollten.
Ich suchte jemanden der sie in einen Komputer eingeben könnte. Die wenigen die damals mit einem Komputer umgehen konnten, konnten die Schrift nicht lesen. Wer sie noch lesen konnte verstand nichts vom Komputer. Mein Mann hatte 1986 gerade unseren ersten Komputer angelegt. (unterdessen benutze ich meinen 4ten) Also lieb mir nichts anderes übrig als mich mit einem grossen Taschentuch, um die kullernden Tränen aufzufangen, hinzustzen und die Briefe selber anzuschreiben. Es war eine sehr einseitige Korrespondence, da die Briefe die ich an die Eltern geschrieben hatte nicht mehr exestierten.
Ich entschloss mich die zum Verständnis nötigen Einzelheiten hinzu zu fügen und so entstand aus dem Schatz ein Manuskript. Das Buch „Aufwidersehen in unserem Land“ erschien im Econ Verlag 1995.
Vor kurzem zeigte Yad Vashem, für ihr entstehendes neues Museum, grosses Interesse an den Briefen als Zeitdokummente. Ich beriet mich mit meinem Sohn, dem es plötzlich einleuchtete dass die Briefe ein Familien Schatz sind. Aber sie waren alle in einer Sprache und Schrift die keines meiner Kinder oder Enkel lesen können.
So kam es dazu dass ich, bevor wir uns von den Briefen trennen, um sie dem Yad Vashem Museum anzuvertrauen, mit der Hilfe meines Sohnes Danny ein Web Site aufstellte. Als erstes zogen wir die vielen, schon vergilbten Briefe ab und um die Geschichte etwas auszurunden, fügten wir einige Bilder und Dokumente hinzu.
Nun können sie die Briefe im Original in ihrem Komputer lesen. Zur Erleichterung für diejenigen die die Sutalin Schrift nicht lesen können, sind die wichtigsten Punkte in kurzen Bemerkungen zusammengefasst.
Die Briefe sind ein ergreifendes Dokument und einzigartiges Zeugnis:Zeitgeschichte einer Jüdischen Familie, die bis zuletzt an ein Überleben der Humanität glaubten.
Ester Golan Jerusalem 2001–01–19